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Veröffentlicht am 28.01.2018

Episches Finale einer spannenden Reihe!

Percy Jackson 5: Die letzte Göttin
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Ich kann Schattenreisen nicht empfehlen, wenn ihr Angst habt
a) vor der Dunkelheit,
b) vor kalten Schauern, die einem über den Rücken laufen,
c) vor seltsamen Geräuschen,
d) davor, euch so schnell fortzubewegen, ...

Ich kann Schattenreisen nicht empfehlen, wenn ihr Angst habt
a) vor der Dunkelheit,
b) vor kalten Schauern, die einem über den Rücken laufen,
c) vor seltsamen Geräuschen,
d) davor, euch so schnell fortzubewegen, das euch das Gesicht abgeschält zu werden scheint.
"Percy Jackson - Die letzte Göttin" - Rick Riordan
[S. 111]

Inhalt:
Kronos hat endlich einen Körper eingenommen und marschiert mit seiner Armee geradewegs auf das Herz von New York zu - dem Empire State Building. Denn dort, im 600. Stock befindet sich der Olymp, den Kronos geschworen hat für immer zu zerstören. Nun liegt es an Percy, Annabeth, Nico, Grover und den anderen Halbblütern aus Camp Half-Blood, den großen Titanen aufzuhalten. Denn die Götter haben alle Hände voll damit zu tun, das große Monster Typhon zu bändigen, das sich mit einer rasanten Geschwindigkeit fortbewegt und alle Hindernisse auf seinem Weg zerstört. Einzig Hestia, die Göttin der Familie und des Herdes, hält im Olymp noch die Stellung. Als ob die Aufgabe, sich gegen eine riesige und starke Armee von Monstern, Halbblütern und Titanen zu wehren nicht schon genug wäre, gibt es im Camp auch noch einen Spion, der die Verteidigung zusätzlich erschwert.

Wird Percy das unmögliche schaffen und den scheinbar unbesiegbaren Titanen Kronos besiegen und damit den Olymp und alle Menschen, die er liebt, retten?

Fazit:
Da ist es endlich, das große Finale der Percy Jackson - Reihe. Es kommt mir vor, als würde ich nach Wochen, aus einem tiefen Schlaf erwachen. Langsam realisiere ich, wie wenig Zeit vergangen ist, zwischen meinen einzelnen kleinen Abenteuern mit Percy, Annabeth und Grover. Was bleibt, ist eine unglaubliche Vertrautheit, eine gewisse Zufriedenheit und tiefe Trauer, dass ich nun schon die ganze Geschichte verschlungen habe und es nicht noch einmal die Möglichkeit geben wird, das Geschehene auf ganz unwissende Weise zu erforschen. Die Reihe gehört definitiv zu einer der Besten, die ich in den letzten Jahren gelesen habe und zeichnet sich durch die inspirierenden und facettenreichen Ideen von Rick Riordan aus. Dieser weiß genau, welche Zutaten einen finalen Band ausmachen und setzt in "Die letzte Göttin" alles auf eine Karte. Dabei versetzt er das Leserherz in Angst und Schrecken, indem er unsere Lieblingsfiguren in eine grauenhafte und durchweg spannende Schlacht schickt, in der es Wort wörtlich um Leben und Tod geht. Auf jeder Seite bangen und hoffen wir, dass alles ein gutes Ende nehmen wird und wir nicht die Charaktere verlieren, die uns über Bände hinweg, so sehr ans Herz gewachsen sind. Nichts ist, wie es scheint und in jedem Kapitel wartet eine kleine gute oder aber böse Überraschung, so dass das Lesetempo auf Maximalgeschwindigkeit beschleunigt. Endlich bekommen wir Antworten, auf offene Fragen und begreifen das volle Ausmaß der langjährigen Prophezeiung. Der fünfte Band ist in all seinen Komponenten perfekt. Die Handlung ist dicht, auf jeder Seite herrscht Spannung, unsere Figuren sind erwachsen geworden und kämpfen nicht nur gegen die Titanen, sondern auch gegen ihre eigenen Gefühle. Trotz allem weiß der Autor dieser atmosphärisch düsteren Geschichte, durch niedliche Beschreibungen und herzliche Witze, teilweise ein wenig Dunkelheit zu nehmen. Jeder einzelne Band verfügte über Humor und Action, doch dieser finale Band, thront über alle. Alte Bekannte kehren zurück und diverse einzelne Handlungsstränge werden genauer beleuchtet und erlaubt es uns so, alles zu verstehen. Hier laufen die Fäden der Moiren zusammen und kreieren ein wahrlich meisterhaftes Werk. Kurz: Göttliches Ende, einer göttlichen Reihe! So beendet man eine Buchreihe würdig!

