Profilbild von Wedma

Wedma

Lesejury Star
offline

Wedma ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Wedma über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.01.2018

Ein gutes Buch für Einsteiger.

Der Zerfall der Demokratie
0

Von dem Buch habe ich insg. einen guten Eindruck gewonnen. Als Einstieg in diese Problematik eignet sich dieses Werk sehr gut.
Das Buch ist nach dem klassischen amer. Prinzip „Situation – Komplikation ...

Von dem Buch habe ich insg. einen guten Eindruck gewonnen. Als Einstieg in diese Problematik eignet sich dieses Werk sehr gut.
Das Buch ist nach dem klassischen amer. Prinzip „Situation – Komplikation – Lösung“ aufgebaut worden und hat drei Teile je drei Kapitel, rund 255 Seiten insg., die aus einigen kürzeren Abschnitten bestehen. Vorwort von ca. 24 S. und Schlussbemerkung von ca. 15 S. runden die Ausführungen ab.
Mounk unterscheidet zw. der liberalen Demokratie, undemokratischem Liberalismus, illiberaler Demokratie und Diktatur. All diese Formen beschreibt er anschaulich im Kap. 1, Teil I. Im Kap. 3 spricht er von der „Entkonsolidierung der Demokratie“ und stellt anhand von einigen Graphiken und Statistiken fest, dass die Liebe zur Demokratie schwindet und andere, autoritäre Alternativen, insb. bei der jüngeren Bevölkerung, populärer werden. Er beschreibt die gefährlichen Folgen solcher Entwicklungen, schildert sie am Beispiel Polens und schließt Teil I mit: „Die Vorboten des Zerfalls der Demokratie standen deutlich vor aller Augen. Aber die meisten Politikwissenschaftler haben es vorgezogen, nicht hinzusehen. Das macht es umso wichtiger, dieselben Warnglocken jetzt, da sie auch in Ländern wie Deutschland und vereinigten Staaten ohrenbetäubend läuten, endlich ernst zu nehmen.“ S. 154.
Im Teil II (ca. 33 S.) nennt Mounk Gründe für die o.g. Entwicklungen wie die Identitätskrise, Ängste wirtschaftlicher Natur, die im Laufe der letzten Jahrzehnte immer akuter wurden, spricht von der Rolle der sozialen Medien, und erklärt, wie all dies zur Aushöhlung der liberalen Demokratie geführt hat.
Teil III widmet sich den Lösungen (ca. 90 S.): „Nationalismus zähmen, Wirtschaft sanieren, Glauben an Demokratie erneuern“, so die Vorschläge des Autors. Im Schlusswort ruft er zur Rettung der Demokratie auf, ja zum Kampf für eigene Überzeugungen.
Mounk sagt viele richtige Dinge, wie z.B. „Im Laufe der letzen Jahrzehnte in nordamerikanischen und westeuropäischen Ländern zu einem Zerfall der Demokratie. Unser politisches System verspricht die Volksherrschaft. Aber in der Praxis ignoriert es den Willen allzu häufig. Von den meisten Politikwissenschaftlern unbemerkt hat in vielen Ländern ein System des Rechts ohne Demokratie Einzug erhalten“. S. 292.

Mir war aber auch oft, dass er sich sehr zurückgehalten hat, z.B. als es um die Rolle der Eliten in den o.g. Entwicklungen ging und noch paar anderen Punkten, was das Ganze politisch korrekt und etwas oberflächlich erscheinen lässt. Zudem blieb er im Rahmen des gewohnten Narratives der Leitmedien, u.a. wenn es um die Beschreibung des Zustandes der Demokratie und die Ursachen ihres Zerfalls ging. Und als er den Blick auf andere Länder richtete: „böse Buben“ an der Macht, wohin das Auge reicht, und „bei den Guten“ liegt auch vieles im Argen, was zur von mir insgeheim erhofften erfrischenden Originalität und Tiefe der Ausführungen wohl kaum beigetragen hat.
So ist es eher ein Werk für Einsteiger geworden, die ihre ersten Schritte auf dem Gebiet so langsam aber sicher machen möchten.

