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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.03.2019

Unglaubwürdige Geschichte "erschlägt" tollen Schreibstil und gute Hauptperson

Stimme der Toten
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6 Jahre nach „Zeugin der Toten“, 2017.
Judith Kepler arbeitet weiter als Cleanerin, sie beseitigt die Spuren der Toten. Nach dem tödlichen Sturz eines Mannes von einer Galerie in einer Bank entdeckt sie ...

6 Jahre nach „Zeugin der Toten“, 2017.
Judith Kepler arbeitet weiter als Cleanerin, sie beseitigt die Spuren der Toten. Nach dem tödlichen Sturz eines Mannes von einer Galerie in einer Bank entdeckt sie verdächtige Blutspuren in einem Nebenraum, die die Annahme eines Unfalls oder Selbstmordes in Frage stellen. Kurz danach überstürzen sich die Ereignisse: jemand wühlt in Judiths Vergangenheit, Personen aus der Vergangenheit tauchen auf. Sie hatte unter traumatischen Umständen ihre Kindheit in einem DDR-Kinderheim verbringen müssen, nachdem ihre Kindheit an einer Spionageaffäre zerbrochen war. Danach interessieren sich immer mehr Menschen dafür, was Judith tut, als ihr lieb ist, von Ex-BND Agenten über aktuelle Geheimdienstler, Undercover-Ermittler, Jugendamtsmitarbeiter bis hin zu Waffenhändlern und politischen Agitatoren.

Okay, spannend war das. Ich hatte jetzt nicht wie in Band eins die riesige Masse an Logikfehlern, aber doch so einige. Judith und Lorcan (beziehungsweise dessen Auftraggeber) müssen gerade bei derselben Bank landen? Was war nochmal genau passiert mit dem Toten in der Bank vom Anfang? Wozu brauchte man unbedingt diesen Schlenker mit dem Dorf von Tabeas Vater – damit Judith erpressbar war, ganz logisch, wenn auch sonst komplett überzogen. Wie glaubwürdig ist die Doppelbegabung von Martina Brugg? Und Lorcans Motive bezüglich Judith, das ist auch nicht so ganz glaubwürdig, mal fühlt er sich verantwortlich, dann gar nicht…
Zwischendurch dann so Wortbildungen wie „prosperierender Aufschwung“ S. 80 – ja klar, prekärer Aufschwung ginge ja nicht. Und Wiederholungen, wie Tabea ist stämmig oder ähnliches.

Fazit: richtig spannender Stil. Der Inhalt ist nur bei abgeschaltetem Denkmodus zu ertragen. Danke für den abschließenden dritten Band, nein danke.

Veröffentlicht am 12.10.2018

Zum Ende ziemlich kranker Horrorschocker, wenn auch der Plot zunächst genial daherkommt

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
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Nein, es geht nicht um die NSA aus den USA – es geht um das fiktive „Nationale Sicherheitsamt“ in Weimar, gegründet noch im Kaiserreich. Die Handlung des Buches ist angesiedelt in einer Zeit, die zugleich ...

Nein, es geht nicht um die NSA aus den USA – es geht um das fiktive „Nationale Sicherheitsamt“ in Weimar, gegründet noch im Kaiserreich. Die Handlung des Buches ist angesiedelt in einer Zeit, die zugleich historisch und fiktiv ist: die NS-Zeit, allerdings mit einigen klitzekleinen Änderungen. Es gibt bereits sehr funktionsfähige „Komputer“, Volkstelephone mit Bezahlfunktion, es gibt das Weltnetz (Internet). Damit wird aus einem historischen Roman flugs „alternative Geschichte“ (ein Subgenre von S/F, sozusagen „S/F praktisch ohne S/F“, ohne Aliens, Roboter und ähnliches). Der Gedanke ist hier nicht, wie in ähnlichen Büchern „wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte“, sondern „wenn Hitler noch mehr Ressourcen zur Verfügung gehabt hätte“.

