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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.01.2018

Ein toter Geschäftsmann in Meran

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton
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Die arbeitslose Journalistin Lissie von Spiegel reist nach Meran, an das sie gute Kindheitserinnerungen hat, und gibt dort die Touristin. Prompt wird sie vom mächtigen Platzhirschen und Schürzenjäger Karl ...

Die arbeitslose Journalistin Lissie von Spiegel reist nach Meran, an das sie gute Kindheitserinnerungen hat, und gibt dort die Touristin. Prompt wird sie vom mächtigen Platzhirschen und Schürzenjäger Karl Felderer angequatscht. Als Felderer am nächsten Morgen ermordet aufgefunden wird, erwacht ihr journalistisches Interesse. Doch sie nicht mit der Reaktion des italienischstämmigen Commissario Luciano Pavarotti gerechnet. Der Ermittler kann leider weder singen noch trifft er bei den Mitarbeitern den richtigen (Umgangs)Ton. Lediglich die Körperfülle hat er mit seinem berühmten Namensvetter gemeinsam.

Pavarotti bittet Lissie für ihn die eine oder andere Ermittlungsarbeit zu übernehmen, da ihm die eingeschworenen Südtiroler keinerlei Auskunft geben wollen, zu tief sitzt der Hass auf alles Italienische seit dem Zusammenbruch der Donaumonarchie und dem verlorenen Zweiten Weltkrieg.

Recht bald ist klar, dass der Tote mehr als einen Feind hatte. Auch an der Auswahl von Motiven herrscht kein Mangel. Noch bevor annähernd Licht ins Dunkel gebracht werden kann, wird Karls Vater ermordet. Wie hängen die beiden Fälle zusammen? Denn, dass es einen Zusammenhang geben muss, ist klar. Nur welchen?

Meine Meinung:

Das Ermittlerduo Pavarotti(von Spiegel ist ungewöhnlich und vermutlich selbst in Italien eher unwahrscheinlich. Allerdings ergeben sich aus dieser Zusammenarbeit einige interessante historische Aspekte. Gut in persönliche Erinnerung ist mir die vierte und letzte Phase der „Südtiroler Bumser“, die in den Jahren 1967-69 Sprengstoffanschläge auf italienische Einrichtungen in Südtirol verübten und dabei mehrere Menschen töteten. Südtirol, das sich nie zu Italien zugehörig fühlt(e), sondern lange eine Vereinigung mit Nordtirol anstrebte. Diese geschichtlichen Details werden subtil in den Krimi eingearbeitet. Die historischen Hintergründe belasten sowohl Lissie als auch Luciano durch die Beteiligung beider Väter an diversen Ungerechtigkeiten in der Vergangenheit.

Aufgefallen ist mir, dass fast alle Charaktere ziemlich negativ gezeichnet sind. Die Vorurteile Pavarottis seinen Mitarbeitern gegenüber und die „selbsterfüllende Prophezeiung“, dass die wirklich faul, nachlässig oder dämlich reagieren, gefallen mir nicht so gut. Als Autorin sollte man nicht selbst werten, sondern das seine Figuren tun lassen. Dafür gibt’s einen Punkt Abzug.
Die Beschreibung von Meran und der Umgebung ist gut gelungen. Manchmal passt der eine oder andere Satz in seiner Sprachmelodie nicht zum Redner.

Fazit:

Dieser Krimi gewährt tiefen Einblick in die Historie dieses wunderschönen Landstrichs. Drei Sterne.

Veröffentlicht am 26.01.2018

Sehr musikwissenschaftlich

Mozart
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Verlagsinfo:
Mozart in neuem Licht: Diese außergewöhnliche Darstellung bietet nicht einfach eine weitere Biographie eines der größten Komponisten der Musikgeschichte, sondern zeigt Mozart als Kind seiner ...

