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Veröffentlicht am 22.01.2018

Interessante Auseinandersetzung mit dem Thema Depression

Mängelexemplar
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Titel und Cover machten mich neugierig, die Beschreibung schreckte mich eher ab - ich wollte eigentlich nichts über Depressionen lesen, hab dem Buch dann aber doch eine Chance gegeben. Es war ok. Das Buch ...

Titel und Cover machten mich neugierig, die Beschreibung schreckte mich eher ab - ich wollte eigentlich nichts über Depressionen lesen, hab dem Buch dann aber doch eine Chance gegeben. Es war ok. Das Buch liest sich sehr locker und flüssig, es wird nie schwermütig. Meiner Einschätzung nach trifft Sarah Kuttner genau den optimalen Grad zwischen Leichtigkeit und ernsthafter Auseinandersetzung mit dem Thema Depression. Dafür dass es garnicht mein bevorzugtes Thema war, habe ich das Buch recht schnell und ohne mich zu 'quälen' gelesen. So ganz rund fand ich die Geschichte insgesamt nicht, aber für Leute, die direkt oder indirekt von Depressionen betroffen sind, ist das 'Mängelexemplar' sicher lesenswert.

Veröffentlicht am 14.12.2017

Spannend, aber sonst etwas schwach

Stadt der Verschwundenen
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Der in Buenos Aires lebende Autor James Marrison hat eine kurze aber spannende Geschichte über eine Verfolgungsjagd in der argentinischen Hauptstadt während der Militärdiktatur Anfang der 1980er Jahre ...

Der in Buenos Aires lebende Autor James Marrison hat eine kurze aber spannende Geschichte über eine Verfolgungsjagd in der argentinischen Hauptstadt während der Militärdiktatur Anfang der 1980er Jahre geschrieben.
Hierbei gelingt es dem anfangs etwas unbedarften Guillermo erstaunlich gut, die Militärjuntana auszutricksen, Zusammenhänge zu erkennen und heil aus jeder Situation heraus zu kommen. In Teilen eine klassische Junge-von-nebenan-wird-zum-Helden-Geschichte.

Erklärt wird wenig - wer sich mit der Geschichte der argentinischen Militärjunta auseinandersetzen möchte, wird mit diesem Buch als Einstiegswerk nicht glücklich werden. Es gibt wenig Informationen zu den Hintergründen - weder zur realen Militärdiktatur in Argentinien noch zur Vorgeschichte der Protagonisten. Hier denke ich vor allem an Guillermos Bruder Carlos, dem ich eine Verbindung zum Widerstand andichtet habe. Das Buch funktioniert auch ohne diese Informationen. Man kann der Geschichte gut folgen und ob das Weglassen von Informationen über den geschichtlichen Hintergrund vom Autor nun als nicht nötig erachtet wurde oder aber als Anregung verstanden werden kann, sich mit diesem wichtigen Kapitel argentinischer Geschichte auseinander zu setzen, bleibt dem Leser überlassen.

Insgesamt eine spannende Geschichte, die man aber nicht zu sehr hinterfragen sollte - lieber empfehle ich, sich nach der Lektüre mit den realen Ereignissen zu beschäftigen.

Veröffentlicht am 05.12.2017

Mississippi, 1946

Mudbound – Die Tränen von Mississippi
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Cover und Beschreibung lassen den Leser zunächst etwas ratlos zurück - was erwartet einen hier? Eine Farmgeschichte? Die Geschichte zweier traumatisierter Soldaten? Die Geschichte einer Freundschaft und ...

Cover und Beschreibung lassen den Leser zunächst etwas ratlos zurück - was erwartet einen hier? Eine Farmgeschichte? Die Geschichte zweier traumatisierter Soldaten? Die Geschichte einer Freundschaft und Rassismus? Die Geschichte einer Frau? Eine Liebesgeschichte? Eigentlich all das zusammen und das ergibt eine durchaus ungewöhnliche Mischung. Durch die sechs Ich-Erzähler nimmt der Leser dabei immer wieder eine andere Sichtweise ein.

So ergibt sich ein Bild vom Alltag in Mississippi 1946, das manchmal unglaublich erscheint. Der Alltag auf der Farm und das Pächtersystem, die Tatsache, dass die schwarze Familie nichts vom Holocaust weiß, vorallem aber der alltägliche Rassismus im Süden der USA sind eigentlich unfassbar und passen nicht zu dem Bild, das ich von den USA in der direkten Nachkriegszeit hatte. Für mich war diese Charakterisierung Mississippis fast interessanter als die eigentliche Geschichte. Wer möchte, kann aus diesen Beschreibungen wohl auch Erklärungen für die Zustände in den USA 70 Jahre später finden.

