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Veröffentlicht am 19.05.2024

Familienroman

Treibgut
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Die Geschwister Abby und Ken sind nahezu ohne Mutter aufgewachsen, sie starb bei Abbys Geburt. Ihr Vater, Adam, war oft mit sich selbst und seinem Job beschäftigt, sodass die beiden sich selbst genügen ...

Die Geschwister Abby und Ken sind nahezu ohne Mutter aufgewachsen, sie starb bei Abbys Geburt. Ihr Vater, Adam, war oft mit sich selbst und seinem Job beschäftigt, sodass die beiden sich selbst genügen mussten. Mit den Jahren haben sie sich entfremdet und in völlig unterschiedliche Richtungen entwickelt: Abby ist Künstlerin, Ken liebäugelt mit einem Posten in der Politik. Adams 70ter Geburtstag zwingt die beiden wieder dazu sich anzunähern, noch bevor die junge Mutter Steph in ihrer aller Leben tritt und es gehörig durcheinander wirbelt.
Brodeurs Familienroman hat mir wirklich gut gefallen, er kommt zuerst ganz harmlos daher, hat es aber wirklich in sich und greift einige kritische Themen auf. Die Autorin hat einen tollen Erzählstil, sie kann die Dynamik innerhalb der Familie ebenso gut einfangen wie die Atmosphäre am Cape. Da Adam jahrzehntelang in der Meeresbiologie geforscht hat, spielt die Natur immer wieder eine tragende Rolle. Auch Abby arbeitet mit Treibgut vom Strand, Ken wiederum ist über die Erosion des Strands besorgt, sodass jedes Familienmitglied eine besondere Beziehung zur Natur hat.
Ken ist ein Narzisst, aber er kann seine negativen Seiten recht gut verbergen. Es ist sehr interessant seine Wirkung auf andere zu verfolgen, gleichzeitig zu sehen wie es in ihm aussieht, oder auch seine Reaktionen im engsten Familienkreis zu beobachten. Eine spannende Figur, wenn auch keine sympathische. Abby ist der Gegenpol, die Kreative, die Erfolglose, aber immer auch die einzige Frau in der Familie; die, die einst am Tod der Mutter Schuld war. Die Figurenzeichnung und deren Beziehungen untereinander waren für mich die größte Stärke des Romans.
Die Entwicklung der Heimlichkeiten und Geheimnisse innerhalb der Familie waren jetzt nicht allzu überraschend. Trotzdem hat Brodeur daraus etwas Eigenes gemacht und einen wirklich unterhaltsamen, aber auch berührenden Roman entworfen. Immer wieder zeichnen sich ihre Szenen bei all dem Drama auch durch einen gewissen Witz aus, sodass der Roman letztendlich nicht zu schwer wird, sondern das Gleichgewicht hält.

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Veröffentlicht am 21.04.2024

Knifflige Ermittlung im Lockdown

Die Gabe der Lüge
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2020 hält Corona Edinburgh fest im Griff, und auch Karen Pirie und ihr Team sind im Lockdown zum Nichtstun verdammt. Doch da scheinen im Nachlass eines Schriftstellers neue Informationen zum Verschwinden ...

2020 hält Corona Edinburgh fest im Griff, und auch Karen Pirie und ihr Team sind im Lockdown zum Nichtstun verdammt. Doch da scheinen im Nachlass eines Schriftstellers neue Informationen zum Verschwinden einer Studentin aufzutauchen. Oder handelt es sich doch nur um ein Manuskript, das zufällig Parallelen zum Vermisstenfall aufweist?
Ich habe zwar schon einige Bände aus der Jordan/Hill-Reihe mit Begeisterung gelesen, doch Karen und ihr Team waren für mich neu. Obwohl dieses hier schon Band 7 der Reihe ist, bin ich doch sehr gut reingekommen. Man merkt, dass das Team schon eingespielt ist, doch so manche Figur scheint unter den besonderen Umständen ganz neue Facetten zu zeigen. Es hat Spaß gemacht die Truppe kennen zu lernen; Karen als Teamleader fand ich sehr direkt, sie ist clever und dabei doch einfühlsam. Schon allein wegen ihrer Figur muss ich auch die anderen Bände noch lesen. Die Handlung spielt gekonnt mit der Frage, ob und was genau an der Manuskripthandlung der Wahrheit entspricht, und als Leser rätselt man immer mit. Die fiktive Romanhandlung vom Buch im Buch ist stilistisch tatsächlich anders als die Haupthandlung und hat ihren ganz eigenen Reiz. McDermids Schreibstil hat mir wieder sehr gut gefallen, sie kann Spannung und Tempo ebenso gut transportieren wie auch die Beklemmung der ersten Lockdownwochen. Die Autorin lässt vieles aus dieser Zeit wieder hochkochen: die Angst aller Figuren, die Unsicherheit, ob und was erlaubt ist, aber auch das Unverständnis einzelner für die getroffenen Maßnahmen. Sie schreibt selbst im Nachwort, dass erst eine gewisse Distanz zu dem Erlebten nötig war, um darüber zu schreiben. Wer als Leser noch nicht bereit für dieses Thema ist, sollte diesen Band vielleicht doch noch etwas ausschieben, denn Corona ist zwar nicht Hauptthema, aber immer präsent. Dieser Krimi ist bei allen Dramen vor allem aber sehr spannend und flüssig geschrieben, sodass er wirklich großartig unterhält und Lust auf mehr macht. Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.04.2024

