Verpasste Gelegenheiten – versäumte Augenblicke
Seit sich seine Frau von ihm getrennt hat, findet der ohnehin labile und meist melancholische Pianist Tom Holler das Leben nicht mehr lebenswert. Während er gerade seinen Freitod vorbereitet bekommt er ...
Seit sich seine Frau von ihm getrennt hat, findet der ohnehin labile und meist melancholische Pianist Tom Holler das Leben nicht mehr lebenswert. Während er gerade seinen Freitod vorbereitet bekommt er einen Anruf vom Manager seiner Berliner Band, dass bald eine Konzerttour durch Italien stattfinden würde. Als kurz darauf auch Betty Morgenthal, eine frühere Freundin die jetzt in Neapel lebt, bei ihm anruft, ist sein Entschluss gefasst: der Tod muss warten. Der Weg in den Süden wird für Tom nun eine Reise in die Vergangenheit, eine Erinnerung an die unbeschwerte Zeit vor fünfzehn Jahren in Berlin, an die WG mit Betty und seinem besten Freund Marc Baldur, an die Ereignisse einer schicksalhaften Nacht in Como, nach der die bisherige Ordnung in ein Chaos verwandelt war und an den verhängnisvollen Ausflug zum Bernina-Gletscher, von dem Marc nicht mehr zurück kommen sollte …
Mit „Die Ordnung der Sterne über Como“ ist der 1971 in Würzburg geborenen Autorin Monika Zeiner ein bemerkenswerter Debütroman gelungen, der 2013 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand und den Publikumspreis der Lit.Cologne erhielt. Zeiner studierte in Berlin und Neapel Romanistik und Theaterwissenschaft, promovierte 2004 an der FU Berlin, erhielt einige Stipendien, schrieb mehrere Hörspiele und ist Sängerin und Texterin der Italo-Swing-Band Marinafon. Heute lebt sie mit Partner und zwei Kindern in Berlin.
Melancholie und Trauer, Glück und Lebensfreude, Liebe und Freundschaft, Versäumnisse und Schuld, alles ist in diesem Roman enthalten – und im Hintergrund die Musik, die die gesamte Geschichte gekonnt begleitet. Zwei Männer und eine Frau, Musiker, Komponist und Sängerin, deren Gemeinschaft unzerstörbar scheint, die aber Freundschaft und Liebe verwechseln und dadurch alles aufs Spiel setzen.
Der Schreibstil der Autorin ist von beeindruckender Intensität. Reich an philosophischen Gedankengängen, pathetischen Metaphern und ironischen Betrachtungen ist die Geschichte ein Balanceakt zwischen anspruchsvoller Literatur und Unterhaltungsroman. Es geschieht nicht sehr viel, die Handlung ist sparsam, es sind also eher die leisen Töne, die im Hintergrund eine anhaltende Spannung erzeugen. Was ist damals passiert und warum? Sehr gelungen sind auch die Landschaftsbeschreibungen und Milieustudien. Vielschichtig und differenziert, wenn auch nicht immer sympathisch, sind die Charaktere der Protagonisten. Gerade ihr oft widersprüchliches Verhalten macht für mich den Reiz der Geschichte aus.
Fazit: Ein bemerkenswertes Buch, das bei Lesern die das außergewöhnliche lieben noch lange nachhallen wird. Sehr empfehlenswert!