So etwas mochte ich bis vor kurzem absolut nie lesen, mir war das echte “Dritte Reich” schon gruselig genug – bis ich auf das grandiose „Die Stunde der Rotkehlchen“/”Farthing” von Jo Walton stieß und hier aus dem Beginn zitieren möchte: This novel is for everyone who has ever studied any monstrosity of history, with the serene satisfaction of being horrified while knowing exactly what was going to happen, ....
....rather like studying a dragon anatomized upon a table, and then turning around to find the dragon's present-day relations standing close by, alive and ready to bite."
bzw. (nicht so toll übersetzt)
„Dieser Roman ist für alle, die sich jemals mit den Monstrositäten der Geschichte beschäftigt haben, schaudernd eigentlich, doch jederzeit wissend, wie es weitergeht, als ginge es um die Autopsie eines toten Drachen, nur um im nächsten Augenblick den sehr lebendigen Nachkommen des Drachen gegenüberzustehen und ihnen ins offene Maul zu starren.“ (Hervorhebungen durch mich).

Mit anderen Worten: tröstet euch nicht damit, dass es überwunden sei. Wehret den Anfängen.

Autor Eschbach wechselt zwischen seinen zwei sehr unterschiedlichen Protagonisten Helene Bodenkamp, behütet aufgewachsene Tochter eines erfolgreichen Arztes, und Eugen Lettke, ärmlich, Halbwaise, die Mutter verbittert, aber von Stolz aufgrund des Heldentodes des Ehemannes durchdrungen. Die beiden jungen Leute teilen ihre Skepsis zur Ideologie der Nazis, und machen doch beide unabhängig Karriere bei der NSA, der Behörde, die sämtlichen elektronischen Spuren von Menschen im eigenen Land und weltweit verfolgt, um diese für die Zwecke der NSdAP auszunutzen. Helene stellt sich als Programmiergenie heraus, eine „Programmstrickerin“, die zunächst nur naiv von der Begeisterung für die Materie getrieben wird. Lettkes Begeisterung dient mehr ... Lettke, seine Vorlieben sind Macht, Demütigung, Herrschaft. Ganz wie damals laufen die historischen Ereignisse sonst ab, der Aufstieg Hitlers, der Einmarsch in Polen, in Frankreich, Pearl Harbour, die Weiße Rose - mit je kleinen "modernisierten" Anpassungen. Als Helene Zweifel kommen, ist sie in großer Gefahr.

Mir gefiel sehr, wie der Autor fantasievolle eingedeutschte Begriffe gefunden hat, Elektrobrief = Mail, Bauchrednerpuppen = Trolle, Parole = Passwort, oder, mein Favorit: Jemanden das Klo runterspülen = Shitstorm. Ja, so ein wenig sollte man sich mit den Dämonen der Jetzt-Zeit beschäftigt haben, die aus den modernisierten Formen der Dämonen von damals sprechen. Da wird zu Beginn das Tagebuch Anne Franks verraten, die dank der Programmierkünste von Helene sehr einfach aufgefunden werden konnte, da kommt es zu einer Vermischung mit den Gefahren des Heute: Metadaten, Trolle, Trojaner, Triangulation, Vorratsdatenspeicherung, Telefone mit „Alexa“ zur NSA. Den Anfang fand ich noch genial.

Dann grauste es mich zusehend. Ja, der Gedanke ist genial, ich brauche auch bestimmt nicht nur Bücher mit Happy End, nicht einmal mit geschlossenen Enden und mag keine Liebesschnulzen. Aber das hier ist mir deutlich zu viel.

Absolute Warnung für Empfindliche.

Ich habe ähnliche Albträume schon bekommen nach meiner ersten Stephen King – Verfilmung (ein Raucher-Entwöhnungsprogramm, bei dem dem Raucher gesagt wurde, seine Frau würde für jede Zigarette einen Finger verlieren. Nach irgendeinem Kameraschwenk sah man dann die Frau seines rauchentwöhnten Kumpels. Man sah ihre Hand, soweit ich das zusammen bekomme, „mit ohne Finger“. Ich habe das in den 80ern gesehen und mich gruselt es noch heute und ich habe nie wieder Stephen King angerührt – bevor Proteste kommen: das ist meine persönliche Freiheit!).

