Profilbild von Booknaerrisch

Booknaerrisch

Lesejury Star
offline

Booknaerrisch ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Booknaerrisch über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.01.2018

gelungene Märchenadaption

In Seide und Leinen. Geschichte einer Königstochter
0

Zitate:
"Ich sehe nach oben. Ein so leuchtendes Blau. Niemand würde unter diesem Himmel und in der Stille des Tages glauben, dass Krieg herrscht." Position 41

"Mein Zimmer ist riesig und trotzdem ist ...

Zitate:
"Ich sehe nach oben. Ein so leuchtendes Blau. Niemand würde unter diesem Himmel und in der Stille des Tages glauben, dass Krieg herrscht." Position 41

"Mein Zimmer ist riesig und trotzdem ist es gerade jetzt ein Käfig. Das ganze Schloss ist ein einziger Käfig!" Position 50

Charaktere:

Katharina ist arm und reich zugleich. Einerseits beneidet sie die einfachen Leute, die nicht jederzeit den strengen Verhaltensregeln und Verpflichtungen des Königshauses unterworfen sind, sondern einfach nur ihr Leben leben können. Andererseits liebt sie ihre Familie über alles und die Vorzüge, die der Wohlstand mit sich bringt, sind natürlich auch nicht zu verachten ;) Aber leider herrscht momentan Krieg im Reich, auf Grund dessen sie das Königshaus nicht verlassen darf. Das ist natürlich so gar nichts für ein temperamentvolles und eigenwilliges Mädchen...


Meinung:

Die Geschichte beginnt mit einer -wegen des herrschenden Krieges- eingesperrten und gelangweilten Katharina, die ihre beste Freundin Linza -ein bürgerliches Mädchen aus dem Dorf- vermisst. Als sie während des Abendessens erfährt, wie schlecht es um ihr Land wirklich steht und dass ausgerechnet sie den Prinzen von Laveraux ehelichen und damit ihre Familie retten soll, geht der Trotz mit ihr durch. Sie fühlt sich verkauft und so schleicht sie sich kurzerhand aus dem Schloss. Sie muss unbedingt auf der Stelle Linza sehen, nichtsahnend, dass an diesem Abend die feindlichen Truppen einmarschieren werden, denen sie natürlich geradewegs in die Arme läuft. Sie muss hier raus, koste es was es wolle!! Gerade noch so entkommen die beiden Mädchen den Truppen, nur um letzten Endes das Schloss verlassen und Katharinas Mutter sterbend vorzufinden. Katharina kann gar nicht anders, als ihrer Mutter ihren letzten Wunsch zu erfüllen: Nach Laveraux zu fliehen und Prinz Levi zu heiraten. Doch das erschütternde Geschehen soll nicht das letzte auf ihrer langen Reise gewesen sein!!

Patricia Rabs besticht in ihrer an das Märchen der "Gänsemagd" angelehnten Geschichte über Katharina, mit ihrem eingängigen und fantasievollen Schreibstil. Die für Kat gewählte Ich-Perspektive ermöglicht uns tiefe Einblicke in ihre Emotionen und Beweggründe, was vor allem in Anbetracht des feschen Stallburschen Estienne, sehr viel Lesespass bereitet. Aber da wird nun nicht zu viel verraten ;)

Allen, die Lust auf eine gelungene Märchenadaption haben, kann ich das Buch nur empfehlen. Sie ist weder zu nah am, noch zu weit weg vom Original, so dass sowohl Wiedererkennen als auch spannende Änderungen zu finden sind. Eine toll erzählte und gefühlvolle Geschichte, die jedoch auch an Grausamkeiten nicht geizt und somit für alle Interessen etwas bereithält :)

Veröffentlicht am 22.01.2018

ein faszinierendes und packendes Verwirrspiel

Fremd
0

Zitate:
"Er kommt mir nach. Jetzt wird er nicht mehr friedlich sein. Und ich habe immer noch kein Telefon, um Hilfe zu rufen." Seite 14

"Allein das Wort auszusprechen, kostet mich Überwindung. Damit wird ...

