Cover-Bild Und es schmilzt
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 512
  • Ersterscheinung: 24.08.2017
  • ISBN: 9783103972825
Lize Spit

Und es schmilzt

Roman
Helga van Beuningen (Übersetzer)

Ein Buch, das alles gibt und alles verlangt.
Mit geschlossenen Augen hätte Eva damals den Weg zu Pims Bauernhof radeln können. Sie könnte es heute noch, obwohl sie viele Jahre nicht in Bovenmeer gewesen ist. Hier wurde sie zwischen Rapsfeldern und Pferdekoppeln erwachsen. Hier liegt auch die Wurzel all ihrer aufgestauten Traurigkeit.
Dreizehn Jahre nach dem Sommer, an den sie nie wieder zu denken wagte, kehrt Eva zurück in ihr Dorf – mit einem großen Eisblock im Kofferraum.

Die junge Bestsellerautorin Lize Spit wagt sich mit ihrem ersten Roman »Und es schmilzt« an die Grenzen des Sagbaren.

Preis des niederländischen Buchhandels für den besten Roman des Jahres

Das radikalste Update zu »Der Fänger im Roggen«!


Pressestimmen:
»Dieser Roman ist eine Granate, die erst nur einen dunklen Schatten wirft und dann mit kaltblütiger Präzision einschlägt.« De Standaard

»Geschrieben mit der Treffsicherheit eines Messerwerfers. Ein Todesstoß.« Bregje Hofstede

»Diese Geschichte packt Sie an der Kehle.« De Standaard

»Übertrifft alle Erwartungen!« De Morgen

»Aufregend, manchmal lustig, am Ende beängstigend und ergreifend.« Het Nieuwsblad

»›Und es schmilzt‹ besetzt eine besondere Stelle in Ihrem Kopf – irgendwo zwischen Behaglichkeit, Unruhe, Vertrautheit und Entsetzen.« Saskia de Coster

»Dieses Buch knistert vor Spannung. Vertraut, überraschend, einfallsreich, erbarmungslos.« De Standaard

Stimmen aus dem Buchhandel
»Wow! Was für ein Buch. Ich habe es zugeschlagen und hätte es am liebsten gleich noch einmal von vorn begonnen. Das ist großartig erzählt, hat einen unglaublichen Sog. … Tesje werde ich sicher nie mehr vergessen. «
Juliane Barth, Dussmann, Berlin

»Lize Spits Erzählkraft ist beispiellos und treibt dem Leser mitunter Schweißperlen auf die Stirn. ›Und es schmilzt‹ ist ganz großes beklemmendes Kopfkino!
Thomas Bleitner, Buchhandlung Lüders, Hamburg.

»Das Buch hat mich überrascht, beeindruckt, abgeschreckt, fasziniert, begeistert! ... Mutig und kompromisslos! Eine Sogwirkung, der man sich nicht entziehen kann … es haut einen einfach um!
Brigitte Drees, Buchhandlung Köhl, Erftstadt

»Ein Meisterwerk mit einer ganz eigenen Stimme und Stimmung, das man gelesen haben muss.«
Alex Schütz, Pieper Bücher, Saarlouis

»Man wird über dieses Buch reden, reden müssen, weil man sich nach der Lektüre austauschen will.«
Frank Menden, Stories! Die Buchhandlung, Hamburg

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.01.2018

Leise Töne mit unüberhörbarer Intensität

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| © Janna von www.KeJas-BlogBuch.de |

Viele waren erschüttert nach dem Lesen. Viele hatten das Bedürfnis über das Gelesene zu sprechen. Ein Titel von Abbruch bis Jahreshighlight. Eine Geschichte wundervoll ...

| © Janna von www.KeJas-BlogBuch.de |

Viele waren erschüttert nach dem Lesen. Viele hatten das Bedürfnis über das Gelesene zu sprechen. Ein Titel von Abbruch bis Jahreshighlight. Eine Geschichte wundervoll erzählt. Ein Buch das mich erschreckt! Aber auf ganz anderer Ebene, als man zunächst annehmen mag …

Das erste Buch bei dem ich nicht weiß wie und wo ich wirklich anfangen soll. Ich werde zunächst versuchen eher grob zu bleiben und später auf kommende Spoiler hinweisen. Wobei schon jetzt der Punkt gekommen ist, mich zu fragen, kann man überhaupt spoilern? Denn ich finde darauf muss vorbereitet werden, das ist kein Buch welches mal eben einfach gelesen werden kann. Es kann triggern, es löst etwas aus, es ist detailliert!
[
Trigger – auslösender Reiz, Psychologie | Beschriebene Szenen können erlebte Traumata erneut erleben lassen]

Ich habe kurz vor dem Beenden des Buches einen Instagram-Post zum Inhalt gemacht und war positiv überrascht, als der Fischer-Verlag diesen auf Twitter teilte. Warum? Weil ich deutlich gemacht habe, das ich es unverantwortlich finde, nicht auf das hinzuweisen, was die Leserinnen erwartet.

