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Veröffentlicht am 05.01.2018

Oppenheimer und die Stunde Null

Endzeit
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n einem halbwegs sicheren unterirdischen Versteck - in ihrem Falle im Gärkeller einer stillgelegten Brauerei - erwarten Kommissar Oppenheimer und seine Frau Lisa, die nach einer Zeit der erzwungenen Trennung ...

n einem halbwegs sicheren unterirdischen Versteck - in ihrem Falle im Gärkeller einer stillgelegten Brauerei - erwarten Kommissar Oppenheimer und seine Frau Lisa, die nach einer Zeit der erzwungenen Trennung endlich wieder vereint sind, das Ende des Zweiten Weltkrieges. Oppenheimer ist als Jude bereits seit mehr als einem dreiviertel Jahr - also seit Sommer 1944 - gezwungen, im Untergrund zu leben. Bereits in den beiden Vorgängerbänden wurde mehr als deutlich, dass Richard Oppenheimer und seine Frau Lisa es alles andere als leicht haben - in einer Mischehe lebend, hatten sie bereits seit 1933 diverse Nachteile und nachdem die Situation weiter eskalierte, konnten sie selbst ihr bisheriges Leben: als Paar gemeinsam im sogenannten Judenhaus, in dem ihresgleichen zusammengepfercht wurde - nicht weiterführen. Nun erleben wir gemeinsam mit dem so leidgeprüften Paar das Ende des Krieges in Berlin, wo es mit dem Eintritt des Friedens beileibe nicht direkt gut wird - weder für die Oppenheimers noch für ihre Mitbürger, die sich nun den sowjetischen Besatzern stellen müssen. Und das ist alles andere als ein leichtes Los, wie diejenigen, die Zeitzeugenberichte oder auch andere belletristische Werke zu dem Thema gelesen haben, wissen werden.

Was alles so ablief, das können Sie am Beispiel der Oppenheimers und ihres Umfelds im Roman verfolgen und es ist beileibe keine leichte Kost. Neben dem Kriminalfall fließen auch viele andere kleine Begebenheiten, Anekdoten und Ereignisse aus den letzten Kriegsmonaten in die Handlung ein. Wie immer hat der Autor Harald Gilbers akribisch zum Alltag in Berlin in dieser schweren Zeit rechererchiert und baut dieses Wissen gekonnt und häufig mit einem Augenzwinkern in den Verlauf der Krimihandlung rund um Kommissar Oppenheimer ein. Durch den allgegenwärtigen Humor des Autors, der jedoch nie überzogen oder unpassend wirkt, wird dieses schwere Thema immer wieder von einer gewissen Leichtigkeit und Lockerheit durchzogen, die dem Buch erst das gewisse Etwas verleiht.

Dabei treffen wir auf alte Bekannte: die Ärztin Hilde, die Oppenheimer wie viele andere vom Regime Verfolgte energisch und aufs Zuverlässigste unterstützt hat, spielt ebenso wie Gauner Ede, Vertreter zwielichtiger Halbwelten eine Rolle. Durch ihn kommt Oppenheimer sogar an seinen ersten Nachkriegsjob - Sie dürfen gespannt darauf sein, was seine Aufgabe ist!

Der Alltag im zusammenbrechenden Naziregime mitten in Berlin - Gilbers versteht ihn packend und trefflich zu schildern, auch die Krimihandlung kommt schlüssig und spannend rüber. Ein historischer Krimi also, dem an nichts fehlt. Ich würde sogar sagen, er ist viel mehr als das, denn erstens ist er stilistisch wunderbar und damit ein Lesegenuss, zweitens erfährt man viele Details zum Alltagleben in jener Zeit, die man - ich zumindest - ansonsten nie erfahren hätte und drittens ist die Handlung wirklich spannend und es tun sich Abgründe auf, von denen auch denjenigen, die so einiges über den Nationalsozialismus wissen, vieles unbekannt ist.

Ich zumindest hoffe, dass es noch reihenweise Oppenheimer-Krimis - dann zur Nachkriegszeit, in der ja auch einiges los war - geben wird, und schwöre bereits jetzt, ihm bedingungslos treu zu bleiben. Und natürlich werde ich die Bücher reihenweise verschenken, damit auch meine Lieben zu Oppenheimer-Fans werden können!

Veröffentlicht am 05.01.2018

Ein kleiner Buchladen mitten in den Cotswolds

Liebe zwischen den Zeilen
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unweit von Oxford - das ist Emilias Erbe, das sie von ihrem viel zu früh verstorbenen Vater Julius erhält. Ein wunderbarer Mensch war er, der ihr eine herrliche Kindheit und Jugend ermöglicht hat. Dass ...

unweit von Oxford - das ist Emilias Erbe, das sie von ihrem viel zu früh verstorbenen Vater Julius erhält. Ein wunderbarer Mensch war er, der ihr eine herrliche Kindheit und Jugend ermöglicht hat. Dass Julius dennoch nicht perfekt war, erfährt sie nur allzu bald. Denn Finanzen waren im Gegensatz zu Menschen und Büchern seine Sache nicht. Aber Emilia merkt schnell, dass sie nicht allein ist - ihr charismatischer Vater hatte einen Kreis ganz besonderer Menschen um sich versammelt, der sich auch ihr zur Verfügung stellt. Und es kommen weitere hinzu.