Verlagsinfo:
Mozart in neuem Licht: Diese außergewöhnliche Darstellung bietet nicht einfach eine weitere Biographie eines der größten Komponisten der Musikgeschichte, sondern zeigt Mozart als Kind seiner Zeit. Die Erkundung seines geistigen Umfelds wird zu einer aufregenden Spurensuche in der Welt der Aufklärung und erhellt, wie Mozart zeitgenössische Debatten in seiner Musik aufnimmt, reflektiert und sich zunutze macht, um die Wahrnehmung seiner Musik und sich selbst zu inszenieren.
Geprägt von den vielfältigen Erfahrungen seiner Reisen als "Wunderkind" findet Mozart im Wien der 1780er Jahre – in einer Atmosphäre radikaler Reformen, entgrenzter Toleranz und lebhaften Meinungsaustausches in Publizistik und Salons – den idealen Schauplatz für seine Selbstverwirklichung. Er verwischt Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Leben, bürgerlichem und höfischem Publikum und macht sich mit seiner Musik zum zentralen Protagonisten des sich neu erfindenden Wien. In seinen Werken führt er Diskussionen über die Rolle der Musik unter den Künsten, ihre moralischen Qualitäten oder ihre Fähigkeit, Wirklichkeit darzustellen, künstlerisch weiter und treibt sie auf die Spitze. Anhand zahlreicher Beispiele aus Mozarts Instrumental- und Opernwerk vermittelt der international renommierte Musikwissenschaftler Laurenz Lütteken in dieser ebenso leidenschaftlich wie reflektiert geschriebenen „intellektuellen Biographie“ ein ungewöhnliches Bild Mozarts.

Diese Beschreibung des Verlages weckt Interesse und klingt durchaus spannend. Mir war schon klar, dass es sich bei dieser Betrachtung Mozarts um eine Biographie abseits von Kitsch und Tratsch handeln muss.

Was ich dann allerdings in Händen gehalten habe, ist eine musikwissenschaftliche Abhandlung rund um Mozart und seine Zeit. Das Buch ist gespickt mit detailliertem Insiderwissen aus der Musikhistorie.

In sieben Kapiteln mit jeweils 4 Unterkapiteln beschreibt der Autor die Lebensumstände zur Zeit Mozarts Wirken.

So ist zum Bespiel die Einkommenssituation von Mozart penibel beleuchtet. Wir erfahren, dass das übliche Musikersalär in dieser Zeit 400 Gulden im Jahr betragen hat, Wolfgang Amadeus Mozart hingegen mehr als 8.000 Gulden erhalten hat. Ein Teil davon entfällt auf Honorare für Auftragsarbeiten, Unterricht, Konzerte, Tantiemen und Zuwendungen von Mäzenen und Gönnern.
Auch der oftmalige Wohnungswechsel wird hinreichend erklärt. So mieten Künstler dieser Zeit ihre Behausungen nicht selbst, sondern bekommen sie von Auftraggebern oder Gönnern zur Verfügung gestellt.

Viele Originalzitate aus Briefen und zeitgenössischer Literatur geben ein buntes Bild vom Umfeld und von der Persönlichkeit Mozarts. Dass Mozart eine bisweilen exzentrische bis unflätige Ausdrucksweise an den Tag gelegt hat, ist ja bekannt. Er nimmt sich kein Blatt vor den Mund und kritisiert auch Angehörige des Kaiserhauses. So spricht er über Maximilian Franz (Sohn Maria Theresias und Erzbischof)

„.. als er noch nicht Pfaff war, war er viel witziger und geistiger und hat weniger aber vernünftiger gesprochen“ (S. 92).

Neben hunderten Fußnoten und Anmerkungen finden wir eine Vielzahl von Faksimiles von Originalnoten, die außerhalb der begrenzten Welt der Musikwissenschaft nur ehrfürchtig bestaunt werden können.

Auf Seite 183 findet sich folgende Feststellung:

„Mozart komponierte für Verständige, nicht für Fachleute, aber für diejenigen, die seine Ansprüche erkennen vermochten, in Salzburg, Paris, Mailand, München und Mannheim ebenso wie in Wien.“

Mit dieser Biographie ist es mir ähnlich gegangen, nur dass die Zielgruppe meines Erachtens eher die Fachleute ist, die den hohen Anspruch des Autors erkennen, als die Verständigen.

Meine Meinung:

Der Schreibstil ist wissenschaftlich trocken. Wollte der Leser allen Anmerkungen und Fußnoten folgen, so wäre der Lesefluss ordentlich gehemmt. Die akribische Recherche, die vielen Details sowie die langen Schachtelsätze gemahnen an eine Dissertation bzw. wissenschaftliche Publikation.

