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Veröffentlicht am 03.02.2018

Sex, Drugs & ... Stummfilm!

Der Mann, der nicht mitspielt
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Hollywood, 1921: Hardy Engel, derzeit arbeitsloser Schauspieler und Ex-Polizist, braucht dringend Geld, da bietet sich ein Detektivbüro als zweites Standbein förmlich an. Pepper Murphy, seine erste Klientin ...

Hollywood, 1921: Hardy Engel, derzeit arbeitsloser Schauspieler und Ex-Polizist, braucht dringend Geld, da bietet sich ein Detektivbüro als zweites Standbein förmlich an. Pepper Murphy, seine erste Klientin und ein fleischgewordener Männertraum, beauftragt ihn, die verschwundene Schauspielerin Virginia Rappe aufzuspüren. Sie hatte ein Casting bei "Famous Players", doch danach verliert sich ihre Spur. Hardy braucht nicht lange, um im Studio in Erfahrung zu bringen, dass Virginia direkt im Anschluss an ihre Probeaufnahmen mit einer Freundin nach San Francisco aufgebrochen ist. Das Glück beschert ihm einen zweiten Auftrag, er soll dem "Famous-Players"-Star Roscoe "Fatty" Arbuckle ein brisantes Päckchen liefern. Der weilt zur Zeit ebenfalls in San Francisco und feiert anlässlich des Labor Days ein rauschendes Fest mit reichlich Alkohol und anderen illegalen Substanzen - nicht weiter verwunderlich, dass Hardy auf ebendieser Party auch auf das verschollene Starlet stößt - und damit in einen Strudel von Ereignissen gerät, die sich innerhalb kürzester Zeit zum größten Skandal der noch jungen Traumfabrik entwickeln werden...

Ehrlich, was für ein grandioses Buch! Schon der Prolog, der gerade mal eine Buchseite einnimmt, hat in mir die Erwartung auf ein besonderes Leseerlebnis geweckt, und Christof Weigold hat dieses Versprechen auch eingelöst. Obwohl dort im Grunde schon weit vorgegriffen wird, wird unheimlich viel Spannung aufgebaut, die über die für einen Krimi unglaubliche Länge von über 600 Seiten auch nie nachgelassen hat.
Die tatsächlichen Ereignisse des Arbuckle-Skandals werden geschickt mit der fiktiven Handlung um den abgehalfterten Schauspieler, aber durchaus versierten Ermittler Hardy Engel verknüpft. Eine ganze Reihe realer Personen, wie beispielsweise die Leinwandlegenden Gloria Swanson und Wallace Reid, die Studiobosse Laemmle, Zukor, Goldwyn, Meyer und noch einige mehr, bis hin zu den unglücklichen Hauptakteuren Virginia Rappe und Roscoe Arbuckle, ist in die Handlung eingebunden.

Hardy Engel ist eine Figur nach meinem Geschmack: Zum einen ist er absolut ein Kind seiner Zeit, nach vier Jahren im Schützengraben, die er wie durch ein Wunder unversehrt überstanden hat, kehrt er der Heimat den Rücken, und erfindet sich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten völlig neu. Früher Polizist, heute Schauspieler, ein Unding in der alten Welt, aber in Amerika ein normaler Lebenslauf. Er will das Leben genießen, schert sich nicht das Geringste um die Prohibition, und obwohl er ein Freund der neuen lockeren Sitten ist, kann er mit einem allzu ausschweifenden Lebensstil der Damenwelt trotzdem nicht ganz so gut umgehen. Zum anderen ist er ein wirklich fähiger Detektiv, der mich von seinen Schlussfolgerungen und seiner Vorgehensweise immer überzeugen konnte, obwohl dieser verworrene und absolut undurchsichtige Fall ihn an die Grenzen seines Könnens und vor allem seiner Belastbarkeit bringt.

Neben der Figurenzeichnung hat mich begeistert, wie gut die Atmosphäre und der Lebensstil der beginnenden Roaring Twenties in der noch blutjungen Filmindustrie transportiert wurde, ohne dass die Spannung dabei auf der Strecke geblieben wäre - das ist ganz großes Kino, noch dazu in einem Debütroman ;) Das gelungene Spiel mit Klischees über deutsche Auswanderer, Privatdetektive und erfolglose Schauspieler, sowie der völlige Verzicht auf die heute übliche Political Correctness schaffen einen passenden Hintergrund, lockern aber auch die dramatischen Geschehnisse, die letztendlich zwei Menschen in den Abgrund rissen, auf.

