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Veröffentlicht am 21.08.2018

Interessante Fakten über Highclere Castle, dem Schauplatz von Dowton Abbey. Leider mit einigen langatmigen Stellen, Abschweifungen und Aufzählungen...Gott, diese Aufzählungen!

Lady Almina und das wahre Downton Abbey
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Als die bürgerliche Almina im Alter von 19 Jahren den Grafen von Carnarvon, Herr von Highclere Castle, heiratet und in die Kriese des Adels aufsteigt, scheint ihr Leben perfekt. Als Erbin eines immensen ...

Als die bürgerliche Almina im Alter von 19 Jahren den Grafen von Carnarvon, Herr von Highclere Castle, heiratet und in die Kriese des Adels aufsteigt, scheint ihr Leben perfekt. Als Erbin eines immensen Vermögens und Frau eines Adeligen feiert sie rauschende Feste und hüllt sich in teure Kleider. Doch mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs nimmt Lady Alminas Schicksal eine unerwartete Wendung und sie muss beweisen, was wirklich in ihr steckt.
Seit 2010 die erste Folge von Downton Abbey in Großbritannien ausgestrahlt wurde, ist das Kostümdrama zu einem TV-Hit geworden. Von der Kritik gefeiert und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, wurde die Serie schnell auch international zu einem Erfolg. Mithilfe von Tagebüchern, Briefen und Fotografien aus dem Archiv von Highclere Castle erzählt die aktuelle Lady von Carnarvon die faszinierende Geschichte von Lady Almina und Schloss Highclere, welches sowohl als Kulisse als auch als Inspiration für Downton Abbey dient...
(Klappentext)

♛♛♛♛♛

"Dieses Buch handelt von einer außergewöhnlichen Frau namens Alina Carnarvon,
von der Familie, in die sie einheiratete, von dem Herrensitz, der ihr Zuhause wurde,
von den Menschen, die dort arbeiteten,
und nicht zuletzt von der Verwandlung des Anwesens in ein Lazarett für verwundete Soldaten in der Zeit des Ersten Weltkriegs."
(S. 9 - Vorwort)


Nahezu jeder kennt die historische Serie "Dowton Abbey", doch nur wenige wissen, dass die Serie teils auf wahren Begebenheiten beruht. Das Highclere Castle ist nicht nur der Grundstein für die Geschichten dieser TV-Serie, sondern fungierte gleichzeitig auch als Schauplatz für "Dowton Abbey".
Die wahre Geschichte von dem wahren Dowton Abbey, ergo dem Highclere Castle, und seinen Herrschaften wird in diesem Buch erzählt. Dies erfolgt von der derzeitigen Herrin, Countess of Carnarvon, höchstselbst. Diese stellt bereits im Vorwort klar, dass dieses Buch weder Biografie, noch ein Roman ist. Es ist eine Erzählung über die Geschichte dieses Hauses, welche durch Briefe, Haushalts- und Tagebücher rekonstruiert wurde.

Im Mittelpunkt steht hier Lady Almina, die uneheliche Tochter und Erbin des berühmten Bankiers Alfred de Rothschild. Sie heiratete den 5. Earl of Carnarvon, welcher für die Entdeckung des Grabes von Tutanchamun, gemeinsam mit Howard Carter, bekannt war und noch immer ist. Und mit ihr beginnt die Geschichte des Highclere Castle.

♛♛♛

Kapitel:

Glanz und Gloria
Willkommen im Highclere
Almina, die Debütantin
Ein Triumph für ihre Ladyschaft
Das Leben im unteren Stockwerk
Festlichkeiten
Ägypten zur Zeit Edwards VII.
Das Ende des Goldenen Zeitalters
Der Sommer 1914
Der Ruf zu den Waffen
Das verlorene Paradies
Kriegshelden
Ei Krankenhaus im Umbruch
Tod in den Schützengräben
Dunkle Zeiten
Das ersehnte Ende
Vom Krieg zum Frieden
Zurück zu Glanz und Gloria
"Wunderbare Dinge"
Der Vorhang fällt
Erbe