Es sind weitaus alltäglichere Szenarien, als viele von Euch sich vielleicht eingestehen wollen und nur der kleine Satz auf dem Klappentext lässt erahnen, wohin die Geschichte die Leser
innen führen könnte – Eva versuchte den Sommer zu vergessen, indem ihre zwei Freunde zu ihren dunkelsten Dämonen wurden – dies sagt so viel und nichts. Und doch beinhaltet dieses Buch alles.
Missbrauch, Misshandlungen, Alkoholismus, Zwangsverhalten – dies schildert im Groben womit sich die Geschichte befasst, womit sich die Leserinnen automatisch auseinander setzen. Mögliche Trigger-Szenen sind im gesamten Buch zu finden. In Evas Vergangenheit, ihrer Familie, ihren Freunden, ebenso in ihrer Gegenwart. Diese einschneidenden Erfahrungen, Erlebnisse und die daraus resultierenden Konsequenten. Sehr distanziert und doch mit voller Wucht. Somit sollte sich überlegt werden ob und wann zu dem Buch gegriffen wird.

Ich begann zu lesen und viele Seiten fragte ich mich, was so viele aufwühlte. Wobei, so ganz stimmt dies nicht. Es ist früh zu erahnen, nur nicht greifbar und schon gar nicht wissend, auf welchen Weg die Autorin einen schubst. Vielmehr ist es die distanzierte Art der Erzählung, welche später detailliert und mit voller Wucht zuschlägt. Genau dies kritisierten einige Leser
innen, sie hätten durch die Distanz keinen wirklich Bezug zu Eva aufbauen können. Ich persönlich finde es für dieses Buch sehr passend. Aus der Ich-Perspektive begleiten wir Eva von ihren frisch angebrochenen Tagen als Jugendliche und begleiten sie auf ihrer Fahrt zurück dahin.

Eva. Tesje. Jolan. Drei Geschwister, vier Schatten (S. 22). Seit Jahren liegt ein grauer Schleier über der Familie. Und bereits zu Beginn wird deutlich, das sich die Familie darin verloren hat, schlimmer noch, aufgegeben. Eva, das mittlere Kind, hat eine Verantwortung übernommen die nicht ihre ist. Sie hat eine Rolle innerhalb des Familiensystems eingenommen die kaum tragbar ist und doch hat sie diese Verantwortung übernommen. Mutter und Vater waren dazu nicht imstande. Schon früh wird deutlich das Liebe in diesem Hause vergebens gesucht wird und jeder seinen eigenen Weg geht. Die Mutter mit den gleichen schweren Gedanken wie der Vater, mit einer ähnlichen Flucht. Nur während sie sich in Schweigen hüllt, nimmt der Vater jeglichen Zentimeter ein. Eva hat gelernt zu beobachten, einzuschätzen.


"[…] Achselzucken. Jedes Mal denke ich, dafür müsste unbedingt ein anderer Körperteil gewählt werden, notfalls eine andere Gebärde. In der Anatomie der Achseln gibt es, im Gegensatz zu den Augenbrauen, nicht genug Spielraum für Nuancen.“
(Seite 14)

Eva achtet auf Feinheiten um ihre Umgebung im Ganzen aufzunehmen und einzuschätzen. Ihr Bruder zieht sich zurück, ist fast nur am Rande wahrzunehmen. Und ihre kleine Schwester schreit tonlos. Alle drei Geschwister tragen tiefe Risse mit sich. All dies nimmt viel Raum ein in der Erzählung und doch ist es fast nebensächlich. Der Schmerz.

