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Veröffentlicht am 04.04.2018

Spannend wie ein Krimi für alle, die das Meer lieben

Im Bann des Ozeans
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Dr. Robert Hofrichter überzeugte mich bereits mit „Das geheimnisvolle Leben der Pilze“ davon, dass Sachbücher ebenso spannend zu lesen sein können wie Krimis. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen ...

Dr. Robert Hofrichter überzeugte mich bereits mit „Das geheimnisvolle Leben der Pilze“ davon, dass Sachbücher ebenso spannend zu lesen sein können wie Krimis. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen an „Im Bann des Ozeans“. Das Buch beginnt mit einer kurzen, etwas 30-seitigen Einführung, was der Autor alles unter dem Thema Ozean versteht. Von der Entstehung der Erde über die Entwicklung des Lebens bis hin zur Klimaveränderung durch den Treibhauseffekt. Im Folgenden wird jedem dieser Puzzleteilchen, die das Gesamtbild Ozean ausmachen, ein eigenes Kapitel gewidmet. Zum Glück auf die gewohnt begeisterte und begeisternde, gar nicht trockene, sondern unheimlich faszinierende, Hofrichter-Art.

Allgemeinverständlich erklärt der Autor, warum die Ozeane Berge und Dellen mit einem Höhenunterschied von bis zu 200 Metern haben oder warum es bis vor wenigen Jahren verschiedene „Normalnull“ gab. Wir erfahren nicht nur, dass riesige Monsterwellen kein Seemannsgarn sind, sondern auch, soweit bekannt, wie sie entstehen. Und warum das Meer meist blau ist, es aber kein blaues Meer gibt. Nach dieser eher geologischen Einführung wird’s endlich lebendig im Ozean. Wo alles Leben seinen Ursprung hat. Wissenschaftlich gesehen sind wir Menschen sogar mit den Meeresschwämmen vor der australischen Küste verwandt, da wir zu 70 % das gleiche Erbgut haben.

Vom Urknall bis zur Gegenwart auf rund 150 Seiten geht die Reise. Wir erfahren, dass die Evolution wie ein Sturm über das Urmeer fegte und dass Bewegung die Grundlage alles (Über-)Lebens ist. Im Meer gibt es weit mehr sexuelle, oftmals kuriose Spielarten, als wir Menschen uns vorstellen können. Ebenso verblüffende Freundschaften und Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichsten Meereslebewesen, wie z.B. Putzerfisch und Zackenbarsch, Clownfische (Nemos) und Seeanemonen oder Grundel (ein Fisch) und Krebs. Nicht der weiße Hai ist die größte Bedrohung für Schwimmer und Taucher. Und menschenverschlingende Seeungeheuer sind größtenteils Legenden mit realen, oft harmlosen Vorbildern. Hofrichter räumt mit einem weit verbreiteten Irrtum auf: Dass Delfine immer gut und Haie immer böse sind. Wir erfahren, dass es selbst in unvorstellbarer Meerestiefe Leben gibt, obwohl dort ewige Dunkelheit herrscht. Was tun, damit sich Männchen und Weibchen in diesem unwirtlichen Lebensraum nicht verlieren? Die Natur hat eine witzige Lösung gefunden.

Doch irgendwann ist auch bei Hofrichter der Spaß vorbei. Nämlich dann, wenn es darum geht, wie wir Menschen systematisch den Lebensraum Ozean zerstören. Ein Satz hat sich bei mir eingeprägt: „Dem Meer sind wir völlig egal, doch das Meer kann uns nicht egal sein.“ Egal, wie weit wir die Zerstörung unseres Lebensraums vorantreiben, der Ozean wird sich davon wieder erholen, den Schaden und den Schädiger überleben. Der Autor warnt jedoch nicht nur, er bringt auch positive, Hoffnung machende Beispiele, wie Menschen mit Vernunft und Einsicht die selbst verursachten Probleme wieder beseitigen. Es ist noch nicht zu spät, um umzudenken und umzukehren und uns und dem Meer eine neue Chance zu geben.