Ich kann es jetzt schon kaum noch erwarten, bis Hardy im Frühjahr 2019 (so verspricht es zumindest die Homepage des Autors) seine Ermittlungen (endlich!) wieder aufnehmen wird, damit ich mich von Neuem in dieses schillernde und verruchte Haifischbecken, in dem nichts ist, wie es scheint, entführen lassen kann.

Veröffentlicht am 15.01.2018

Die dunkle Legende der Borgia

Die letzte Borgia
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Italien, 1501: Während Papst Alexander und sein Sohn Cesare von Piombino aus nach Rom segeln, ist Lucrezia, die Tochter des Papstes, auf dem Landweg nach Ferrara unterwegs um ihren dritten Ehemann, den ...

Italien, 1501: Während Papst Alexander und sein Sohn Cesare von Piombino aus nach Rom segeln, ist Lucrezia, die Tochter des Papstes, auf dem Landweg nach Ferrara unterwegs um ihren dritten Ehemann, den Erben des Hauses d'Este, zu heiraten. Ihre Reise soll ein Triumphzug für die Borgia sein, die in den vergangenen Jahren immer mehr Städte in Italien unterworfen haben, denn Cesare ist wie sein antiker Namensvetter ein begnadeter Feldherr und träumt von einem geeinten Italien unter der Führung seiner Familie. Lucrezia erfüllt ihre Mission vorbildlich, trotz der üblen Gerüchte, die sich um sie ranken, liegt ganz Italien der charismatischen, jungen Frau zu Füssen. Ganz Italien? Ja, ganz Italien, abgesehen von den d'Este, der Familie ihres zukünftigen Ehemanns, die eine Verbindung mit der Bastardtochter des ausländischen Papstes als weit unter der Würde ihrer alten Adelsfamilie ansehen.

In Der Palast der Borgia begann Sarah Dunant, den kometenhaften Aufstieg des Rodrigo Borgia, Protegé und Neffe des Papstes Calixtus III., und damit auch seiner Schar unehelicher Kinder, zu schildern. Mit Die letzte Borgia wird der Faden nun weitergesponnen, und die letzten Jahre von Alexanders / Rodrigos Pontifikat stehen im Mittelpunkt, ebenso wie der Versuch, Macht und Einfluss seiner Familie über seinen Tod hinaus für die nächste Generation zu erhalten.

Hätte sich ein Schriftsteller die Geschichte der Familie Borgia ausgedacht, käme man als Leser wahrscheinlich nicht umhin, sie für eine richtige Räuberpistole zu halten, in der so viel Unglaubliches zusammentrifft, dass es eben einfach nicht mehr glaubwürdig wirkt. Ein Papst, der Orgien veranstaltet, offen mit seiner Geliebten zusammenlebt und seine zahlreichen Nachkommen stolz der ganzen Welt präsentiert, statt sie angemessen verschämt als Neffen und Nichten auszugeben. Und ein Papst, dem das Wohl seiner unehelichen Kinder mehr am Herzen zu liegen scheint, als das der Kirche, und der über Leichen geht, um sich für seine dynastischen Pläne die Taschen aus den Truhen des Vatikan zu füllen.