Eva. Pim. Laurens. Jan. Ebenfalls drei Freunde, vier Schatten. Evas Rückzugsort, ihre Flucht. Zwei Jungen, ein Mädchen. Eva ist mit ihnen aufgewachsen, es fällt ihr schwer Anschluss zu anderen Mädchen aufzubauen. Die zwei Jungen und Laurens Mutter sind ihr Halt, den sie nicht verlieren will. Vielmehr ist es besonders Laurens Mutter, ihre kleinen Gesten, die sie so sehr braucht. Eine kleine Nebenrolle, die für Eva große Bedeutung hat und für die Leserinnen Seite für Seite einen bitteren (Bei)Geschmack erhält.


"Dann fehlt mir etwas. Alles. Als wäre ich einmal vollständiger gewesen und etwas in mir erinnert sich noch an dieses Gefühl."
(Seite 21)

Es ist die Art der Erzählung, das Zusammensetzen einzelner Worte zu bedeutungstiefen Sätzen. Ich habe mich in diesem Schreibstil verloren. Gelungen, für mich!

Für einige andere Leser
innen nicht. Zu viel Distanz, zu wenig Erklärung. Dies braucht es nicht für mich. Manchmal braucht es die Distanz. Eben diese Distanz lässt viele Leserinnen das Buch überhaupt beenden. Und eben diese Distanz ist auch ein Schutzmechanismus, etwas von außen betrachten, von sich wegzuschieben.

Ein warum ist in diesem Bch nicht zu finden. Ein Bedürfnis der Leser
innen. Antworten. Etwas geschieht und alles geht weiter, nimmt seinen gewohnten Lauf. Kein Inne halten. Keine Aufarbeitung.


"Alles ist unverändert, aber nichts ist mehr das, was es war."
(Seite 467)

Der Sommer den Eva vergessen wollte. Der Sommer den sie nie los wurde. Der Sommer welcher aus ihr eine Frau machte, die sich ihren Dämonen nicht stellen konnte. Eine Frau die im Schatten dieser heißen Tage lebt. Eine Konsequenz, dessen Schritt aus der Vergangenheit heraus gemacht wird. Zu viel des „Guten“? Es ist passend gewählt, eine deutliche Verbindung mit dem damaligen Sommer und dem jetzigen Winter.

Ich möchte nicht weiter auf das Ende eingehen, da es sonst an Kraft verliert. Und doch habe ich eigentlich noch viel dazu zusagen. Ob ich persönlich so handeln würde ist eine andere Frage, aber ich kann es verstehen. Und ich verstehe was die Autorin damit vermitteln möchte. Oder vielmehr glaube ich zu wissen, warum die Autorin diesen Ausgang gewählt hat.

Das Buch allein ist für mich absolut gelungen und wunderbar geschrieben, aber mit solch einer Veröffentlichung, die darin beschriebenen Erfahrungen, Erlebnisse und Traumata, tragen Autor*in und Verlag eine Verantwortung! Diese fehlt mir, die Vorbereitung auf die detaillierte Beschreibung, auf das was im Buch thematisiert wird. Und eben aus diesem Grund kann und will ich dem Buch meinerseits keine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen.

Veröffentlicht am 20.12.2017

Holland in Not?

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Nein, Belgien, aber dafür nicht zu knapp! Eva wächst in dem kleinen Ort Bovenmeer in einer scheinbar intakten Familie auf: es ist alles da, was man braucht: Bruder, Schwester und vor allem beide Eltern. ...

Nein, Belgien, aber dafür nicht zu knapp! Eva wächst in dem kleinen Ort Bovenmeer in einer scheinbar intakten Familie auf: es ist alles da, was man braucht: Bruder, Schwester und vor allem beide Eltern. Dass dennoch ganz gewaltig der Wurm drin ist, fällt nur den wenigsten auf und die sind sich nicht sicher, was genau sie sehen. Evas kleine Schwester Tesje ist nämlich verhaltensgestört - kommt ja in jeder besseren Familie vor, sowas. Denken die Nachbarn.

Und Eva hat Freunde, sie wächst in einem Dreierklübchen mit zwei gleichaltrigen Jungs auf, manche nennen sie auch die drei Musketiere - von der Schulbank bis zum späten Abend machen sie jahrelang alles gemeinsam.

Aber trotzdem, irgend etwas stimmt nicht und das offenbart sich erst allmählich, auch Eva selbst. Sie muss das Dorf erst verlassen und neun Jahre meiden, bis sie weiß, was sie will.