Cosy Crime mit Schwächen

Der falsche Vogel
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Einst war Antiquitätenhändler Arthur für Freya wie ein Ziehopa, hat ihr zusammen mit Tante Carole über den Verlust ihrer Eltern hinweggeholfen; bis es zum Bruch kam und er jahrzehntelang aus Freyas Leben ...

Einst war Antiquitätenhändler Arthur für Freya wie ein Ziehopa, hat ihr zusammen mit Tante Carole über den Verlust ihrer Eltern hinweggeholfen; bis es zum Bruch kam und er jahrzehntelang aus Freyas Leben verschwunden war. Doch ausgerechnet nach seinem Tod nimmt er wieder Einfluss auf ihr Leben, denn er hinterlässt ihr nicht nur Anteile des Ladens, sondern auch einen Brief voller rätselhafter Hinweise.

Der falsche Vogel ist Millers Debüt, und an einigen Stellen merkt man das auch. Der Erzählstil gefiel mir gut, ebenso die Erzählweise aus unterschiedlichen Perspektiven; Freya wird hier als Hauptcharakter deutlich, da nur sie aus der Ich-Perspektive erzählt. Ich fand sie ganz sympathisch, sie hat aber auch nervige Seiten. Natürlich bohren die Geschehnisse in alten Wunden, trotzdem finde ich, dass nach all der Zeit etwas Abstand möglich gewesen sein müsste. Auch ihr Umgang mit dem Ex-Mann, allgemein die Einstellung, dass sie ja doch schwer arm dran ist, naja… etwas weniger Selbstmitleid hätte den Zweck dann doch auch erfüllt. Ihre Tante Carole wirkt da wie das maßgeschneiderte Gegenstück, sehr viel mehr als diese Rolle erfüllt sie auch nicht. Überhaupt finde ich die Figurengestaltung nicht ganz so gelungen, vieles sind 08/15-Pappkameraden, da hatte ich doch größere Erwartungen. Einzig Arthur ist eine interessante Figur, blöd nur, dass er tot ist ; ) Auch die Handlung wirkt nicht immer ganz ausgegoren, obwohl sie durchaus Spannung zu erzeugen weiß und unterhalten kann. Es fließt einiges an Infos über Antiquitäten und –handel mit in die Handlung ein, das ist wirklich gut gelungen und hat der Story etwas mehr Gehalt verschafft.
Trotzdem hatte ich mir von diesem Cosy Crime deutlich mehr versprochen, der Vergleich mit Ms Marple ist dann doch reichlich übertrieben.

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Veröffentlicht am 01.04.2024

Beziehungen

Sommerhaus am See
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Seit Jahrzehnten fährt die Familie Starling in ihr kleines Sommerhaus am Lake Christopher. Die Kinder sind hier groß geworden, Freundschaften wurden geknüpft, Beziehungen haben sich entwickelt und außerdem ...