Doch das Leben dieses Papstes ist in zahlreichen Quellen gut dokumentiert, sein Zeremonienmeister Burchard beispielsweise führte akribisch Tagebuch, und hat damit der Nachwelt einen detailreichen Zeitzeugenbericht aus dem engsten Umfeld des Papstes hinterlassen. Das Literaturverzeichnis am Ende des Buches verdeutlicht, dass Sarah Dunant es mit der Recherche für ihre historischen Romane sehr genau nimmt, und nah an den tatsächlich dokumentierten Meilensteinen der Borgia bleibt (ebenfalls am Schluss in einer Zeittafel nachzulesen).
Trotzdem hält man hier kein trocken-langweiliges Geschichtsbuch in Händen, sondern einen fesselnden, historischen Roman, der einen in diese aufregende Epoche der beginnenden Renaissance, voller Intrigen und Machtspielchen zwischen zahlreichen Königreichen und dem Heiligen Stuhl, abtauchen lässt. Die Lücken der Geschichtsschreibung werden schlüssig gefüllt und man bekommt hier ein ausgewogeneres Bild über die Borgia als es die Chronisten nach Papst Alexanders Tod zeichneten. Alexander wird nicht nur als machtgieriger Kirchenfürst, sondern auch als liebender Familienvater, Cesare nicht nur als vom Größenwahn zerfressener Emporkömmling, sondern als weitsichtiger Feldherr, und Lucrezia nicht als skrupellose Giftmörderin, sondern als die geachtete, geliebte und kunstinteressierte Fürstin, die sie wohl auch gewesen ist, gezeichnet.

Obwohl man diesen Roman auch sehr gut für sich alleine lesen kann, weil auf wichtige Geschehnisse der frühen Jahre immer wieder Bezug genommen wird, würde ich trotzdem empfehlen, zuerst zu Der Palast der Borgia zu greifen. Diese beiden Bücher zusammen decken die komplette Amtszeit Alexanders ab, und erzählen eine spektakuläre Familiengeschichte, von der man eigentlich keine Zeile verpassen sollte.

Veröffentlicht am 12.01.2018

Mordfall in der britischen Besatzungszone

Echo der Toten. Ein Fall für Friederike Matthée (Friederike Matthée ermittelt 1)
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Köln, Januar 1947: Friederike Matthée ist seit kurzem bei der uniformierten weiblichen Polizei tätig, Berufsbezeichnung "Polizeiassistentenanwärterin". Normalerweise beschränken sich ihre Aufgaben auf ...

Köln, Januar 1947: Friederike Matthée ist seit kurzem bei der uniformierten weiblichen Polizei tätig, Berufsbezeichnung "Polizeiassistentenanwärterin". Normalerweise beschränken sich ihre Aufgaben auf das Durchsuchen und die Vernehmung weiblicher oder minderjähriger Personen, die in Bagatelldelikte verwickelt sind, oder die Unterstützung der männlichen Beamten bei Bordellrazzien.
Zumindest bis weitab in der Eifel ein Kölner Schwarzhändler ermordet wird und es einen Tatzeugen gibt, den sechsjährigen Peter, der bei Kriegsende mit seiner Mutter aus Ostpreußen geflohen und in der Eifel untergekommen ist. Peter weigert sich, mit irgendjemandem zu sprechen, seit man ihn zusammen mit der Leiche von Jupp Küppers am Tatort entdeckt hat. Darum fordert die Royal Military Police in Person von Lieutenant Richard Davies eine weibliche Polizistin mit guten Englischkenntnissen, einem Händchen für Kinder und vorzugsweise in Ostpreußen geboren, zur Unterstützung an. Die Wahl fällt auf Friederike und für sie beginnt die erste echte Ermittlung ihrer bisher noch recht kurzen Polizeikarriere.

Dieser Kriminalroman mit historischem Hintergrund hat mir enorm gut gefallen. Zum einen war der Fall spannend und ideal zum Miträtseln, zum anderen wurde die Zeit, in der die Handlung angesiedelt ist, sehr gut dargestellt. In den Nachkriegsjahren, als die alliierten Siegermächte Deutschland in vier Zonen aufgeteilt hatten, und versuchten, die echten Nazis von den Mitläufern zu unterscheiden, und vor allem die Aufgabe hatten, endlich die Demokratie im ehemaligen deutschen Reich Einzug halten zu lassen (zumindest im westlichen Teil davon), war das Verhältnis zwischen Besatzern und Einheimischen sicherlich aus einer Vielzahl von Gründen extrem angespannt.

