So hätte es sein können
Spätes GewissenBegebenheiten, wie sie sich hätten zutragen können in der ehemaligen DDR und die auch solchen, die in dieser Beziehung schon einiges gelesen und auch anderweitig mitbekommen haben, die Haare in die Höhe ...
Begebenheiten, wie sie sich hätten zutragen können in der ehemaligen DDR und die auch solchen, die in dieser Beziehung schon einiges gelesen und auch anderweitig mitbekommen haben, die Haare in die Höhe und die Tränen in die Augen schießen lassen und das Herz gehörig zum Rasen bringen: Solche schildert Wolfgang Westphal in "Spätes Gewissen". Und er ist einer, der es wissen muss, gelang ihm doch als Teenager gemeinsam mit den Eltern die Republikflucht.
Ja, auch in der DDR gab es Sexualverbrechen, aber aufgrund des alles andere als freien Journalismus war es möglich, diese weitgehend unter Verschluss zu halten, die Staatsapparate konnten Angehörige der Opfer und andere Betroffene leicht einschüchtern.
Wobei es Peter, dem Alter Ego des Autors, der nach langen Jahren im Westen in die heimatlichen Gefilde zurückkehrt, zunächst um etwas ganz anderes geht: er will seinen Jugendfreund wiedersehen, der dort zurückgeblieben ist und gerät dadurch in eine ganz andere, viel größere Geschichte, in der es um eine Mordserie an Frauen geht, die sich über Jahrzehnte erstreckte und möglicherweise noch andauert. Fast beiläufig erfährt er, dass der Freund schon vor Jahren ums Leben kam - etwa in Zusammenhang mit diesen Morden?
Peter trifft auf diverse Menschen, die ihm etwas erzählen können und nach und nach offenbaren sich wahre Abgründe. Wirklich nach und nach erst, denn die Geschichte ist lang, nimmt viele Wendungen und gerät auch mal auf Abwege. Sie ist gut erzählt, alle Figuren sind eindringlich, wenn auch ausgesprochen ausgiebig beschrieben und man kann sich als Leser nach der Lektüre ein gutes Bild davon machen, wie das Leben in der DDR auch heute noch Einfluss auf gewisse Vorgänge hat. Nicht zu knapp, kann ich Ihnen sagen! Doch mir war es insgesamt viel zu umständlich und obwohl es viele sehr spannende Stellen im Buch hat, gab es auch mindestens ebenso viele Längen, die mich das Buch wiederholt aus der Hand legen ließen. Kurzum: ich empfand die Geschichte als umständlich und kam nach den Pausen schwer wieder rein. Die zahlreichen Charaktere, die sich hier tummeln, musste ich dann stets wieder neu sortieren. Ein dennoch ausgesprochen lesenswertes Buch, das aber um mindestens ein Drittel kürzer hätte ausfallen können!