Manche Erbschaften sind Käse
(84)
Italienische Familienkomödien im Film sind oft laut, turbulent, übertrieben. So ging es mir auch bei diesem Buch. Alle Personen sind überzeichnet, ob es nun der exzentrische Vater ist, der ...
(84)
Italienische Familienkomödien im Film sind oft laut, turbulent, übertrieben. So ging es mir auch bei diesem Buch. Alle Personen sind überzeichnet, ob es nun der exzentrische Vater ist, der fiese Bruder, die leidensfähige Schwester Carla oder ihre Freundin Paola Ottolina, die außer unter diversen Schimpfnamen, meist nur beim Nachnamen genannt wird.
Alberto Pampaloni ist mit Schmierkäse (!) reich geworden, aus einem einfachen Fabrikarbeiter wird so in wenigen Jahren ein Millionär mit Villa und Hang zu weißen Hosen und Lederslippern, so wie man sich den italienischen Playboy der 70iger vorzustellen hat.
Er versammelt nun seine beiden Kinder im Ferienhaus in den Bergen um über die anstehende Erbschaft zu sprechen. Seine Exzentrik ist ausgeprägt, wie eh und je, seine Streiche sind bösartig bis justiziabel und jeder leidet unter diesem Dinosaurier, der durchaus auch tragische und ehrliche Momente zeigt.
Carla erzählt in der Ichform von diesen Besuch und den Monaten die sich daran anschließen, dazwischen in Rückblenden auch von ihrer Kindheit und dem schwierigen Erwachsenwerden.
Carla ist für mich das Rückgrat dieses Romans, unbeirrbar hält sie an ihrer Rolle fest, für die Familie da zu sein. Sie ist es von klein an gewöhnt, eigene Bedürfnisse zurückzustellen, denn Frauen sind im Weltbild ihres Vaters zweitrangig. Egal wie klug und erfolgreich sie ist, sie wird von Entscheidungen ausgeschlossen und selbst ihr Ehemann und Bruder handeln über ihren Kopf hinweg. Ab und zu darf ihr aufgestauter Frust ausbrechen, dann wehrt sie sich mit Kaufgummi oder ihrem Reisegepäck gegen Machogehabe. Aber meist bricht ihr nur der Schweiß aus, denn sie leidet - und das walzt der Autor viel zu breit und zu oft aus - unter Hitzewallungen und anderen Folgen der Menopause. Fast scheint mir Pallavicini da ein Trauma zu haben, denn ob Carla, Paola oder Erica, alle seine Frauengestalten klammern sich an Remifemin.
Zum Schluss beweist Carla, dass sie doch mal über ihren Schatten springen kann und ihre eigenen Bedürfnisse und Vorteile zu schützen weiß, aber bis dahin hat sie in mir fast Wut ausgelöst.
Da Ende bringt dann noch eine handfeste Überraschung für den Leser und mein Vergleich mit einem italienischen Film passt dann dazu.
Aber auf eine Erklärung des schlittschuhlaufenden Butlers des Covers habe ich vergeblich gewartet.
Mein Fazit: Etwas für Freunde des derberen Humors.