Ja, die Menschen und ihre Schicksale - man merkt schnell, dass Autorin Veronica Henry ein ganz besonderes Händchen für sie hat. Nicht nur die Figuren sind liebevoll und warmherzig gezeichnet, nein, hinter jeder steht auch eine individuelle Geschichte, die dem jeweiligen Charakter in wenigen Sätzen einen so stabilen Hintergrund verleiht, wie ich es selten in einem Unterhaltungsroman wie diesem erlebt habe!

Auch die Umgebung - zwar nicht die Cotswolds, wohl aber der Buchladen und weitere Settings sind überaus atmosphärisch dargestellt.

Ganz klar ist dies ein Roman, der dazu einlädt, es sich mit ihm gemütlich zu machen, auf der Couch, auf einer schattigen Bank im Grünen, im Strandkorb oder aber auch am Kaminfeuer oder bei Kerzenschein. Ja, wenn ich es mir genauer überlege, passen die beiden letzten Settings doch mit Abstand am besten, denn wenn ich ihn auch im Sommer mit Genuss gelesen habe, ist dies doch eigentlich ein perfekter Winterroman und damit auch als Weihnachtsgeschenk von ganzem Herzen zu empfehlen. Schenken sie es denjenigen, denen sie ein wohliges, warmes Gefühl vermitteln wollen, denen, die ihnen besonders am Herzen liegen. Denn neben Gemütlichkeit vermittelt dieser Roman mit seinen Auf und Abs eine Menge Herzenswärme. Ich habe ihn in wenigen Stunden durchgehabt - und bin nun wirklich traurig, dass es schon vorbei ist!

Seien Sie froh, es noch vor sich zu haben und wählen Sie für Ihre Lektüre einen ganz besonderen Zeitraum aus, in dem sich selbst etwas Gutes tun möchten! Machen Sie es sich bequem in jeder Hinsicht - und ich bin sicher, dass Sie sich zu einem Erlebnis verhelfen, an das sie noch lange gern zurückdenken.

Veröffentlicht am 05.01.2018

Eine schöne Idee

Mini Meditationen (Doppel-CD) - Geführte Meditationen für zwischendurch und zum Einschlafen
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anstelle oder nach der Gute-Nacht-Geschichte für Groß und Klein. Wenn man nicht einschlafen kann zum Beispiel und die Gedanken wandern! Mir hingegen geht es so, dass ich Meditationen zu ganz bestimmten ...

anstelle oder nach der Gute-Nacht-Geschichte für Groß und Klein. Wenn man nicht einschlafen kann zum Beispiel und die Gedanken wandern! Mir hingegen geht es so, dass ich Meditationen zu ganz bestimmten Zwecken nutze bzw. zu nutzen versuche (denn nicht immer klappt auch mit den besten Vorlagen, dessen muss man sich bewusst sein). Beispielsweise, wenn ich unter Druck stehe oder mich angegriffen fühle.

Während man für die erstgenannte Situation gut sogenannte Traumreisen nutzen kann, sind für die zweite klar definierte, zweckorientierte Vorlagen viel zielführender und das sind auch die, die ich in der Regel verwende. Davon gibt es eine Unmenge auf YouTube, viele davon orientieren sich an Konzepten von Luise Reddemann.

Möglicherweise auch diese? Im weitesten Sinne? Anhaltspunkte habe ich dafür nicht gefunden, doch auch sie gehen durchaus pragmatisch vor.

Insgesamt sind es sechs Meditationen und ich finde es besonders gut, das gleich mit angeführt wird, wozu eine jede der etwa 12-minütigen Sequenzen am besten geeignet ist:

1. Gelassenheit - zum Loslassen wiederkehrender Gedanken
2. Mut - gegen Zukunftsangst und Unsicherheit
3. Ich bin genug - zur Steigerung des Selbstwertgefühls
4. Deine Vorfahren - zur Selbstakzeptanz und Kräftigung
5. Ich hab mich lieb - zur Stärkung der Selbstliebe
6. Heilkraft - zur Unterstützung der Selbstheilung

Tobias Diakow ist ein guter Sprecher, mit einer angenehmen Stimme. Er artikuliert klar und einfühlsam, übertreibt aber auch nicht. Die Meditationen sind gut angelegt, nicht zu kindgerecht. Ich finde sie für eine kurze Auszeit sehr angenehm zu verwenden - wenn ich mich gerade mal wieder selbst finden muss, in der ein oder anderen Art und Weise. Durch die schöne Aufmachung auch ein tolles Geschenk!

Veröffentlicht am 03.01.2018

Ein sehr menschlicher Spannungsroman

Der Fall Kallmann
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Das ist diese generationenübergreifende Milieustudie aus einer schwedischen Kleinstadt, die man aus meiner Sicht getrost auch als Krimi bezeichnen kann. Denn es geht um Mord, Tot, lang Vermisste. ...