Veröffentlicht am 28.01.2018

Unerwartet spannend!

Die Luna-Chroniken 2: Wie Blut so rot
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Sie setzte Kaffee auf. “Wolf“, flüsterte sie, als das Wasser langsam durch en Filtereinsatz hochstieg. Sie kostete das Wort aus. Ein wildes Tier, ein Raubtier, ein Ärgernis. Ein scheues Tier, das die Menschen ...

Sie setzte Kaffee auf. “Wolf“, flüsterte sie, als das Wasser langsam durch en Filtereinsatz hochstieg. Sie kostete das Wort aus. Ein wildes Tier, ein Raubtier, ein Ärgernis. Ein scheues Tier, das die Menschen nicht verstanden. Er machte sie nervös.
"Wie Blut so rot" - Marissa Meyer
[S. 108]

Inhalt:
Scarlet liebt ihre Großmutter über alles. Sie ist ihr Fels in der Brandung, sie ist ihre ganze Welt und sie haben keine Geheimnisse voreinander - zumindest glaubt Scarlet das. Als ihre Großmutter eines Tages spurlos verschwindet, glaubt keiner außer ihr an ein Verbrechen. Alle sind davon überzeugt, dass die verrückte alte Dame einfach ausgebüxt ist. Doch Scarlet weiß es besser: Ihre Oma wurde entführt und sie muss und wird alles daran setzen, sie wiederzufinden und zu retten. Als der mysteriöse Wolf ihr dabei seine Unterstützung anbietet, ist das junge Mädchen zunächst skeptisch, denn Wolf ist kein normaler junger Mann. Er verfügt über außerordentliche Kräfte und scheint etwas Wichtiges über ihre Großmutter zu vergeben - kann Scarlet ihm trauen?

Meinung:
Viele Buchreihen können das Potenzial, das sie im ersten Band offenbart haben, im zweiten Teil nicht halten - "Wie Blut so rot" gehört definitiv nicht zu dieser Gruppe. Der zweite Band der Luna-Chroniken, rund um Cinder, Kai und Königin Levana, überzeugt erneut durch einzigartige Ideen, ein rasantes und mitreißendes Tempo, facettenreiche, sowie interessante Buchcharaktere und die Nähe zu einem altbekannten grimmschen Märchen. Diesmal rückt die, in meinen Augen viel zu selten adaptierte Geschichte "Rotkäppchen" in den Fokus.

Wir lernen die dickköpfige und eigensinnige Scarlet kennen, die durch ihre scharlachrote Haarpracht den Platz des Rotkäppchens einnimmt und von dem undurchsichtigen und geheimnisvollen Wolf auf der Suche nach ihrer Großmutter begleitet wird. Scarlet traut Wolf nicht ganz über den Weg, fühlt sich aber auf unerklärliche Weise zu ihm hingezogen. Trotz dieses Konzepts, welches in vielen Jugendbüchern an der Oberfläche schwimmt, erwartet die Leser hier jedoch keine 0:8:15 Liebesgeschichte. Im Gegenteil: Die Beziehung der Beiden entwickelt sich ganz langsam und sanft und überzeugt durch sehr viele Facetten und Gefühl. Scarlet ist eine willensstarke und intelligente Protagonistin, mit weltoffenen Ansichten und ganz viel Liebe im Herzen. Sie ist durch und durch eine starke Frau, die in den folgenden Bänden bestimmt noch für viele Überraschungen sorgen wird. Dabei bildet Wolf den perfekten Gegenspieler zu Scarlet, denn er zeichnet sich ebenfalls durch ein starkes Profil aus, dessen er sich selbst aber manchmal gar nicht so recht bewusst ist - was ihn an vielen Buchstellen sympathischer macht. Schlicht: Die Beiden sind ein wunderbares Paar, denen man sich nur allzu gerne hingibt. Mit denen man leidet, lacht, weint, hofft und bangt und denen man von Herzen ein Happy End wünscht.