Das Werk liest sich angenehm leicht. Der Stoff ist sehr zugänglich dargeboten worden, anhand von vielen Beispielen und Situationen, die Leser bestimmt schon kennen. Die Zusammenhänge sind klar, die Argumentation ist logisch und auch für Laien prima verständlich.

Das Buch ist schön gemacht: Festeinband in Dunkelblau, Umschlagblatt, einige Graphiken in schwarz/weiß, Quellennachweis zum Schluss auf rund 40 S.

Fazit: Ein gutes Buch für Einsteiger, die sich dem Thema „Zerfall der Demokratie“ nähern möchten. Alles ist gut und sehr zugänglich erklärt worden. Die vorgeschlagenen Lösungen sind kaum von der Hand zu weisen, stellen aber insg. keine neuen Erkenntnisse dar. Die großen Durchbrüche und bahnbrechende Enthüllungen sind nicht dabei.

Veröffentlicht am 28.01.2018

Lesenswerte Biographie einer starken, schönen, charmanten, klugen Frau.

Die amerikanische Prinzessin
0

„Die amerikanische Prinzessin“ von Annejet van der Zijl habe ich sehr gern gelesen und kann diese Biographie gut weiterempfehlen.
Klappentext beschreibt den Inhalt sehr gut. Man lernt eine starke Frau ...

„Die amerikanische Prinzessin“ von Annejet van der Zijl habe ich sehr gern gelesen und kann diese Biographie gut weiterempfehlen.
Klappentext beschreibt den Inhalt sehr gut. Man lernt eine starke Frau kennen, die zwar aus einem reichen Clan in Jamestown, USA, kommt, sie wuchs jedoch in einer Familie auf, die in bescheideneren Verhältnissen lebte. Schon früh wurde Allene von einem Millionärssohn schwanger, ging mit ihm weg und heiratete ihn. Das Glück währte jedoch nicht lange, ihr Mann verfiel in Spielsucht und sie musste allein ihre Kinder großziehen.
Allene Tew heiratete noch vier Mal, darunter einen Adeligen in Schlesien vor dem 2.ten Weltkrieg. Sie hatte zwar Geld, aber privates Glück war bei ihr nicht von langer Dauer. Allenes Schicksal war schon voller tragischer und ergreifender Momente. Manchmal musste ich denken: wie viele Schicksalsschläge kann eine Frau noch ertragen? Dennoch meisterte sie all die Herausforderungen mit Bravour. Ihren Optimismus, den Glauben an das Bessere in den Menschen und im Leben hat sie nie verloren. Insb. zum Schluss gibt es Lebensweisheiten aus der Feder von Allene, da Zitate ihren Briefen aufgeführt wurden, was sie den Lesern noch näher bringt.
Diese Biographie liest sich sehr leicht, sehr angenehm, fast wie ein historischer Frauenroman. Annejet van der Zijl schildert bildhaft auch die Verhältnisse in der „besseren“ amerikanischen Gesellschaft, in der Allene verkehrte. Diese Scheinheiligkeit, Arroganz und Hinterhältigkeit der Reichen kommt am Beispiel der ersten Familie, in die Allene eingeheiratet hatte, insb. a.d. Schwiegermutter, gut zur Geltung. Auch im weiteren Verlauf stößt man hier und dort auf die Kritik am amerikanischen gesellschaftspolitischen System. Auch weitere historische Ereignisse, wie der 2.te Weltkrieg, Turbulenzen an der Börse, etc. kommen an Allene nicht unbemerkt vorbei und hinterlassen ihre Spuren.
Schön fand ich diese griffigen Fazits am Ende der Kapitel, die das vorher Gesagte oft auf den Punkt bringen. Die Analysen der gesellschaftlichen Verhältnisse haben mich köstlich amüsiert. Von der Journaille, so steht es auch im Text, hat Annejet van der Zijl keine besonders hohe Meinung und hält diesbezüglich und sonst auch keinen Blatt vor dem Mund.
Schön ist auch, dass es recht vielen Fotos im Buch gibt, die Allene in jüngeren und späteren Jahren zeigen, ihre Kinder, ihre Ehemänner, ihre Anwesen, die Kinder ihrer späteren Ehemänner, etc. Allene war so, dass sie junge Menschen gern um sich hatte und sich um sie kümmerte. Sie ließ oft ihre Beziehungen spielen und protegierte sie so gut es ging. Manche haben ihr Glück zu schätzen gewusst. So wurde die niederländische Monarchie gerettet, und Allene stand bei der Taufe der zukünftigen Königin Beatrix vor dem Taufbecken neben der Königin Wilhelmina.
Zu all dem war sie in jüngeren Jahren auch Kunstsammlerin und Wohltäterin, engagierte sich in entsprechenden Gesellschaften.
Die Einlagen mit dem letzten Zaren und insb. Rasputin hätten gern kürzer ausfallen dürfen. Auch sonst fehlten mir an mehreren Stellen die Quellen. Aus anderen Sachbüchern bin ich einwandfreien Umgang mit Quellen gewohnt und da soll sich bitte nichts daran ändern.
Das Buch ist schön gestaltet: Festeinband in kräftigem Violett, Umschlagblatt, eine geographische Karte gleich vorn, die Nordosten des Landes, insb. New York, Long Island, Jamestown abbildet.

