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Venatrix

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Veröffentlicht am 26.01.2018

Ein nettes MItbringsel

Wilhelm von Humboldt
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Alexander und Wilhelm von Humboldt: Zwei sehr unterschiedliche Brüder. Der eine, Alexander, immer auf Achse und die Welt entdeckend, der andere, Wilhelm, zwar ebenfalls reisefreudig, doch noch innerhalb ...

Alexander und Wilhelm von Humboldt: Zwei sehr unterschiedliche Brüder. Der eine, Alexander, immer auf Achse und die Welt entdeckend, der andere, Wilhelm, zwar ebenfalls reisefreudig, doch noch innerhalb Europas, den Geisteswissenschaften zugetan.

Die Autorin Dorothee Nolte betrachtet in ihrem kleinen, aber feinen Buch, Wilhelm und sein Umfeld in zahlreichen Anekdoten und zeitgenössischen Kommentaren.

»Gelehrte zu dirigieren ist nicht viel besser, als eine Komödiantentruppe unter sich zu haben!«
Mit diesem flapsigen Ausspruch wollte er seine Ernennung zum Kultusminister ablehnen, doch konnte er sich dem Willen/Befehl des Königs von Preußen schwer widersetzen. Was macht Wilhelm also: Er krempelt das Bildungssystem um (Einige seiner Errungenschaften leben bis heute im Schulsystem fort.) und schafft sich damit auch keine Freunde.

Wilhelm ist ein vielbeschäftigter Mann, doch wird er zeitlebens wenige seiner Aufgaben wirklich zu Ende bringen. Schnell verliert er die Freude an einem Projekt.

Eine interessante Einstellung pflegt Wilhelm der Ehe gegenüber: Er ist mit seiner Gemahlin Caroline völlig d’accord, beiderseits Liebschaften zu tolerieren. Ja, ich hatte sogar den Eindruck, dass er dies sogar gefördert hat - diese Mènage à trois. Vielleicht um seinen eigenen Gedanken und Beschäftigungen nachzugehen? Immerhin ist die Mutter der Kinder eindeutig bekannt, bei den Vätern gibt es hin und wieder Zweifel.

In dieser Beziehung ist Wilhelm wohl ein Kind der Französischen Revolution, die er in Paris miterlebt.

Er pflegt Freundschaft mit Schiller und Goethe und ist zweimal Gesandter Preußens und Minister.

Meine Meinung:

Der Schreibstil ist flüssig, die Anekdoten gut ausgewählt.
Um sich ein umfassendes Bild von Wilhelm von Humboldt machen zu können, ist dieses Buch mit seinen nur 128 Seiten viel zu kurz. Als Auftakt, sich mit dem großen Gelehrten auseinandersetzen zu wollen, ist es jedenfalls gut geeignet.

Fazit:

Eine nette Anekdotensammlung, die bestimmt auch als Mitbringsel Anklang findet.

Veröffentlicht am 26.01.2018

Ein kompliziertes Genie

Gottfried von Einem
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Musikjournalist und Autor Joachim Reiber stellt uns die Biographie eines Musikers vor, den er als „Komponisten der Stunde Null“ bezeichnet. Es handelt sich um Gottfried von Einem, der zu Beginn seiner ...

Musikjournalist und Autor Joachim Reiber stellt uns die Biographie eines Musikers vor, den er als „Komponisten der Stunde Null“ bezeichnet. Es handelt sich um Gottfried von Einem, der zu Beginn seiner Karriere noch von Hitler begeistert war und später dann ein entschiedener Gegner des Regimes wurde.

Gottfried von einem ist aber nicht nur ein begnadeter Dirigent und Komponist, nein er ist auch ein ewig Suchender und ein Zerrissener. Allerdings ist das nicht ganz verwunderlich, denn er ist ein sogenanntes „Kuckuckskind“ und stammt aus einem Seitensprung seiner dominanten Mutter mit einem Grafen Hunyadi. Seine wahre Herkunft erfährt er bei einer Verhaftung durch die Gestapo. Seiner Mutter wird mehrmals der Prozess gemacht - sowohl im Dritten Reich als auch dann in der Nachkriegszeit.
Gottfried von Einem hat Zeit seines Lebens ein ambivalentes Verhältnis zu seiner Mutter. Auf der einen Seite hat sie, durch die Freundschaft zu Goebbels Schwester Lore beste Verbindungen andererseits kann er ihr das Verschweigen seiner tatsächlichen Herkunft nicht verzeihen.
So ist es kein Wunder, dass der Musiker ein schwieriges Verhältnis zu Frauen hat. Auch seinem einzigen Sohn Caspar (er wird später einmal Innenminister Österreichs) kann er wenig Gefühl entgegenbringen, hat er doch wenig Zuneigung in seiner eigenen Kindheit erfahren.