Zitate:
"Er kommt mir nach. Jetzt wird er nicht mehr friedlich sein. Und ich habe immer noch kein Telefon, um Hilfe zu rufen." Seite 14

"Allein das Wort auszusprechen, kostet mich Überwindung. Damit wird es zu einer realen Möglichkeit. Verrückt. Oder vielleicht auch schwer krank, wer weiß, was Hirntumore alles mit einem anstellen können-" Seite 56
"Wie wenig doch für einen Moment des Glücks nötig ist, wenn es keine Selbstverständlichkeiten mehr gibt. Seite 110

Charaktere:

Joanna ist eine Australierin, die in Deutschland lebt, um Abstand zu ihrer Familie zu bekommen. Geboren in ein mehr als nur reiches Elternhaus, versucht sie nun fern der Heimat als Fotografin ihr Leben zu bestreiten.

Erik ist leitender IT-Angestellter in einer großen Firma. Beruflich und privat geht es ihm prächtig. Seit seine Eltern gestorben sind, ist Joanna seine Familie und mehr braucht er nicht zum Leben.


Meinung:

Den Leser erwartet definitiv eine mehr als nur beängstigende Vorstellung! Bereits auf den ersten Seiten erfasst uns eine Beklemmung, die uns den Großteil der Geschichte nicht mehr loslässt. Was würdest du tun, wenn plötzlich ein Fremder vor dir stünde, dich beim Vornamen anspräche und behaupten würde, er wäre dein Verlobter?? Oder eben andersrum: Wenn deine Verlobte dich beim Heimkommen nicht mehr erkennen und sich an NICHTS aus eurem gemeinsamen Leben mehr erinnern würde und gleichzeitig dein gesamtes Hab und Gut aus eurer gemeinsamen Wohnung verschwunden wäre???
Genau, vermutlich würdest du denken, dass der andere übergeschnappt sei. Aber... ist wirklich dein Partner derjenige, der langsam verrückt wird, oder bist es vielleicht DU??
In ebendieser Situation finden sich Joanna und Erik wieder und keiner der beiden weiß so recht damit umzugehen. Und plötzlich geschehen auch noch mysteriöse Unfälle. Aber sind es tatsächlich Unfälle, oder steckt gar etwas Größeres dahinter? Schnell wird klar, dass nichts so ist, wie es auf den ersten Blick erscheint...

Ursula Poznanski und Arno Strobel haben es geschafft, mich komplett in ihren Bann zu ziehen. Die für die Protagonisten gewählte Ich-Perspektive, die nach jedem Kapitel auf den anderen übergeht, macht es dem Leser nahezu unmöglich zu entscheiden, wer von nun die korrekte Version von sich gibt. Sie macht die beiden authentisch, glaubwürdig und die Verwirrung des Lesers somit perfekt :D Immer, wenn man gerade denkt, man ahne, wer die korrekte Version der Geschichte kenne, passiert etwas, das wieder alles über den Haufen wirft. Aber einer der beiden muss doch lügen, ODER?!

Besonders toll finde ich, dass die unvorstellbare Idee hinter dem Ganzen, bei einem selbst immer wieder das Kopfkino entfacht. Darüber, was man tun würde, wenn man selbst in eine solche Situation geraten sollte und wie man da wieder raus kommen soll. Zumindest ging es mir so.
Dann wären da noch die Außenstehenden, die auch immer wieder zum Ziel meiner Verdächtigungen wurden, was ich aber auch häufig wieder verworfen habe :D Fragen über Fragen, die es einem wirklich schwer machen, das Buch aus der Hand zu legen. Leider muss ich ja auch irgendwann mal schlafen! ;)

Für mich hat "Fremd" alles, was ein Thriller aufweisen muss. Die Story war spannend, aufwühlend und oftmals verstörend. Auf jeden Fall haben wir hier ein geschickt gestricktes Verwirrspiel aus Angst, Paranoia und Selbstzweifel vor uns, das mich total fasziniert hat!
Einzig die Auflösung hätte ich mir etwas anders gewünscht, aber das müsst ihr wohl selbst entscheiden, da ich es niemals wagen würde, bei einem dermaßen mitreißenden Buch zu spoilern ;)

Veröffentlicht am 21.01.2018

eine gelungene Einführung

MUC
0

Zitate:
"Nie wieder, schwor sie sich, würde sie andere Menschen über ihr Leben bestimmen lassen." Seite 13
"Sie atmete tief ein und stellte sich wieder einmal vor, wie es in MUC so war. In ihrer Phantasie ...