Epilog
Danksagung
Niederschrift der Briefe
Bildnachweise
Bibliografie

♛♛♛


Der Anfang des Buches gestaltete sich für mich eher holprig. Hier wird nämlich, neben der Geschichte von Alminas Einzug und verschiedenen Familienverstrickungen, auch unheimlich viel aufgezählt und dabei ins Detail gegangen - welche Kleidung Almina wann trug und wie diese genau ausgesehen hat, Blumenarrangements und Menüpläne. Ich hatte das Gefühl einem monoton daher sprechenden Moderator bei einer Royalen Hochzeit zuhören zu müssen.
Erst ab dem 5. Kapitel wurde es interessanter. Hier erhält man Einblick in das Leben der Bediensteten - von der Hierarchie angefangen, bis hin zu deren Aufgaben.

"Einige der jüngeren Dienstmädchen teilten sich ein Zimmer zu zweit.
Die Schlafzimmer waren nur zum Übernachten da, denn für die Freizeit gab es einen Gesinderaum und ein gemeinschaftliches Wohnzimmer,
Privatsphäre wurde der Dienerschaft nicht zuerkannt."
(S. 59)


Der Schreibstil ist flüssig und die verschiedenen Erzählungen interessant - Erzählungen über den Tod Königin Victorias und den Wechsel in das Edwardianische Zeitalter, über die Leidenschaft des Earl of Carnarvon zu Automobilen und der Geschwindigkeit dieser, sowie dessen Autounfall von dem er sich nie ganz erholte, von den unzähligen Reisen der Carnarvons nach Ägypten und die Ausgrabungen, viele davon mit Carter und schließlich der Entdeckung des Grabes Tutanchamuns. Über das politische Engagement Alminas, bei dem sie sich für die Rechte der Armen stark machte, sowie ihr Interesse an der Krankenpflege und der Medizin im Allgemeinen. Sie wurde sogar Schirmherrin des Cold Ash Hospitals. Als der Erste Weltkrieg England erreichte, wurde Highclere Castle kurzerhand in ein modernes Lazarett verwandelt.
Hochzeiten, Festlichkeiten, Geburten und Tode - das Haus hat viel gesehen.
Dies und noch viel mehr erfährt der Leser und dabei entdeckt man einige Geschichten, welche vom Regisseur von "Downton Abbey" aufgegriffen wurden.

"Als sie am 25. Juli in London eintrafen, hatten sie eine Zeitung im Gepäck,
die von dem Ultimatum berichtete, das Österreich nach der Ermordung des Erzherzogs Serbien gestellt hatte,
Winifred schrieb an Lord Carnarvon, es sei
>>Der letzte Sonntagmorgen der alten Welt<< gewesen."
(S. 120)


Es wird auch allgemein etwas auf historische Ereignisse eingegangen, die Einfluß auf Highclere Castle hatten. Vor allem der Erste Weltkrieg nimmt viel Raum ein (ganze 8 Kapitel!), welche ich anfangs noch interessant fand, doch nach unzähligen Seiten wurde es doch sehr ermüdend. Da gibt es andere Bücher, die dies ausführlicher und wesentlich interessanter an den Leser bringen. Ich bin normalerweise absolut keine Querleserin, aber hier wird man zuweilen regelrecht dazu animiert. Die heutige Lady Carnarvon hat nämlich, wie schon anfangs erwähnt, eine Vorliebe alles mögliche aufzuzählen und zu beschreiben, sei es die Blumenarrangements, Kleidung, 10-Gänge Menüs und vor allem Personen. Wenn bei einem Ereignis 20 Personen beteiligt waren, so werden diese natürlich auch alle aufgezählt. Personen die im Grunde völlig unwichtig sind, da diese nie wieder im Buch auftauchen. Da die Carnarvons natürlich sehr viele Personen kannten (vermutlich waren das damals durchaus wichtige Personen und die Erben sind es wohl noch heute) und beliebt waren, kam dies leider nur allzu oft vor.

Die Autorin scheint durchaus viel recherchiert zu haben und fördert dadurch interessante Fakten und Begebenheiten zu Tage, leider schweift sie auch nur allzu gerne ab. Ich musste mich manchmal regelrecht dazu zwingen in diesem Buch zu lesen, da es nie lange dauerte, bis langatmige Stellen oder absatzlange Aufzählungen auftauchten.