Fazit: Eine lesenswerte Biographie, die schon fast wie eine Romanbiographie anmutet. Es ist aber eine Erzählung mit nur ganz wenigen kurzen Dialogen. Sachlich und nüchtern erzählt.
Es lohnt sich, Allene Tew kennenzulernen. Sie war eine in jeder Hinsicht bemerkenswerte Person: fein und charmant, bodenständig, klug und schlagfertig. Mir war, als ob sie ihr Leben lang versucht hatte, der Einsamkeit zu entfliehen, was ihr nicht so ganz gelang. Im hohen Alter war sie allein.
Vier gute Sterne und eine Leseempfehlung.


Veröffentlicht am 26.01.2018

Als erste Annäherung an das Thema kann es gute Dienste leisten.

Zerbrochene Länder
0

Das Buch erzählt über die Krise in der arabischen Welt aus der Perspektive der „kleinen“ Leute, die von dort aus stammen: z.B. aus dem Irak, Syrien, Libyen, Ägypten, Kurdistan. Diese persönlichen Geschichten ...

Das Buch erzählt über die Krise in der arabischen Welt aus der Perspektive der „kleinen“ Leute, die von dort aus stammen: z.B. aus dem Irak, Syrien, Libyen, Ägypten, Kurdistan. Diese persönlichen Geschichten wurden abwechselnd, nach Themen und Zeiten geordnet, erzählt.
5 Teile hat das Buch:
Teil I: Die Ursprünge 1972-2003
Teil II: Der Irakkrieg: 2003-2011
Teil III: Der arabische Frühling 2011-2014
Teil IV: Der Aufstieg des IS 2014-2015
Teil V: Exodus 2015-2016.
Die Teile sind in 4-16 Kapitel aufgeteilt. Diese sind kurz, sachlich und griffig geschrieben, was dazu verleitet, stets ein nächstes Kapitel aufzuschlagen. Es gibt s/w Fotos von den erzählenden Personen, auch Bilder von den Straßen, zerstörten Gebäuden vor Ort, etc.
Diese Menschen im Nahen Osten, die man im Teil I kennenlernt, erzählen ihre Geschichten und somit die ihrer Familie und insg. ihrer Länder bis zum Ende weiter. Es war spannend zu lesen, was ihnen im Laufe der Zeit passierte, wie sie es empfunden haben, wie sich die polit. Lage änderte, welche Probleme kamen dazu, was die einfachen Leute über ihre Regierungen dachten, was sie dagegen taten, etc. Es gibt z.B. gleich im Kap. 1 die Geschichte von Laila Soueif. Sie, ihr Mann und später die Kinder waren aktive Regierungsgegner und demonstrierten oft auf den Straßen. Hier wurden einige Hintergrundinfos hinzugefügt, die z.B. erklären, wie es dazu kam, dass das Volk in Ägypten, wie auch die Soueifs, „Nassers autokratischen Regierungsstil verabscheuten“ und auch später gegen Mubarak protestierten, u.a. weil er gern und regelmäßig Geld von USA nahm, und sonst nicht so viel für besseres Leben im Land tat. Bei diesen Berichten las man hin und wieder, je nach Land und seinen Problemen, von anti-amerikanischer Einstellung der Menschen.
