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Venatrix

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Veröffentlicht am 26.01.2018

Eine Reise in die Vergangenheit

Weißes Gold
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Der vollständige, etwas sperrige Titel lautet: „Weißes Gold: Die außergewöhnliche Geschichte von Thomas Pellow und das Schicksal weißer Sklaven in Afrika“

Anders als sonst üblich, wird hier weder Salz ...

Der vollständige, etwas sperrige Titel lautet: „Weißes Gold: Die außergewöhnliche Geschichte von Thomas Pellow und das Schicksal weißer Sklaven in Afrika“

Anders als sonst üblich, wird hier weder Salz noch Elfenbein als „Weißes Gold“ bezeichnet, sondern der Handel mit weißen Sklaven.

Wir befinden uns im Jahr 1716, als arabische Piraten das Mittelmeers beherrschen. Sie dringen bis nach England und Irland vor, überfallen die Küsten, rauben die Dörfer aus und versklaven jene Menschen, die sie nicht ermorden. Auch Handelsschiffe werden aufgebracht, die Ladung sowie Besatzung geraubt.

Einer dieser versklavten Engländer ist Thomas Pellow, der als Elfjähriger mit seinem Onkel zu See fährt und den Seeräubern in die Hände fällt.

Gemeinsam mit hunderten Christen wird er auf den Sklavenmärkten Marokkos verkauft. Sie alle landen im Haushalt von Sultan Mulai Ismael, einem Despoten, dem Menschen nichts bedeuteten. Wahllos lässt er Sklaven töten, manchmal, erledigt er das gleich selbst. Auch vor Familienmitgliedern macht seine Schreckensherrschaft nicht Halt. Er hält sich für einen begnadeten Architekten und sie schuften Thomas Pellow und seine Mitgefangenen unter schier unmenschlichen Bedingungen auf Baustellen von Straßen und Palästen.

Ein Großteil der Gefangenen stirbt an Krankheiten, Unterernährung und Folter. Unter der barbarischen Folter konvertieren viele zum Islam – so auch Thomas und verspielt damit die vage Möglichkeit, von der Englischen Krone zurückgekauft zu werden.

Wie Thomas Pellow die 23 Jahre seiner Gefangenschaft er- und überlebt, hat er selbst, nach seiner Flucht und Rückkehr nach England, in einem Bericht dargestellt. Der wurde jedoch lange Zeit als übertrieben abgetan.

Erst neuere Forschungen haben ergeben, dass rund eine Million Christen als „Weißes Gold“ in Nordafrika verkauft und versklavt wurden. Dort wo er viele Jahre seines Lebens verbringen muss, treffen die Welten von Islam und Christentum aufeinander, so wird dieses Buch aktuell und Geschichtsreise zugleich.

Autor Gilles Melton hat Pellows Lebensgeschichte mit anderen Augenzeugenberichten und Briefen ergänzt.

Interessant ist, dass sich Europäer (und Nordamerikaner) über den Handel mit weißen Sklaven empörten, aber gleichzeitig nichts dagegen hatten, Millionen von Schwarzafrikaner nach Übersee zu verkaufen ….

Veröffentlicht am 26.01.2018

"Soldat, alles wird gut!"

Wofür wir kämpfen
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Antje und Tino Käßner erzählen in diesem Buch wie der Einsatz Tinos in Afghanistan ihr Leben von Grund auf geändert hat. Schonungslos, in einfachen und bewegenden Worten.

Worum geht’s?

Tino Käßner, Stephan ...

Antje und Tino Käßner erzählen in diesem Buch wie der Einsatz Tinos in Afghanistan ihr Leben von Grund auf geändert hat. Schonungslos, in einfachen und bewegenden Worten.

Worum geht’s?

Tino Käßner, Stephan Deuschl und Armin Franz sind als Soldaten der Bundeswehr auf Friedensmission in Afghanistan. Sie sind sich ihres brisanten Auftrags bewusst. Trotzdem trifft das Befürchtete ein: Ihr gepanzertes Fahrzeug wird von einem Selbstmordattentäter angegriffen. Armin Franz ist sofort tot. Stephan und Tino schwerst verletzt und überleben, weil sie unmittelbar vor einem amerikanischen Stützpunkt Opfer des Anschlags werden. Und nur durch die sofortige Erstversorgung und die Rettungskette, die sie innerhalb weniger Stunden nach Deutschland bringt, kann ihr Leben gerettet werden. Beide Soldaten ringen tagelang mit dem Tod und als sie aus dem Koma erwachen, ist nichts mehr wie vorher. Tino musste der rechte Unterschenkel amputiert werden. Stephan hat beide Beine verloren.