Doch dieses Happy End ist mehr als nur in Gefahr. Denn nachdem sich die Situation zwischen Levana und Cinder in "Wie Monde so silbern" immer mehr zugespitzt hat, nimmt sie in "Wie Blut so rot" weitere gefährliche Dimensionen an. Deshalb begleiten wir nicht nur Scarlet und Wolf, sondern erhalten zusätzlich Einblicke in Cinders, Kais und Levanas aktuellen Gedanken, Ziele und Absichten. Diese Szenenwechsel verleihen der Handlung Geschwindigkeit. Ein spannendes und mitreißendes Kapitel Jagd das Nächste und befördert die Leser immer tiefer in die dunkle, gefährliche und futuristische Welt der vier Staaten und Luna.

Zusätzlich werden die Seiten von zahlreichen Überraschungen und mal kleineren, mal größeren Schockmomenten dominiert, die das Leseerlebnis nicht nur zum Abenteuer machen, sondern die Geschichte an sich harmonisch abrunden. Marissa Meyer bessert ihre kleinen Schwächen aus "Wie Monde so silbern" nicht nur aus, sondern vermag mit dem zweiten Band auf voller Linie zu überzeugen. So führt sie ihre fantastische Idee fort, die sich hier immer mehr ausbaut und dessen Handlung sich immer mehr fokussiert und langsam auf den großen Finalband der Reihe hinarbeitet. Das Ende dieses Bandes kommt mit einem großen Knall und lässt den Puls in die Höhe schießen. Diesmal hat man keine Ahnung, was die letzten Seiten für einen bereit halten, diesmal wird man überrascht und diese Überraschung, mit dem darauf verbundenen Schock, entwickelt sich ganz langsam zu einer Welle, eine Welle die immer mehr anschwillt, bis sie dann schließlich tosend und tobend über einem zusammenbricht und man sich das Salzwasser begierig von den Lippen leckt, voller Erwartung auf mehr.

Fazit:
"Wie Blut so rot" kommt unerwartet, aber mit ganz viel Spannung daher. Starke und einzigartige Buchfiguren, ein mitreißendes Erzähltempo, viele überraschende Wendungen und ein sympathisches neues Paar, dem wir nur allzu gerne durch die Seiten folgen. Mit dem zweiten Band der Luna Chroniken trifft Marissa Meyer mitten ins Schwarze - oder hier ins Blutrote - und schafft trotz der Grimmschen Märchenadaption, wieder eine ganz neue und eigene Geschichte mit ganz viel Charme

Veröffentlicht am 24.01.2018

Ein kurzer, aber gefühlvoller Roman für Jung und Alt.

Kalt bläst der Wind
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Und plötzlich begriff ich. Es war die Stille, die anders war, weil der Fernseher nicht lief, obwohl er sonst immer lief. Täglich. Rund um die Uhr. Weil Ma die Stimmen brauchte, um ihre eigenen nicht hören ...

Und plötzlich begriff ich. Es war die Stille, die anders war, weil der Fernseher nicht lief, obwohl er sonst immer lief. Täglich. Rund um die Uhr. Weil Ma die Stimmen brauchte, um ihre eigenen nicht hören zu müssen. Aber wieso lief der Flimmerkasten nicht? Mas glasige Augen waren wie immer, wenn sie welche genommen hatte. Die Hände in ihrem Schoß waren verdächtig, aber warum? Weil sie sie so krampfhaft hielt, als würde sie darin etwas verbergen wollen. [...] Noch einmal sah ich genau hin, ganz genau, und schließlich entdeckte ich das kleine Stück Papier zwischen ihren Fingern.
"Kalt bläst der Wind" - Michaela Holzinger
[S. 24 f.]

Inhalt:
Malenas Leben war ein weites, tobendes Meer aus Farben. Damals. Als ihr Vater noch gelebt hat. Nun ist er tot und hinterlässt einen farblosen Fleck aus Nichts. Malenas Mutter ist grau. Grau, trüb, trist. Schwer depressiv gibt sie sich täglich ihrer Sucht nach Tabletten hin. Tabletten, die in Augen der Mutter Besserung versprechen. Tabletten, die in Malenas Augen alles kompliziert und gefährlich machen, denn sie muss die wahre Situation geheim halten, darf keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen - zu groß ist die Angst davor elternlos in ein Heim zu müssen. Eines Tages findet das junge Mädchen einen geheimen Brief in den Taschen ihrer Mutter, packt ihre Sachen und macht sich auf die Suche. Auf die Suche nach der Vergangenheit, auf die Suche nach Antworten, auf die Suche nach Hoffnung.