Ich habe zuvor Steffen Matus’ Buch über „Die Aufklärung“ gelesen, deswegen habe ich mich in einem Großteil der historischen Details ganz gut zurechtgefunden.

Autor Laurenz Lütteken ist Ordinarius für Musikgeschichte an der Uni Zürich und u.a. Mitglied der „Akademie für Mozartforschung“ in Salzburg. Er ist eine Koryphäe in seinem Fach, seine Bücher sind jedoch eher in Fachkreisen angesehen.

Fazit:

Wer eine Biographie über Mozart sucht, sollte eher zu einem anderen Buch greifen. Hier wird hohes (musikhistorisches) Fachwissen vorausgesetzt, daher nur drei Sterne

Veröffentlicht am 26.01.2018

Eine philosophische Reise entlang der Grenze

Achtung Staatsgrenze
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Der Wiener Autor Beppo Beyerl „erwandert“ rund 20 Jahre nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ jene Grenze, die jahrelang Europa in zwei Teile geteilt hat.

Beyerl startet mit seiner Wanderung, die er ...


Der Wiener Autor Beppo Beyerl „erwandert“ rund 20 Jahre nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ jene Grenze, die jahrelang Europa in zwei Teile geteilt hat.

Beyerl startet mit seiner Wanderung, die er teilweise auf seiner „Genesis“ (einem Fahrrad jener Zeit) unternimmt, an der bayrisch-tschechisch-österreichischen Grenzpunkt im Böhmerwald. Entlang der von Menschenhand und der Natur geschaffenen Grenzen hangelt er sich über das heutige Tschechien, die Slowakei nach Ungarn um dann am Loiblpass in Slowenien seine Reise zu beenden.

Immer wieder leistet er sich Sidesteps ein wenig abseits der Grenzlinie, um nach den Menschen zu suchen, die hier wohn(t)en. Nicht immer wird er fündig. Was Beyerl allerdings häufig findet, sind Billigläden, Bordelle und verlassene Landstriche – hüben wie drüben.

„Wir wissen praktisch nichts über die Menschen, die dort leben. Das hat sich in den letzten zwanzig Jahren nicht geändert“, sagt der Autor. „'Weil die Grenze im Kopf ist nach wie vor geblieben. Hingegen ist es heute stellenweise schwierig, den tatsächlichen Verlauf der Grenze zu eruieren.“

Auch mehr als 20 Jahre nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ bleiben die Grenzzäune in den Köpfen der Menschen aufrecht, manche wollen neue physische Mauern errichten.

Meine Meinung:

Beppo Beyerl widmet dieses Buch seinem Vater und dessen Familie, die 1948 aus der damaligen Tschechoslowakei geflüchtet sind. Auf diesen Spuren bewegt sich der Autor.
Er erzählt und lässt erzählen, kramt in der Erinnerung und reichert das Buch mit vielen s/w-Fotos an. Jede Menge Staatsgrenzsteine hat er auf seiner Reise fotografiert.
Leider haben sich viele Rechtschreibfehler (z.B. Anektode statt Anekdote u.ä.) sowie Grammatik- und Satzfehler eingeschlichen, die mein Lesevergnügen nachhaltig stören.

Die erwähnten Grenzübergänge an der tschechischen Grenze habe ich noch vor dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ vermessen. Immer unter dem strengen, wachsamen Auge einer Gruppe tschechoslowakischer Soldaten.

Fazit:

Eine philosophische Reise entlang des ehemaligen „Eisernen Vorhangs“.



Veröffentlicht am 26.01.2018

Erinnerungen an die Schulzeit

Tod im Gymnasium
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Frau Professor Ringelstein wird am Ende des Elternsprechtages erschossen im Gymnasium aufgefunden.
Schnell stellt sich heraus, dass die Professorin, die meist despektierlich „Ringelnatter“ genannt wird, ...



Frau Professor Ringelstein wird am Ende des Elternsprechtages erschossen im Gymnasium aufgefunden.
Schnell stellt sich heraus, dass die Professorin, die meist despektierlich „Ringelnatter“ genannt wird, mehreren Generationen von Schülern des Privatgymnasiums das Leben in Latein und Englisch schwer gemacht hat.

