Veröffentlicht am 05.02.2023

Ein gut geführter Haushalt braucht Effizienz und Struktur - und die ein oder andere Leiche...

AgathaMagChristie

Pragmatismus, Effizienz und Struktur – das ist wohl die Zauberformel, um einen herrschaftlichen Haushalt wie den der berühmten Schriftstellerin Agatha Christie zu führen. Diese drei Eigenschaften bündeln sich in der energischen Phyllida Bright, die den Haushalt in Mallowan Hall zu führen weiß wie keine andere. Eher hinderlich ist hierbei allerdings eine Leiche unter den Festtagsgästen, die sich für drei Tage in dem Anwesen eingefunden haben – und eben jene Leiche entdeckt Phyllida bereits am ersten Morgen der Feierlichkeiten. Während die örtliche Polizei zu umständlichen und langatmigen Methoden neigt, beschließt Phyllida die Ermittlungen besser selbst in die Hand zu nehmen. Mit überraschender Kreativität, einer nicht zu verachtenden Portion Neugier und einem ordentlichen Quäntchen Esprit begibt sich die Haushälterin ohne Umwege auf die gleichermaßen gefährliche wie unterhaltsame Suche nach dem Mörder, die so manche Überraschungen bereithält und gesellschaftliche Konventionen infrage stellt. All das mit nur einem Ziel: Die Abläufe in Mallowan Hall sollen möglichst bald wieder ihren reibungslosen und effizienten Gang gehen...

Mit viel Scharfsinn, Eloquenz und Liebe zum Detail schafft Colleen Cambridge ein gelungenes Fundament für ihren Kriminalroman, der von überraschenden Wendungen und Komplexität gleichermaßen lebt wie von den facettenreichen und liebenswerten Figuren - allen voran Phyllida Bright. In ihr als Hauptprotagonistin bündeln sich sympathische Marotten und Eigenheiten sowie auch Scharfsinn und Tiefgang, was sie zu einer authentischen Hauptprotagonistin macht, mit der man sich mit Freude identifiziert.

Oft verblassen neben einer solch charaktervollen Hauptfigur die weiteren ProtagonistInnen, wohingegen es Colleen Cambridge gelingt, ihre Aufmerksamkeit gerecht und kreativ auf sämtliche Figuren zu verteilen, sodass diese allesamt detailreich und überzeugend gezeichnet sind.

Dies trifft sich mit einem flüssigen, kurzweiligen und humorvollen Schreibstil, der sich völlig natürlich und authentisch aus der Beschaffenheit der „very british“ anmutenden DarstellerInnen ergibt und auch nicht in Ansätzen gezwungen oder allzu gewollt wirkt.

Einzig die hin und wieder eingestreuten Perspektivenwechsel, bei denen ausnahmsweise nicht aus Phyllidas Sicht erzählt wird, wirken im ersten Moment irritierend. Mit etwas Abstand betrachtet sind eben diese aber notwendig, um auch alle nötigen Details und Hinweise zu liefern, um den Mordfall aufzuklären und um die Leserschaft umso mehr zum Miträtseln einzuladen.

Die Handlung an sich ist dabei überraschend komplex und motiviert dadurch unweigerlich zum Theorienbilden und Ermitteln. Befriedigend ist dabei vor allem auch, dass die Lösung des Mordfalls nicht so trivial ist – weder sind es die vielfach zitierte Habgier noch die überstrapazierte Eifersucht, die das Mordmotiv ausmachen.

Gekonnt werden in Form quietschender Schuhe, vermeintlich logischer Schlussfolgerungen und gängiger Klischees falsche Fährten gelegt, die sich erst im letzten Abschnitt des Buches aufklären und den/die LeserIn mit einem überraschenden und gleichermaßen logischen Ende von Mallowan Hall „abreisen lassen“.

Bemerkenswert ist außerdem, dass Colleen Cambridge souverän mit gängigen Klischees spielt. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist zum einen, dass Phyllida gleich zu Beginn vermutet, dass der Mörder nur ein Mann sein kann, da nur ein solcher die notwendige Körperkraft hat, um einen Menschen derart roh und direkt zu töten. Zum anderen bringt die Autorin auch das Thema Homosexualität ein, was in dem historischen und gesellschaftlichen Kontext, in welchen die Handlung eingebettet ist, so zwar nicht erwartet wird, sich aber ganz natürlich in die Handlung einfügt. Die Leserschaft wird so dazu eingeladen, die üblichen geistigen Schubladen zu hinterfragen. Nicht zuletzt ist Phyllida das Paradebeispiel für eine starke, souveräne, kluge und wehrhafte Frau, wodurch nicht nur ein höchst aktuelles gesamtgesellschaftliches Thema aufgegriffen wird, sondern wodurch auch auf kluge Art und Weise eine derart gestrickte weibliche Leserschaft angesprochen wird.

Insgesamt ist „Die Dreitagemordgesellschaft“ ein Buch, das bis zur letzten Seite spannend und unterhaltsam ist und das zudem auch noch ein überraschendes Ende bereithält – so soll Lesen sein und selten habe ich so sehr auf eine Fortsetzung gehofft!

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