Und dann kommt sie zurück mit einem riesigen Eisblock im Gepäck und setzt ein Ausrufezeichen.

Ein Roman, der Trauer transportiert, Einsamkeit und Hilflosigkeit. Wie um Himmels Willen war die junge Autorin Lize Spit dazu imstande, aus diesen Elementen eine kraftvolle Geschichte zu konstruieren, in einem ganz eigenen Stil, einer eigenen Sprache, einen, der einige überaus eindringliche Charaktere beinhaltet. Evas Freunde sind es allerdings nicht, sie bleiben eher grau, es sind die Nebenfiguren, die farbig werden, diejenigen, an die auch Eva nicht nahe genug herankommt. Nicht nahe genug, um ihre Welt bunt werden zu lassen.

Eine Geschichte, die von einer Gesellschaft zeugt, in der mehr Schein als Sein ist, von Menschen, die aneinander vorbeigehen und zwar in Dörfern, in denen doch eigentlich jeder jeden kennt. In Bovenmeer nicht und der Umgang der Akteure miteinander ist auch nicht gerade ohne. Was ist sozial schwach? Es sind nicht diejenigen, die nicht arbeiten, keine Familie haben, sondern es sind die, die ihren Nächsten das Leben zur Hölle machen. Auf die ein oder andere Art, aus unterschiedlichen Beweggründen, mit unterschiedlichen Treibern, teilweise unbeabsichtigt.

Lize Spit - eine Powerfrau? Nein, eine Trauerfrau, jedenfalls in diesem Roman. Den man aber dennoch lesen sollte, weil er aufrüttelt und bewegt. Wäre die Autorin nicht so jung, würde ich sagen - diese Zitrone hat (noch) viel Kraft. Ja, also doch Power. Auf eine ganz eigene Art: sie gibt den Evas und Tesjes dieser Welt eine Stimme!

Verstörend und lesenswert!

Veröffentlicht am 22.11.2017

Verstörend und berührend

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Eva fährt mit einem Eisblock im Kofferraum in ihr Heimatdorf. Nach dem plötzlichen Ende ihrer Freundschaft zu ihren beiden ältesten Freunden war sie jahrelang nicht dort gewesen. Doch dann bringt eine ...

Eva fährt mit einem Eisblock im Kofferraum in ihr Heimatdorf. Nach dem plötzlichen Ende ihrer Freundschaft zu ihren beiden ältesten Freunden war sie jahrelang nicht dort gewesen. Doch dann bringt eine Einladung all die Erinnerungen wieder zurück, die sie seitdem verdrängt hat.

In zwei Zeitebenen erzählt die Autorin Lize Spit Evas Geschichte. Die Gegenwart ist gedrängt auf wenige Stunden, die Vergangenheit erhält dafür umso mehr an Gewicht. Immer steht im Hintergrund die Frage, welche Rolle der Eisblock spielt – dann allerdings ist der Leser in den Sog der Geschichte geraten, für die letzten gut 100 Seiten musste ich eine Nachtschicht einlegen, weil ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte. Scheinen die störenden Momente anfangs nur kurz in die angebliche Idylle hinein, mehren sich die Hinweise auf die Gefahr im Lauf der Erzählung, bis der Leser sie in allen Einzelheiten greifen kann. Rückwirkend erscheint alles so radikal in einem anderen Licht, dass man an den Anfang blättern muss, aber ja, hier sind sie, die Anzeichen, die Eva auf diesen erbarmungslosen Weg schicken. Zimperlich ist die Autorin dabei nicht, sie mutet ihrer Protagonistin und dem Leser einiges zu. Und gerade deswegen wird das Buch sicherlich polarisieren.

Evas Geschichte ist eine, die sonst eher nicht erzählt wird, genau das aber macht dieses Buch so einzigartig. Es kann nicht uneingeschränkt empfohlen werden, wer sich mit den grausamen und manchmal vulgär geratenen Episoden nicht anfreunden kann, sollte es lieber links liegen lassen. Mich selbst hat das Buch verstört und gleichzeitig tief drinnen berührt. Deshalb eine Leseempfehlung von mir und vier von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 20.11.2017

Ein Roman, der einen an die Grenzen bringt

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Ein Dorf mitten in Belgien – bäuerlich, klein und idyllisch. Dennoch trügt die Idylle, wenn man hinter die Fassaden der Familien schaut. Auf der einen Seite sind die Geschwister Jolan, Eva und Tesje, und ...

