Ein skurriles Werk - mal anders rezensiert
Achtsam mordenDie Schizothekare sitzen zusammen in einem Café mit einem renommierten Journalisten, seines Zeichens für den Feuilleton einer angesehen Großstadtzeitung zuständig und begierig Informationen für seinen ...
Die Schizothekare sitzen zusammen in einem Café mit einem renommierten Journalisten, seines Zeichens für den Feuilleton einer angesehen Großstadtzeitung zuständig und begierig Informationen für seinen längst überfälligen Artikel zu sammeln. Nebst einem Vanillemacchiato und einem heißem Moccha schmücken Brownies und Cheesecake den Tisch und runden die Situation kulinarisch ab. Schmatzend und schlürfend werden Fragen beantwortet. Das Leben ist manchmal hart.
J: Zu allererst würde ich gerne wissen, wie ihr darauf kamt "Achtsam Morden" von Karsten Busse zu lesen. Erzählt mal.
T: Naja, es lag auf einem der ersten Stapel, den wir in unserer Lieblingsbuchhandlung sahen und der Klappentext klang witzig.
A: Und wir sind Opfer unserer Zwänge. Das Cover und der Titel haben es geschafft unsere Aufmerksamkeit zu erregen, somit hatte der Klappentext auch eine Chance gelesen zu werden.
J: Nun seid ihr ja echt begeistert, sagt mal beispielhaft, was die Geschichte so für euch ausmachte.
T: Puuuuh, ich glaube, für mich war es absolut die sarkastische Darstellung der Achtsamkeitsregeln. Das Ganze eingebettet in eine "Mafiageschichte" - besser geht eigentlich nicht.
A: Ja, der Humor war schon teilweise sehr schwarz. Ab und an sogar nur sehr unterschwellig. Und es gefiel, dass es kein Krimi im klassischen Sinne war - ich meine wer hier für das achtsame morden zuständig war, war von Anfang an klar.
J: Welche Stelle ist euch denn besonders im Gedächtnis geblieben, bei der ihr herzhaft losgelacht habt?
T: Am Allermeisten und Lautesten habe ich beim Entdecken der Leiche im Kofferraum via Thermometer gelacht. So absurd und trotzdem irgendwie logisch. Da musste ich wirklich den Kaffee ausspucken vor Lachen.
A: Ich glaube eine richtige Stelle kann ich gar nicht so richtig hervorheben. Immer wieder für ein Grinsen hat die ganz eigene und damit komplett ins Absurde schweifende Auslegung der Achtsamkeitsregeln geführt. Ein Juwel.
J: Gab es denn auch was Ekliges ?
A: Ohne Spoilern zu wollen, aber ein abgetrennter Ringfinger, der von einem Raben stibitz wird, ist schon recht makaber.
T: Genauso wie eine vor sich hin gammelnde, entleerte Leiche im Kofferraum.
J: Welche Person außer dem Protagonisten habt ihr besonders lieb gewonnen? Gab es so jemanden?
A: Spontan fällt mir eine absolute Randfigur ein. Eine intellektuell recht bedürftige Referendarin, die BGH Urteil mit Textmarkern ausgemalt hat. Kein Tiefgang oder ähnliches, aber doch sehr unterhaltsam.
T: Ich habe den etwas trotteligen Kommissar ins Herz geschlossen. Er hat die richtige Spur, wird aber ausgebremst von seiner Gier nach einem Kitaplatz. Das war zu gut.
J: Habt ihr denn irgendetwas aus dem Buch gelernt? Immerhin geht es um Achtsamkeit.
A: Es geht darum wie wir Achtsamkeitsgebote nutzen können um Morde vor uns selbst zu rechtfertigen. Ist das eine ernst gemeinte Frage?
T: Najaaaa, also ich hab definitiv gelernt, dass man eindeutig auch zu achtsam sein kann. Es ist wohl besser, einfach mal nicht zu oft zu denken.
J: Und für euch selbst? Gab es irgendetwas, was ihr nun verinnerlicht habt?
A: Ich verweise auf meine vorherige Antwort.
T: Ich werde sicherlich niemals ein Achtsamkeitstraining besuchen.
J: Waren denn die Handlungen von dem Protagonisten eigentlich immer nachvollziehbar für euch?
T: Immer ist wirklich sehr pauschal. Sagen wir: unter Beachtung der vorgestellten Achtsamkeitsregeln: Ja.
A: Und unter Beachtung der jeweiligen Verdrehung dieser Regeln - von mir auch ein klares Ja.
J: Nennt mir drei Wörter, die die Stimmung des Werkes beschreiben.
A: Witzig, absurd & achtsma.
T: Positiv, sonnig & entspannt.
J: Ist es ein Werk, was nachhaltig bei euch im Gedächtnis bleibt oder ist der Gedanke nach kurzer Zeit wieder verhallt?
T: Oh, es bleibt wirklich nachhaltig im Gedächtnis - wann hat man schonmal einen mordenden, gut gelaunten, stinknormalen Mafiaanwalt als Protagonisten?!
A: Man muss tatsächlich öfters daran denken. Und meist zaubert es auch ein Lächeln auf die Lippen.
J: Und nun? Würdet ihr weitere Werke dieser Art lesen?
A: Logisch.
T: Eindeutig: Ja. Ohne wenn und aber.
J: Zu guter Letzt nun - würdet ihr das Werk weiterempfehlen? Wenn es bei euch Sterne gäbe, wie viele würde es bekommen?
T: Absolute Weiterempfehlung. Wer ein kurzweiliges, sarkastisches Werk sucht, der sollte definitiv zugreifen. Würde es Sterne geben, dann bekäme es doppelt so viele wie angegeben.
A: Immer zweimal mehr als Troph. Klare Empfehlung - auch für Leute, die dem Krimigenre nicht verfallen sind.
Eine geringe Aufmerksamkeitsspanne, in diesem Fall durch Sonnenschein hervorgerufen, lässt die beiden Antwortenden nun langsam auf ihre leeren Teller und auf die Uhr schauen. Sehnsüchtige Blicke durch das Cafefenster suggerieren zudem, dass eine baldige Flucht bevorsteht. Man möchte meinen, dass sie immer noch nicht gelernt haben einen Moment mit Achtsamkeit zu begegnen. Wer hat aber auch behauptet, dass sie perfekt sind?
@karstendusse - das ist ein klarer Bildungsauftrag!