Die 9 jährige Bluma steht mit Mathe auf Kriegsfuß und wünscht sich sehnlichst ein Haustier. Doch ihre Eltern meinen, daß sie alle viel zu wenig zu Hause wären und keine Zeit für ein Tier hätten, das ginge nicht. Ausgerechnet als Bluma sowie schon grübelt, weil sie nicht weiß, wie sie ihren Eltern die 5 in der Mathearbeit beibringen soll, entdeckt sie ein Schild am Nachbarszaun, daß der süße Hund Flocki in gute Hände abzugeben ist, weil sein Frauchen ins Altersheim muß. Ein Hund mit allem Drum und Dran, für umsonst da könnten ihre Eltern eigentlich nicht nein sagen, wenn da bloß die 5 nicht wäre. Spontan besucht sie die Besitzerin und stellt sich vor, Flocki mag sie sofort. Ihre Freundin Rosa scheint ihre Sorgen jedoch nicht zu verstehen und will unbedingt mit ihr am Ameisenprojekt arbeiten, aber da hat Bluma keinen Kopf vor. Als sie zu ihrer Lieblingsnachbarin Alice geht, hat diese erstmals kein offenes Ohr für sie und hört nicht richtig zu. Als Alice kurz zum Telefonieren die Küche verlässt, nimmt sich Bluma heimlich eine von Alice magischen handgefertigten Gummischlangen aus dem Glas. Sie sind Alice spezielles Sorgenfressergeheimnis, wenn man sie ganz langsam kaut, findet man für jedes Problem eine Lösung. Nur bei Bluma klappt das nicht, kaum hat sie den Kopf von ihrem Diebesgut abgebissen, fühlt sie sich noch elender, da sie das schlechte Gewissen plagt. Sie sucht Rat bei ihrer Mutter, doch die hat keine Zeit, weil sie für eine 14-tägige Dienstreise packt und reist ab, ohne mit Bluma zu sprechen. Ihre Probleme scheinen unlösbar zu werden.
Dieses Buch stieß bei uns auf geteiltes Echo. Meine eine Tochter mag prinzipiell keine Bücher, bei denen ihr der Name der Heldin nicht gefällt und wir konnten uns auf keinen Alternativnamen einigen. Außerdem hat sie kein Verständnis für eine Fünf in Mathe, das ist doch einfach, Englisch ist schwer. Und was die Gummischlange anbelangte, da fühlte sie sich wohl noch ertappter. Für dieses Kind wäre das Buch eigentlich optimal gewesen, aber ich denke, da stand einfach das schlechte Gewissen im Weg.
Die andere Tochter mag keine Bücher, in denen gestohlen wird, das ist nicht das erste Mal, daß sie diese Bedenken gegen ein Buch hegt. Da dies der Grund ist, warum ich die „Unendliche Geschichte“ nicht weitergelesen habe, weil man doch keine Bücher stehlen darf, habe ich dafür Verständnis.
Mir hat das Buch eigentlich sehr gut gefallen, ich hatte allerdings ein Problem, das ich häufiger mal habe: Die Eltern haben überhaupt keine Zeit für ihre Tochter! Wie kann ich denn so naiv sein zu glauben, daß eine Neunjährige Mathe lernt, nur weil man schimpft und es quasi befiehlt?! Die schauen noch nicht einmal die Hausaufgaben nach und wundern sich dann, daß ein Grundschulkind, das schon sehr früh, sehr selbstständig sein muß, die Fächer meidet, die es nicht mag. Das ist vorprogrammiert. Auf die Idee ihrer Tochter Mathe zu erklären, kommen beide Eltern nicht, obwohl der Vater Psychologe ist und die Mutter Sprachwissenschaftlerin.
Sehr gerne mochte ich Alice, die Nachbarin, eine Rechtsanwältin im Ruhestand, die ihr Leben nun gestaltet, wie es ihr gefällt und daher malt. Sie ist eigentlich die Ruhe in Person und sehr einfühlsam. Sie macht sich die Sorgen und Beobachtungen, die Blumas Eltern anstellen sollten.
Das Buch behandelt das sehr wichtige Thema, daß Sorgen, Nöte und ein schlechtes Gewissen bis ins unermessliche zu wachsen scheinen, wenn man nicht über sie spricht. Gemeinsam lassen sich Probleme besser lösen und einige lösen sich sogar in Luft auf, weil sie sich im Gespräch als reine Missverständnisse entpuppen.
Sehr schön finde ich Blumas und Rosas Forschergeist, die sich für Insekten und die Natur interessieren. Leider zeigen auch hierfür Blumas Eltern nur wenig Verständnis. Vielleicht bin ich da etwas hart, aber da ich als Selbstständige vollberufstätig bin und mein Mann viel unterwegs, weiß ich, daß das man in solchen Situationen Prioritäten setzen muss, aber die sollten für mich beim Kind liegen und nicht beim Haushalt.
Sprachlich ist Blumas Geschichte sehr kindgerecht abgefasst und mit der nötigen Prise Humor verpackt. Die Erlebnisse von Vater und Tochter alleine zu Hause werden sicher für einige Lacher sorgen. Da ich auch die Geschichten von Pernilla kenne, war es für mich sehr schön, daß Bluma Pernillas Cousine ist, auch wenn diese Vorkenntnis für dieses Buch ohne Belang ist. Der kleine Hinweis zwischen den Zeilen ist nur ein nettes Bonbon für Pernilla Fans.
Zeitmangel zum Zuhören, ist für mich das eigentlich zentrale Problem, das dieses Buch behandelt und sehr wichtig. Denn auch Bluma nimmt sich zu wenig Zeit für ihre Freundin Rosa, weil sie viel zu sehr mit sich selbst und ihren Problemen beschäftigt ist. Sie erlebt es zu Hause selbst nicht anders. Zum Glück gibt es Nachbarin Alice und so findet das Buch noch ein gutes Ende, bei dem alle Beteiligten einsehen, daß sie an ihrem Verhalten arbeiten müssen und auch tatsächlich etwas daran ändern.
Die Illustrationen von Ulrike Möltgen sind sehr außergewöhnlich und erinnern mich an japanische Tuschezeichnungen. Meine Töchter hatten leider dennoch keinen Blick für sie, obwohl sie ein japanisches Bilderbuch haben, dass sie sehr mögen, sie waren wahrscheinlich einfach schon zu voreingenommen gegen das Buch.
Dieses Buch sollten Eltern unbedingt gemeinsam mit ihren Kindern lesen, damit sie sich von Zeit zu Zeit auch mal selbst an die eigene Nase fassen können und ihr eigenes Verhalten überdenken.
Ein gutes Buch, das zum Nachdenken und Diskutieren anregt und sicherlich die Leser nicht gleichgültig lässt. Ich überstimme diesmal meine Töchter mit 4 von 5 Sternen.