Ein Dorf mitten in Belgien – bäuerlich, klein und idyllisch. Dennoch trügt die Idylle, wenn man hinter die Fassaden der Familien schaut. Auf der einen Seite sind die Geschwister Jolan, Eva und Tesje, und auf der anderen Seite sind Evas‘ Schulfreunde Pim und Laurens. In Pims‘ Familie lebt noch der ältere Bruder Jan. Die Geschichte erzählt von den Dorfkindern in der Vergangenheit und in der Gegenwart. Dazwischen liegen einige Jahre. Zum Teil leben die Eltern noch in dem Dorf, der sie verstarben an den üblichen Krankheiten oder an Altersschwächen. Eva verbringt in ihrer Kindheit häufig die freie Zeit mit Pim und Laurens. Pims Vater besitzt einen Bauernhof; bei der Arbeit hilft häufig der ältere Sohn Jan mit. Laurens Eltern vermarkten in ihrem Geschäft die einheimischen Schlachtprodukte der Tiere. Zum Glück wächst Eva an der Seite eines starken Bruders auf, der immer ein Auge auf seine jüngeren Schwestern hat. Tesje dagegen scheint eher ein Sorgenkind zu sein. Außerdem vernachlässigen Evas Eltern die Geschwister, besonders die Mutter, die dem Alkohol kaum aus dem Weg gehen kann. Aber auch in Pims Familie existieren Probleme. Eines Tages verschwindet Jan.
Die in Flandern geborene Autorin Lize Spit bringt die Leserschaft mit ihrer direkten – zum Teil vulgären Sprache – an ihre Grenzen. Wenn man daneben stehen würde, könnte man als Erwachsener den Kopf schütteln und sich schämen. Aber gerade das will die Autorin erreichen. Schaut man auf den Fokus des Geschehens, oder schaut man lieber weg und will von dem Übel des Teenagerlebens nichts wissen. Ungeschminkt erzählt Lize Spit die pubertären Auseinandersetzungen der Teenager mit sich selbst und zwischen den Geschlechtern. Besonders Pim und Laurens leben ein Stück ihre sexuellen Fantasien aus, bei denen sie nicht ihre eigenen Grenzen und die der anderen erkennen. Eva – dargestellt als Figur im Mittelpunkt der eigenen Familie und der Freunde - möchte in der Gegenwart einen Schlussstrich ziehen unter diesen Teenagererfahrungen von damals. Sie muss erst erwachsen werden, um den Mut aufzubringen und dementsprechend zu handeln. Pim und Laurens leben mittlerweile in ihren eigenen Familien. Dennoch lastet ein Schatten der Vergangenheit auf die Gegenwart. Ein Eisblock, den Eva ins Dorf bringt, steht symbolisch für die Zeit, die von damals verronnen ist, um Verletzungen zu heilen. In der Vergangenheit wie in der Gegenwart scheint es gerade Pim und Laurens nicht bewusst gewesen zu sein, was sie vor allem bei Eva, aber eventuell auch bei den anderen Mädchen im Dorf ausgelöst haben. In der Gegenwart erfährt man kaum etwas über die Mädchen von damals, deshalb kann man nur vermuten, wie es den Mädchen in den Situationen erging.
Eine Geschichte zu schaffen, die nicht blühende und idyllische Landschaften erzählt, verschafft womöglich Unbehagen bei der Leserschaft, und bringt kein einfaches Lesevergnügen hervor. Es bleibt letztendlich einem überlassen, ob man das Buch weglegt oder sich dem Fokus des Geschehens, der in die jeweilige Wunde bohrt, stellt. Auf jeden Fall stellt dieser Roman eine Herausforderung für die Autorin selbst und der Leserschaft.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Fragen über Fragen und doch unvergesslich

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Und es schmilzt. Schon allein der Titel lässt einen nachdenken. Was schmilzt? Schnee schmilzt, Eis schmilzt. Auf dem Cover zeigen sich zarte Blüten und Zweige in Eis gefangen. Ich stelle mir eine Geschichte ...