Kann Malena satt leuchtende grüne Hoffnung finden? Oder wird das grau auch von ihr Besitz ergreifen und alle Farben ihres Vaters übermalen?

Meinung:
Gänsehaut. Farbexplosion. Gedanken. Kreisend. Schwer. Leicht. Laut pocht "Kalt bläst der Wind" in meinen Gedanken nach und hinterlässt farbige Spuren auf dem Boden. Obwohl der Buchdeckel knapp 180 Seiten hinter sich verbirgt, vermögen es diese die Gefühlswelt der Leser ins Wanken zu bringen. Michaela Holzinger hat hier einen wunderbaren Roman geschrieben, der tief unter die Haut geht.

Erzählt wird die Geschichte der Schülerin Malena, dessen Leben durch den Tod ihres Vaters vollkommen aus den Bahnen gerät. Denn nur ihr Vater vermochte mit der schwer depressiven Mutter umgehen zu können. Nur er hat Malena vor dem Grau beschützt und sie in die Welt der Farben entführt. Denn Malenas Vater war leidenschaftlicher Künstler. Nun ist er fort, tot, hat Malena mit ihrer Mutter alleine gelassen und ihr das Versprechen abgenommen, dass sie sich gut um diese kümmern soll. Deshalb hält Malena den Zustand, die Krankheit ihrer Mutter vor der Außenwelt geheim. Zu groß ist die Angst davor diese zu verlieren und ins Heim zu müssen.

Die Autorin schneidet hier ein sehr aktuelles und schwieriges Thema an: Depressionen. Und lastet es auf die Schultern eines jungen Mädchens, dessen Gefühlswelt ständig zwischen Angst und Verzweiflung schwankt. Total überfordert, versucht Malena den Schein aufrecht zu erhalten und die Situation mit ihrer depressiven Mutter zu meistern. Rechnungen bezahlen, einkaufen gehen, die Tabletten vor ihrer Mutter verstecken, kochen, in die Schule gehen Hausaufgaben machen, all dem muss sich das junge Mädchen täglich stellen. Frau Holzinger gelingt es dabei auf sehr einfühlsame und überzeugende Weise, die Gefühlswelt Malenas zu beschreiben und schafft es schon nach wenigen Seiten, dass man als Leser vollkommen zwischen den Seiten versinkt und mit der gleichen Schwere der Geschichte infiziert wird.

Es ist beeindruckend, wie reell die Autorin das Buch innerhalb dieser wenigen Seiten für den Leser werden lässt, wie sehr man Eins wird mit den Emotionen der Protagonistin und wie sehr einen die Schwere der Geschichte ergreift. Malerisch und auf eine sehr lyrische Weise beschreibt die Autorin Gefühle und Situationen, erschafft durchgehend starke Kontraste, spielt mit Leicht und Schwer, mit Hell und Dunkel, mit Grau und Bunt und verdeutlicht so die große Problematik und die Auswirkungen des Krankheitsbildes. Dadurch kriecht die Schwere und Beklemmung dieser Thematik aus den Seiten und in den Leser und erweckt das Bedürfnis, laut zu schreien, Malena aufzuwecken, zu schütteln - trotzdem bleibt man stumm. Schaut der Handlung zu und hofft, bangt, bekommt schwitzige Hände, Tränen in den Augen und kämpft. Gegen die Krankheit. Mit Malena. Für mehr Farbe. Für mehr Hoffnung.

Depressionen sind für Menschen, die noch nie mit dieser Krankheit in Berührung gekommen sind, sehr schwer nachspürbar und unverständlich. Dieses Unverständnis für oft zu Schwierigkeiten in den menschlichen Beziehungen untereinander.

Diese Komplexität fängt "Kalt bläst der Wind" auf sehr einfache, einfühlsame und zugängliche Art ein, was dieses Werk zur passenden Lektüre für Jung und Alt macht. Durch den bildlichen Schreibstil, die bunte Wortwahl, hat auch jüngeres Publikum die Möglichkeit das Thema der Geschichte nachzuspüren und Schwierigkeiten der Erkrankung aufzudecken. Durch die Schwere der Handlung und Malena als Protagonistin, die hin und her gerissen ist, zwischen grau und bunt, leicht und schwer, Verantwortung und ein normaler Teenager zu sein, eröffnet sich viel kritisches Denkmaterial für älteres Publikum.

