Profilbild von yesterday

yesterday

Lesejury Star
offline

yesterday ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit yesterday über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.01.2018

Düsteres Cornwall und ein buntes Reservoir an Verdächtigen

Das Wüten der Stille
0

Collin Brown, Detective Inspector im beschaulichen St. Magor in Cornwall, wird hier von seiner Schöpferin Iris Grädler zum dritten Mal mit einem ziemlich vertrackten Fall konfrontiert.

Zuerst scheint ...

Collin Brown, Detective Inspector im beschaulichen St. Magor in Cornwall, wird hier von seiner Schöpferin Iris Grädler zum dritten Mal mit einem ziemlich vertrackten Fall konfrontiert.

Zuerst scheint es nur einer zu sein, das Verschwinden einer Schülerin der Highschool im Nachbarort Cambrenne, doch während der Ermittlungen tauchen immer mehr Parallelen zu einem älteren Fall auf. Vor acht Jahren verschwand auch ein Mädchen, das auf die selbe Schule ging. Damals Jenifer, heute Carla. Bei Carla scheint sich zunächst niemand der involvierten Erwachsenen zu sorgen, doch durch die aktuellen Entwicklungen schöpfen Jenifers immer noch verzweifelte Eltern wieder Hoffnung. Ihre Leiche wurde nie gefunden.

Der große Star dieses Krimis ist einerseits die Umgebung, die Landschaft und Küste Cornwalls, die mit Wind und Wetter ihre Rolle bei allen Schauplätzen spielt, die sich durch die Ritzen im Leben der Menschen drängt und immer präsent ist. Andererseits sind es hier die Protagonisten, Polizisten, Charaktere, Verdächtige, die das Buch trotz des tristen Wetters so bunt erscheinen lassen. Grädler schöpft für die Menschen in ihren Krimis aus dem Vollen und lässt kaum zwei Leute ähnlich wirken. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, das kommt gut heraus ohne aufgesetzt zu wirken. Aufgesetzt sind lediglich manche Verhaltensweisen der Figuren, was dennoch nicht kitschig oder nervig wirkt, manche Menschen sind einfach so - im Buch wie im Leben.

Wer gerne selbst miträtselt und dennoch überrascht werden will, wer gerne falsche Fährten enttarnen will, ist mit diesem Krimi gut bedient. Die drei Geschichten sind gut unabhängig voneinander zu lesen, wer allerdings Collin Brown besser kennenlernen will, sollte mit einem der ersten beiden Romane beginnen (Meer des Schweigens; Am Ende des Schmerzes), da hier aufgrund mehrerer Faktoren Browns Privatleben und auch die Interaktion im Ermittlerteam etwas zu kurz kommt).

Veröffentlicht am 27.12.2017

Ein klassischer Schwedenkrimi der gut unterhält

Dominotod (Ein Nathalie-Svensson-Krimi 2)
0

Jonas Moström hat hier einen durchdachten, klassischen Schwedenkrimi geschrieben. Auch wenn es mit der Hauptfigur Nathalie Svensson schon einen Band gibt, lässt sich das Buch auch gut ohne Vorkenntnisse ...

Jonas Moström hat hier einen durchdachten, klassischen Schwedenkrimi geschrieben. Auch wenn es mit der Hauptfigur Nathalie Svensson schon einen Band gibt, lässt sich das Buch auch gut ohne Vorkenntnisse lesen. Auch die Andeutungen die es über ihre Vergangenheit gibt, sind gut eingeflochten und nerven nicht.

Beim aktuellen Fall soll Nathalie als Psychiaterin ein Team aus Kriminalisten (vor Ort und hinzugerufen) sowie deren Computerspezialisten unterstützen. Gemeinsam sollen sie ein Täterprofil erstellen. Dies gestaltet sich schwierig. Zwei Ärzte sind verschwunden, einer tot und bis auf den Arbeitsort und zwei gefundene Dominosteine scheint sie nichts verbunden zu haben.
Nach und nach graben die Ermittler in den Privatleben der Verdächtigen und Nathalie wird immer stärker selbst betroffen, da auch ihre Schwester in die Sache verstrickt zu sein scheint. Auch der Kommissar vor Ort ist involviert, da eng mit einem der Opfer befreundet.

Es entbrennt ein Wettlauf gegen die Zeit, der sich für den Leser aber nicht so gehetzt anfühlt wie in anderen Krimis, weil einfach vieles nebenbei passiert, kleine Hinweise auftauchen und vieles mehr. Man selbst kann immer mitraten. Zudem gibt es Rückblenden, die zu Beginn wenig Sinn ergeben, sich aber am Ende einfügen. Wer hellhörig ist, kann schon im ersten Drittel des Buches den Täter vermuten, dennoch ist die Auflösung clever gestaltet und der gesamt Krimi unterhält gut.