Beate Sauer erzählt den Hauptteil der Geschichte (von einigen kurzen Einschüben abgesehen) aus zwei Perspektiven - Richard Davies vermittelt in seinen Kapiteln die Sicht der Alliierten auf Deutschland und die Deutschen, Friederike Matthée nimmt die entgegengesetzte Position ein, wobei sie aufgrund ihres Alters weder als Nazi noch als Mitläuferin eingeordnet werden kann - sie ist während des dritten Reiches aufgewachsen und kennt einfach nichts anderes. Sie ist keine Judenhasserin, glaubt auch nicht an die arische Herrenrasse, und ihre ehemals wohlhabende, ostpreußische Gutsherrenfamilie empfand die Nazis als proletarisches Gesindel, was aber nichts daran ändert, dass die Matthées gute Miene zum bösen Spiel machten, und Friederikes Vater und Bruder aus freien Stücken der Wehrmacht beigetreten sind, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. Ihre eigene und auch die Haltung ihrer Familie erfüllt Friederike mit Scham, und ihr Auftreten gegenüber Davies, der für sie die Siegermächte repräsentiert, ist zu Anfang extrem unsicher.
Richard war vor seiner Zeit bei der MP selbst Frontsoldat, und es kostet ihn oft große Selbstbeherrschung, den Verantwortlichen bei der deutschen Polizei, beziehungsweise den Deutschen im Allgemeinen, gegenüberzutreten. Je nach Tagesform schwankt er zwischen Hass, Abscheu, und manchmal sogar Mitleid, wenn ihm bewusst wird, in welch erbarmungswürdigen Zuständen die Deutschen in diesem harten Winter ihr Dasein fristen.
Dieses Spannungsfeld vermittelt die Autorin ganz nebenbei in den Dialogen zwischen den beiden Protagonisten, in Zeugenvernehmungen, oder indem sie den Leser an Richards und Friederikes Gedankengängen teilhaben lässt. Also keine Angst: es gibt schon hauptsächlich Krimi, und die Geschichtsstunde nur nebenbei.

Besonders gut hat mir gefallen, wie die Autorin die Figur der Friederike gezeichnet hat. In historischen Romanen wirken die weiblichen Protagonistinnen manchmal völlig deplatziert - sie treten zu forsch auf, sind so emanzipiert, unabhängig und selbstständig, dass man als Leser einfach nicht glauben kann, dass sie ein Kind ihrer Zeit sein sollen. Aber Friederike kann ich mir gut als typische Frau der Nachkriegszeit vorstellen. Sie wirkt oft völlig verloren, was einen ja auch nicht erstaunt, hat sie doch ihre Heimat, ihren Status und ihr komplettes Selbstverständnis durch die Flucht eingebüßt. Ihr Entschluss, der weiblichen Polizei beizutreten, entstand nicht aus einer Berufung heraus, sondern aus rein wirtschaftlichen Zwängen. Sie ist künstlerisch begabt und zeichnet gerne, und ohne den Krieg wäre sie niemals gezwungen gewesen, überhaupt einen Beruf zu ergreifen. Sie begreift ihre Arbeit zwar einerseits als Glücksfall, weil sie ihr selbst und auch ihrer Mutter ein karges Auskommen sichert, andererseits verabscheut sie jedoch ihre Aufgaben aus tiefstem Herzen. Erst als sie während der Zusammenarbeit mit Davies zum ersten Mal in einen Fall wirklich involviert ist, wird ihr bewusst, dass der Beruf auch erfüllend sein kann, und vor allem, dass sie ein echtes Talent dafür hat, die richtigen Zusammenhänge herzustellen.

Der Untertitel "Ein Fall für Friederike Matthée" lässt mich hoffen, dass es nicht bei diesem einen Fall bleiben wird - Beate Sauer war für mich eine neue Autorin, die mich mit diesem Roman, und auch mit ihrem ausführlichen Nachwort, das auf fiktive und tatsächliche historische Handlungselemente detailliert eingeht, auf Anhieb überzeugt hat, daher würde ich Friederike sehr gerne bei neuen Ermittlungen wieder begleiten.
Wer den Angstmann von Frank Goldammer mochte, wird sich sicher auch für Echo der Toten begeistern können.

Veröffentlicht am 04.01.2018

"Wie soll man nachts ruhig schlafen, wenn einem ständig jemand über die Schulter schaut?"

Crimson Lake
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In nur 6 Minuten wurde Detective Ted Conkaffeys Leben zerstört. Diverse Zeugen sehen ihn mit der dreizehnjährigen Claire Bingley reden, die kurz darauf brutal vergewaltigt wird und nur durch Zufall überlebt. ...