Fazit:
"Kalt bläst der Wind" von Michaela Holzinger ist ein kurzer und gefühlvoller Roman für Jung und Alt. Dabei widmet sich das Werk einer sehr schweren Erkrankung, welches es auf sehr emotionale und lyrische Weise einzufangen vermag. Sanft, aber eindringlich stößt die Autorin dabei das Gedankenkarussell des Lesers an, verdeutlicht kritische Situationen und die Komplexität der Gefühle durch Kontraste und schafft es so, dass die Seiten von einem Besitz ergreifen, einen nicht mehr loslassen und selbst noch Tage nach dem Lesen, laut im Kopf nachhallen.

Veröffentlicht am 24.01.2018

Ein Buch, das man einfach gelesen haben sollte!

Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen
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Momente, die uns sanft und unendlich töten:
-fünfundzwanzig Kinder haben
-zehn Kilometer mit geschlossenen Augen richtig schnell Auto fahren
-einen ganzen Tag nicht reden
-nur dreißig Dinge besitzen
-einen ...

Momente, die uns sanft und unendlich töten:
-fünfundzwanzig Kinder haben
-zehn Kilometer mit geschlossenen Augen richtig schnell Auto fahren
-einen ganzen Tag nicht reden
-nur dreißig Dinge besitzen
-einen Fremden küssen
-gehen ohne Abschied
(Optional: Nacktbaden)
"Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen" - Ulla Scheler
[S. 72]

Inhalt:
Benna, das ist der Spitzname für Ben und Hanna, denn Ben und Hanna sind schon seit sie zehn Jahre alt waren beste Freunde. Ben ist wild und ungezähmt, er sucht die Herausforderung immer und überall, Hanna hingegen ist pflichtbewusst und reflektiert jede ihrer Handlungen genau, bevor sie sich ins Ungewisse stürzt. Obwohl beide verschiedener nicht sein könnten, funktioniert ihre Freundschaft. Ständig fordern sie sich neu heraus und kitzeln so das Beste und Unmöglichste aus dem Anderen heraus. Nach dem Abi, vor einem großen neuen Lebensabschnitt, der beide in verschiedene Städte ziehen wird, wollen sie sich noch einmal dem Abenteuer hingeben, etwas Verrücktes machen, Zeit zusammen verbringen, also fahren sie ans Meer, lediglich ein Zelt, zwei Luftmatratzen, zwei Schlafsäcke, etwas Proviant und Bücher vom Flohmarkt im Gepäck. Doch in dem Dorf, um den Strand, an dem sie schließlich landen, rankt sich eine düstere und gefährliche Legende, eine Legende die plötzlich alles in Frage stellt und ihren Preis fordert. Einen schrecklichen und hohen Preis: Ein Leben.

Meinung:
Ich weiß nicht wann ich das letzte Mal ein Buch in einem Zug inhaliert habe. Eine Geschichte innerhalb weniger Stunden gierig in mich aufgenommen habe, aber "Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen", hat es geschafft. Sanft aber bestimmt hat es mich von den Füßen und tief, immer tiefer in sein Buchstabenmeer gezogen. Die Jungautorin Ulla Scheler, füllt jede Seite mit purer und vollkommender Magie. Magie, welche ihre Leser fest umschließt, sie in ihren Bann zieht und nach der letzten Seite umso grober in die Realität zurück drängt. Magie, die es schafft, den Leser mit der Geschichte, die Geschichte mit dem Leser zu verweben und Eins aus ihnen zu machen. So eine Buchwelt zu erschaffen, die nicht nur real aussieht, sondern sich auch ebenso anfühlt.

Das Rezept, um dies zu erreichen, setzt sich in diesem Fall aus einem starken, jungen und bildlichen Schreibstil, sympathischen Buchfiguren und einer geheimnisvollen, aufreibenden und spannenden Handlung zusammen.