Zitate:
"Nie wieder, schwor sie sich, würde sie andere Menschen über ihr Leben bestimmen lassen." Seite 13
"Sie atmete tief ein und stellte sich wieder einmal vor, wie es in MUC so war. In ihrer Phantasie war es ein strahlender Ort der Freiheit, voller Wunder und Wissen, aus der alten Zeit. Ein Ort, an dem Menschen wie sie keine Aussätzigen waren ." Seite 16
"Je länger ihre Reise dauerte, desto mehr wurde ihr bewusst, dass der Mensch eigentlich nur noch ein Fremdkörper auf der Welt war." Seite 100

Charakter:

Pia die wegen ihrer dunklen Haare im Dorf als Missgeburt und unrein gilt, ist einsam und ausgegrenzt. Deshalb beschließt sie das Dorf zu verlassen und nach MUC zu gehen um ihren Bruder zu suchen, der bereits vor 5 Jahren dorthin aufgebrochen ist. Ihre Andersartigkeit hat sie stark und stur werden lassen, was für eine derart waghalsige Reise wohl Grundvoraussetzungen sind ;)


Meinung:

Die Geschichte um Pia und ihrer Suche nach ihrem Bruder bzw. MUC beginnt direkt nach ihrer Flucht aus dem Dorf. Von hier aus dürfen wir ihrer abenteuerlichen Reise folgen, die unzählige Gefahren birgt. Aber nicht nur die wilden Tiere sollen ihre Reise erschweren, auch die Überlebenden sind nicht immer freundlich gestimmt. Wenn sie es nicht schafft, gut auf sich aufzupassen, könnte diese Reise ein schnelleres Ende nehmen, als ihr lieb sein dürfte.
Aber selbst wenn sie es schaffen sollte... Ist ihr Bruder überhaupt noch am Leben? Und wie sollte sie ihn in einer so großen Gegend wie MUC überhaupt finden? Vorausgesetzt natürlich, dass MUC -nach dem großen Sterben vor 100 Jahren- überhaupt noch existiert und es sich dabei wirklich um das gelobte Land handelt, in dem laut Pias Vorstellung Milch und Honig fließen...

Ich hatte viel Spaß an Pias abenteuerlichen Reise und dank der Phantasie der Autorin kommt auch wirklich nie Langeweile auf.
Die von ihr kreierte Welt ist dermaßen detailliert beschrieben, dass man sowohl deren Verfall, als auch die Natur, die sich alles zurückerobert, geradezu vor sich sehen kann.

Und auch, wenn einem Pias Dickköpfigkeit und somit Unüberlegtheit manchmal extrem auffällt, so bleibt sie doch durchgehend sympathisch und authentisch :)

Also wer Lust hat, auf eine spannende Reise voller Gefahren, Verfall, Tod, aber auch Wunder, Freundschaft und das ein oder andere Gefühl, der wird mit MUC bestimmt Spaß haben. Ich persönlich freue mich schon sehr auf MUC #2 - Die verborgene Stadt, denn ich muss dringend wissen, wie es weitergeht :D

Veröffentlicht am 21.01.2018

eine spannende und mitreißende Geschichte!

Masterminds. Im Auge der Macht
0

Zitate:
"Ich leide Höllenqualen und bin blind vor Schmerz, der sich wie ein glühendes Stück Kohle hinter meinen Augen festsetzt, ein immer schlimmer werdendes Pochen." Seite 13
"Und Spaß ist in Serenity, ...

Zitate:
"Ich leide Höllenqualen und bin blind vor Schmerz, der sich wie ein glühendes Stück Kohle hinter meinen Augen festsetzt, ein immer schlimmer werdendes Pochen." Seite 13
"Und Spaß ist in Serenity, New Mexico, dem langweiligsten Pickel am felsigen Arsch des amerikanischen Südwestens, eine ziemliche Seltenheit." Seite 34
"Man ist ganz allein, >>alleiner<< geht´s gar nicht. Mein einziger Verbündeter, mein einziger Freund, bin ich selbst. Und darum muss ich klar im Kopf bleiben, denn ich habe nur eine Chance, wenn ich herausbekomme, was hier gerade mit mir passiert." Seite 86

Charaktere:

Auf unserer Reise durch Serenity begleiten wir 5 komplett unterschiedliche Jugendliche. Eli, den Nerd, Hector, den Anhänglichen, Amber, die Perfektionistin, Malik, der Sunnyboy und Tori, die Bodenständige. Alle sind in Serenity aufgewachsen mit den anderen 25 Jugendlichen. Sie kennen sich gegenseitig wie eine Familie, was jedoch nicht bedeutet, dass auch jeder jeden wirklich gut leiden kann. Aber wer weiß, vielleicht ändert sich das ja noch im Laufe der Geschichte.