Meine Meinung:

Der Einstieg in das Buch ist nicht ganz einfach, da die Biographie nicht chronologisch nach Lebensdaten aufgebaut ist.
Die Kapitel, deren Überschriften zum Großteil Titel von Einems Werken sind, eigen immer wieder den Komponisten im Kontext der Zeit. Auszüge aus der umfangreichen Korrespondenz zeigen, dass von Einem einigen jüdischen Musikerkollegen in der Nazizeit geholfen hat.

Mir gefallen folgende Zitate am besten:
„Alles Leiden und Irren kommt jungen Menschen aus dem Wissen, Ahnen Führerlos zu sein, keinen verehrten Meister zu haben. Denn wo Verehrung ist, ist Streben nach Vollendung.“ (19. Juli 1940/Tagebuch G.V.E. S.94)
Oder „jedes Genie ist kompliziert und lässt sich schwer erziehen.“ (S. 98/Heinz Tietjen)

Interessant sind auch unterschiedlichen Reaktionen auf Gottfried von Einems Werke. Expertenmeinung trifft auf Publikum: Unterschiedlichste Wahrnehmungen auf beiden Seiten.
Den wirklichen Skandal wird dann die Oper „Jesu Hochzeit“ hervorrufen, die er nach dem Libretto seiner zweiten Ehefrau, Lotte Ingrisch, verfasst hat. Diese Oper grenzt im katholischen Österreich beinahe an Blasphemie.

Fazit:

Joachim Reiber ist eine interessante Biographie gelungen. Allerdings vermisse ich die Leichtigkeit, die ich in „Duett zu Dritt“ verspürt habe.

Veröffentlicht am 26.01.2018

Zwei Leben für die Mode

Coco Chanel und Elsa Schiaparelli
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"Mode ist ein Geschäfte und keine Kunst, und wir sind keine Genies sondern die Lieferanten" - diese Philosophie zeigt die Einstellung von Coco Chanel während ihre schärfste Rivalin Elsa Schiaparelli eine ...

"Mode ist ein Geschäfte und keine Kunst, und wir sind keine Genies sondern die Lieferanten" - diese Philosophie zeigt die Einstellung von Coco Chanel während ihre schärfste Rivalin Elsa Schiaparelli eine andere Meinung vertritt: "Das Entwerfen von Kleidung ist meiner Ansicht nach kein Handwerk sondern Kunst". (S. 89)


Genau diesen Gegensatz beleuchtet dieses Buch. Doch bei allen Unterschieden haben die beiden Frauen einiges gemeinsam: Beide entwerfen außergewöhnlich Modelle samt Accessoires, beide sind ungemein geschäftstüchtig und machen aus ihrer Herkunft einen Mythos.


Ist es bei Coco Chanel die Geschichte mit dem Waisenhaus und Kloster, so pflegt Elsa den Ausbruch aus einem reichen gebildeten Elternhaus.
Interessant ist, dass beide im selben Künstlerkreis verkehren (Salvatore Dali, Jean Cocteau etc.)


Schön werden die Modestile gegenüber gestellt: Hier die geradlinige beinahe asketische Schnittführung von Chanel, dort das opulente von Schiap.


Bei Chanel muss "die richtige Trägerin das richtige Kleid inszenieren" während Elsas Creationen nicht von jeder Frau getragen werden. (S.111) kann.
Witzig ist, dass Schiap die (derzeit aktuelle) Mode mit den künstlichen Löcher bereits vorweggenommen hat.
"Alles schon einmal dagewesen" soll Rabbi Ben Akiba schon vor 2.000 Jahren gesagt haben.


In der Zwischenkriegszeit haben beide ihre Hoch-Zeit. Während Schiap Anfang der 1950 ihren Salon schließt, feiert Chanel eine Renaissance - vor allem in den USA. Stilikone ist dabei Jackie Kennedy.


Meine Meinung:


Mir hat das Buch gut gefallen. Doch hätte es ein paar Seiten mehr vertragen. Von Coco Chanel gibt es ja mehrere Biographien, von Elsa Schiaparelli nur wenige.


Das mit 144 Seiten doch recht schmal gehaltene Buch wird durch Skizzen und Fotos einiger Modelle beider Modeschöpferinnen ergänzt. Die Liste der weiterführenden Literatur macht Lust, sich mit diesem Thema eingehend zu beschäftigen.