Schon auf den ersten Seiten ist klar: Hanna und Ben sind zwei außergewöhnliche und faszinierende Charakter, die ihr Potenzial besonders in Kombination entfalten können. Hanna ist wunderbar rational und stellt alles und jeden zunächst in Frage. Ihr fällt es schwer, einfach einmal los zu lassen, in den Tag hinein zu leben, etwas Verrücktes zu tun. Sie braucht ihre To-Do-Listen, aber noch mehr braucht sie Ben, denn er schmeißt jeden Plan über den Haufen, stichelt sie an, fordert sie heraus, verzaubert sie durch seine Stimme und vor allem seine Geschichten. Hanna braucht Ben, denn er kitzelt das wahre, ungeplante, unbändige und überraschende Leben aus hier heraus. Doch Ben braucht ebenso Hanna. Denn Ben ist wild, ungezähmt, verrückt, spontan und saugt jedes Gefühl, jeden Moment gierig und erwartungsvoll in sich auf. Er liebt das Verbotene und das Ungeplante und stürzt sich so nicht nur einmal in brenzlige Situationen. Ben liebt das Leben und das wird in jedem Satz, jedem seiner Gedanken und Handlungen mehr als bewusst. Denn jeder Buchstabe, jedes Wort, jeder Satz und jede Aussage von ihm, steckt voller Poesie. Er ist der Geschichtenerzähler, er macht Worte lebendig, er zieht in seinen Bann. Als Leser kann man einfach nicht anders, man verliebt sich unaufhaltsam in Ben, in Hanna, aber noch mehr in Benna. Denn gerade die Beiden zusammen verleihen der Geschichte Schliff und Charme. Durch ihre verschiedenen Charakter kommt es ständig zu Reibungen, zu Versöhnungen, zu Lebensphilosophien und Herausforderungen. Das Buch lebt gerade von der An- & Abstoßungskraft der Beiden.

Ich habe damit begonnen dieses Buch zu lesen, weil es mich verfolgt hat. Egal wohin ich gegangen bin, es war da. Egal welche Seite im Netz ich geöffnet habe, es war da. Und weil mich der Titel, ebenso wie das wunderschöne Cover, auch sogleich in ihren Bann gezogen hat, musste ich es einfach aus der Nähe betrachten und bin in die Buchhandlung meines Vertrauens marschiert. Als mich dann auch noch eine junge Verkäuferin mit dem Werk entdecke und mir zuflüsterte: "Der Schreibstil ist unglaublich schön" konnte ich mich wohl einfach nicht mehr gegen meinen Verfolger wehren. Ich finde es immer wieder überraschend, dass es gerade die Bücher sind, die einen hartnäckig über Wochen verfolgen, die sich letztlich wirklich als Schätze entpuppen - denn dies passiert mir nicht zum ersten Mal.

Die flüsternde Buchhändlerin hatte Recht, der Schreibstil ist einfach unglaublich und wunderschön und gerade er ist es, der dieser Geschichte Tiefe verleiht und es in ein magisches, dämmriges und geheimnisvolles Licht setzt. Jeder Satz versteckt eine Botschaft und spricht auf sehr lyrische Weise an. Jedes Kapitel verbirgt eine bis in den kleinsten Pinselstrich vollkommende und anregende Lebensphilosophie und animiert so zum Nachdenken. Die Bedeutung jedes einzelnen Lebensmomentes, der Mut zur Spontanität, die Liebe zur Natur oder aber der beschwerliche Weg zu sich selbst - all dies sind Themen des Werkes, welche Frau Scheler auf leichte und schwere Art zugleich für die Leser aufbereitet.

Doch nicht nur der außergewöhnliche und über Norm gute Schreibstil, oder aber die anziehenden Buchfiguren machen das Leseabenteuer so unvergleichlich. Auch die Handlung, die Geschichte an sich, entwickelt schon nach kurzer Zeit eine riesige Sogwirkung. Das Problem, welches ich in letzter Zeit immer wieder mit Jugendbüchern habe: Der Plot ist zu vorhersehbar, die Handlungen zu offensichtlich. Ganz anders als bei "Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen". Ich hatte die ganze Zeit eine Vorahnung, in welche Richtung Frau Scheler agieren will, wurde am Ende jedoch im Dunkeln zurück gelassen und musste mich letztlich mit einem ganz anderen Inhalt arrangieren. Überraschend, bewegend und spannend kommt der zweite Teil des Werkes daher und eröffnet eine völlig neue Sichtweise, die einen das Lesetempo kurz vor Schluss, noch einmal keuchend und verzehrend, beschleunigen lässt. Hinzu kommt noch - ein für mich schon immer faszinierendes und anziehendes Element - das Meer, die See, der Wellengang, sowie eine mystische und lange Legende und fertig ist ein durchweg runder und bannender Debütroman.