"Im Schloss und auf dem Gut leben heute Familien, die hier schon seit Generationen ihr Zuhause haben.
Sie sind die Hüter der Geschichten ihrer Vorfahren."
(S. 274)


Fazit:
Als Dowton Abbey-Fan fand ich viele Erzählungen durchaus interessant und fesseln, doch nur allzu oft tauchen langatmige Stellen mit Abschweifungen und/oder Aufzählungen auf (Gütiger Himmel - diese Aufzählungen...arrgh!), die mein Lesevergnügen beeinträchtigten oder überhaupt in den Keller sacken ließen. Weniger ist eben oft mehr.
Trotzdem habe ich so manche Passagen genossen und habe wieder Lust bekommen "Downton Abbey" zum wiederholten Male anzusehen, nur um herauszufinden, welche Parallelen sich darin noch zu Highclere Castle verstecken.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 11.04.2018

Eine Milieustudie die mich manchmal an meine Grenzen brachte. Trotzdem konnte es mich nicht gänzlich überzeugen.

Kühe
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Triggerwarnung: Sodomie, physische wie psychische Vergewaltigung, Tierquälerei, detailierte Beschreibung von Gewalttaten.

Um eine aussagekräftige Rezension zu schreiben, welche andere potenzielle Leser ...

Triggerwarnung: Sodomie, physische wie psychische Vergewaltigung, Tierquälerei, detailierte Beschreibung von Gewalttaten.

Um eine aussagekräftige Rezension zu schreiben, welche andere potenzielle Leser darauf vorbereitet was sie darin erwartet, um entweder nicht blind hineinzustolpern, oder aber Liebhaber dieses Genres anzufixen, ist es notwendig ein paar Zitate aus dem Buch wiederzugeben (wobei ich mich auf die harmloseren beschränke), sowie Weniges zum Inhalt (was mich persönlich an meine Grenzen brachte) anzuführen. Dies könnte auf manche Leser verstörend wirken, daher empfehle ich Zartbesaiteten auf das Buch, wie auch auf meine Rezension zu verzichten! Danke für Euer Verständnis.

♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦

Steven ist 25 Jahre alt. Im Fernsehen beobachtet er all die perfekten, fröhlichen Menschen und träumt davon, selbst das normale Glück zu finden. Vielleicht mit Lucy, die eine Etage über ihm wohnt - auch wenn ihre Besessenheit für Vivisektionen echt krank ist.
Aber Stevens Mutter würde das niemals zulassen. Sie hasst ihn und will ihn zerstören: »Sie verabscheuten einander seit dem Augenblick, als sie ihn aus ihrer Fotze gedrückt hatte. In der zugemüllten Küche hatte sie ihn auf dem Tisch, an dem sie heute noch aßen, aus dem blutigen Schlamassel zwischen ihren Beinen gezogen und verflucht. Und er hatte ihr, da er spürte, dass es sein ganzes Leben lang noch schlimmer kommen würde, gleich in die Augen gepisst.«
Als Steven Arbeit in einem Schlachthaus findet, offenbart ihm der unvorstellbar perverse Vorarbeiter Cripps, wie man durch das Töten von Kühen echte Erfüllung findet. Doch die Tiere beginnen mit Steven zu reden und sie bitten um Hilfe ...
(Klappentext)

♦♦♦♦♦


Dieses Buch erschien in England bereits 1997 und wird von so manchen bereits als Horror-Klassiker bezeichnet. "Abartig", "Verstörend", "kranke Perversion" - das sind alles Bezeichnungen, welche man bezüglich des vorliegenden Buches liest. Aber man findet auch ebenso Titulierungen wie: "Begnadet", "Meisterwerk", "genialer Schreibstil".
Bis auf das "Meisterwerk" kann ich das alles unterschreiben.
Ich habe mich also gewappnet etwas wirklich Verstörendes zu lesen...und doch war es zu wenig. Außerdem dachte ich, ich wäre aufgrund meiner Vorliebe zu Splatter- und Gore-Filmen doch etwas abgehärtet...falsch gedacht, denn bei gewissen Szenen stieg sogar ich aus (wobei das vermutlich ganz andere Szenen waren als bei so manch anderen Lesern). Hier muss jeder selbst entscheiden ob das Buch etwas für einen ist, oder man lieber die Hände davon lässt.