In nur 6 Minuten wurde Detective Ted Conkaffeys Leben zerstört. Diverse Zeugen sehen ihn mit der dreizehnjährigen Claire Bingley reden, die kurz darauf brutal vergewaltigt wird und nur durch Zufall überlebt. Seine Freunde und Kollegen gehen mit der vollen Härte gegen ihn vor, es wird trotz Teds Unschuldsbeteuerungen in keine andere Richtung ermittelt. Verurteilt wird er dennoch nicht - aber nur aus Mangel an Beweisen.
Doch der Schaden ist angerichtet, die Medien haben ihren Job erledigt und ganz Australien hält Ted für einen gefährlichen Pädophilen, der der Justiz durch die Finger geschlüpft ist. Er verschwindet aus Sidney und verkriecht sich in Nordaustralien in einer Kleinstadt namens Crimson Lake. Sein Anwalt besorgt ihm Arbeit im Detektivbüro von Amanda Pharrell, einer verurteilten Mörderin, die ihre Strafe schon abgesessen hat. Ihr erster gemeinsamer Fall: Der Bestseller-Autor Jake Scully, Schöpfer einer an die Bibel angelehnten dystopischen Jugendbuchreihe, ist verschwunden. Sein Ehering wurde im Verdauungstrakt eines Krokodils gefunden, ansonsten fehlt jede Spur - Ted beginnt seine Ermittlungen mit einem falschen Namen und der ständigen Angst, dass in ihm jemand den vermeintlichen Schwerverbrecher erkennt, der monatelang die Schlagzeilen dominiert hat...

Candice Fox ist eine Autorin, auf die ich vor kurzem durch die Hades-Trilogie aufmerksam wurde. Ich fand die Bücher toll, und konnte sie gleich am Stück wegsuchten, da der letzte Band bereits erschienen war. Als ich dann eine Leseprobe zum Auftaktband ihrer neuen Reihe entdeckt habe, war sofort klar: Crimson Lake muss ich ebenfalls lesen!

Schon die ersten Sätze überzeugten, ich habe sofort mit Ted mitgelitten, der völlig unschuldig vor den Scherben seiner Existenz steht, was natürlich seine Spuren bei ihm hinterlassen hat: Eine Spur Verbitterung, regelmäßige Panikattacken, und die ständige Angst, wieder in die Mühlen der Justiz zu geraten. Da die Geschichte ausschließlich aus seiner Perspektive erzählt wird, ist man immer nah dran an seinen Gedanken und Gefühlen, und sieht Crimson Lake und seine Bewohner durch Jakes Augen.
Seine Partnerin Amanda Pharrell ist ihm zunächst ein völliges Rätsel - ist sie eine mörderische Psychopathin, oder wurde ihr genauso übel mitgespielt wie Ted? Kein Wunder also, dass er sich fast genauso sehr in Amandas Vergangenheit verbeißt wie in die aktuellen Ermittlungen zum Verbleib von Jake Scully. Und nebenbei erfährt der Leser nach und nach in eingeschobenen Rückblenden auch immer mehr zu Teds eigenem Fall, wobei er offensichtlich keinerlei Ambitionen hat, den wahren Täter zu finden.

Insgesamt geht es also um drei voneinander völlig unabhängige Kriminalfälle, da muss man als Leser schon konzentriert bei der Sache bleiben, was allerdings nicht schwerfällt, da Candice Fox extrem spannend schreibt - zumindest ich kann in ihre Bücher förmlich abtauchen, so dass man mich schon mindestens zweimal ansprechen muss, wenn man mich vom Buch ablenken möchte ;)


Crimson Lake hat meinem Lesejahr 2018 einen fulminanten Start beschert, ich warte schon sehnsüchtig auf die Fortsetzung von Conkaffey & Pharrell.

Veröffentlicht am 01.01.2018

Abschied vom Bradford-Clan

Bourbon Lies
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Nun ist es also soweit, mit Bourbon Lies hat die fesselnde Familiengeschichte um die steinreichen Bradfords und ihr Bourbon-Imperium zu einem würdigen Abschluss gefunden. Ich verlasse Easterly in Charlemont, ...