Veröffentlicht am 18.11.2017

Tiefe Einblicke in schwedische Seelen

Der Fall Kallmann
0

Ohne viel Action oder dem Leser überbordende Gefühle aufzudrängen, schafft Nesser es in diesem Roman, vielschichtige Psychogramme komplett fiktiver und unterschiedlicher Menschen zu erstellen. Er lässt ...

Ohne viel Action oder dem Leser überbordende Gefühle aufzudrängen, schafft Nesser es in diesem Roman, vielschichtige Psychogramme komplett fiktiver und unterschiedlicher Menschen zu erstellen. Er lässt Schüler und Lehrer einer Gesamtschule eines kleinen Ortes in Schweden abwechselnd zu Wort kommen. Es sind sehr persönliche, intensive Abschnitte, die sich an Tagebucheinträge anlehnen.

An der Schule gehen seltsame Dinge vor, die Stimmung scheint alle paar Wochen zu drehen und das zu einer Zeit, als die Belegschaft noch nicht verdaut hat, dass am Ende des vergangenen Schuljahres ein Lehrer zu Tode kam. Und auch wenn alle Beteiligten aktuell mit Rassismus und tiefgreifender Unruhe unter den Schülern zu kämpfen haben, gibt es noch einige Personen, die nicht glauben, dass die Polizei wirklich alles tat, um den Fall des toten Lehrers, Herrn Kallmann, aufzuklären. Sowohl Schüler als auch ehemalige Kollegen beginnen auf eigene Faust zu ermitteln.

In die Krimihandlung wunderbar eingeflochten sind alle anderen alltäglichen Begebenheiten und Probleme der Protagonisten. Die Beschreibungen, die Sprache wandelt immer zwischen klar und leicht verständlich sowie vielen Metaphern und anspruchsvollen Passagen. Jeder Charakter hat einen unverwechselbaren Erzählstil und im Verlauf des Buches scheint man die Hauptpersonen immer besser kennenzulernen, sodass man sich als Leser erst wieder bewusst machen muss, dass sie nicht existieren. Schicksale und freudige wie traurige Momente gehen unter die Haut. Auch wenn es der Schreibstil manchmal etwas schwieriger macht, sich ganz in die Geschichte fallenzulassen, kann man sich durchaus mit den Charakteren identifizieren. Manche ihrer Beweggründe versteht man sofort, anderes erst später und manches wird nicht aufgelöst und bleibt der Phantasie des Lesers überlassen.

Überhaupt fühlt man sich eher wie eine zusätzliche Person der Geschichte und ist hautnah dabei, kann somit versuchen, Zusammenhänge selbst zu erkennen, die die einzelnen Protagonisten nicht sehen, weil sie nicht alle Sichtweisen kennen wie der Leser.

Mit dem einen oder anderen losen Faden am Ende kann ich gut leben, zwischendrin gab es im 570 Seiten starken Roman die eine oder andere Länge. Dies ist aber sowohl den Eigenheiten der Charaktere als auch deren Erzählschwerpunkten geschuldet. Leider gibt es keine Anmerkungen des Autors, worauf ich gehofft hatte. Somit erklärt sich für mich nicht, warum zwar Städte wie Uppsala oder Stockholm erwähnt werden, die Orte an denen sich die Handlung konzentriert, aber lediglich mit einem Buchstaben bezeichnet werden. Das wirkt zuerst so, als wäre die Geschichte doch auf einem wahren Kern aufgebaut. Fiktive Ortsnamen könnten doch einfach geschrieben werden. Dennoch glaube ich, nach der gesamten Lektüre, nicht, dass etwas daraus wirklich passiert ist. Auch wenn der klassische Hinweis (“Sämtliche Personen… sind erfunden und Ähnlichkeiten...zufällig”) hier ebenso fehlt wie ein Dank oder Anmerkungen Nessers.

Veröffentlicht am 05.11.2017

Ein Moment, der das Schicksal einer ganzen Familie besiegelte

Preiselbeertage
0

Dank einer doch sehr spannenden Hintergrundgeschichte kann dieser „Frauenroman“ auch für Spannungsliebhaber durchaus interessant werden. Eine deutsch-schwedische Familie wird durch den unerwarteten Tod ...