Meine Meinung:

In diesem Buch kommen alle Betroffenen einzeln zu Wort. Wir erfahren die Biographien von Antje und Tino, von Stephan und seiner Frau Violetta.

Die Schilderung der Ungewissheit ob ihre Männer betroffen sind, ob sie überleben werden und wie sie die veränderte Lebenssituation aufnehmen werden, geht unter die Haut.

Deutlich wird die Belastung, denen die Soldatenfamilien ausgesetzt sind, klargemacht. Bei Auslandseinsätzen kann niemand sicher sein ob und in welchem körperlichen und vor allem seelischen Zustand die Soldaten wieder nach Hause kommen.
Genauso deutlich wird hervorgehoben, dass die Bevölkerung Deutschlands diese Einsätze eher gleichgültig betrachtet. Ja, manchmal werden die Soldaten als schießwütig und Rambos abqualifiziert. Greenpeace, die in Armin Franzs Testament als Universalerbe eingesetzt wurde, reagiert recht pikiert auf den unverhofften Geldsegen. Ein Soldat, der Gutes tut? Das hat mich, ehrlich gesagt, ziemlich erschreckt und auch wütend gemacht.

Dieses Buch ist keine Abrechnung mit den Einsätzen der Bundeswehr in Afghanistan. Es schildert nur deutlich, wie sich von einem Moment auf den anderen, die Lebensplanung von Grund auf ändern kann.

Als Käßner wenige Minuten nach dem Anschlag im OP der Amerikaner liegt, sagt ein amerikanischer Kamerad zu ihm gesagt: "Soldat, alles wird gut." (S. 20)

Veröffentlicht am 26.01.2018

Eine Hommage an eine tolle Frau

Ada Lovelace und der erste Computer
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Ada Lovelace, die Tochter Lord Byrons, gilt als Erfinderin der ersten Computerprogramme, lange bevor es Computer in unserem Sinne gab.


Wer war sie also? Was hat sie bewogen, über mathematische Probleme ...

Ada Lovelace, die Tochter Lord Byrons, gilt als Erfinderin der ersten Computerprogramme, lange bevor es Computer in unserem Sinne gab.


Wer war sie also? Was hat sie bewogen, über mathematische Probleme nachzudenken?


Adas Vater, der unzuverlässige Dichter Lord Byron, hat sich kurz nach ihrer Geburt von seiner Frau, der reichen Mathematikerin Anna Isabelle Milbanke getrennt. Um zu verhindern, dass Ada ähnliche Flausen im Kopf hat, wie ihr Vater, ist Lyrik im Hause Lovelace streng verboten. Mathematik und Musik (die ja verwandt miteinander sind) sowie Französisch sind erlaubt. Die Mutter ist unerbittlich und sperrt ihre Tochter auch schon mal zur Strafe in eine Besenkammer. Schwarze Pädagogik nennt man das.
Während einer schweren Masernerkrankung, deren Auswirkung, die Heranwachsende drei Jahre mehr oder weniger ans Bett fesselt, entwickelt Ada ihre Liebe zur Mathematik.


Nach der Genesung wird sie, der Zeit entsprechend, in die Gesellschaft eingeführt und begegnet nicht nur ihrem zukünftigen Ehemann, sondern auch berühmten Wissenschaftlern. So zählen Michael Faraday und Charles Babbage sowie die Mathematikerin Mary Faifax Sommerville zu ihren Freunden.


Für den Erfinder Babbage entwickelt sie den Algorithmus seiner "Differenzmaschine" weiter. Die Erfindung ist nicht ganz neu. Bereits 1801 hat Joesph-Marie Jacquard die Lochkarten-Methode für den dampfbetriebenen Webstuhl erfunden.
Neu ist, dass Ada als erste erkennt, was diese "analytische Maschine" zu leisten vermag, wenn sie richtig gefüttert wird.


Leider stirbt Ada schon mit 36 Jahren und ihre Idee wird erst 100 Jahre später wieder aufgegriffen. Trotzdem muss man Ada Lovelace als "Mutter des Computers" bezeichnen. Ohne ihren scharfen analytischen Verstand, hätten die Computer vermutlich erst viel später ihren Siegeszug angetreten.