Nun ist es also soweit, mit Bourbon Lies hat die fesselnde Familiengeschichte um die steinreichen Bradfords und ihr Bourbon-Imperium zu einem würdigen Abschluss gefunden. Ich verlasse Easterly in Charlemont, Kentucky mit mindestens einem weinenden Auge, denn die Geschwister Gin, Lane und Edward sind mir im vergangenen Jahr richtig ans Herz gewachsen (ja, auch Gin! Eigentlich sogar: besonders Gin!), und die Vorfreude auf den jeweils nächsten Band war jedes Mal riesig.

Zum Einstieg stecken sie alle drei in einer mehr oder minder üblen Klemme, Lane versucht noch immer die Bradford Bourbon Company vor dem fast sicheren Untergang zu bewahren, Gin hat neben ihrem durchgeknallten Ehemann auch noch ein paar andere Baustellen, um die sie sich kümmern muss, und Edward hat es am schwersten erwischt. Mehr möchte ich an dieser Stelle zum Inhalt nicht verraten, denn falls jemand die Reihe noch nicht kennt: Lest sie unbedingt von Anfang an, es lohnt sich - versprochen!
(Band 1: Bourbon Kings / Band 2: Bourbon Sins)

Wie ich es von J. R. Ward inzwischen gewohnt bin, flogen die knapp 450 Seiten nur so dahin, die Lage scheint am Anfang noch in vielerlei Hinsicht ziemlich aussichtslos, so dass ich fast gezweifelt habe, ob sich bis zum Ende noch alles schlüssig aufdröseln lässt. Aber die Autorin hat es tatsächlich spielend hinbekommen, auch im letzten Band geht es temporeich voran, und die ein oder andere unerwartete Wendung sorgte wieder für jede Menge Verblüffung auf meiner Seite.

Die Figuren haben sich zum Teil zwar erstaunlich, aber dennoch glaubhaft, weiterentwickelt - besonders Gin hat es mir in dieser Hinsicht wirklich angetan. Zu Beginn der Handlung ganz das verwöhnte It-Girl, deren Lebensmotto "Was kostet die Welt?" zu sein scheint, und die mit ihrer Arroganz ganz schön an den Lesernerven zehrt, hat sich für mich zu einer echten Sympathieträgerin gewandelt. Für Lane gilt das ebenfalls, zu Beginn "von Beruf Sohn" und Profi-Pokerspieler, zwingen ihn die Umstände dazu, nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern für seine ganze Familie zu übernehmen. Und man kauft ihm wirklich ab, dass er das kann, auch wenn es vielleicht hauptsächlich daran liegt, dass er keine andere Wahl hat. Er wächst sozusagen mit seinen Aufgaben.
Auch die Nebenfiguren haben es mir ganz schön angetan, allen voran Samuel T. und Sutton Smythe. Obwohl es insgesamt nur wenige Kapitel aus ihrer jeweiligen Perspektive gibt, haben sie doch eine erstaunliche Tiefe und einen ganz eigenen Charakter, sodass sie bei mir einen intensiven Eindruck hinterlassen haben. Es gibt die Nebenfiguren nicht nur, um die Welt rund um die Bradfords zu bevölkern, auch die kleineren Rollen haben ihre eigenen Hintergrundgeschichten, die ihr Verhalten schlüssig werden lassen. Dieser Aspekt hat bei mir einen Großteil der Faszination für die Reihe ausgemacht, denn das gesamte Personal wirkt dadurch unglaublich lebendig und konnte bei mir enorme Sympathie, beziehungsweise in manchen Fällen auch Antipathie, entfachen.

Etwas Angst hatte ich vor dem großen Finale, so ein richtig kitschiges Friede-Freude-Eierkuchen-Ende hätte mir schwer zu schaffen gemacht, denn das wäre dieser Reihe voller fieser Intrigen und taktischer Winkelzüge, in der fast nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint, einfach nicht gerecht geworden. Aber auch hier hat J. R. Ward für meinen Geschmack genau die richtige Mischung aus traurig-melancholisch und versöhnlich-glücklich getroffen, sodass ich auf den letzten Seiten zwar noch ein paar Tränchen vergossen habe, das Buch aber zu guter Letzt trotzdem mit einem zufriedenen Seufzer zuklappen konnte.

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