Das Buch besticht durch seine Sprache, die wenigen, in der Mitte des Buches enthaltenen Farbfotos sind eher zusätzliche Dreingabe als wesentlicher Bestandteil der spannenden Erzählung. Stattdessen empfiehlt der Autor, die entsprechenden Bilder zu googeln, was einerseits ungewöhnlich klingt, andererseits aber zu weiteren Erkenntnissen führt, weil der interessierte Leser so auf Details stößt, die den Rahmen eines Buches sprengen würden.

Fazit: 5***** und Lesempfehlung für alle, die das Meer lieben.

Veröffentlicht am 03.04.2018

Krimi und Meer

Kalter Sand
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„Kalter Sand“ ist nach „Stumme Wasser“ und „Küstenbrut“ bereits der dritte Krimi um den Kunsthistoriker Richard Gruben, und wieder lässt Anja Behn uns mit Richard an die Ostsee reisen. Ich liebe diese ...

„Kalter Sand“ ist nach „Stumme Wasser“ und „Küstenbrut“ bereits der dritte Krimi um den Kunsthistoriker Richard Gruben, und wieder lässt Anja Behn uns mit Richard an die Ostsee reisen. Ich liebe diese Kombination von vertrauter Küstenatmosphäre und spannendem Krimi, der zum Miträtseln einlädt. Bereits der Prolog wirft Fragen auf - wer wurde vor 6 Jahren von wem ermordet und warum? Bevor wir die Antwort erfahren, begleiten wir Richard im rauen November auf den Darß, wo er zur Vernissage seines alten Freundes und Fotografen Philipp eingeladen ist. Schon bald erfährt Richard von dem alten, ungeklärten Mordfall, und dass Philipp damals der Hauptverdächtige war. Warum hat sein Freund ihm nie davon erzählt, rätselt Richard und forscht auf eigene Faust nach, was damals geschah. Doch der Kunsthistoriker ist nicht der einzige Gast im kleinen Küstenort, der Interesse an dem alten Mordfall zeigt, während die meisten Einheimischen die Sache am liebsten für immer vergessen würden.

Geschickt wechselt die Autorin die Perspektiven und lässt uns so nach und nach, wie Puzzleteile, kleine Antworten finden, die noch nicht so richtig zusammenpassen wollen. Eben im Kopf des Lesers aufblitzende Theorien müssen bald wieder verworfen werden, weil ein weiteres Detail gar nicht dazu passt. All das passiert vor dem Hintergrund des stürmischen Novembers, wo der Wind an den Fensterläden rüttelt, die feuchte Luft nach Meer schmeckt und die Wellen rauschend an den Strand rollen.

Ich mag die Charaktere, die Anja Behn beschreibt. Diese Menschen haben ihre Ecken und Kanten, ihre hellen und dunklen Seiten. Nicht jeder, der die Wahrheit verschweigt, verbirgt etwas Böses. Und immer sind starke Frauen dabei, auch wenn sie ihre Stärke manchmal geschickt verbergen.

Für mich war die Lektüre dieses Buches spannende Unterhaltung und Reise in die alte Heimat zugleich. Herzlichen Dank an die Autorin für dieses erneute Lesevergnügen. Ich freue mich jetzt schon auf Richard Grubens nächste Fahrt an die Ostsee.


Fazit: Leseempfehlung für alle, die Krimis und das Meer lieben. 5*****

Veröffentlicht am 20.03.2018

Ein Buch wie ein guter Wein

Bittertrauben
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In "Bittertrauben" nimmt Karin Joachim uns zum zweiten Mal mit ins Ahrtal. Jana Vogt, Tatortfotografin aus Köln, möchte sich von einem traumatischen Erlebnis erholen. Da kommt die Eröffnung einer Ausstellung ...