Ich habe getan, was ich sonst nie tue. Ich habe bei etwa Seite 759 gespickt. Nein nein nein. Geniale Idee, wenn man so etwas aushalten kann. Um einen „Drachen“ wie oben eingeleitet zu erkennen, muss man das aber nicht, das lenkt nach meiner Meinung nur ab von dem eigentlichen Bösen, es ist etwas zu viel. Nein danke zu Nazis, Diktatoren, Demagogie, Folter, Mord, Rassismus – das muss man nicht wirklich erläutern. Aber auch ein Nein von mir zu kranken Horrorschockern.

2 Sterne (ich bin enttäuschter, wenn ich ein Buch zuerst für genial hielt). Und bitte einen großen Teddybären.





Nachtrag, wegen Rückfragen, WAS ich genau nicht mochte: mit alternativer Geschichte kann ich umgehen (so viel S/F geht noch). Mit "echter" S/F / Fantasy kann und konnte ich nix anfangen, ich fand schon "Karlsson vom Dach" als Kind völlig sinnlosen Blödsinn, etwas, das nicht möglich ist Punkt. Das ist Geschmackssache.

Das Buch beginnt als alternative Geschichte, hat aber später Elemente von etwas, was hinausgeht über "was wäre gewesen wenn". Das ist für mich so etwas von völlig willkürlich ausgedacht ...

Ich mag Bücher, die Fiktion sind im Sinne, dass ich mir das im echten Leben vorstellen kann. Einiges von dem, was ich mir nicht vorstellen kann, MAG ich mir dann noch nicht einmal vorstellen können, das ist für mich der blanke Horror (natürlich könnte man jemandem, um mein Stephen King - Beispiel von oben zu zitieren, das Rauchen abgewöhnen, indem man dessen Frau ein Fingerchen nach dem anderen abhackt - ach ja, mit Grimms Märchen werde ich auch kein Freund Aber nee.
Und man kann auch argumentieren, dass Jules Vernes vieles vorwegnahm oder der Star Trek - Kommunikator jetzt als Smartphon herumläuft. Damit hört es dort aber schon auf, oder?
Und ich bleibe dabei: der ECHTE Horror der NS-Zeit reicht mir. Und die Leute, die sich durch Social Media "fernsteuern" lassen, reichen mir auch.

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Veröffentlicht am 01.05.2018

Sprachlich hui, inhaltlich leider pfui

Die Lichter unter uns
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Taormina, Sizilien. Zwei Familien im Urlaub zum Ausklang des Sommers, der letzte Tag in diesem Buch wird der 1. November sein.
Da sind Anna und Jo, Anna ist 43, und die gemeinsamen Kinder Judith, fast ...

Taormina, Sizilien. Zwei Familien im Urlaub zum Ausklang des Sommers, der letzte Tag in diesem Buch wird der 1. November sein.
Da sind Anna und Jo, Anna ist 43, und die gemeinsamen Kinder Judith, fast 11, sowie Bruno, 5.
Dann sind da Alexander und Zoe, ein Paar mit großem Altersunterschied, sowie Alexanders Sohn Florian, im Alter eher nahe an Zoe, er ist aus Alexanders erster Ehe. Alle kommen mit Erwartungen auf die Insel: Für Anna und Jo war Sizilien der Ort ihrer Flitterwochen. Zoe ist schwanger und Alexanders Beziehung zu Florian ist problematisch.

Der Klappentext verspricht hier leider zu viel, auch die Leseprobe hatte mich sprachlich in die Irre geführt. Die Sprache im Buch ist schön, die Bilder sind teils sehr treffend. Die Handlung ist leider trivial, fast alle Charakter fand ich nervig (ich muss Charaktere nicht mögen oder mich mit ihnen identifizieren können, aber nervig??). Judith ist frühreif, launisch, verzogen und eher auf ihren Vater fixiert. Anna ist unzufrieden, weiß aber auch nicht so recht, weshalb. Das Geld ist klamm, an Jos Arbeitsplatz herrscht Unsicherheit, die „nachgebauten Flitterwochen“ kranken daran, dass die Unterkunft eher eine gammelige Absteige ist statt des damaligen Luxushotels, das im Moment unerschwinglich ist. Mehr Job will Anna trotz der prekären Lage aber auch nicht, dafür bekommt auch Jo den Mund nicht auf. Eine gemeinsame Urlaubsplanung funktioniert eher nicht, Planung sowieso nicht, da fast ausschließlich die Kinder bestimmen, aus dem Impuls heraus, als Paar läuft ohnehin eher nichts. Jo blieb für mich blass.
Alexander, Florian und Zoe lügt jeweils alle anderen an oder verschweigen etwas. Alexander ist der Erfolgstyp mit „Trophy Wife“ in der Lebenskrise, der trotzdem nur Ansprüche stellt, aber menschlich versagt, während Florian von Beruf Sohn ist. Seltsam – irgendwie mochte ich in diesem Buch nur den fünfjährigen Sohn und den Arroganzling Alexander, immerhin war er in sich schlüssig.

