Veröffentlicht am 07.03.2022

Familiengeschichte wie ein Thriller

pewo

Dieser Roman ist ein Drei-Generationen-Roman, der insgesamt über eine längere Zeitspanne der jüngsten deutschen Geschichte spielt, und zwar zur DDR-Zeit in den 70er Jahren, zur Wendezeit um 1989 und heute.

Es beginnt mit der heutigen Generation, vertreten durch Milla, um die Jahrhundertwende geboren, und ihren Freund Navid, die mir beide sofort sympathisch sind. Einerseits durch Millas frische und fröhliche Art, die auch auf den jungen Navid, einen ehemaligen Flüchtling, abfärbt. Andererseits aber auch durch Navids Ernsthaftigkeit und Beharrlichkeit, die Schatten der Vergangenheit, die über Millas Familie lasten, zu vertreiben.

Millas Familie sind ihre Mutter Jola und deren Eltern, Agnes und Franz, die aus der DDR kommen und 1989 kurz vor deren Zusammenbruch geflohen sind. Alle leben heute in Berlin. Wir lernen sie auch recht schnell kennen.

Dass es in dieser Familie vermeintliche dunkle Geheimnisse gibt, wird klar, als Milla und Navid mit ihrem Großvater Franz einen Ausflug in seine alte Heimat nach Wolfen machen und dort ein alter Mann behauptet, Millas Oma sei schuld am Tod seiner Frau.

Dieser Roman ist sehr einfühlsam geschrieben und wird allen drei Generationen gerecht. Jede handelnde Figur wird sehr empathisch dargestellt, egal was sie in der Vergangenheit gemacht hat. Es ist keine Schwarz-Weiß-Malerei. So wird z. B. Agnes, die in der DDR bei der Staatssicherheit war, nicht von vornherein verteufelt.

Alle Standpunkte und verschiedene Sichten werden gleichberechtigt dargestellt. Es ist erstaunlich wie unparteiisch das der Autorin gelingt. Trotzdem ist der Roman sehr emotional und darüber hinaus äußerst spannend, denn wir bekommen nach und nach immer wieder Puzzleteile, die sich am Ende alle zu einem Ganzen zusammenfügen lassen.

Die Autorin hat einiges aus ihrer eigenen Erfahrung heraus schreiben können, aber auch vieles sehr sorgfältig recherchiert und es ist ihr gelungen, das alles sehr realistisch in dieser fiktiven Geschichte zusammenzubringen.

Besonders gut gefallen hat mir der Einsatz der Perspektivwechsel: In einer gegenwärtigen Handlung fühlt sich jemand aufgrund eines aktuellen Erlebnisses oder einer Wahrnehmung wie durch einen Trigger in die Vergangenheit zurückversetzt und genau die damalige Szene wird dann sofort erzählt. In einem Film würde an so einer Stelle das Bild zerfließen und es würde eine Rückblende kommen. Genauso kann man sich das in diesem Buch während des Lesens vorstellen. Ich habe es jedenfalls so vor mir gesehen.

Je weiter ich gelesen habe, als umso spannender empfand ich dieses Buch. Ich fühlte mich direkt in die Familie hineingezogen. Dieser Roman hat sich für mich fast angefühlt wie ein Thriller und hat mich begeistert.

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