Fazit:


Eine gelungene Gegenüberstellung von zwei Designerinnen, die mehr gemeinsam hatten als ihnen lieb war. 4 Sterne

Veröffentlicht am 02.04.2018

Ein gelungener Einstieg in die MOntessori-Pädagogik

Mit Maria Montessori im Kinderhaus
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Autor Gernot Uhl gibt in seiner Biografie-Reihe einen schönen Überblick über das Leben von bekannten/berühmten Persönlichkeiten. Diesmal ist es Maria Montessori, die er uns vorstellt.
Viele von uns kennen ...

Autor Gernot Uhl gibt in seiner Biografie-Reihe einen schönen Überblick über das Leben von bekannten/berühmten Persönlichkeiten. Diesmal ist es Maria Montessori, die er uns vorstellt.
Viele von uns kennen den Begriff „Montessori-Pädagogik“, doch wer kennt die Person dahinter?

Maria Montessori studiert gegen alle Widerstände Medizin in Italien, keine Selbstverständlichkeit zu dieser Zeit. Sie spezialisiert sich auf Kinderheilkunde bzw. Kinderpsychiatrie. Wenn man weiß, wie retardierte oder behinderte Kinder zu jener Zeit „aufbewahrt“ und häufig zu Experimenten missbraucht hat, so ist das Engagement Montessoris nicht hoch genug einzuschätzen. Doch Berühmtheit sollte sie mit dem 1907 gegründeten „Kinderhaus“ in dem, geistig gesunde Kinder aus sozial schwachen Familien betreut werden, erlangen. Die Materialien und Konzepte, die sie für die Behandlung von behinderten Kindern entwickelt hat, setzt sie nun in der „Casa dei Bambini“ ein und hat Erfolg.

Was dann folgt, ist ein (für mich) ein wenig fanatisch: Sie will ihre Lehrmeinung in der ganzen Welt verbreiten. Und nicht nur das: Maria Montessori kämpft für die Gleichberechtigung der Frauen.
Ihr Privatleben opfert sie ihrer Karriere und um ihren eigenen Sohn gibt sie in Pflege, nachdem sie von ihrem Geliebten verlassen worden ist.

Meine Meinung:

Gernot Uhl vermag es mit seinen Kurz-Biografien Interesse für Leute zu wecken, die sonst vielleicht nicht so ganz in den Fokus geraten. Die Lebensgeschichten sind flüssig und spannen geschrieben. Leider haben sie hier auch einige Tipp- und Grammatikfehler eingeschlichen, die meinen Lesegenuss ein wenig stören.

Maria Montessoris Leitsatz „Hilf mir, es selbst zu tun“ hat auch heute noch Gültigkeit, manche andere Methode nicht mehr.

Fazit:

Ein gelungener Einstieg in die Welt der Maria Montessori und ihrer Pädagogik, auch wenn man damit wenig am Hut hat.


Veröffentlicht am 26.01.2018

Biografie einer starken Frau

Erzherzogin Sophie
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Erzherzogin Sophie ist vor allem durch ihr Image als „Böse Schwiegermutter“ bekannt. Doch war sie das wirklich?

Die beiden Autorinnen Anna Ehrlich und Christa Bauer versuchen ein differenzierteres Bild ...


Erzherzogin Sophie ist vor allem durch ihr Image als „Böse Schwiegermutter“ bekannt. Doch war sie das wirklich?

Die beiden Autorinnen Anna Ehrlich und Christa Bauer versuchen ein differenzierteres Bild von Kaiser Franz Josephs Mutter zu zeichnen.
Wer war sie nun?

Die 1805 geborene Tochter von Maximilian I. von Bayern und seiner Gemahlin Prinzessin Karoline von Baden wuchs im, von Napoleon neu geschaffenen Königreich Bayern auf. Sie wurde 1824 aus rein dynastischen Gründen mit Erzherzog Franz Karl, dem zweiten Sohn Kaiser Franz II./I. verheiratet.

Sophie ist politisch interessiert und sehr ehrgeizig. Ihrem Gemahl ist sie geistig weit überlegen. Der eine oder andere Schachzug erregt sogar die Aufmerksamkeit von Staatskanzler Metternich. Als Kind, eines durch die Revolutionskriege zum König erhobenen Fürsten, fürchtet sich nichts mehr wie Umsturz und Machtverlust. Diese Angst wird ihr Handeln zeitlebens vorantreiben. Ihrem Ehrgeiz opfert sie alles: Ihren Mann, ihre eigene Person und ihre Kinder. Obwohl sie ihre Söhne Franz Joseph, Maximilian, Carl Ludwig und Ludwig Viktor (die einzige Tochter stirbt bereits als kleines Kind) abgöttisch liebt, unterwirft sie vor allem Franz Joseph einem Erziehungsprogramm, das schon beinahe als Kindesmisshandlung gelten muss: Ein Sechsjähriger, der eine 50-60 Stunden Woche hat?