Irgendwann treffen die Gruppen aufeinander. Es kommt zu – was? Hineinprojizieren von Erwartungen, die ohnehin nie erfüllbar waren? Ein Rückfall in infantile Zustände, auf den Boden werfen, mit den Fäusten trommeln, ich will ich will? So in etwa. Dazu Drama und Verkettung wie bei Rosamunde Pilcher. Was die Autorin sprachlich gut hinbekommen hat: über meine generelle Unzufriedenheit mit dem Inhalt hinaus vermittelt sie eine Stimmung von Frust, Ernüchterung, Plan- und Ziellosigkeit versus „Plan-Übererfüllung“ (für mich nur eine andere Form der Planlosigkeit, das Vollstopfen das Tags mit Zielen, um die Leer zu überdecken). Ich habe danach nach einem Buch gegriffen aus dem Bestand, von dem ich mir absolut sicher war, es zu genießen.

Warum nur lockte die Autorin mit so schönen Sätzen? „So hatte sie sich als junge Frau die Zukunft mit Kindern vorgestellt. Sie hatte mittendrin sein wollen, die Helden- und Hauptrolle spielen in dieser Art von Theater. Sie hatte auf der Mitte dieses Seils tanzen wollen, dort, wo man am sichersten stand.
Aber nun bewegte sie sich unaufhaltsam fort von diesem Schwerpunkt. Gut möglich, dass mehr Lebensjahre hinter ihr lagen als vor ihr.“ S. 113 - der Satz ist fast beliebig, charakterisiert es aber gut. Jammern, wo bitte ist der Strick. Es hätte so ein schönes Buch sein können über Lebenskrisen und Neuanfänge, da muss gar kein Happy End sein.

Schöne Sprache, schöne Landschaftsbeschreibungen. Vorhersehbar, nervig, trivial, ernüchternd, frustrierend.

Veröffentlicht am 06.01.2018

A Classical Science Fiction Story – NOT MY BOOK

The Time Machine. Englischer Text mit deutschen Worterklärungen. B2–C1 (GER)
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I did not read this edition but the one which you may download for free from Amazon.


This classical fiction narrates how a host entertains his guests, twice, in fact, with a week in between. On the first ...

I did not read this edition but the one which you may download for free from Amazon.


This classical fiction narrates how a host entertains his guests, twice, in fact, with a week in between. On the first event, some theoretical discussion develops on how to define an object. The host insists upon the existence of FOUR dimensions rather than three: „any real body must have extension in four directions: it must have Length, Breadth, Thickness, and – Duration.“ p 2 Soon the guests learn he developped a Time Machine and are given a demonstration with a model version.
On the second dinner party, the host will be late, then deliver the account of a journey he just accomplished – he travelled ahead in time.


I most likely lack the genes required for science fiction, and fantasy, but wanted to leave my comfort zone, so I opted for this classical science fiction story which has only a little over 100 pages (and may be downloaded for free from Amazon – no risk…I had thought). I got into the story pretty well with the funny feeling of entering the Chris de Burgh song “A Spaceman Came Travelling“ https://www.youtube.com/watch?v=MIhF2AY8uLs and the very traditional setting of a host entertaining his guests with food and stories, very similar to the final scene of Sherlock Holmes, or Hercule Poirot, or the story-telling in “Out of Africa“ – familiar ground. When the Time Traveller (capitals all taken from the story, not my idea) arrives in 802,701 A.D. (p 32), he will be greated by small friendly creatures.