♦♦♦

"Er verzehrte sich vor Sehnsucht, sie nachzuahmen, Anteil zu haben an der Massennormalität, die wie Kathodenwellen über die toten Nächte seiner Einsamkeit rollte." (S. 16)

Steven lebt mit seinen 25 Jahren immer noch bei seiner Mutter, jedoch nicht weil es ihm im Hotel-Mama so gut gefällt, sondern weil ihm nichts anderes übrig bleibt und er auch gar nicht anders kann. Er ist nämlich der Sohn einer absolut gestörten Mutter, was sich schon allein dadurch offenbart, dass sie von sich in der 3. Person spricht. Wenn es nur das wäre, denn sie schenkt Steven kein warmes zu Hause voller Liebe, sondern die Hölle auf Erden in einer abgesifften Drecksbude. Sie hält ihn klein, gibt ihm rohen Schafsmagen oder ähnlich ekelhaftes Zeug zu essen und beschimpft ihn auf das Derbste.

"Wer sollte dich denn lieben, Steven? Ich habe da draußen gelebt, bevor du meine Fotze infiziert hast. Ich weiß, was die mögen und lieben. Dich ganz sicher nicht. Hast du gehört du kleiner Pisser? Dich ganz sicher nicht." (S. 68)

Er selbst wünscht sich nichts sehnlicher als ein normales Leben zu führen. Ein Leben wie die Menschen in den Filmen, in die er sich flüchtet...ein Leben wie alle Menschen dort draußen. Sie hasst ihn genauso wie er sie hasst. Ein abartiges Abhängigkeitsverhältnis schweißt Steven und seine Mutter auf kranke Weise zusammen. Bis Steven eine Anstellung im Schlachthaus bekommt und ihn Cripps, ein perverses Schwein von Vorarbeiter, unter seine Fittiche nimmt und ihm lernt wie man im Töten von Kühen Erfüllung findet, sexuell wie auch emotional.
Das Macht- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen Steven und seiner Mutter beginnt zu kippen....und dann beginnen auch noch die Kühe mit ihm zu sprechen. Auch sie begehren auf, verlangen nach Freiheit und auch sie wollen eine Verschiebung der Machtverhältnisse und dafür brauchen sie Stevens Hilfe.

Der Roman greift Themen auf wie Einsamkeit, zerstörende Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse und physischen wie auch psychischen Mißbrauch und das auf sehr unkonventionelle Art und Weise in der sich Ekelszenen und blutige Gewalt fast ohne Punkt und Komma aneinanderreihen.

"Die Klingen der Schere glitten mit einem leisen Knirschen zusammen und schnitten den Muskel des Rektums durch. Gummy schrie und übergab sich, Blut spritzte aus seinem durchgeschnittenen Arsch." (S. 127)

Hier werden Sodomie und das Essen von Exkrementen (die zwei Dinge an denen ich besonders zu knabbern hatte) genauso detailliert und bildhaft beschrieben wie auch die Gewaltszenen, aber auch der Seelenschmerz von Steven.
Trotzdem ist es fast schon so etwas wie provozierende literarische Kunst, denn hier trifft intelligente Tiefsinnigkeit auf abartiges Szenario und derbe Gossensprache.

"Das Muttertier. Die lieblose Hurenfotze stand über dem Gasherd mit seinen zwei Flammen und rührte ranziges Schweinefleisch in einer Pfanne um. Die Küche roch nach Gas, Öl und dem Gestank toter Fische zwischen ihren Beinen." (S. 11)

Wenn man es schafft in all den Abartigkeiten zwischen den Zeilen zu lesen, ist es mehr als nur blosse Aneinanderreihung von Ekelszenen. Es ist eine Milieustudie aus der Unterschicht Englands, die ein Leben ohne Perspektive, jedoch mit umso mehr psychischer und physischer Verwahrlosung, aufzeigt. Man erlebt die Entwicklung eines verstörten, traumatisierten und schüchternen jungen Mannes zu einem GEstörten, kaltblütigen Individuum, wie es seine Mutter ist, der im Grunde nichts anderes wollte als ein normales Leben führen und keine Illusion von dessen, in der man nur so tut als ob.