In "Bittertrauben" nimmt Karin Joachim uns zum zweiten Mal mit ins Ahrtal. Jana Vogt, Tatortfotografin aus Köln, möchte sich von einem traumatischen Erlebnis erholen. Da kommt die Eröffnung einer Ausstellung ihrer Landschaftsfotos zum "Tag der offenen Weinkeller" gerade recht. Nur klappt das mit dem Abschalten nicht so ganz, denn ein zufällig belauschtes Gespräch lässt Janas Gedanken um ein geplantes Verbrechen kreisen. Kann sie gemeinsam mit Clemens Wiegand, einem Kommissar der Koblenzer Kripo, dieses Verbrechen verhindern? Und warum liegt plötzlich ein Toter auf der Brücke? Dieser Krimi wirft von Anfang an viele Fragen auf, sodass der Leser gespannt bleibt und seine eigenen Gedanken immer wieder neu sortieren muss. Auch die sich anbahnende Liebe zwischen Jana und Clemens sorgt für Spannung auf anderer Ebene. Schön, dass Usti, der Airedale Terrier, sein Frauchen immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Herrlich auch die ruhigen Momente gibt, in denen die Autorin uns die Atmosphäre und Romantik des Ahrtals und der Weingüter erleben lässt. Nur um kurz darauf mit der nächsten Überraschung aufzuwarten und neue Fragen in den Raum zu werfen.

Alles in allem ein Krimi, wie ein guter Wein. Vom ersten Probieren an - in diesem Falle ein Prolog, der im Jahr 1984 spielt - bis zu letzten Seite, ein Genuss. Ich habe nicht nur mitgerätselt, wer hier gemordet haben könnte, sondern auch Lust bekommen, das Ahrtal endlich einmal mit eigenen Sinnen zu erleben. Vielen Dank dafür und 5*****

Veröffentlicht am 14.02.2018

Zauber des Alltäglichen

Lied der Weite
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Kent Haruf schrieb unaufgeregte Geschichten. Die Helden leben ihren Alltag in der fiktiven Kleinstadt Holt in Colorado. Wir beobachten sie bei ihren täglichen Verrichtungen, spüren ihre Sehnsucht, ihre ...

Kent Haruf schrieb unaufgeregte Geschichten. Die Helden leben ihren Alltag in der fiktiven Kleinstadt Holt in Colorado. Wir beobachten sie bei ihren täglichen Verrichtungen, spüren ihre Sehnsucht, ihre Sorge und ihren Schmerz. Aber auch die Freude und die Liebe, die bei Haruf manchmal außergewöhnliche Wege findet.

In "Lied der Weite" begegnen wir sieben Hauptpersonen, deren Leben in der kleinen Stadt auf wundersame Weise miteinander verwoben wird. Bobby und Ike, die 9- und 10-jährigen Söhne von Guthrie, lassen uns teilhaben an ihrem Leben, das aus gemeinsamen Mahlzeiten, Zeitungen austragen, Schule und den auf dem Lande üblichen Abenteuern kleiner Jungs besteht. Guthrie selbst, Lehrer, kümmert sich um die Jungs, da die Mutter Ella dazu nicht in der Lage scheint. Victoria, eine 17-jährige Schülerin Guthries, ist schwanger von einem längst vergangenen Sommerflirt mit einem Jungen aus Denver. Herrlich kauzig die alten Brüder McPherons, die seit ewigen Zeiten allein mit ihren Rindern und Pferden auf der alten Farm weit draußen vor der Stadt leben. Und Maggie Jones, ebenfalls Lehrerin und Kollegin von Guthrie, eine Frau, die es gewohnt ist, ihr Leben und manchmal auch das Anderer, selbst in die Hand zu nehmen.