Fazit:
Ulla Scheler, diesen Namen sollte man sich merken. "Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen", dieses Buch sollte man sich zulegen. Der Debütroman der Jungautorin trägt nicht nur Potenzial in sich, sondern weiß dieses auch auszuschöpfen. Malerische, lyrische und beinahe schon philosophische Worte, branden mit einer außergewöhnlichen Stärke und Eindringlichkeit an den nackten, bis zu den Knöcheln im Handlungssand versunkenen Füßen der Leser vorbei und ziehen mit unerbittlicher Gnade tief zwischen die Seiten, tief in das Geschehen. Wer sich gerne mit klangvollen Sätzen, einer spannenden Geschichte und anziehenden Figuren umgibt, für den wird dieses Werk - ebenso wie für mich - mit Leichtigkeit Lieblingsbuchstatus erreichen können.

Veröffentlicht am 24.01.2018

Dieses Buch ist genial!

Der Seelenbrecher
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Es heißt, der Mensch würde sein wahres Ich erst in Extremsituationen erkennen. In Momenten, in denen es die Umstände unmöglich machen, nach den antrainierten Werten zu handeln, die in jahrelanger Konditionierung ...

Es heißt, der Mensch würde sein wahres Ich erst in Extremsituationen erkennen. In Momenten, in denen es die Umstände unmöglich machen, nach den antrainierten Werten zu handeln, die in jahrelanger Konditionierung durch Eltern, Schule, Freunde und sonstige Bezugspersonen von außen an einen herangetragen wurden. Eine Krise sei wie ein scharfes Obstmesser. Sie schäle die Hülle und lege den inneren Kern frei; den ungeformten, meist instinktgeprägten Urzustand, in dem die Selbsterhaltung die Moral dominiert.
"Der Seelenbrecher" von Sebastian Fitzek
[S. 236]

Inhalt:
Äußerlich sind sie unversehrt, innerlich sind die gebrochen - die Opfer des Seelenbrechers. Er raubt ihnen ihr Innerstes und lässt sie in sich selbst gefangen zurück, nur mit einem kleinen Zettel zwischen den Fingern, auf denen sich ein Rätsel befindet. Seit zehn Tagen ist es nun still, seit zehn Tagen hat sich der Seelenbrecher kein neues Opfer gesucht und alle bangen vor seinem nächsten Schritt.
Caspar kriegt von alledem nur bedingt etwas mit, denn er sitzt in seinem ganz eigenen Gefängnis. In einer luxuriösen Privatklinik auf dem Berliner Teufelsberg, versucht er bemüht seine Erinnerungen wieder zu erlangen. Erst vor wenigen Tagen fand man ihn bewusstlos vor den Türen der Heilanstalt. Nun weiß er weder wo er her kommt, noch wie er heißt.

Einen Tag vor Weihnachten, als ein gewaltiger Blizzard über Berlin hinwegfegt und die Teufelsbergklinik somit ganz von der Außenwelt abschneidet, wird Caspar auf grausame Weise gezwungen, sich seinem alten Leben zu stellen, als jemand mit dem Sturm in das Gemäuer eindringt - jemand der nur unter dem Namen der Seelenbrecher bekannt ist.

Meinung:
Wie schwerwiegend können äußere Verletzungen sein, im Vergleich zu einer labilen und zerbrochenen Seele? Dieser Frage widmet sich nicht nur Sebastian Fitzek in seinem Psychothriller: "Der Seelenbrecher", auch ich komme nicht umhin mich zu fragen, wann es wohl die ersten Warnhinweise auf Büchern geben wird, um die lesende Seele vor schlaflosen Nächten zu schützen. Denn wenn man als Leser schwitzige Hände und den einsamen Gang durch die dunkle Wohnung fürchten sollte, dann definitiv in Verbindung mit Werken dieses Autors. Fitzek schreibt unglaublich spannende und mitreißende Bücher, die bis zur letzten Seite hoffen und bangen lassen, die den Herzschlag beschleunigen und Lesestunden wie Minuten erscheinen lassen. Besonders mit "Der Seelenbrecher" ist dem deutschen Autor ein absolut einmaliger Pageturner gelungen, den man nur schwer aus der Hand legen kann.

