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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.02.2018

Skurill

Strom auf der Tapete
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Ron Robert lebt mit seiner Mutter Peggy in einem Plattenbau und nervt sich über den neuen Freund seiner Mutter. Ron Robert hat eine etwas spezielles Hobby : er hat ein Materiallager in seinem Zimmer und ...

Ron Robert lebt mit seiner Mutter Peggy in einem Plattenbau und nervt sich über den neuen Freund seiner Mutter. Ron Robert hat eine etwas spezielles Hobby : er hat ein Materiallager in seinem Zimmer und stapelt, sortiert und ordnet und das am liebsten nachts. Als die Rollstuhlfahrerin Clara in seine Klasse kommt, meldet er sich freiwillig und leistet ihr während des Sportunterrichts der Klasse Gesellschaft. Der Grund ist nicht etwa Clara, sondern weil Ron Robert Sport nicht mag. Denn Clara findet er hochnäsig…bis er an seinem Geburtstag Clara von einer ganz anderen Seite kennen lernt.

Dieses Jugendbuch beleuchtet zwei total unterschiedliche Lebenshintergründe. Ron Robert, der als asozial gilt, da die Mutter mehr oder weniger trinkt, immer wieder wechselnde Freunde hat und in einer Gegend wohnt, in der die Leute vorwiegend arm sind. Clara wächst als Tochter reicher Eltern in grosser Villa mit eigenem Carport auf. Geld darf sie einfach aus der Schreibtischlade des Vaters nehmen. Die beiden haben jedoch eine grosse Gemeinsamkeit. Bei Clara und Ron Robert sind die Eltern erschreckend abwesend.
Die Geschichte ist etwas skurril, die Handlung zeitweise abgedreht. So fahren Clara und Ron Robert in weissem Luxusschlitten spontan 100 km an ein Konzert, bei dem Ron Robert sicher ist, seinen Vater zu finden. Mich hat jedoch etwas, das ich nicht genau benennen kann, an dieser Story gefesselt. Vielleicht die Hoffnungslosigkeit mit der Ron Robert sein Leben hinnimmt und dann erkennt, dass Clara zwar Geld zur Verfügung steht, jedoch nicht viel besser dran ist als er?
Den Schreibstil habe ich als sehr abgehackt empfunden, hier ist kein Wort zuviel enthalten. Die Sprache ist der Sprache Jugendlicher angepasst, daher authentisch. Ab und zu musste ich ein Wort zweimal lesen, um die Bedeutung zu verstehen. Wie zum Beispiel das Wort „Schangsons“ (Chansons). Zeitweise wird es etwas langatmig, wie zum Beispiel als Clara monologartig ihre Geschichte erzählt.
Immer wieder habe ich mich gefragt, ob Ron Robert autistische Züge aufweist oder einfach ein Nerd ist ? Das Sortieren,Stapeln und Ordnen würde dazu passen. Auch die Listen, die er schreibt und führt und die genausten Uhrzeiten ,die er einhält….bis zum Schluss des Buches habe ich es nicht heraus gefunden.

Veröffentlicht am 09.02.2018

Trennung oder nicht ?

Der erste Blick, der letzte Kuss und alles dazwischen
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Es ist der Abend bevor Aidan und Clare sich trennen müssen. Nach zweijähriger Beziehung beginnt nun eine neues Leben für die beiden. Aidan wird in Kalifornien studieren und Clare in New Hampshire. An ihrem ...

Es ist der Abend bevor Aidan und Clare sich trennen müssen. Nach zweijähriger Beziehung beginnt nun eine neues Leben für die beiden. Aidan wird in Kalifornien studieren und Clare in New Hampshire. An ihrem letzten gemeinsamen Abend besuchen sie noch einmal all die Orte, die eine besondere Bedeutung für sie haben. Und sprechen darüber, was die Zukunft ihnen bringen wird. Clare ist überzeugt, dass es besser ist, sich zu trennen, damit jeder von ihnen frei ist um neue Bekanntschaften zu machen. Aidan ist davon weder begeistert, noch überzeugt.