Insgesamt hat mich das Buch bedingt überzeugt. Die Beschreibung Mississippis fand ich faszinierend, die Mischung aus den verschiedenen Elementen ist mir als Geschichte aber an der Grenze zu zu viel. Durch die sehr unterschiedlichen Themen kam es mir manchmal so vor, als würde das Potential der einzelnen Erzählstränge nicht ganz ausgereizt und bleibt eher an der Oberfläche - richtig in die Tiefe geht es nicht.

Veröffentlicht am 03.11.2017

Poetische und philosophische Japan-Reise

Die Kieferninseln
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Ein deutscher Hochschuldozent reist spontan nach Japan, wo er durch Zufall einen Studenten trifft, der Selbstmord begehen möchte. In der Folge treten die beiden gemeinsam eine Reise durch Japan an.
Eine ...

Ein deutscher Hochschuldozent reist spontan nach Japan, wo er durch Zufall einen Studenten trifft, der Selbstmord begehen möchte. In der Folge treten die beiden gemeinsam eine Reise durch Japan an.
Eine spannungsgeladene Handlung bietet das Buch nicht - eher stehen die Eindrücke und Gedanken der Langnase Gilbert im Land des Lächelns im Vordergrund. Dabei wird er dem Leser gegenüber zumeist recht allwissend und abgeklärt (für mich auch deswegen unsympathisch) dargestellt, obwohl Japan nach eigener Aussage nie von größerem Interesse (zumindest als Reiseziel) für ihn war. Einerseits erfrischend, mit ihm den Kulturschock Japan nicht so oberflächlich und offensichtlich wie in anderen Büchern zu erleben, andererseits doch auch erstaunlich, wie leicht er auf Anhieb die japanischen Eigenheiten und gesellschaftlichen Regeln versteht - vielleicht manchmal auch etwas unglaubwürdig. Dass er dabei immer etwas außerhalb steht und Land und Leute als Außenstehender beobachtet, ist wiederum realistisch. Insgesamt finde ich die Beschreibung Japan dann aber doch klug.

Zwischendurch dann philosophische Betrachtungen von Flora, Fauna, dem Leben ansich und Lyrik - Bezüge zu den japanischen Dichtern Saigyō und Bashō. Für mich etwas viel, anderen Lesern wird das aber bestimmt gerade gefallen.

Es ist eine seltsame, nicht leicht eingängliche Geschichte. Irgendwie passt diese ungewohnte, fremde Erzählart dann aber doch gut zu Japan! Es lohnt, sich offen auf diesen schmalen Erzählband einzulassen.

Veröffentlicht am 01.11.2017

Anders als erwartet

Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt
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Der Titel und das Cover haben mich gleich angesprochen. Ich erwartete eine etwas abgefahrene, osteuropäische Geschichte. Daran dass der Autor schon seit seiner Jugend in den USA lebt, soll das auch nicht ...

Der Titel und das Cover haben mich gleich angesprochen. Ich erwartete eine etwas abgefahrene, osteuropäische Geschichte. Daran dass der Autor schon seit seiner Jugend in den USA lebt, soll das auch nicht unbedingt scheitern. Es fing auch vielversprechend an: eine ganz schön absurde Geschichte, die in einer sehr nahen Zukunft angesiedelt ist. Tschechien schickt das erste Mal ein Raumschiff los, besetzt mit nur einem Astronauten. Klar, dass der irgendwann spinnt.

Es war aber selten witzig und auch nicht so absurd, locker und abgefahren, wie ich erwartet (gehofft?) hatte. Das Buch von Jaroslav Kalfař ist oft eher nachdenklich und arbeitet zudem die böhmisch-tschechische Geschichte auf: von Jan Hus über die Wende bis zur Jetzt-Zeit. Der Ich-Erzähler arbeitet in der Einsamkeit des Weltalls seine persönliche (Familien-)Geschichte - wenn nicht sogar die jüngere Geschichte seines ganzen Landes - auf. Das ist zwar interessant, wirkt auf mich aber manchmal etwas lang und schwermütig. Verpackt ist das vom Autor (und Übersetzerin) aber in eine flüssige, gut zu lesende Sprache.

Das Buch war nicht schlecht (keinesfalls!), aber ich hatte etwas anderes erwartet und vielleicht auch deshalb hatte das Buch für mich zwischendurch Längen.
Wenn man sich nicht auf eine phantastievolle Raumfahrtgeschichte einstellt, sondern auf eine Aufarbeitung der neueren tschechischen Geschichte, wird man gut und durchaus ungewöhnlich unterhalten.