Honestly, that was where it started to be a torture for me. At least now I understand some movies hinting at this story as I know now who Eloi and Morlock are, but what the heck. ANY fiction has been made up, but mostly with the idea to appear plausible to the reader, so I am sorry, the concept of Science Fiction is lost to me (I was the kid that found Pippi Longstocking pointless – no child can lift horses). And more, those Eloi can only speak two-word-sentences, no abstracts, and the Morlock are hostile, so where should the Time Traveller have picked up the names for those species? At least I found the pages plausible where he tried to walk around and find weapons and a possibility to light a fire. Then the trip to a future even further away – urgh.


The style of narration did not make it easier: the book starts with a first-person narrator (we never learn his name), then it shifts to the first-person narration from the Time Traveller, back to the original narrator for short, Time Traveller, original narrator finally. I do not need direct speech normally, but here I really missed it a lot.


Zeitgeist: „Conceive the tale of London which a negro, fresh from Central Africa, would take back to his tribe!“ p 48 – yes, sure, they are all stupid unless in Britain. A nice conclusion on the reason for the development in the future: “There is no intelligence where there is no change and no need to change. Only those animals partake of intelligence that have to meet a huge variety of needs and dangers.“ p 94



Not my book. Not the book’s fault it is not my genre. Implausible in itself. 2 stars.

Veröffentlicht am 19.10.2017

Schlimm

Kukolka
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Samira wächst in einem ukrainischen Kinderheim auf, immer schon. Es gibt wenig, vor allem wenig Liebe, bis Marina in ihr Leben tritt. Doch die Freundin wird von Deutschen adoptiert und beide versprechen ...

Samira wächst in einem ukrainischen Kinderheim auf, immer schon. Es gibt wenig, vor allem wenig Liebe, bis Marina in ihr Leben tritt. Doch die Freundin wird von Deutschen adoptiert und beide versprechen einander, dass Samira nachkommen wird. Doch bald flüchtet Samira, lebt bei Rocky, dem „väterlichen Freund“: Betteln, Diebestouren, alles wird abgeliefert an Rocky, sonst setzt’s was. Bald will Rocky die zarten Hände Samiras auch an seinem Körper. Als Samir Dima kennenlernt und sich verliebt, wird alles besser. Endlich ist sie erwachsen, endlich. Und Dima hat für die jetzt 13jährige sogar Kleidung, einen String-Tanga. Jetzt geht es nach Deutschland.

Autorin Lana Lux schafft es, einen meist passenden Tonfall zu finden für das als Ich-Erzählerin auftretende Kind: „Rocky schob mit einem Fuß ein wenig von dem Zeug beiseite und bildete für mich einen Pfad in die Küche. Die Dielen waren mal rot gestrichen gewesen und vorher blau und davor gelb. Das konnte man sehen, wenn man sich die abgeblätterte Farbe genau ansah. Und ich sah mir so was immer genau an. …“ S. 44f Das Kind beobachtet, geht naiv an alles heran, wirkt aber teils auch recht altklug. Den eigentlichen Schrecken erkennt zunächst nur der erwachsene Leser, nicht das Kind, so, dass nur Lydia zu Rocky ins Zimmer „darf“. Und wieder ein Buch, in dem die Völker der ehemaligen Sowjetunion sich besonders durch ihr Verhältnis zu Minderheiten auszeichnen „Was hast du hier zu suchen, Samira? Was seid ihr Zigeuner nur für unerziehbare Viecher?“ S. 13 (mein voriges Buch „Außer sich von Sasha Marianna Salzmann berichtete vom Antisemitismus), sinnlose Vorurteile gibt es andernorts anscheinend nicht.

Vorab: ja, das ist das letzte, Zwangsprostitution, Frauenhandel, Kindesmissbrauch. Das Buch ist hart. Aber was soll das jetzt? Ein Sachbuch könnte mir Zahlen liefern, wie hart es wirklich ist und vielleicht Lösungen diskutieren. Ein autobiographischer Roman könnte einer Betroffenen vielleicht wenigstens einen finanziellen Ausgleich verschaffen, aufklären. Ein literarischer Roman hätte über die offensichtliche Botschaft hinaus noch irgendetwas anderes vermittelt, eine tolle Sprache, was auch immer. So ist das für mich einfach nur Kitsch, vor allem durch ein Ende, wie es leider die wenigsten in dieser Hölle erleben dürften. Betroffenheitsschreibe.