Etwas kryptisch beginnt diese Geschichte rund um Aidan und Clare. Nach dem Prolog begreift man als Leser, dass die beiden am Ende eines Weges angekommen sind. Warum und wohin dieser führt, bleibt noch eine Weile im Dunkeln. Ich hätte mir gewünscht, nicht erst nach 50 Seiten etwas mehr über die Lebensumstände der beiden zu erfahren. So geht es im ersten Drittel vorwiegend um Gefühle und die Handlung und Erklärungen fahren auf Sparflamme und ich hatte einige Schwierigkeiten mit den Figuren warm zu werden. Irgendwann hat sich das gelegt und die chronologische Schnitzeljagd beginnt. Die Idee dahinter hat mir gefallen, denn als Leser erkennt man so mehr und mehr, wie die Dinge liegen. Typisch Mann, kann sich zum Beispiel Aidan nicht mehr erinnern, wann und wo die beiden zum ersten Mal miteinander gesprochen haben. Hat mir doch ein schmunzeln entlockt.
Ich hatte auch das Gefühl, dass Aidan von ihrer Liebe und, dass sie die vier Jahre Trennung meistern können, überzeugt ist. Clare ist voller Zweifel und weiss einfach, dass sie ihren Weg gehen will. Diese Zerrissenheit wurde sehr gut ausgearbeitet und kommt gut rüber. Allerdings ist Clare schon arg kompliziert und denkt auch so…zeitweise empfand ich sie doch etwas anstrengend.
Die Idee, die Stationen ihrer Liebe noch mal zu besuchen, empfinde ich als gefährlich. Denn "aufgewärmtes" schmeckt beim zweiten Genuss nie mehr so gut und die Möglichkeit, dass Ungesagtes zu Tage kommt ist gross.
Den Schreibstil habe ich als frisch und sehr flüssig empfunden. Dadurch und da das Buch eher dünn ist, hatte ich es relativ schnell gelesen. Es wird auch romantisch, doch ohne kitschig zu sein. Gerade der Schluss der Geschichte ist gut geschrieben und sieht doch etwas anders aus, als man denkt.

Veröffentlicht am 04.02.2018

Humorvoll!

Spätzleblues
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Pipeline Praetorias, genannt Line, ist unglücklich. Ihr Freund Leon musste beruflich für zwei lange Jahre nach China, sie bleibt in Stuttgart zurück. Zudem hat sie nach langer Arbeitslosigkeit einen neuen ...

Pipeline Praetorias, genannt Line, ist unglücklich. Ihr Freund Leon musste beruflich für zwei lange Jahre nach China, sie bleibt in Stuttgart zurück. Zudem hat sie nach langer Arbeitslosigkeit einen neuen Job in der Werbeagentur "Friends and Foes". Allerhand Trubel in ihrem Leben…ruhender Pol ist beste Freundin und WG Partnerin Lila. Wenn die nicht gerade Besuch von ihrem Freund Harald hat. Der bringt nämlich am Wochenende seinen furzenden Hund mit und aus ist es mit der Ruhe.
Und dann ist auch noch Tarik, seit einem missglückten Rendez- vous ihr bester Freund. Tarik muss seine türkische Familie beruhigen, die ihn unbedingt unter der Haube sehen möchten, und bittet Line, seine Verlobte zu mimen.

Obwohl dies schon das dritte Buch rund um Pipeline Praetoius ist, ist diese Reihe bisher an mir vorbei gegangen. Problemlos kam ich sofort rein in die Geschichte, die nur ab und zu und sehr zurückhaltend einige Details aus den vorderen Bänden, beinhaltet. Dies vor allem, wenn es um den familiären Anhang von Line geht. Doch da diese hier einen nebengeordnete Rolle spielen, hatte ich nie das Gefühl zu wenig Vorwissen zu haben.
Die Geschichte ordne ich als sehr witzig ein…ab und zu gibt es mal eine Situation, die sehr überzeichnet ist und sich bei mir den Eindruck von "gewollt lustig, einschlich. Doch im Grossen und Ganzen habe ich mich sehr amüsiert und gut unterhalten. Wenn Line und Lila nachts auf der Suche nach einem Kochtopf voll Marihuana sind und am nächsten Tag Hauptpersonen in einem Artikel in der Zeitung erscheinen…oder Line ihrer "Skype-Beziehung", Freund Leon zeigen will, was er vermissen sollte und mit handgeschneidertem Stringtanga eine Show, die sich gewaschen hat, abzieht…habe ich laut gelacht. Die Autorin lässt auch keine Klischees aus. Hier erfährt man, wie krank ein Mann wirklich ist, wenn er eine Erkältung hat!
Line, eigentlich der schwäbischen Sprache mächtig, spricht zum Glück für uns Leser astreines Hochdeutsch. Nicht so ihre Tante oder Lilas Freund Harald. Zum Glück hat die Autorin immer wieder Fussnoten eingesetzt, damit auch Leser, die der schwäbischen Sprache nicht mächtig sind, verstehen was gesprochen wird. Die Fussnoten sind zudem sehr witzig, denn sie beinhalten nicht nur die Übersetzung, sondern auch den einen oder anderen, augenzwinkernden Spruch.
Mich hat das Buch gut unterhalten und ich werde mir noch die ersten Bände rund um die Chaosqueen Line besorgen.