Auch weitere Personen, wie z.B. eine Frauenaktivistin aus Syrien, die zwar später, beim ausgebrochenen Krieg, in die USA auswandern konnte, ging aber wieder zurück nach Jordanien, um sich um die kranken Eltern zu kümmern, da ihre Familie dorthin geflohen war. Diese Frau, wie auch weitere junge Leute, „trifft“ man auch später. So entwickeln sich ihre dramatischen Lebensgeschichten vor Augen der Leser. Man kann sich in ihre Situationen hineinversetzen, die Ausweglosigkeit ist manchmal mit Händen zu greifen, ihre oft tragischen Schicksale quasi hautnah. Manche von den geschilderten Personen landeten am Ende in Deutschland, Österreich, manche blieben vor Ort, manche sind gar in benachbarten Ländern zum Tode verurteilt, etc. Auch die nationalen Konflikte, wie die in Kurdistan, oder auch im Irak insg., die Ansätze der Problemlösungen, wie sie manche Kenner vor Ort vorschlagen, findet man ebenso im Buch. Man sieht dabei v.a., wie komplex die Verhältnisse sind. Und eins ist klar: Einfache Lösungen kann es nicht geben, schon allein weil vieles nach dem Prinzip des Fluches der bösen Tat läuft: Eine böse Tat zieht unweigerlich die nächste nach sich, die noch brutaler ausfällt, etc. So entstand eine Abwärtsspirale, die heute kaum einer stoppen kann, und viele Landschaften liegen in Trümmern.
Manches in diesem Buch war mir auch eher negativ aufgefallen: Es gibt keine Quellen. Auch bei den Schilderungen der allg. Lage nicht. Z.B. wurde der Giftgasangriff mit Sarin in Ghouta, Syrien, von Leitmedien hüben wie drüben gern Assad in Rechnung gestellt. Die kritischen Quellen widersprechen diesen Ausführungen und begründen dies. Näheres dazu z.B. in „Die den Sturm ernten“ von Michael Lüders und „Illegale Kriege“ von Daniel Ganser. Zu den Prinzipien, wie die Leitmedien funktionieren: „Lügen die Medien?“ von Jens Wernicke.

Die persönlichen Schicksale erscheinen recht stichhaltig und glaubhaft. Sie stammen von den Begegnungen des Autors vor Ort und später aus den Meldungen der beschriebenen Personen aus jew. Ländern.

Insg. ließ sich die Anhänglichkeit an die Linie der Leitmedien recht deutlich wahrnehmen. Kein Wunder, denn der Autor wurde vom Chefredakteur des New York Times Magazine zu einer Reportage über die Krise im Nahen Osten beauftragt. Der wesentliche Teil dieses Buches war dort in 2016 erschienen.

Fazit: Ein Buch, das die Krise im Nahen Osten aus der Perspektive der „kleinen Leute“ schildert und noch paar erklärende Hintergrundinfos liefert. Als erste Annäherung an das Thema kann es gute Dienste leisten.


Veröffentlicht am 26.01.2018

Boulevard trifft Sachbuch.

Unser kreatives Gehirn
0

Das Buch ist recht gut, leserfreundlich gestaltet, eher etwas für Einsteiger, die sich für das Thema begeistern wollen, um evtl. später auf seriösere Ausführungen umzusteigen.
Die 536 Seiten des reinen ...

