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Veröffentlicht am 18.05.2024

Absolute Empfehlung und mein Lesehighlight in diesem Jahr

Das Ende von gestern ist der Anfang von morgen
1

Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen in verschiedenen Zeitebenen erzählt.

Im gegenwärtigen London sucht die 30-jährige Gilly nach der Trennung von ihrem Partner eine Wohnung. Mit ihrer quirligen ...

Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen in verschiedenen Zeitebenen erzählt.

Im gegenwärtigen London sucht die 30-jährige Gilly nach der Trennung von ihrem Partner eine Wohnung. Mit ihrer quirligen und symphatischen Art findet sie ein Apartment in einem viktorianischen Mietshaus im Stadtteil Camden. Nach ihrem Umzug erfährt sie jedoch von einem Verkauf und einer anstehenden Luxussanierung des Hauses. Gemeinsam mit ihren Nachbarn, allen voran Owen, setzt sie alles daran, dies zu verhindern. Dabei stoßen sie auf ein Geheimnis aus der Vergangenheit, das alles verändern wird.

London, 1974. Die fast achtzehnjährige Pippa St. George, wohlhabend und aus gutem Haus mit einem einflussreichen Vater in der Politik, langweilt sich in ihrem vorgezeichneten Leben mit seinen Konventionen und Erwartungen. Bei einem Discobesuch mit einer Freundin, der für sie erstmal ein Schock ist und alles verändern wird, lernt sie den Punk-Sänger Oz kennen. Oz gehört zur unteren Schicht der Gesellschaft und schreit seinen Unmut über die Gesellschaft und Politik auf der Bühne in seinen Songs heraus. Er repräsentiert alles, was in Pippas Familie verachtet wird, bringt jedoch Pippa zum Nachdenken über ihren vorgezeichneten Weg und ihre Rolle als Frau. Trotz aller Unterschiede lernen sich Pippa und Oz kennen und kommen sich näher. Doch kann eine Beziehung unter diesen Umständen funktionieren und werden die beiden irgendwann von der harten Realität eingeholt?

Kathinka Engel hat bereits mit großem Erfolg mehrere New Adult-Romane verfasst. „Das Ende von gestern ist der Anfang von morgen“ ist ihr erster Roman für Erwachsene und der erste Roman, den ich von ihr lesen durfte. Sie hat eine große Affinität zu London, was sich auch in diesem Roman widerspiegelt.

Gilly ist mir mit ihrer herzlichen und quirligen Art sofort symphatisch. Sie muss sich nach ihrer Trennung neu finden und weiter entwickeln. Mit ihr können sich wahrscheinlich viele junge Frauen gut identifizieren: mit 30 ist sie nochmal Single, von Heiraten, Kinder bekommen und einem Eigenheim noch weit entfernt. Oft stellt sie sich selbst und ihren Lebensweg infrage, man begleitet sie auf diesem Weg der Selbstfindung, den sie großartig meistert. Selbst die schrullige Nachbarin fasst langsam Vertrauen zu Gilly, nachdem diese nicht aufgehört hat, nett zu sein und sich zu kümmern.
Auch Pippa ist mir direkt symphatisch, auch wenn sie zuerst anders wirkt. Sie folgt brav den Erwartungen ihrer einflussreichen Familie, stellt diese, ihre Rolle als Frau und ihre Fremdbestimmung zunehmend infrage. Dies wird verstärkt durch Oz, der ihr stets auf Augenhöhe und mit Respekt begegnet und ihr das erste Mal zeigt, dass es auch andere Wege im Leben gibt, die nicht fremdbestimmt sind. Wie Gilly entwickelt sich auch Pippa immer weiter und findet zu sich selbst.

Kathinka Engel baut in die Geschichte immer wieder geschickt Metaphern und Vergleiche ein, die man ebenso in sein eigenes Leben übertragen kann. Generell ist der Schreibstil nie überladen oder kitschig und flüssig zu lesen. Die beiden Handlungsstränge wechseln sich ab mit einer guten Länge, sodass man sich stets in beide Geschichten hinein findet. Kathinka Engel schafft es, so mitfühlend, herzlich und aufrichtig voller Emotionen zu schreiben, dass man nicht anders kann, als weiterzulesen.

Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung, das Buch gehört nun zu meinen Lieblingsbüchern und ist mein Lesehighlight in diesem Jahr! Ich denke noch oft daran zurück, auch, weil es Kathinka Engel gelungen ist, eine so gefühlvolle Geschichte zu erzählen, aus der man selbst so viel mitnehmen kann. Der Roman ist ein Paradebeispiel für die Selbstbestimmung vor allem als Frau und dass es nie zu spät ist, sich weiterzuentwickeln.
Auch als Geschenk kann ich mir das Buch super vorstellen.
Unbedingt Taschentücher bereit halten ;)

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  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 14.04.2024

Ein aktueller und politischer Roman, der zum Nachdenken anregt

Alles gut
2

Die Protagonistin Jess ist hochintelligent, ein Mathegenie und schwarz. Sie lebt in den New York und tritt nach ihrem Collegeabschluss einen Analystenjob bei der angesehenen Firma Goldman Sachs an. Als ...

Die Protagonistin Jess ist hochintelligent, ein Mathegenie und schwarz. Sie lebt in den New York und tritt nach ihrem Collegeabschluss einen Analystenjob bei der angesehenen Firma Goldman Sachs an. Als schwarze Frau kämpft sie um Anerkennung zwischen den jungen, reichen, weißen Männern, die aus gutem Hause sind. Bei Goldman Sachs trifft sie auf Josh, mit dem sie sich schon zu Collegezeiten oft in den Haaren hatte. Er repräsentiert alles, was Jess zuwider ist. Nach und nach freunden die beiden sich an und kommen sich näher, bis sie sich die Frage stellen müssen: ist eine Beziehung mit diesen immensen Unterschieden möglich?

"Alles gut" ist Cecilia Rabess erster Roman. Er beschäftigt sich mit aktuellen Themen unserer Zeit: "arm und reich" und vor allem der in den USA herrschenden Diskriminierung zwischen weißen und schwarzen Menschen, Mann und Frau.
Bei Jess war ich oft hin- und hergerissen bezüglich der Sympathie. Einerseits möchte sie Anerkennung und gesehen werden als schwarze Frau, andererseits erkennt sie nicht, dass Josh, der selbst sagt, er habe sich verändert in seinen Ansichten, ihre Meinungen akzeptiert und sie respekt- und vertrauensvoll behandelt.
Oft wirkt sie unsicher und steht oft im Konflikt mit sich. Man erfährt von einigen früheren Diskriminierungen in der Schule und am College.
Josh selbst war mit im ersten Drittel höchst unsympathisch, kommt er doch arrogant und engstirnig rüber. Er wandelt sich jedoch und begegnet Jess mit Respekt und setzt sich für sie ein.

Der Schreibstil hat mir an sich gut gefallen, jedoch wird oft zwischen Gegenwart und Vergangenheit gewechselt, woran man sich am Anfang gewöhnen muss. Ein großes Manko sind für mich die Übersetzung, die an vielen Stellen nicht rund war und die vielen Fachbegriffe aus der Finanzbranche im ersten Drittel des Buches. Als Laie musste ich viele Stellen zwei Mal lesen und Begriffe nachschlagen.

Die Autorin baut gekonnt einen Spannungsbogen auf: am Anfang wirken Jess und Josh noch wie Feinde, aber im Verlauf kommen die beiden sich näher. Mir war es an manchen Stellen zu oberflächlich und ich hätte mir gewünscht, mehr über die Gefühle und Beweggründe von Jess und Josh zu erfahren. Cecilia Rabess verwebt gekonnt die Alltagsdiskriminierung, die Jess Tag für Tag erfährt, in die Geschichte ein, sodass man sich manchmal bewusst machen muss, dass das Alltag für Jess ist. Zudem beschreibt die Autorin sehr gut die Annäherung der beiden aber auch die Unterschiede, die immer wieder für Streitpunkte sorgen.
Oft habe ich selbst versucht, mich beim Lesen in Jess reinzufühlen und mich auch gefragt: was ist in einer Beziehung wichtig und mit wie viel Toleranz und Unterschieden kann eine Beziehung von Dauer sein?

Ich empfehle den Roman trotz ein paar Schwachstellen jedem, der ein Buch zu aktuellen Themen sucht wie gesellschaftlichen Strukturen mit Diskriminierung und Identitätsfindung, vor allem in Bezug auf eine schwarze Frau in den USA.

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