Meine Meinung:


Ein tolles Buch, dass nicht nur für Kinder interessant sein dürfte. Die Illustrationen sind von hohem Niveau. EIn wenig erinnern sie mich an das legendäre Cover "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" der Beatles.
Fast zu schade, um das Buch unserer kleinen Nachbarin zu schenken.


Fazit:


Eine Hommage an eine tolle Frau! Gerne gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 26.01.2018

Geheimnisse rund um die Papstwahl

Konklave
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Seit dem 13. Jahrhundert wird der Papst im geheimen Konklave gewählt. Kaum ein Vorgang ist geheimnisvoller und von mehr Mythen umrankt, wie die Wahl des Oberhauptes der katholischen Kirche. Die Beteiligten ...


Seit dem 13. Jahrhundert wird der Papst im geheimen Konklave gewählt. Kaum ein Vorgang ist geheimnisvoller und von mehr Mythen umrankt, wie die Wahl des Oberhauptes der katholischen Kirche. Die Beteiligten müssen schweigen, sie werden zwar nicht mehr eingemauert, aber mit Brettern vernagelte Fenster, kein Telefon oder sonst eine Kommunikationsmöglichkeit bedeuten schon eine ziemliche Einschränkung. Doch die soll vor allem dazu dienen, in Einklang mit Gott, den richtigen Mann an die Spitze der Kirche zu wählen.

Nun ist es wieder einmal soweit. Der letzte Papst ist tot. Sofort werden die wahlberechtigten Kardinäle aus aller Welt nach Rom berufen, um sich zur Papstwahl einzufinden. Und schon gehen die Sondierungsgespräche los. Man will endlich wieder einen Italiener. Nach einem Polen, einem Deutschen und Argentinier ist es wieder an der Zeit, oder doch nicht? Während die ersten Allianzen geschmiedet hat, hat der Hauptorganisator des Konklaves, Jacopo Lomelli, alle Hände voll zu tun. Doch Lomelli ist nicht nur Kardinalbischof und damit selbst wahlberechtigter Kandidat für den Heiligen Stuhl, sondern auch noch Dekan des Kardinalskollegiums.
Als dann noch kurz vor dem ersten Wahlgang ein 118. Völlig unbekannter Kardinal auftaucht, flattern kurz die Nerven.

Zwischen jedem, der insgesamt 8 Wahlgängen tauchen Gerüchte auf. Jedes Mal ist ein aussichtsreicher Kandidat davon betroffen. Obwohl Lomelli keineswegs den Wunsch hat, Papst zu werden, rutscht er immer weiter die Liste hinauf. Der Zweispalt, in dem er steckt wird gut und ausführlich beschrieben. Seine innere Zerrissenheit und der Kampf gegen seine Zweifel machen ihn sympathisch.

Langsam aber sicher steuert das Konklave auf seinen Höhepunkt zu. Vor dem letzten Wahlgang erschüttern Terroranschläge Rom.
Trotz aller Abschottung bekommen dies die Kardinäle mit. Das beherzte Auftreten eines Kandidaten hilft den letzten Unentschlossenen, ihre Animositäten beizulegen und zu einem überraschenden Ergebnis zu kommen.


Meine Meinung:

Als Krimi oder gar Thriller würde ich dieses Buch jetzt nicht bezeichnen. Es ist ein durchaus spannender Roman, der in der nahen?) Zukunft spielt. Gut herausgearbeitet sind die intriganten Aktionen einiger Kandidaten. So gar nicht christlich, eher machtgierig und mafiös.
Allerdings versteht es der Autor das Procedere und die Zeremonien rund um die Abstimmung perfekt in Szene zu setzen. Auf gefühlvolle, aber dennoch spannende Weise schildert er uns den möglichen Ablauf einer Papstwahl.

Gut gefallen haben mir die vielen lateinischen Zitate, die elegant übersetzt werden und den Lesefluss nicht im mindesten behindern.
Immer wieder flicht Robert Harris die aktuellen Themen der katholischen Kirche wie Missbrauch, Homosexualität und/oder Frauenordinariat in die Diskussionen ein. Geschickt gemacht – so kann der Leser die Vielzahl der Kandidaten an den unterschiedlichen Meinungen leicht erkennen.