Dies alles eröffnet sich dem Leser bis zur Mitte des Buches. Da scheint dem Autor dann jedoch die Puste ausgegangen zu sein. Die Ansammlungen von Abartigkeiten und Ekelszenen hören abrupt auf und treten ab hier nur noch vereinzelt auf - als hätte der Autor all sein Pulver an kranker Phantasie komplett verschossen.
Auch die Storyline selbst bricht in gewisser Weise in sich zusammen.
Damit begann dann für mich die große Langeweile mit der Frage: "Wohin will mich der Autor nun führen?"
Am Ende des Buches erfolgte die Antwort an mich selbst - "Niergends hin.", denn das Ende war in meinen Augen einfach nur bescheuert und lässt mich verdattert und unzufrieden zurück.

Ein Lob gebührt jedoch dem Festa-Verlag.
Die Umschlaggestaltung und die Qualität sind einfach eine Wucht. Eins der wenigen Male, bei denen mir das Cover der deutschen Ausgabe besser gefällt als das des Originals. Dadurch wurden 2 Sterne auf 3 aufgerundet.

Fazit:
Dieses Buch brachte selbst mich an ein paar Stellen an meine Grenzen, wobei es weniger die blutigen und abartigen Gewaltszenen waren, sondern eher die Sodomie-Szenen und die Stellen in denen Exkremente gegessen wurden (Mahlzeit!).
Trotzdem fand ich das Buch bis zur Mitte hin relativ gut und auf kranke Weise fesselnd. Doch dann fiel alles in sich zusammen, die Ekelszenen genauso wie der gesamte Plot und das Ende. Genauso gut hätte ich ab der Mitte aufhören können zu lesen.
Schade, denn das Buch hatte einen guten Anfang und durchaus Potenzial. Als "Horror-Klassiker" würde ich es also nicht bezeichnen und schon gar nicht als "Meisterwerk".

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 20.01.2018

Witze-Krimi voller Klischees und etwas realitätsfern, bekommt erst ab der Mitte die Kurve, aber dafür dann richtig.

Veilchens Winter
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Valerie „Veilchen“ Mauser, hochverdienter Star bei der Wiener Kripo, wird ans LKA in ihrer Tiroler Heimat berufen. Vom Neuanfang im „Heiligen Land“ erhofft sie sich ein einfacheres, ruhigeres Leben. Da ...

Valerie „Veilchen“ Mauser, hochverdienter Star bei der Wiener Kripo, wird ans LKA in ihrer Tiroler Heimat berufen. Vom Neuanfang im „Heiligen Land“ erhofft sie sich ein einfacheres, ruhigeres Leben. Da hat sich Valerie aber böse geschnitten. Gleich am ersten Arbeitstag überträgt ihr der Landesvater höchstpersönlich einen äußerst delikaten Fall. In kürzester Zeit wird Valerie zum Spielball von Politik, Hochfinanz und ausländischem Kapital – in Gestalt eines vor kurzem eingebürgerten Oligarchen und Tiroler Neo-Hoteliers. Ein ungeklärter Todesfall und ein entführtes Kind bringen Valerie gehörig ins Schwitzen – ein mörderisch spannender Fall im gar nicht heiligen Land Tirol!…(Klappentext)

❆❆❆❆❆❆❆❆❆❆

„>>Mama?<<, krähte sie mit sattem Bass. >>Kind, um Himmels willen! Bist du krank?<< Valerie Mauser drehte sich auf die Seite und hustete. (S. 5 – Beginn)

Ich freute mich riesig darauf diesen Alpenkrimi zu lesen. Mal wieder etwas lockeres und witziges. Das es jedoch so „witzig“ wird hätte ich nicht gedacht.