Und es schmilzt. Schon allein der Titel lässt einen nachdenken. Was schmilzt? Schnee schmilzt, Eis schmilzt. Auf dem Cover zeigen sich zarte Blüten und Zweige in Eis gefangen. Ich stelle mir eine Geschichte vor, die einen Neuanfang darstellt. So wie der Frühling nach dem Winter ein Neuanfang im Jahreskreis ist. Handelt es sich um eine tragische Liebesgeschichte? Was symbolisiert der Eisblock, den Eva in ihrem Auto mit sich führt? Fragen über Fragen, bereits bevor man richtig in die Geschichte eintaucht und die Antworten auf tragische unfassbare Art vor die Augen geknallt bekommt!

In einer zeitlichen Abfolge erzählt Eva ihre tragische Geschichte. Es war anfangs nicht immer leicht dem zu folgen, denn die zeitlichen Abläufe werden besonders in der Vergangenheit nicht immer klar voneinander getrennt. In Evas Kindheit sind unfassbare Dinge geschehen, die mich als Leserin so manches mal ratlos innehalten ließen. Eva hatte keine behütete Kindheit. Geborgenheit und Liebe kannte sie nicht. Ihre Eltern: Alkoholiker, die Mutter noch dazu mit psychischen Problemen behaftet. Ihre kleine Schwester entwickelte ebenso eine Psychose, die nicht behandelt wurde. Ein großer Bruder war auch noch da. Die Geschwister hielten zusammen, waren mit der Familiensituation natürlich überfordert. Besonders Eva. Irgendwie wurde bei ihr alles abgeladen, erwartete von ihr, alles recht zu machen. Eva hatte nur zwei Freunde: Pim und Laurens. Die drei Musketiere wurden sie genannt. Als Elisa ins Dorf zog, freundete sich Eva das erste mal mit einem Mädchen an. Versuchte dem Kumpel-Image der Jungs zu entkommen. Doch die Freundschaft hielt nicht lange. Eva war nicht “Mädchen” genug, sie war nicht hübsch genug, sie war nicht schlank genug. Als Eva 13/14 war lief alles aus dem Ruder. Die Jungs entdeckten die Sexualität, stellten die Mädchen auf die Probe, spielten Spielchen mit ihnen. Eva wurde als Spielführer eingesetzt, sie sollte sich ein Rätsel ausdenken, welches die Mädchen erraten müssen. Als Eva dem Spiel ein Ende setzten will, eskaliert die Situation vollkommen…..

Was sich in jenen letzten Ferien abspielte war unfassbar! Vor allem, weil die Beteiligten so jung waren. Wie konnte es soweit kommen? Die Jugendlichen schienen von zu Hause aus, keine Führung erhalten zu haben. Leider bekam man diesbezüglich keinen Einblick. Man sollte sich als Leser rein auf Eva konzentrieren. Das viel mir schwer, bzw. war fast unmöglich. Die beteiligten Jugendlichen empfand ich als extrem frühreif und die Mädchen besonders verwegen dargestellt. Der Gewaltakt, ein erschreckendes Beispiel für nicht vorhandenen Jugendschutz bei Medien. Dieses letzte Ereignis in Evas Kindheit ist alles, was in der Gegenwart geschieht. Man bekommt die Antwort auf die zentrale Frage, warum Eva einen Eisblock mit sich schleppt und vor allem was sie damit vor hat.

Die Autorin schildert eine unfassbare, deprimierende und traurige Familiengeschichte. Nichts ist schön an Evas Kindheit und auch ihr Erwachsenendasein ist nicht erfüllend. Sprachlich sehr gut. Emotionslos, nüchtern, so wie Eva ist. Thematisch auch ganz großartig. Auch wenn es hauptsächlich um Evas Person und ihrer Familie ging, hätte ich mir mehr Einblicke zu den anderen Beteiligten gewünscht.

Mein Fazit:

Ein absolut überraschendes Buch. Eine Geschichte, welche sich unfassbar entwickelt, die viel Anlass zum Nachdenken gibt, mit einem Ende, das schockiert, aber auch einen gelungen Schlusspunkt setzt.

Ich las das Buch im Rahmen einer Leserunde. Laut der Autorin sollte man sich als Leser hauptsächlich auf Eva konzentrieren. Das viel mir als Leserin nicht leicht. Zu viele Fragen blieben mir dadurch zu den anderen Charakteren offen. Wie konnte es soweit kommen, usw? Trotz oder gerade wegen dieser offenen Fragen, verfolgt mich die Geschichte im Nachhinein immer noch, hallt lange nach, stimmt mich nachdenklich. Es selbst zu lesen kann ich nur empfehlen!