Seit Jahrzehnten fährt die Familie Starling in ihr kleines Sommerhaus am Lake Christopher. Die Kinder sind hier groß geworden, Freundschaften wurden geknüpft, Beziehungen haben sich entwickelt und außerdem wurde natürlich reichlich geangelt. Jetzt soll das Häuschen verkauft werden, doch eine letzte Woche wollen Lydia und Richard mit ihren zwei Kindern und deren Partnern den Ort noch mal so richtig genießen. Doch nicht nur das Häuschen hat einige Risse, sondern durch eine Stresssituation wird offensichtlich, dass auch die Partnerschaften nicht so makellos sind wie zunächst gedacht.
Poissants Erzählstil fand ich ganz großartig. Er schreibt eher unaufgeregt, obwohl die Handlung viel Zündstoff hergibt und mich über weite Teile sehr gefesselt hat. Gefühle und Beziehungsgeflechte werden feinfühlig herausgearbeitet, rührselig ist der Roman bei aller Tragik nie. Die drei Paare haben jeweils eine ganz unterschiedliche Dynamik, was das Zusammenspiel der Figuren sehr interessant macht. Lydia und Richard sind gesetzt, haben den Ruhestand vor Augen, sind seit Jahrzehnten durch dick und dünn gegangen. Michael und Diane haben sich ebenfalls in ihrer Ehe eingerichtet, schweigen die Krisen aber lieber tot als sie offen anzugehen. Thad und Jake haben ebenfalls einen Wendepunkt in ihrer Partnerschaft erreicht. Der Verfall der Beziehungen spiegelt sich subtil auch im Häuschen der Starlings wieder, das Dach leckt, alles ist veraltet, trotzdem fällt die Trennung davon schwer. Ich mochte diese Parallele sehr, überhaupt arbeitet der Autor oft mit kleinen Bildern, die man oft erst gar nicht so bewusst wahrnimmt, die aber trotzdem ihre Wirkung entfalten. Die Handlung bezieht sich hauptsächlich auf die Familie, streift aber auch wichtige allgemeine Themen wie Homophobie, Populismus, Sucht, Religion etc. Das Zusammenspiel gerät gut, auch wenn ich nicht alle Meinungen den Figuren entsprechend stimmig fand.
Sommerhaus am See ist ein toller Roman, der hinter seinem täuschenden sommerromanlastigen Cover eine feinfühlige Handlung versteckt, die große Lust auf weitere Bücher des Autors macht.

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Veröffentlicht am 24.03.2024

Schlussakt mit Schwächen

Tränenschwur
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Seit Jahren entzieht sich die Sekte Eden den Behörden, doch die Schlinge der Ermittler zieht sich langsam immer enger. Eine neue Spur scheint endlich den Durchbruch zu bringen, oder wird die Gemeinschaft ...

Seit Jahren entzieht sich die Sekte Eden den Behörden, doch die Schlinge der Ermittler zieht sich langsam immer enger. Eine neue Spur scheint endlich den Durchbruch zu bringen, oder wird die Gemeinschaft mit Pastor an der Spitze wieder in einem neuen Versteck verschwinden können?
Ich habe die beiden vorherigen Teile nicht gelesen, bin aber trotzdem relativ gut zurechtgekommen, da der Fokus neben dem Aushebeln der Sekte, auf dem Privatleben anderer Protagonisten liegt. Hier stehen FBI Agent Tom, sowie dessen Nachbarin und beste Freundin Liza im Mittelpunkt. Liza mochte ich als Figur definitiv lieber, Tom zeigt im Laufe der Handlung einige Seiten, die ihn doch sehr unsympathisch machten. Wer Karen Rose kennt, weiß natürlich, dass eine Lovestory nie fern ist, doch hier gab es leider ein ermüdendes Hin- und Her, was mich ab einem gewissen Punkt nur noch genervt hat; den Bogen hatte die Autorin einfach etwas zu sehr gespannt. Das Zusammenspiel der anderen Handlungsstränge hat jedoch gut gepasst.
Tränenschwur ist locker geschrieben und liest sich sehr flüssig. Die Handlung spielt in nur wenigen Tagen, dafür wird dann doch etwas zu ausschweifend erzählt; das gefühlte Tempo passte nicht zur tatsächlich erzählten Zeitspanne. Rose weiß zwar Spannung zu erzeugen, aber es gelingt nicht immer, diese auch zu halten. Über die Sekte Eden hat man sicherlich in den ersten Bänden einiges erfahren, doch trotzdem hätte ich erwartet, dass ein größerer Teil der Handlung innerhalb der Gemeinschaft spielt; so hatten die Ermittlungen und Bemühungen gefühlt doch sehr wenig mit der Sekte zu tun, sondern richteten sich gegen einzelne Täter. Anhand der Buchbeschreibung hatte ich einfach etwas anderes erwartet. Tränenschwur ist sicherlich kein schlechter Thriller, aber dass die Autorin spannender und punktgenauer erzählen kann, hat sie in anderen Büchern besser präsentiert. So glänzt Tränenschwur als Schlussband der Trilogie leider nicht ganz so wie erhofft

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