Das Buch ist recht gut, leserfreundlich gestaltet, eher etwas für Einsteiger, die sich für das Thema begeistern wollen, um evtl. später auf seriösere Ausführungen umzusteigen.
Die 536 Seiten des reinen Textes sind in 28 Kapitel gegliedert. Diese sind nach 7 Themengebieten zusammengefasst worden: „Die Entwicklung unseres Gehirns im kulturellen Umfeld“, „Die Kunst und das Gehirn“, „Die Musik und das Gehirn“, „Gehirn, Beruf und Autonomie“, „Die Umgebung und das Geschädigte Gehirn“, „Das Denken über das Gehirn und uns selbst“, „Neue Entwicklungen und Gesellschaftlichen Konsequenzen“. Die Kapitel sind in kleinere Unterkapitel von 1-6 Seiten unterteilt. Darin gibt es sehr oft Bilder, Zeichnungen, sodass man insg. nicht allzu viel Text pro Seite hat und sich eher in einem Unterhaltungs- als Lehrbuch fühlt. Gleich zu Anfang gibt es „Schematische Darstellung des Gehirns im Längsschnitt“ und weitere Zeichnungen, die verschiedene Teile der Hirnrinde dem Leser erklären und das Verstehen der Ausführungen erleichtern. Vor kleineren Kapiteln gibt es gute Zitate: „Spazieren geht man nicht für den Körper, sondern für den Geist.“ S. 367 „Unser Leben spielt sich zwischen dem ersten und dem letzten Lächeln ab.“ S. 351, uvm.
Man sieht den Ausführungen an, dass der Autor es versteht, sein Fachwissen in den Dienst der Unterhaltung der breiten Masse zu stellen. Er bespricht die Themen so, dass es den Anfänger für dieses Themengebiet begeistern könnte. Die Themenauswahl fällt auch entsprechend aus: Sexualität und Homosexualität wurden ganz am Anfang besprochen. „Ein hoher IQ“, „Gehirnerkrankungen bei Künstlern“, wie Hieronymus Bosch zu seinen sonderbaren Visionen kam, die er in seinen Bildern zeigte und unsterblich wurde, auch „Die Alzheimer- Krankheit und andere Formen der Demenz“ uvm. sind dabei. Die Vielfalt an Themen ist schon beachtlich.
Manches ist aber zu flach, zu vereinfacht dargestellt worden. Neues ist rar, es gibt recht viele Allgemeinplätze. Manche These erschien mir zu steil und wenig begründet, manches auf Missverständnissen basiert, in etwa, auf welcher Grundlage die Russen ein Gesetz bezüglich der Verbreitung der Homosexualität verabschiedet hatten. Hier erschien mir die Integrität des werten Autors doch eher angeknackst. Erst brüstet er sich damit, welch enormes Interesse und großen Erfolg er in Moskau mit seinem Buch zelebrieren konnte, um dann zu erklären, wie verkehrt und rückständig er die Russen doch findet, a lá: Das viele Geld nehme ich schön mit, in der Heimat sind die Leute ja nicht so leicht zu begeistern, und hinterrücks lästere ich über euch. Es ist nichts Neues. Solch chauvinistische Handhabe hat eine lange Tradition, gehört in Europa nach wie vor „zum guten Ton“. Aber dass man sich selbst dabei nicht seltsam vorkommt und damit noch prahlt! Kopfschüttel.
Auch Swaabs Umgang mit Quellen rief bei mir ähnliche Reaktion, denn sie fehlten komplett. Hinten im Buch gibt es nach Glossar von 9 S. „Literatur“ erst allgemein, paar Titel, dann nach Kapiteln sortiert, aber ohne jede Referenz zur jeweiligen Seite. Man kann sich also kaum zusammenreimen, wo genau er manche steile These herhat und worauf sich seine Ausführungen insg. stützen.
Das Buch ist sonst schön gestaltet: Festeinband in Türkis, Umschlagblatt. Es ist normal groß, wiegt 1440gr. Kommt durchaus als Geschenk infrage.