Wollte sich hier ein Schüler für schlechte Beurteilungen rächen? Oder konnte der geldgierige Neffe den natürlichen Tod seiner Tante nicht mehr abwarten?

Doch wie passt der, wenig später, ebenfalls in der Schule verübte Mord am eher beliebten Sportlehrer hier ins Bild?

Liegt das Mordmotiv doch ganz woanders? Spielt die bevorstehende Pensionierung des Schuldirektors und die Neubestellung dieses Postens eine Rolle?

Die beiden Ermittler der Kripo Wien haben einiges aufzulösen.

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist die Sorte „Whodunit?“ einzuordnen. Der Autor, selbst Lehrer, schickt die Leser wieder in die Schule. Mancher wird, wie Inspektor Osterbach gemischte Gefühle für diese Zeit hegen. Der Mief, die trüben Gänge, Lärm und manchmal gute oder schlechte Beurteilungen, Elternsprechtag – Schulalltag eben.

Thomas Himmelbauer legt verschiednen Fährten, von denen sich die eine oder andere als Rohrkrepierer herausstellt. Das hält die Spannung aufrecht.

Ein bisserl ermüdend habe ich die stets nörgelnde Ehefrau Osterbachs gefunden. Wer mit einem Polizisten verheiratet ist, kann keinen „9 to 17“-Job des Gemahls erwarten. Das Verbrechen schläft nie.
Ich hätte mir ein bisschen mehr Leben aus dem Schulbetrieb gewünscht. Nur zwei Beamte befragen Schüler und Lehrer? Das erscheint mir eine geringe Zahl. Die meisten Gyms in Wien haben zwischen 500 und 1.000 Schüler und eine entsprechende Anzahl (größer 100) Lehrkräfte (auch die Privatschulen).
Die Charaktere wirken auf mich ein wenig blass. Osterbach hat immer wieder ein schlechtes Gewissen seiner Familie gegenüber.
Das Erwähnen der parteipolitischen Besetzung von Schuldirektorenposten bzw. Beförderungen ist eine kleine Spitze gegen die österreichischen Bestellungspolitik.

Fazit:

Ein nicht unspannender Krimi, bei dem noch ein wenig Luft nach oben ist. Leider nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 26.01.2018

Nicht so toll, wie sein Vorgänger

Amerika vor Kolumbus
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„Amerika vor Kolumbus“, der Nachfolger zu „Kolumbus‘ Erbe“ fällt meine Meinung stark ab.

Die Lektüre des Buches ist diesmal eine echte Herausforderung. Der Schreibstil pendelt zwischen wissenschaftlich ...


„Amerika vor Kolumbus“, der Nachfolger zu „Kolumbus‘ Erbe“ fällt meine Meinung stark ab.

Die Lektüre des Buches ist diesmal eine echte Herausforderung. Der Schreibstil pendelt zwischen wissenschaftlich und unterhaltend hin und her – nicht Fisch, nicht Fleisch. Die Interesseweckende Leichtigkeit des Vorgängers fehlt. Ob das am anderen Übersetzer liegt?

Auffallend ist auch, dass sich der Autor zum überwiegenden Teil auf wissenschaftliche Arbeiten von Amerikanern verlässt.
Die Erkenntnisse internationaler Anthropologen, die sich mit der Besiedlungsgeschichte Amerikas befasst haben, fallen irgendwie unter den Tisch.

Die Theorie, dass „Syphilis“ aus Amerika („Präkolumbische Theorie“ bzw. „Kolumbus-Theorie“) nach Europa eingeschleppt wurde, ist durch Knochenfunde in Essex (England), Pompeij (Italien), der Türkei und/oder St. Pölten (Österreich) widerlegt werden. Es konnte festgestellt werden, dass die Syphilis bereits vor dem 13. Jahrhundert in Europa grassierte. Also keine „Retourkutsche“ wegen der nach Amerika eingeschleppten Infektionskrankheiten wie Masern oder Pocken.

„Americafirst!“ ist nicht immer gut. Ein Blick über den amerikanischen Tellerrand hinaus und in internationale Forschungsergebnisse hinein, hätten diesem Buch gutgetan.

Fazit:

Dass die kulturellen Leistungen der amerikanischen Ureinwohner höher als bisher einzuschätzen sind, dafür hätte es dieses Buch nicht unbedingt gebraucht.