Das ist diese generationenübergreifende Milieustudie aus einer schwedischen Kleinstadt, die man aus meiner Sicht getrost auch als Krimi bezeichnen kann. Denn es geht um Mord, Tot, lang Vermisste. Vor allem um Kallmann, den geheimnisvollen Gymnasiallehrer, an den keiner so richtig rankam und der mitten im Schuljahr kurz vor dem Rentenalter plötzlich verstarb. Mord? Könnte gut sein!

Es gibt gleich zwei Ermittlerteams - selbsternannte, die sich mit dem Fall befassen: eines bestehend aus drei Lehrern des Gymnasiums und das andere aus zwei Schülerinnen. Und dann gibt es noch einen einsamen Wolf - auch er ein Schüler, der besonders eigenwillig vorgeht.

Berichtet wird gleich aus einer ganzen Reihe von Perspektiven und eine jede ist sehr gelungen dargestellt, man sieht die Figuren, die sich da äußern, quasi vor sich. Einmal mehr hat Hakan Nesser einen wortgewaltigen, stilistisch wie auch inhaltlich einwandfreien Spannungsroman verfasst, den ich nicht aus den Händen legen konnte.

Besonders gefallen hat mir die Ansammlung der Eigenbrötler in dieser kleinen Stadt, ein jeder mit seinen eigenen Bedürfnissen, Wünschen - und auch Geheimnissen. Die Wege kreuzen sich ab und zu.

Auch ein kraftvolles Buch um den Menschen an sich, um sein Wohl und Weh - vor allem um letzteres - mit durchaus der ein oder anderen Überraschung. Wer gern Spannendes mit Gehalt liest, der sollte zugreifen!

Veröffentlicht am 30.12.2017

Grauer Büromäuserich trifft auf Knalltüte

Das Glücksbüro
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Albert Glück ist ein richtiger grauer Mäuserich - ein in allen Belangen unauffälliger Mann, der seit mehr als 30 Jahren im Amt für Verwaltungsangelegenheiten arbeitet. Klar, so einer macht einen guten ...

Albert Glück ist ein richtiger grauer Mäuserich - ein in allen Belangen unauffälliger Mann, der seit mehr als 30 Jahren im Amt für Verwaltungsangelegenheiten arbeitet. Klar, so einer macht einen guten Job - durchschnittlich gut eben. Er bearbeitet zuverlässig die eingehenden Anträge, hat einen bis aufs I-Tüpfelchen festgelegten Tagesablauf und fällt trotz seines spektakulären Familiennamens überhaupt kein bisschen auf. Niemand von seinen Kollegen hat engeren Kontakt zu ihm, und deshalb haben sie nie gemerkt, dass Albert IMMER im Amt ist. Er wohnt nämlich dort - seit über 30 Jahren. Das ist seine feste Burg, sein sicherer Hort, er braucht die Akten, die Vorschriften und das ganze Drumherum - die "richtige" Welt draußen mit ihrem Krach, der Aktivität und den vielen Menschen - das schreckt ihn ungemein: nein, das ist nichts für Albert.

Denkt er. Denn eines Tages liegt der Antrag E 45 auf seinem Tisch. Und der ist eigentlich gar nicht existent, das bestätigt auch Alberts Chef. Albert lehnt eine Bearbeitung dieses Antrags kategorisch ab, denn es bleibt ein Rätsel, was denn eigentlich Gegenstand dieses Antrags ist. Aber er hat nicht mit seinem Vorgesetzten gerechnet. Der schickt ihn nämlich raus, in die weite Welt, um Kontakt mit der Beantragenden, mit der Künstlerin Anna Sugus aufzunehmen. Und damit kommt Schwung in Albert Glücks Leben - der Graumäuserich trifft auf die Knalltüte und nichts ist mehr, wie es war.

Sehr, sehr niedlich und herzlich das alles! Wobei, niedlich ist vielleicht das falsche Wort (mir passt es aber trotzdem, jedenfalls, wenn man es mit süsslich und kitschig gleichsetzt. Bezaubernd auf jeden Fall, dass passt! Aus Albert Glücks Büro wird nun peu à peu ein Glückbüro und das ist derart entzückend geschildert, dass man das jedem Kollegen, den man gerne hat, schenken sollte, um ihm wenigstens literarisch einen tollen Arbeitsplatz zu verschaffen. Aber Achtung... auch vor dem Glücksbüro macht das wahre Leben nicht Halt, es ist also auch hier nicht alles eitel Sonnenschein - ganz und gar nicht!

Entzückend geschrieben offenbart das Buch eine weitere Facette in der Begabung des Autors Andreas Izquierdo, der nicht nur durch überaus originelle Romane, sondern auch durch Regionalkrimis bekannt geworden ist. Ein Multitalent, das hoffentlich noch viele unterhaltsame und anrührende Werke verfassen wird!