Fazit: Für Laien, die primär Unterhaltung suchen und doch noch etwas über das Gehirn und seine Funktionsweise erfahren möchten, um damit in etwa auf einer Party aufzutrumpfen, ist dieses Buch prima geeignet. Die vielen bunten Bilder, kurze Unterkapitel, v.a. die Art der Stoffdarbietung sprechen dafür. Auch die Anfänger, die einen leichteren Einstieg ins komplexe Thema Gehirn suchen, werden hier gut bedient. Trotz mancher Schwächen vergebe ich mit viel Wohlwollen 4 Sterne.

Veröffentlicht am 12.01.2018

Humorvoll, tiefgründig und unterhaltsam!

»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen«
0

Die zwei Theaterstücke von Martin Schörle „Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten“ und „Einladung zum Klassentreffen“ habe ich gern gelesen. Von der Bühne, von tollen Schauspielern vorgetragen, ...

Die zwei Theaterstücke von Martin Schörle „Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten“ und „Einladung zum Klassentreffen“ habe ich gern gelesen. Von der Bühne, von tollen Schauspielern vorgetragen, wie ich es mir beim Lesen leicht vorstellen konnte, wären sie bestimmt ein lang anhaltendes, beeindruckendes Erlebnis. Aber auch als Lesestoff sind sie eine sehr gute, kluge, bereichernde Unterhaltung, die einen zum Nachdenken anregt und das eine oder andere Lächeln dabei entlockt.

Diese Mischung aus der guten Prise Humor, Selbst-Ironie, die manchmal ins Tragische hinübergleiten, angereichert mit Gesellschaftskritik und Unmöglichkeit, etwas an dem Ganzen zu ändern, mit der die Geschichten gewürzt sind, ist schon an sich beeindruckend. Noch beindruckender ist aber das wohl ersichtliche Können des Autors, das Ganze in einem Theaterstück mit einer Leichtigkeit zu präsentieren, dass man darin versinkt und voll in dieser Welt aufgeht.

So sieht man das schöne Zusammenspiel des Talents und der handwerklichen Fertigkeit, das imstande ist, die Leser bzw. die Zuschauer, in Staunen und Verzauberung zu versetzten.

Besonders gern habe ich das zweite Theaterstück, „Einladung zum Klassentreffen“ gelesen. Auch das hätte ich gern mal von der Bühne vorgetragen gesehen. Einfach großartig. Die Form und der Inhalt passen wunderbar zusammen und erzählen eine Geschichte, die eigentlich aus Lebensgeschichten mehrerer Beteiligten besteht, die insg. auf viele Menschen unserer Zeit zutrifft, i.e. der Generation um die vierzig den Spiegel vors Gesicht hält, zum Nachdenken anregt und doch so besonders und aufregend wie bei diesen beiden ist. Da unterhalten sich schlicht ein Mann und eine Frau, ehemalige Klassenkameraden, über ihre halb gelebten Leben. Klingt vordergründig so unspektakulär, doch wenn man dieses Theaterstück liest, gewinnt das Ganze an Tiefe und Bedeutung. Eine Prise der Selbstironie schwingt da auch mit. Im Klappentext liest man: „…Inhaltlich eine Liebesgeschichte, wagt das Stück den Spagat zwischen Komik & Tragik, Lachen& Weinen.“ Und ich sage, sie wagt den Spagat nicht nur, dieser ist auch ganz hervorragend gelungen. Es war mir ein Vergnügen, diese beiden Figuren kennenzulernen.

Fazit: Die zwei Theaterstücke von Martin Schörle habe ich gern gelesen und kann sie gut weiterempfehlen. Vllt wären sie auch etwas für Theatertruppen, die aus ambitionierten Freizeitschauspielern bestehen. Unterhaltsam, tiefgründig, wären sie eine Bereicherung für die Bühne, auch sehr unterschiedlich vom Thema und von der Stimmung her.
Ich wünsche Martin viel Erfolg und dass er seine Leser/Zuschauer mit vielen tollen Theaterstücken auch weiterhin erfreut.