Alles beginnt damit, dass Valerie Mauser, genannt Veilchen, von Wien nach Innsbruck versetzt wird. Gemütliche Leut‘, prachtvolle Berge und eine ruhige Kugel schieben. So hatte sie sich das Ganze zumindest vorgestellt..unser Veilchen. Vielleicht deswegen ein Grund weshalb man sich gleich bei der Antrittsfeier einen so mächtigen Schnapsrausch umhängt, sodass man Filmrisse hat und sich alles erstmal durch den Kopf gehen lassen muss.
In diesem Zustand wird Valerie sogleich vom Landeshauptmann in sein Büro zitiert. Die Hütte brennt, denn die Tochter des millionenschweren russischen Oligarchen wurde entführt und dieser wird nun erpresst. Forderung: 3 Millionen, keine Polizei. Natürlich muss daher alles äußerst diskret ablaufen, ergo wirklich keine Polizei, sowie auch sonst kein Wort zu irgendwem. Veilchen ist auf sich alleine gestellt und muss nun ohne Hilfe die Tochter finden und die Täter dingfest machen. Nur gut, dass man in Tirol als Kriminalbeamtin keiner geregelten Arbeit nachgeht, sondern machen kann was man will, und so beginnt die Jagd nach den Entführern, die vor nichts zurück zu schrecken scheinen. (persönl. Inhaltsangabe)

Man erkennt vielleicht meinen leicht ironischen Unterton und das hat auch seinen Grund, denn so richtig ernst nehmen kann ich diesen Krimi nicht. Gut, vielleicht ist das auch so gewollt, aber ein bisschen Realitätsnähe wäre schon wünschenswert gewesen.

Veilchen, eine der besten Kripo-Beamten, agiert zeitweise weder professionell, logisch noch nachvollziehbar und manche Handlungen und Geschehnisse sind etwas realitätsfern.
Zudem wird hier einiges an Klischees aufgefahren. Sei es der Hansi Hinterseer-Verschnitt von Landeshauptmann, bis hin zu den Tirolern für die jeder ab Salzburg aus dem Balkan zu kommen scheint. Bischt a Tiroler, bischt a Mensch. Bischt koa Tiroler, bischt a Oasch.

Was mich jedoch am meisten störte, war die nicht aufhören wollende und oft überzogen wirkende Komik. Die Handlung wird nämlich immer wieder durch, meiner Meinung nach, übertrieben lustige Gedanken oder Slapstickeinlagen unterbrochen und das leider allzu oft.

„>>Der Groschen war gefallen<< hätte auch allzu abgedroschen geklungen. Noch dazu waren Groschen Geschichte, wie die Schillinge, nur die ‚falschen Fünfziger‘ gab’s noch. Die heißen heute Fuffis. Falsche Fuffis…“ (S. 71)

Danach folgten zwei „normale“ Sätze und dann wieder eine humoristische Einlage. Mit der Zeit hat mich das nur noch genervt, denn die Handlung wollte dadurch so gar nicht voranschreiten. Hinzu kommt dann auch noch das, aus dem Nichts auftauchende, imaginäre Teufelchen Veilchens, welches auf ihrer Schulter sitzt und, wär hätte das gedacht, ebenfalls witzige Sprüche ablässt. Das war für mich einfach too much. Lustiger Schmäh hin oder her, aber alles hat irgendwann seine Grenzen erreicht. Hier geht der Krimi auf Kosten der Witze und des Humors unter (wer hätte gedacht, dass sowas mal aus meinem Mund kommen würde?).

Ab der Mitte, mit dem Auftauchen ihres ehemaligen Kollegen Stolwerk, wird es jedoch besser. Viel besser! Die humoristischen Einlagen wirken nicht mehr so übertrieben und wurden auf ein erträgliches Maß reduziert. Die Dialoge sind pfiffig und auch wirklich zum Schmunzeln.
Auch die Handlung nimmt hier an Fahrt auf und somit auch die Spannung. Am Ende konnte mich der Autor sogar mit einer überraschenden Auflösung begeistern.

Der Schreibstil selbst ist klar und flüssig und auch die Erzählweise, abgesehen von den übertriebenen Komik-Elementen, lädt zum Weiterlesen ein.
Wäre es nur von Anfang an so gewesen…ich wäre vor Begeisterung nicht mehr zu halten gewesen.