Heute würde man sie als „Helikopter-Mutter“ bezeichnen, die sich in alles einmischt und den Kindern keinen Freiraum lässt.

Zur Höchstform läuft Sophie auf, als klar wird, dass der neue Kaiser Ferdinand kaum in der Lage ist die Regierungsgeschäfte zu führen. Zuvor noch einer Meinung mit Metternich entfremden sich die beiden als der Staatskanzler „quasi ohne Kaiser“ regieren will.
Bei der Niederschlagung der Revolutionen im März bzw. Oktober 1848 spielt Sophie eine etwas undurchsichtige Rolle. Auf der einen Seite ist sie strikt gegen eine Modernisierung der Monarchie und auf der andern flieht sie beide Male mit der Familie.
Letztlich zwingt sie gemeinsam mit einigen Getreuen Ferdinand zu Abdankung und ihren Mann zum Thronverzicht. Nun ist der Weg frei für den knapp 18-jährigen Franz Joseph.

Sophie mischt sich weiter in das politische Geschehen ein und hier muss man dem Kaiser (und seinen Beratern) den Vorwurf machen, dass er sich das gefallen lässt.
Ihr nächstes großes Vorhaben: Die standesgemäße Hochzeit des Kaisers. Ihre Nichte Elisabeth ist nicht die erste Wahl, aber Franz Joseph setzt hier (erstmals?) seinen Willen durch. Die Geschichte ist bekannt – Tante und Nichte können einander nicht leiden. Sophie ist zwar nicht das „Schwiegermonster“ wie uns immer wieder suggeriert wird, doch die noch immer ehrgeizige Frau glaubt, in der blutjungen Elisabeth eine weitere Schachfigur in ihrem Spiel zu haben. Die Zores sind vorprogrammiert, da Elisabeth keine ordentliche Ausbildung zur Kaiserin erhalten hat und sich dem Wiener Hof nicht unterordnen kann oder will.

Erst gegen Ende ihres Lebens wird sich Sophie langsam aus der Politik zurückziehen. Sie erlebt tief enttäuscht die vielen Niederlagen der Österreichischen Armee, die Krönung Maximilians zum Kaiser von Mexiko und dessen Scheitern 1867 sowie den Ausgleich mit Ungarn. 1867 ist für Sophie das „annus horribile“.

Meine Meinung:

Gleich vorab sei gesagt, dass für diejenigen, die eine besondere Beleuchtung des Verhältnisses „Sophie/Elisabeth“ erwartet haben, wenig Neues in dieser Biografie aufgedeckt worden ist.

Dieses Kapitel ist in Relation zu den Schilderungen der Erzherzogin und ihrem Umfeld eher kurzgehalten.

In vielen Zitaten, Tagebuchauszügen versuchen die Autorinnen, Sophies Rolle als politische Strippenzieherin in den Vordergrund zu rücken. Dieser Eindruck gelingt mühelos und manchmal muss ich über ihren Ehemann Franz Karl den Kopf schütteln.

Gut hat mir die Darstellung der Epoche gefallen, die von den Napoleonischen Kriegen und der Restauration geprägt war. Details aus dem Metternich’schem Überwachungsstaat sowie die Auflehnung dagegen sind gut in die Biografie eingearbeitet.

Auffallend ist, dass die erste Lebenshälfte viel detaillierter beschrieben ist als die zweite. Was wohl diesen Bruch in der Arbeit der Autorinnen hervorgerufen hat? Ich finde es schade, dass hier ein recht jähes Ende ohne die penible Einarbeitung von Feinheiten wie zu Beginn des Buches zustande kommt.

Obwohl ich mich in der Genealogie des Hauses Habsburg recht gut auskenne, fehlt ein Stammbaum recht deutlich. Die Verwandtschaftsverhältnisse ließen sich da besser darstellen. Denn die wenig kreative Namensgebung der Herrscherhäuser (Franz, Maximilien, Sophie, Caroline etc.) bringen nicht so versierte Leser gehörig ins Schwitzen. Das häufige Blättern im Internet schmälert das Lesevergnügen.

Mit ihrer Einschätzung, die sie in ihren letzten Lebensjahren Gräfin Helene von Erdödy mitteilt, hat Sophie recht:

„Leider wird nicht von jenen, die mich kennen, Geschichte gemacht! Und es ist ein böses Gefühl, zu bedenken, dass selbst bis über das Grab hinaus die üble Nachrede dauert.“

Eine starke Frau war Erzherzogin Sophie jedenfalls.

Fazit:

Für Kenner der Materie gibt es zwar einige interessant Details aus dem Umfeld Sophies, über die Person erfahren wir wenig Neues. Daher nur 4 Sterne.