Meinung:

Serenity, eine kleine Stadt in der alles sittsam und geregelt -ganz gemäß der dort gelebten 3 Tugenden Ehrlichkeit, Harmonie und Zufriedenheit- zugeht. Es gibt keine Lügen, Geheimnisse, Gewalt oder Kriminalität. Alle sind gut situiert, keiner ist arbeitslos. Dafür gibt es aber auch nur 30 Jugendliche und jeder kennt jeden. Im großen und ganzen halten sich auch alle an die Regeln und genießen das Leben dort, wobei es schon den ein oder anderen gibt, der gerne raus möchte, weil er das Leben in "Happyhausen", wie beispielsweise Malik es nennt, einfach nur langweilig und verlogen empfindet. Als einer von ihnen jedoch schwer krank wird, nachdem er versucht, die Stadtgrenzen zu passieren, wachen 5 von ihnen so langsam auf.
Da geht doch etwas nicht mit rechten Dingen zu, oder???
Keiner der Jugendlichen ahnt zu diesem Zeitpunkt, was noch alles auf sie zukommen wird, denn das Geheimnis um Serenity ist weit tiefgreifender, als sie es sich je vorstellen hätten können. Um der Gefahr, der sie sich unweigerlich ausgesetzt haben, entfliehen zu können, müssen diese 5, die unterschiedlicher nicht sein könnten, zusammenhalten. Denn ohne die anderen, da sind sie sich sicher, werden sie das wohl nicht lebend überstehen.

Zu Beginn der Geschichte hatte ich die Befürchtung, dass sich 5 Protagonisten als etwas zu viel herausstellen könnten. Dies hat sich für mich jedoch, als unbegründet herausgestellt.
Zum einen besteht die Kapitelüberschrift immer aus dem Namen des jeweiligen Charakters, um den es sich gerade handelt.
Zum anderen sind die Kapitel generell aus der Ich-Perspektive erzählt, was uns nicht nur die Personen näherbringt sondern uns zudem eine klare Unterscheidung während des Lesens ermöglicht. Denn viel unterschiedlicher könnten diese von ihren Wesen her nicht sein.
In Kombination mit dem angenehm leichten Schreibstil und den zumeist kurzen Kapiteln, ergibt sich ein sehr angenehmes Lesen. Spannung, Verschwörung und Gefahr haben dann noch ihr Übriges getan und voilà, ein mitreißender Auftakt, der sich fast in einem Rutsch verschlingen lässt!
Schade fand ich persönlich nur, dass der Klappentext einen Ticken zu viel verrät, was eine Stelle im Buch etwas vorhersehbar macht. Aber zum Glück ist die Geschichte so gut strukturiert, dass das nicht groß ins Gewicht fällt und schnell von anderen Szenen überlagert wird.
Dennoch: Hände weg vom Klappentext :D :D

Für mich war Masterminds eine durchdachte und vor allem mitreißende Geschichte voller Geheimnisse und erschreckenden Offenbarungen, die Lust auf mehr macht. Ich hoffe sehr, dass auch Band 2 bald in unseren Regalen stehen wird!

Veröffentlicht am 21.01.2018

Düster und emotional

Wir waren hier
0

Zitate:
"Früher ist tot. Genauso wie morgen schon heute tot ist." Seite 19
"Wenn die Welt voller Lügen und Misstrauen ist, was kann dann noch wahr sein?" Seite 35
"Wie soll ich das bloß sagen? Es fühlt ...