Fazit:
Wenn der Krimi von Anfang an so verlaufen wäre, wie von der Mitte an, dann hätte er wohl volle Punktzahl erhalten. So musste ich mich jedoch durch übertriebene und nicht enden wollende humoristische Einlagen kämpfen, welche die Handlung erheblich bremsten und meistens gar nicht so witzig waren. In der ersten Hälfte geht der Krimi also auf Kosten der Witze und Komik komplett unter.
Mit den Klischees hätte ich mich noch anfreunden können (vor allem weil sie gar nicht so weit hergeholt sind), doch an diesen teils nicht nachvollziehbaren und realitätsfernen Handlungen hatte ich schon ein bissl zu knabbern.
Nichtsdestotrotz wird dieser Krimi ab der Hälfte richtig gut -> rasant, spannend, überraschende Wendung. Hier sind auch die Dialoge und so manche Geschehnisse wirklich witzig und zum Lachen. Tja, weniger ist eben oft mehr.
Lesern die auf humoristische Witze-Krimis stehen und es mit der Realität nicht so genau nehmen, kann ich diesen Alpenkrimi ohne Bedenken empfehlen.
Ob ich nun auch den 2. Teil dieser Reihe lesen werde, weiß ich noch nicht. Bin noch etwas hin und her gerissen.
Von mir gibt es zwar eine Leseempfehlung, diese richtet sich jedoch vor allem an die Freunde dieser Art von Krimis.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 10.01.2018

Weihnachtliche Krimi-Anthologie aus Skandinavien – manchmal etwas unspannend, manchmal aber auch herrlich böse

Jul-Morde
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Selbst in der besinnlichen Weihnachtszeit musste diesmal ein Krimi her, aber wenn, dann einer der weihnachtlich angehaucht ist, ergo weihnachtlich spannend.
Dieses Buch war dann ein typischer Coverkauf, ...

Selbst in der besinnlichen Weihnachtszeit musste diesmal ein Krimi her, aber wenn, dann einer der weihnachtlich angehaucht ist, ergo weihnachtlich spannend.
Dieses Buch war dann ein typischer Coverkauf, denn das Cover ist ja wohl Weihnachten pur (wie oft erwähnte ich nun schon Weihnachten? Egal, paar Mal geht sicher noch). Mit Weihnachten (höhö) verbinde ich auch gleichzeitig das kalte und schneebedeckte Skandinavien, daher erfüllt dieses Buch gleich in dreierlei Hinsicht meinen Buchwunsch. Skandinavische Autoren sind ja besonders berüchtigt für ihre spannenden Krimis. Diese Kurzkrimi-Anthologie enthält nämlich 13 Krimis von skandinavischen Autoren wie z.B.: Arne Dahl, Kristina Ohlsson und Thomas Enger.

Diesbezüglich hatte ich dann meine Erwartungen wohl doch etwas zu hoch geschraubt. Hier eröffnet sich einem nämlich das typische „Anthologie-Problem“ – nicht alle Geschichten sind spannend und nicht alle Krimis fesselnd oder als solche erkennbar.
Bei manchen kam dann auch noch dieses „Kurzgeschichten-Problem“ hinzu – zu spät, zu wenig, oder gar irgendwie ein fehlendes oder ratzfatz hingeklatscht wirkendes Ende. Zwei Krimis sind in meinen Augen überhaupt keine Krimis, sondern einfach nur Geschichten die zufällig im Winter angesiedelt sind.
Manche Autoren sind wohl für Kurzgeschichten einfach nicht geeignet…oder umgekehrt.

Es gibt aber auch Krimis die genau das Gegenteil davon sind, nämlich spannend, fesselnd und manche auch herrlich böse.
Eines aber haben all diese Kurzkrimis gemeinsam – die winterliche Atmosphäre und den typisch skandinavischen Schreibstil, der selbst den weniger guten Krimis die gewisse Würze verleiht und man sie daher trotzdem gerne liest.

Fazit:
Es sollte sich nur nicht jeder Autor dazu bemüßigt fühlen Kurzgeschichten zu schreiben. Hier eröffnen sich dem Leser nämlich die typischen „Anthologie- und Kurzgeschichten-Probleme“ – nicht alles spannend und manchen Krimis fehlt sogar in gewisser Weise ein Ende.
Man liest dieses Büchlein von 267 Seiten aber wirklich sehr schnell weg und ich fühlte mich auch durchaus für ein paar Stunden gut unterhalten. Dies war vor allem dem tollen Schreibstil einer jeden Geschichte zu verdanken und manche Geschichten (mehr als nur 2-3) konnten mich begeistern.