Dank einer doch sehr spannenden Hintergrundgeschichte kann dieser „Frauenroman“ auch für Spannungsliebhaber durchaus interessant werden. Eine deutsch-schwedische Familie wird durch den unerwarteten Tod eines Familienmitglieds nicht nur emotional erschüttert. Der Tod selbst ist natürlich und birgt keine Krimi-Aspekte. Aber da der Verstorbene seine Memoiren veröffentlichen wollte, könnte ein Familiengeheimnis ans Licht kommen.
Wobei Familiengeheimnis eigentlich das falsche Wort ist, da nur ein kleiner Teil besagter Familie die Dinge kennt, die vor rund 30 Jahren vorgefallen sind und von da an das Schicksal von Ina und Jörg, ihrer Eltern und ihrer Kinder bestimmt haben. Beide stammen aus der DDR, die Familie lebt aber schon lange in Schweden. Ariane, die ältere Tochter, beginnt nachzuforschen und stolpert über alte Dokumente, Fotos und Daten, die nicht zusammenpassen.
Mit Witz und Gefühl erzählt die Autorin das Schicksal der Familie Bentheim, wechselt Abschnitte in der Gegenwart und der Vergangenheit gut ab und flechtet viele berührende Gespräche und Momente ein. Auch eine Liebesgeschichte entwickelt sich, drängt sich aber nicht allzu sehr in den Vordergrund.
Was nach dem Ende des Romans noch nachwirkt, sind Gedanken über die Umstände in der DDR, wie schwierig für viele ganz normale Alltagserledigungen sein mussten, die Entbehrungen, die den Menschen oft gar nicht bewusst waren, bis sie dann den Westen sahen. Da die Autorin eine deutsche Mutter und einen schwedischen Vater hat und zwar in Schweden geboren wurde, aber in Deutschland lebt, kommt doch irgendwann auch die Frage auf, wie viel autobiografisches wohl in diesem Buch steckt. Vieles von Ariane, die sich weder da noch dort ganz zu Hause fühlt, erlebt man als Leser jedenfalls als sehr authentisch.

Veröffentlicht am 13.10.2017

Rasant und frech ermittelt Veilchen zum vierten Mal

Veilchens Rausch
0

Lokalkolorit und sprachliche Feinheiten machen diesen kurzweiligen Tirol-Krimi zu einem grundsätzlich sehr angenehmen Lesevergnügen. Mit Ermittlerin Valerie Mauser hat der Autor schon vor 4 Bänden eine ...

Lokalkolorit und sprachliche Feinheiten machen diesen kurzweiligen Tirol-Krimi zu einem grundsätzlich sehr angenehmen Lesevergnügen. Mit Ermittlerin Valerie Mauser hat der Autor schon vor 4 Bänden eine ganz eigene, spezielle, impulsive Figur geschaffen, die nun ihrem vierten Fall wieder ganz in ihrem Element ist.
Zwar steht sie aufgrund vergangener Ereignisse nicht mehr ganz so gut da und sie hat sich auch intern bei der Polizei ihre Feinde gemacht. Aber Valerie lässt sich nicht unterkriegen und beißt sich durch und erkämpft sich Anerkennung erneut.
Aktuell muss (oder zu Beginn eher darf) sie den Mord an einer jungen Frau aufklären, die auf einer Veranstaltung als Kellnerin aushalf. Von diesem Event ausgehend entdecken Valerie und Kollegen ein spezielles Netzwerk, das den Tiroler Wohnungsmarkt beherrscht. Es geht also um Geld, viel Geld und um Eitelkeiten. Wie passt die Frau da hinein?
Locker und flott führt Joe Fischler durch den Krimi und die Innsbrucker Straßen. Fast so rasant wie Valerie Mauser Auto fährt. Neben Valerie ist die Geschichte auch von altbekannten und liebgewordenen Figuren wie Stolwerk (bester Freund und Ex-Kollege) und streitbaren Charakteren wie Geyer (ehemaliger Kollege, nun Valeries Chef). Auch Valeries Familie mischt wieder mit.
Leider – aus meiner Sicht – prägt auch eine „Souffleuse“ die Bücher mit Valerie Mauser. Zwischendrin werden Valeries Gedanken nicht einfach formuliert und eingeflochten, sondern von der bösen Stimme, die auf ihrer Schulter sitzt. Es würde aber auch genauso gut funktionieren, diese Gedanken einfach wie alles andere, was Valerie sich denkt und fühlt, kursiv zu schreiben. Wer die Stellen, an denen dann plötzlich jemand „drittes“ in der Geschichte mitredet, mag oder gut ignorieren kann, hat mit dem Rest des Krimis aber viel Freude.