Dabei wird man als Leser schon von Beginn des Psychothrillers gekonnt mit der Handlung verwoben. Denn die Geschichte rund um Caspar und den Seelenbrecher, ist eine Geschichte in einer Geschichte. Eigentlicher Ausgangspunkt ist eine verlassene und kalte Bibliothek. Dort lauschen eine Hand voll Studenten einem Professor, der mit ihnen einen psychologischen Versuch durchführen will. Die Entlohnung: zweihundert Euro. Letztlich lässt sich ein junges Paar auf den Test ein. Ziel ist es, die vermeintlich psychologische Akte des Seelenbrechers direkt vor Ort und ohne große Umschweife zu lesen. Damit beginnt die Geschichte... Da man als Leser im Folgenden die gleiche Akte liest, findet man sich kurze Zeit später selbst als Proband, neben den beiden Studenten des Professors wieder und verschlingt begierig Zeile um Zeile.

Nachdem mich "Passagier23" mangels Überraschungen eher enttäuscht hatte, trumpft "Der Seelenbrecher" wieder in altbekannter Fitzek-Manier auf. Eine mitreißende Idee, trifft auf eine düstere und authentische Atmosphäre, sowie einen sympathischen Protagonisten, mit dem man mit fiebert, mitleidet und mitkämpft. Eine von der Außenwelt abgeschnittene Klinik, verriegelt, ohne jegliche Kontaktmöglichkeit zur Außenwelt, ein psychopathischer Killer, ein Mann ohne Erinnerungen und eine verschneite Nacht des Grauens, wie könnte man die Neugier des Lesers mehr fesseln, als durch diese gelungene Buchidee?

Zusätzlich ist das Werk wunderbar geschrieben. Atmosphärisch dicht, spannend und mit vielen kleinen und größeren Wendungen. Dominant vibriert die Frage nach der Identität des Killers nach jedem Kapitel nach und verleitet zu unzähligen Spekulationen.

Jedes Kapitel formt einen weiteren Gang, der in die Tiefen eines Irrgartens führt, den Fitzek realistisch vor den Augen des Lesers erbaut. Man wird immer tiefer in das Geschehen gezogen, aber auch in die Irre geführt und wenn man am Ende die Auflösung dieses ca. vierhundert Seiten langen Rätsels vor Augen hat, kommt man nicht umhin vor Überraschung und Schock noch einmal alle Ereignisse des Werkes im Schnelldurchlauf zu durchleben. Plötzlich stechen die Hinweise einem unerbittlich ins Auge und man fragt sich, wie man so blind sein, wie dieses Werk einen so sehr hinters Licht führen konnte. Die Auflösung ist grandios, das Ende an sich in meinen Augen jedoch noch ausbaufähig. Die letzten Seiten hätten letztlich doch etwas mehr hergeben können. Ich verstehe zwar, warum dieser Schluss gewählt wurde, denn sonst würde die ganze Geschichte wahrscheinlich nicht auf diese Weise funktionieren, trotzdem war er in meinen Augen etwas zu blass, etwas zu formlos, etwas zu wage.

Fazit:
Würde es Warnhinweise auf Bücher geben, würde auf "Der Seelenbrecher", ein Psychothriller vom Meister des Wahns Sebastian Fitzek, wahrscheinlich folgendes stehen: Achtung: Dieses Buch verursacht schwitzige Hände, schlaflose Nächte und beschleunigt den Herzschlag. In meinen Augen hat man mit diesem Werk eines der besten Werke des Autors zwischen seinen Fingern. Nicht nur die Idee an sich ist einfach grandios, auch die Umsetzung macht sprachlos. Atmosphärisch dicht, spannend bis zum letzten Wort, mit unterschiedlichen und der Handlung zuträglichen Charakteren, einem sehr interessanten Protagonisten, der genauso ratlos ist wie man selbst und zahlreichen überraschenden und plötzlichen Wendungen, wird der Leser schon von den ersten Seiten an tief in das Geschehen gezogen und zum Rätsel- und Täterraten animiert. Dieses Buch ist genial und zugleich krank, mitreißend und zugleich abstoßend und einfach nur WOW!