Von mir gibt es daher zwar keine absolute, aber dennoch eine Leseempfehlung.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 27.09.2017

Alles muss versteckt sein - anscheinend auch der Thriller

Alles muss versteckt sein
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Steckt in jedem Menschen ein Mörder? In Gedanken hat Marie schon erschlagen, erwürgt, zerstückelt. Die furchtbar realen Gewaltfantasien kommen ohne Vorwarnung und machen ihr unaussprechliche Angst. Doch ...

Steckt in jedem Menschen ein Mörder? In Gedanken hat Marie schon erschlagen, erwürgt, zerstückelt. Die furchtbar realen Gewaltfantasien kommen ohne Vorwarnung und machen ihr unaussprechliche Angst. Doch denken heißt nicht tun. Glaubt Marie. Bis ein grausamer Mord geschieht, der genau dem Horror-Drehbuch ihres Kopfes entsprungen zu sein scheint. Alle halten Marie für eine Mörderin. Auch sie selbst. Sie wird verurteilt, eingewiesen, weggesperrt. Ein junger Arzt hilft ihr dabei, die Wochen vor der Mordnacht zu rekonstruieren, und in Marie wachsen die Zweifel. Ist die Wahrheit noch viel furchtbarer als ihre Fantasie?...(Klappentext)

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Die Story beginnt in der Psychiatrie, nachdem bereits alles geschehen ist. Marie hat eines Nachts ihren Lebensgefährten Patrick auf brutalste Weise abgeschlachtet. Angeblich hat sie ihre Zwangsgedanken, an denen sie seit fast einem Jahr leidet, in die Realität umgesetzt. Von wegen denken ist nicht tun.
Nun sitzt sie in der geschlossenen Psychiatrie, ohne Erinnerung an die Tat selbst.
Durch die Einzel-Gesprächstherapie kommt sie dieser jedoch immer näher, bis schließlich der Arzt selbst am Tathergang zweifelt.

Ich erwartete mir einen Psychothriller vom Feinsten. Die Thematik nicht 08/15 und durchaus interessant. Es hapert jedoch an der Umsetzung, denn ein Thriller ist das definitiv nicht.

Man erhält aus der Sicht Maries Einblicke in ihre von brutalen Zwängen geprägte Gedankenwelt, welche wirklich nicht ohne ist. Erlebt mit ihr den Psychiatrie-Alltag und durch Rückblenden während der Gesprächstherapie rückt man der Tat immer näher.
Im Rahmen meines Psych.-Dipl. durfte ich, unter anderem, ein 3-monatiges Praktikum auf einer geschlossenen Akut-Station einer Psychiatrie absolvieren und somit kann ich durchaus behaupten, dass der Psychiatrie-Alltag, sowie der Einblick in die Welt einer an brutalen Zwangsgedanken Leidenden, sehr authentisch beschrieben werden.

Der Schreibstil ist flüssig und einfach gehalten und somit liest sich dieses Buch auch wirklich flott weg, jedoch will so gar keine Spannung aufkommen.
Die Story ist sehr durchschaubar und ich konnte mir rasch denken wer weshalb dahintersteckt.
In der Hoffnung, dass es jedoch ganz anders kommen würde und die Autorin mit einer überraschenden Wendung aufwartet, las ich jedoch weiter.
Die überraschende Wendung kam dann auch...irgendwie, denn meine Vermutungen wurden durchaus bestätigt. Diese kleine überraschende Wendung war jedoch so konstruiert und an den Haaren herbeigezogen, sodass ich nur "WTF" denken konnte.

Fazit:
Im Grunde ist dieser "Psychothriller" eine pathopsychlogische Persönlichkeitsstudie in einfacher Romanform. Diese Pathopsychologie wird authentisch beschrieben und ist auch durchaus interessant zu lesen. Dies ist meiner Meinung nach aber auch schon das Beste an diesem Roman.
Ansonsten - mehr als nur durchschaubare Story, keine Spannung, gegen Ende ein Abdriften in Nebensächlichkeiten und das Ende selbst..nun ja..es ließ mir die Haare zu Berge stehen, da es sowas von konstruiert war.
Von mir gibt es daher nur eine bedingte Leseempfehlung.

© Pink Anemone