Veröffentlicht am 30.01.2018

Hat mich nachdenklich gemacht!

Before you go - Jeder letzte Tag mit dir
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Zoe und Ed sind seit 14 Jahren ein Paar, als Ed stirbt. Zoe ist verzweifelt, kann sich das Leben ohne Ed nicht vorstellen. Auch, dass sie im Streit auseinander gegangen sind ,nagt an ihr. Durch einen Unfall, ...

Zoe und Ed sind seit 14 Jahren ein Paar, als Ed stirbt. Zoe ist verzweifelt, kann sich das Leben ohne Ed nicht vorstellen. Auch, dass sie im Streit auseinander gegangen sind ,nagt an ihr. Durch einen Unfall, bekommt Zoe Gelegenheit, in die Vergangenheit zu reisen, und erlebt noch einmal all die wichtigen Tage in ihrer Partnerschaft. Durch einen nicht erfüllten Kinderwunsch musste die Ehe der beiden all die Jahre arg leiden und Zoe versucht jeden Tag mit Ed zu geniessen.

Ich habe bewusst in meiner Zusammenfassung, nicht Details vom Klappentext übernommen. Denn dort heisst es wörtlich : "Fortan hat Zoe die Chance, ihr gemeinsames Leben zu verändern." Meiner Meinung nach gaukelt dieser Satz etwas vor, was Clare Swatman zwar als Idee eingebaut, jedoch dann nicht durchgezogen hat. Immer wieder denkt sich Zoe, dass sie durch eine Änderung in ihrem Verhalten oder Leben, den Punkt erreicht, damit Ed nicht stirbt. Leider bleibt es bis auf 2, 3 Passagen beim Denken. Ich hatte den Eindruck, dass dieser rote Faden, irgendwann völlig verloren gegangen ist und nicht weiter verfolgt wurde. So empfand ich die Idee zwar als gut und schön, wenn auch nicht unbedingt innovativ…doch leider hapert es mit der Integration in die Handlung. Teilweise wusste Zoe, was sie erleben wird, teilweise war sie völlig ahnungslos. Da hat sie zum Beispiel auf den Heiratsantrag von Ed gewartet…wenn sie das alles schon erlebt hat, musste sie ja wissen, wann er vor ihr auf die Knie geht. Genau solche Details sind es, die bei mir ein wenig das Gefühl entstehen liessen, dass die Story unausgereift ist. Erst ganz zum Schluss, taucht die Idee, den Tod von Ed zu verhindern, wieder auf, und wird auch schlüssig in die Handlung eingewoben. Sehr überrascht, da nicht vorhersehbar, hat mich der Schluss des Buches. Die Frage " kann man das Schicksal überlisten ?" hat mich nachdenklich zurück gelassen...
Zoe und Ed führen keine einfache Beziehung, gerade der unerfüllte Kinderwunsch verlangt ihnen viel ab. Ein Auf und Ab, das normalerweise etwas ermüdend sein kann beim Lesen, wurde hier abwechslungsreich gestaltet. Sie verliebt sich in ihn, er will sich noch nicht binden. Einmal will sie heiraten, er nicht. Dann will er ein Baby, sie nicht. Kurz danach wollen beide, doch es klappt nicht. Die Autorin lässt uns Leser an dem Wechselbad der Gefühle teilhaben.
Die Botschaft, dass man nie im Streit auseinander gehen sollte, ist bei mir angekommen. Doch für Zoe und Ed ist das unheimlich schwierig, denn sie streiten sehr viel. So konnte ich ihnen die grosse Liebe, die sie scheinbar füreinander empfinden, nicht ganz abnehmen. Oft habe ich gedacht : "Leute, warum bleibt ihr nur zusammen?"
Waren mir Zoe und Ed sympathisch ? Ich denke, einzeln sind sie ganz sicher tolle Menschen. Als Paar nicht kompatibel, möchte ich nun nicht direkt was mit ihnen unternehmen. Schon diese Überlegung zeigt, dass die Autorin es geschafft hat, mich mit der Charakterisierung der Figuren zu überzeugen.
Der Schreibstil ist sehr einfach gehalten, es gibt kaum Perspektivwechsel. Die Geschichte spielt hauptsächlich aus der Sicht von Zoe. Ab und zu hätte es vielleicht etwas mehr Pep in die Handlung gebracht, wenn auch Ed nicht nur in der Beobachterperspektive beschrieben gewesen wäre ?
In diesem Buch liest man das Ende zuerst, dann springt die Autorin zurück ins Jahr 1993 und erzählt chronologisch und aus der Sicht von Zoe. Die Entwicklung, die die Beziehung nimmt, zu verfolgen, empfand ich als fesselnd und sehr gut gemacht.