Zitate:
"Früher ist tot. Genauso wie morgen schon heute tot ist." Seite 19
"Wenn die Welt voller Lügen und Misstrauen ist, was kann dann noch wahr sein?" Seite 35
"Wie soll ich das bloß sagen? Es fühlt sich menschlich an. Solange es Musik gibt, gibt es Hoffnung. Hoffnung, dass das Leben mehr ist als Krieg und dass das Gute gewinnt." Seite 136

Charakter:

Anna ist ein junges Mädchen, das außer Entbehrungen nicht viel kennt. Einerseits, weil es in den Trümmern so gut wie nichts mehr gibt,
andererseits, weil ihre Eltern viel zu sehr mit sich selbst, dem Überleben und der Angst beschäftigt sind. Da bleibt für Anna nicht viel Aufmerksamkeit übrig.
Das Meiste aus dem „Vorher“ kennt sie nur aus Erzählungen und den Großteil ihrer Zeit verbringt sie damit, mit ihrer besten Freundin Luki durch die verfallenen Gebäude zu ziehen um Nahrung zu suchen, oder sich mit ihr zusammen um die leicht zurückgebliebene Santje zu kümmern. Doch sie trägt ihr Schicksal tapfer und versorgt ihre Familie, auch, wenn sie oft traurig ist und sich allein gelassen fühlt.


Meinung:

Berlin in Schutt und Asche. In den Trümmern lebt Anna mit ihren Eltern. Zum Leben haben sie zu wenig, zum Sterben zu viel.
Nach Ressourcen- und Bürgerkriegen herrscht mittlerweile eine Militärregierung, aber den Menschen mangelt es dennoch an Allem. Nahrungsmittel, Wasser, usw., alles wird rationiert, aber es gibt dennoch nicht genug für alle.
Die Winter sind kalt, die Sommer heiß und durch fehlende Kleidung, Krankheit und Schwäche, überstehen viele diese Extreme nicht. Der Tod ist ein immerwährender Begleiter der Überlebenden. Selbst der Strom ist nur sporadisch verfügbar, was Anna zumindest nutzen kann, um ihren Blog zu schreiben. Jedoch muss sie diesen gut verstecken, denn wer von der WePo -der WebPolizei- erwischt wird, hat harte Strafen zu befürchten. Doch in einem Leben voller Angst, Entbehrungen und Misstrauen, ist dieser Blog, neben ihrer besten Freundin Luki, das Einzige, was Anna aufrecht hält. Auch, wenn sie sich selbst damit in größte Gefahr begibt. Aber, was bleibt ihr denn sonst auch noch?
Als sie dann über ihren Blog auch noch Ben kennenlernt, wird er noch wichtiger für sie, als einziger Ausweg aus ihrem trostlosen, entbehrungsreichen und einsamen Leben.

Die für Anna gewählte Ich-Perspektive in Kombination mit den kurzen, schlicht gehaltenen Sätzen, die die allumfassende Trostlosigkeit perfekt unterstreichen, vermittelt dem Leser ein gutes Verständnis und einen angenehmen Lesefluss. Sehr detailreich und fantasievoll gestaltet Nana Rademacher ein Bild von dem verfallenen, zerbombten Berlin, das man nahezu vor sich sehen kann.

Aber auch die Emotionen kommen nicht zu kurz. Die Angst ums Überleben, vor der Kontrolle des Militärs und den damit verbundenen Sanktionen, sowie die Kälte, Hitze und Armut sind so bildhaft geschildert, dass man tief in das Geschehen eintauchen kann.
Auch die Umstände, wie zum Beispiel, dass jeder den Kopf einzieht und sich primär um das eigene und das Überleben seiner Familie kümmert, sind mitreißend beschrieben und verleihen der Thematik noch mehr Tiefe. Aber auch die Hoffnung kommt natürlich nicht zu kurz. Anna´s Traum von einer besseren Welt und vor allem der Lichtschimmer, den sie durch Ben erfährt, schaffen eine emotionale Tiefe, die unter die Haut geht.
Nur die Verbindung zu Anna habe ich nicht so ganz hinbekommen, irgendwie hat mir da ein emotionaler Zugang gefehlt.
Nichtsdestotrotz hat mir die Geschichte um Anna und Ben sehr gut gefallen.

Wir waren hier ist für mich ein fesselndes und emotionales Werk voller Abwechslung und unerwarteten Wendungen, das man unbedingt gelesen haben sollte. Eine berührende Dystopie, die einen nachdenklich zurücklässt.