Hier geht es auf ganz alltägliche Weise um Leben und Tod. Tiere werden geboren und andere sterben. Bei den Menschen ist es ebenso. Auch wenn ich die Farmszenen teilweise etwas zu direkt fand, so beschreibt der Autor doch nur das, was tagtäglich passiert, in Holt, Colorado, und anderswo auf der Welt. Anfangs hatte ich ein bisschen Probleme mit der zeitlichen Einordnung. Da aus wechselnder Perspektive der verschiedenen Personen erzählt wird, kommt es zu kleineren Zeitsprüngen vor und zurück. Die Spannung der Geschichte ergibt sich aus den Handlungen der Personen. Sie treffen manchmal mutige Entscheidungen, machen Fehler, werden ungerecht behandelt oder spüren plötzlich, dass da jemand ist, der es gut mit ihnen meint.

So macht »Lied der Weite«, wie auch die anderen Bücher des Autors Lust auf das Leben, auf die täglichen kleinen Schritte, die vielleicht zum großen Glück führen können. Und es bleibt der Trost, dass ein kleines Glück auch okay ist, falls wir nur bis dahin kommen sollten.

Fazit: 5***** und absolute Leseempfehlung für eines meiner Lieblingsbücher.

Wem »Das Lied der Weite« gefallen hat, empfehle ich »Unsere Seelen bei Nacht«, ebenfalls von Kent Haruf.

Veröffentlicht am 08.01.2018

Schönes, ungewöhnliches Lesevergnügen

Das Spielhaus
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»Das Spielhaus«umfasst drei Novellen, die zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten spielen: Venedig in der Renaissance, Bangkok 1938 und New York, heute. Verbunden werden die drei Novellen, durch ...

»Das Spielhaus«umfasst drei Novellen, die zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten spielen: Venedig in der Renaissance, Bangkok 1938 und New York, heute. Verbunden werden die drei Novellen, durch das Spielhaus, das überall und immer auftauchen kann und Menschen zum Spiel einlädt. Allerdings ist nicht das Glücksspiel im üblichen Sinne gemeint. Nur wer klug spielt, wird auserwählt, an einem ganz besonderen Spiel teilzunehmen, bei dem es alles zu gewinnen, aber auch alles zu verlieren gibt. Nicht nur Geld und Macht, auch der Geschmack von Erdbeeren oder gar das eigene Leben können Spieleinsatz sein. Dieser Gedanke hat mich sehr fasziniert. Wie weit würde ich gehen, welchen Einsatz wagen und welchen nicht? Und, etwas weitergesponnen, ist nicht unser Leben hier auf Erden auch nur ein Spiel, allerdings mit höchstem Einsatz? Diese philosophische Seite des Buches fand ich sehr interessant.

Außerdem begeisterte mich der Schreibstil. Sprache, Formulierungen und selbst die grafische Gestaltung jeder Novelle passen perfekt in die Zeit, in der sie spielt. Einen Bruch sehe ich in der Entwicklung der Geschichten. In Novelle 1 und 2 scheint die Welt im Gleichgewicht zu sein, es kann gewonnen und verloren werden, und dies hängt von Klugheit und Einsatz der Spieler ab. In der dritten Novelle, die in der heutigen Zeit spielt, ist dagegen der Weg der Zerstörung schon vorgezeichnet? Was will uns die Autorin damit sagen? Dass die Gegenwart, in der wir leben, brutaler ist, als alle Ereignisse der Vergangenheit zusammen? Dass kein Spiel immer hundertprozentig fair bleibt? Das Ende regt auf jeden Fall noch einmal zum Nachdenken an und weckt den Wunsch in mir, das Buch am liebsten gleich noch einmal von vorn zu lesen und vielleicht einigen anderen Details mehr Beachtung zu schenken. Überhaupt ist es kein Buch, das man so wegschmökert. Wie den Spielern wird auch dem Leser höchste Aufmerksamkeit und Konzentration abverlangt, um die verschiedenen Handlungsstränge und Personen zu verfolgen. Aber es lohnt sich, »Das Spielhaus« hat die Beachtung verdient, die es durch Schreibweise und Handlung einfordert, und belohnt den Leser mit außergewöhnlich guter Unterhaltung. Das schöne Cover hält also, was es verspricht.

Vielen Dank für diese schöne, ungewöhnliche Art des Lesevergnügens. 5*****

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