Veröffentlicht am 27.01.2018

Starke erste Hälfte

Die Herzen der Männer
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Nelson Daughty ist 13 Jahre alt , als er im Sommer 1962 ins Camp Chippewa der Pfadfinderbewegung, fährt. Nelson hat keine Freunde und sein Vater Cete, der als Begleitperson mitfährt, ist enttäuscht von ...

Nelson Daughty ist 13 Jahre alt , als er im Sommer 1962 ins Camp Chippewa der Pfadfinderbewegung, fährt. Nelson hat keine Freunde und sein Vater Cete, der als Begleitperson mitfährt, ist enttäuscht von seinem Sohn. Anders Lagerleiter und Pfadfinderführer Wilbur Whiteside, der schnell erkennt, dass Nelson ein ganz besonderer Junge ist.
Im Lager im Norden Wiscosins, wird Nelson regelmässig gemobbt. Bei einer dieser Schikanen hilft im Jonathan, ein etwas älterer Pfadfinder, aus der Patsche.
Jahre später haben Jonathan und Nelson immer noch Kontakt. Nelson war im Krieg und ist traumatisiert. Jonathan hat Karriere gemacht , verheiratet und hat einen Sohn, Trevor. Wie schon Generationen zuvor fahren auch Jonathan und Trevor ins Pfadfinderlager. Nur der Weg dahin ist für Trevor beschwerlich, lernt er doch seinen Vater unter ganz anderen Voraussetzungen kennen.

Mit diesem Gegenwartsroman ist Nikolaus Butler ein guter Wurf gelungen. Obwohl die Geschichte von Testosteron nur so trieft, habe ich mich als weibliche Leserin gut unterhalten gefühlt. Die Story zeigt wie Männer denken, fühlen, handeln…ticken ! Ab und zu werden auch einige Klischees bedient. Zu dem oben erwähnten guten Wurf beigetragen, hat ganz sicher der unvergleichliche Schreibstil Butlers. Sehr lebendig und ausdrucksstark beschreibt er Szenen so, dass man nicht anders kann als mitzufühlen. Ich denke, es gibt nicht viele Autoren die einen gebackenen Pfirsichauflauf so beschreiben können, dass man die vor Süsse triefenden Pfirsiche in dem Kuchenteig bildlich vor sich sehen kann.
Die Lageratmosphäre, die Pfadfinderbewegung, ist sehr authentisch beschrieben und hat mich gefesselt. Gerade das Thema "Mobbing" in diesem Lager hat mich emotional sehr mitgenommen. Kinder , die ausgegrenzt werden, da geht mein Herz auf und ich empfinde sehr viel Mitleid für sie. Im grössten Teil des Buches konnte Butler Emotionen bei mir wecken. Wut, Unverständnis, Schadenfreude, Mitleid…ich habe die ganze Palette durchlebt. Leider hält dies nicht bis zum Schluss an. Die Szenen, die mich emotional berührt haben, wurden weniger und weniger. Einige Passagen, die ich als langatmig empfunden habe, gab es ebenfalls in der zweiten Hälfte.
Die Charakterisierung der Figuren ist neben einem tollen Schreibstil ein weiteres grosses Plus in diesem Buch. Genial wie Butler diese mit viel Fingerspitzengefühl gezeichnet hat. Sie überzeugen durch und durch. Sind jedoch nicht überzeichnet, so dass sie lächerlich wirken. Grandios! Nelson, die Hauptfigur vom ersten Teil, wird gegen Mitte zur Nebenfigur und macht Platz für andere Hauptprotagonisten. Ich empfand das als sehr abwechslungsreich, da man ja normalerweise das ganze Buch lang mit der selben Hauptfigur verbringt. Gegen Schluss rückt sogar noch eine Frau ins Rampenlicht, was für mich nun nicht wirklich gepasst hat, in dieser Geschichte.
Die Handlung spielt über 57 Jahre . Sehr gut hat mir gefallen, wie sich die Protagonisten entwickelt haben. Als Leser konnte man verfolgen, wie sie sich angefangen als junger Pfadfinder, in einen Familienvater und später Grossvater verwandelt haben. Unvorhersehbare Entwicklungen haben mich gerade in dieser Hinsicht sehr gefesselt.