packend erzählt, wirft aktuelle Fragen auf
Es geht um Peri, in ihren 30gern, wohnhaft in Istanbul und auf dem Weg zu einer Dinnerparty der High Society, als sie überfallen wird. Dabei fällt ihr ein Foto aus Studienzeiten in Oxford in die Hände ...
Es geht um Peri, in ihren 30gern, wohnhaft in Istanbul und auf dem Weg zu einer Dinnerparty der High Society, als sie überfallen wird. Dabei fällt ihr ein Foto aus Studienzeiten in Oxford in die Hände und weckt Erinnerungen.
Der Roman spielt somit auf zwei Zeitebenen, zum einen 2016 bei der Party und zum anderen in Peris Erinnerung an ihre Kindheit und besonders an ihre Zeit in England. Was der Autorin dabei meisterhaft gelingt ist die Vielzahl an gewichtigen Themen, die sie hier mühelos mit der Handlung verwebt. Peris gesamte Biographie, bis hin zur aktuellen Abendveranstaltung, veranschaulicht greifbar, was es heißt im kulturellen Kontext der Türkei aufzuwachsen und zu leben. Wie sehr die Frage des Glaubens oder der Säkularität ganze Familien prägt und entzweit. Wie (möglicherweise) die Ansicht der türkischen Oberschicht zur EU und der Demokratie aussieht.
„Demokratie ist reiner Luxus, wie Beluga-Kaviar, und genau das ist das Problem […] Einen solchen Luxus kann sich der Nahe Osten nämlich nicht leisten.“ S. 206/207
Auch wenn die Geschichte bereits vor acht Jahren veröffentlicht wurde, bin ich immer wieder über die Aktualität der Aussagen gestolpert. Und was mich noch mehr zum Nachdenken gebracht hat, war die universelle Gültigkeit, die dahintersteckt.
„Was Sie da von sich geben, klingt nach reiner Paranoia […] Europäer, Westler, Russen, Araber … Wenn Sie diese Leute kennen würden – nicht als Kategorie, sondern individuell -, würden Sie sehen, dass wir alle einen Körper und eine Seele besitzen und mehr oder weniger gleich sind.“ S. 409
Auch Peris Auseinandersetzung mit Glaubensfragen, ihre Zweifel und der Besuch eines ungewöhnlichen Seminares zum Thema „Gott“, empfand ich als einen sehr bereichernden Teil des Romans. Es geht Elif Shafak hier nicht darum zu belehren, sondern sie schafft es diesen Fragen Raum zu geben und sie aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten.
Abgerundet wird dieses Werk von ihr einmal mehr durch ihren wunderbaren literarischen Schreibstil, den ich einfach zu gerne lese.
Von mir eine große Leseempfehlung.