Fazit:

Ein fesselnder Roman, der den Leser Einblick in eine geheime Wahlzeremonie gibt.


Veröffentlicht am 26.01.2018

Ein schräger Krimi mit Tiefgang

Kommando Abstellgleis
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„Kommando Abstellgleis“ ist das Krimi-Debüt der französischen Autorin Sophie Hénaff, die in Frankreich vor allem für ihre Cosmopolitan-Kolumne bekannt ist.

Die neue Leitung der Pariser Polizei beschließt, ...

„Kommando Abstellgleis“ ist das Krimi-Debüt der französischen Autorin Sophie Hénaff, die in Frankreich vor allem für ihre Cosmopolitan-Kolumne bekannt ist.

Die neue Leitung der Pariser Polizei beschließt, alle Außenseiter, Alkoholiker und sonstigen unnützen, aber unkündbaren Beamten in eine Abteilung zu versetzen: Das Kommando Abstellgleis. Leiterin dieser Brigade ist Anne Capestan, die wegen ihres hitzigen Temperamentes und dem damit einhergehenden schnellen Abzugsfingers vom Dienst suspendiert ist.
Insgesamt hat diese Brigade eine Stärke von mehr als 40 Mann bzw. Frau, wobei nicht alle wirklich zum Dienst erscheinen. Doch mit dem agierenden „dreckigen Dutzend“ kann Anne Capestan schon einiges anfangen. Denn neben den ausgemusterten Menschen haben eine Vielzahl von alten Aktenbergen erhalten, die sie irgendwie bearbeiten sollen.
Genauso schäbig wie die Fälle sind die als Büro adaptierte Wohnung und die Dienstautos.

Als dann zwei ungeklärte Mordfälle zwischen den Einbrüchen und sonstige Bagatelledelikten auftauchen, entwickeln Anne und ihr Team ungeahntes Interesse.

Warum wurde Marie Sauzelle vor sieben Jahren in ihrem Wohnzimmer erdrosselt? Aber, warum hat der Mörder sie alte Dame ordentlich frisiert und beinahe liebevoll vor den stummen Fernseher gesetzt? Ein gewöhnlicher Einbrecher kann das wohl nicht gewesen sein.

Und der Mord an dem Seemann Yann Guénan? Der wurde vor knapp 20 Jahren erschossen aus der Seine gefischt. Hier sei ein Profikiller am Werk gewesen, erklären die Beamten damals.

Als sich herausstellt, dass die beiden Toten sich kannten, erwacht in der Abstellgleistruppe echter Corpsgeist.
Die Brigade Abstellgleis will den Fall unter allen Umständen aufklären. Dann passiert ein dritter Mord …

Meine Meinung:

Ein humorvoller Krimi, der auch einige ernste Hintergedanken hat. Denn, in welchem Arbeitsumfeld gibt es sie nicht? Die scheinbar Ausrangierten? Die Unglücksbringer? Die Schnapsdrosseln? So mancher Arbeitgeber hat bestimmt schon mit dem Gedanken geliebäugelt, sie alle in einer Abteilung verschwinden zu lassen.

Wer sind sie nun, die Außenseiter, die mit Anne eine Brigade bilden?

Zunächst einmal Eva Rosière, die schräge, reiche Krimiautorin. Dann der designierte Schlehmil José Torrez, der das Unglück magisch anziehen soll, aber selbst immer unbeschadet daraus hervorgeht oder Loius-Baptiste Lebreton, der Witwer. Zwei IT-Spezialisten, die einiges von ihrem Wissen wieder vergessen haben zählen ebenso zu der Truppe wie Orsini, der einst bei der verhassten Dienstaufsicht war.

Die Truppe kann, nachdem sie kaum Vorschriften beachten muss, ganz unkonventionell ermitteln. So wird dann schnell eine Kehrmaschine getunt und mit 90 Sachen auf Verfolgungsjagd gegangen (Ticket wegen Schnellfahrens inklusive).
Sie schummeln sich in die Ermittlung zum dritten Opfer, klauen dort Unterlagen und nehmen einen jungen Radfahrer fest.

Fazit:

Ich finde die Idee zu diesem Krimi originell und perfekt umgesetzt. Gerne gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung. Der Band 2 „Das Revier der schrägen Vögel“ wartet bereits auf mich.