Vorsicht, ganz kleine Spoiler!
Mit "Becks letzter Sommer" hat Benedict Wells mich wieder einmal restlos überzeugt.
Eine grobe Zusammenfassung:
In "Becks letzter Sommer" geht es um den Ende 30-jährigen Robert Beck, der eine unsportliche, hoffnungslose Trantüte ist, aber mit jeder Zelle seines Körpers gerne ein berühmter Musiker wäre. Er führt seinen Job als Lehrkraft nicht mit Begeisterung aus, sondern weil er muss. Bis er auf den jungen Schüler Rauli trifft, der nicht nur die Gitarre besser spielt als Robert, sondern auch Musik schreibt und singen kann, wie ein Engel. Beck macht es sich zur Aufgabe, seinen geplatzten Jugend-Traum mit Rauli wahrzumachen – als sein Manager.
Schreibstil:
Benedict Wells Schreibstil lässt nichts zu wünschen übrig. Er schreibt sehr flüssig, modern und es ist mir ein Rätsel, wie er (als damals Anfang 20-jähriger) den fast 40-jährigen Robert Beck so unfassbar glaubwürdig darstellen konnte.
Außerdem gefällt mir, wie er die Momente beschreibt, in denen Beck das erste Mal Rauli Musik machen hört – eine riesige Druckwelle bildet sich, Glas zerscheppert in Zeitlupe und alles bleibt für ein paar Sekunden stehen. Rein metaphorisch und absolut filmreif.
Charaktere:
Im Zentrum standen natürlich Robert Beck, Rauli Kantas und Becks drogensüchtiger Kumpel, Charlie.
Beck war ein sehr nachvollziehbarer Charakter – auf eine unangenehme Weise. Denn Benedict Wells hält dem Leser mit seiner unzufriedenen Romanfigur den Spiegel vor, ohne anklagend zu sein. Robert Beck ist ein normaler Mann – er ist Lehrer, verdient viel Geld, hat keine schlechte Wohnung und lebt sein kleines Leben. Gleichzeitig hat er den großen Traum, mal einen Hit zu schreiben.
Doch er schreibt keine guten Lieder, weil sein Leben langweilig ist. Er sucht sich Hoffnung, in dem er sich von Rauli und seinem Talent abhängig macht. Er will seiner Freundin nicht hinterherziehen, aus Angst, sein gewohntes Leben (das er ja gar nicht mag) zu verlieren. Robert Beck ist ein Blender und ein Lügner und am meisten belügt er sich durchgängig selbst.
Ich war manchmal sogar regelrecht genervt von ihm – vor allem, weil ich mich selbst so gut in ihm wiedererkennen konnte.
Rauli Kantas ist Becks 17-jähriger Schüler, der zu klein und zu dünn für sein Alter ist. Das macht ihn unsicher und ebenfalls zu einem notorischen Lügner. Er respektiert Beck, scheut sich aber nicht, auch mal vor ihm ausfallend oder laut zu werden. Die unsichtbare Grenze zwischen Schüler und Lehrer wird immer dünner und die beiden verbindet im Laufe der Handlung eine richtige Freundschaft.
Charlie ist ein Nebencharakter und ein krankhafter Hypochonder. Er ist Becks einziger Freund und immer fest davon überzeugt, dass er bald sterben wird. Seit Jahren.
Handlung:
Dieses Buch hat eine Menge zu bieten – ein paar Drogen, einen wilden Roadtrip nach Istanbul, einen toten Wellensittich und eine Menge Zigaretten.
Es ist fast unmöglich, diese Geschichte kurz zusammenzufassen ohne große Parts der Handlung zu verraten. Deshalb belasse ich es hierbei.
Ich kann dieses Buch wärmstens weiterempfehlen, denn auch wenn man glaubt, zu wissen, wie die Handlung verläuft – man wird sich täuschen.
Jessas, man wird sich so sehr täuschen.