Fitzek und Tsokos - ein unschlagbares Team, die viel mehr Projekte zusammen machen sollten.
Abgeschnitten„Liebes, wo bist du?“, fragte er, als könnte ihm die Mailbox eine Antwort geben. Herzfeld hörte den Klang seiner eigenen Stimme, was ein surreales, fast schizophrenes Gefühl erzeugte. […] Worum geht es? ...
„Liebes, wo bist du?“, fragte er, als könnte ihm die Mailbox eine Antwort geben. Herzfeld hörte den Klang seiner eigenen Stimme, was ein surreales, fast schizophrenes Gefühl erzeugte. […] Worum geht es? Etwa um Geld? „Warte auf Erik“, hörte er sie noch sagen, ohne zu begreifen, was sie damit meinte. „Er hat weitere Anweisungen für dich.“ Erik? Wer zum Teufel ist…? „Zu niemandem ein Wort, Papa. Sonst werde ich sterben." Sie schluchzte, dann hörte Herzfeld nur noch ein langgezogenes Piepen, und die Leitung war tot.
„Abgeschnitten“ – Sebastian Fitzek, Michael Tsokos
[S. 54]
Inhalt:
Paul Herzfeld ist ein erfolgreicher Rechtsmediziner in Berlin. Seine Karriere läuft gut, sein Privatleben hingegen ist ein einziger Trümmerhaufen. Seine Frau hat einen neuen Mann an ihrer Seite und seine einzige Tochter will nichts von ihm wissen. Herzfeld hat sich mit diesem Schicksal nicht abgefunden, doch versucht damit zu leben. Dann kommt der Tag, an dem sich sein einigermaßen sortiertes Leben komplett ändert. Im Kopf einer ziemlich schlimmen zugerichteten Leiche, findet der Rechtsmediziner eine Telefonnummer - die Nummer seiner Tochter. Angsterfüllt ruft er hinter dem Rücken seiner Kollegen besagte Nummer an und der Albtraum beginnt. Hannah wurde entführt. Herzfeld muss den Spuren des Täters folgen, um seine Tochter wiederzubekommen. Sein erster Hinweis führt ihn zu einer Leiche auf Helgoland. Doch ein gefährlicher Sturm hat die Insel von der Außenwelt abgeschnitten. Während Herzfeld mit allen Mitteln versucht die Insel zu erreichen, nimmt die Schnitzeljagd eine rasante Wendung, denn seine einzige Kontaktperson auf der Insel, gerät ins Fadenkreuz eines Killers.
Meinung:
Die Wörter Schnitzeljagd und von der Außenwelt abgeschnitten, üben für mich eine große Faszination im Thrillergenre aus. Denn entgegen der üblichen Ermittlungsschritte, folgt die Handlung bei diesen Stichworten meist keiner gewohnten Reihenfolge, so dass hinter jeder Seite eine spannende und unerwartete Überraschung auf die Leser wartet. Nachdem ich den Klappentext von „Abgeschnitten“ gelesen hatte, stand für mich fest: Diesen Thriller musste ich lesen. Dass dieses Werk zusätzlich noch von einem meiner Lieblingsthrillerautoren mitgeschrieben wurde, versüßte mir die Aussicht auf das Leseabenteuer zusätzlich. Sebastian Fitzek gehört nicht nur menschlich, für mich zu den besten Autoren des Genres, auch sein Schreibstil und seine brutalen, überraschenden und faszinierten Ideen, ziehen mich jedes Mal aufs Neue in seinen Bann. Von Michael Tsokos hingegen hatte ich zu Beginn noch nichts gehört – doch seine Vita spricht wohl für sich.
Mit Fitzek und Tsokos hat sich hier ein wunderbares Duo gebildet, das ein noch viel wunderbares Buch erschaffen hat. Fitzeks Ideen und Tsokos Wissen über die Rechtsmedizin, machen dieses Werk zu einem authentischen Pageturner. Nach jedem Kapitel wartet ein unglaublicher Cliffhanger auf die Leser, der es einem schlicht unmöglich macht, das Buch für eine kleine Atempause zur Seite zu legen. Stattdessen rauscht man durch die Seiten und gibt sich dem Wahn der Handlung mit jeder Pore hin.
Die zusätzliche brutale Schnitzeljagd und der Fakt, dass die Insel Helgoland von der Außenwelt abgeschnitten ist, verleihen dem Thriller einen zusätzlichen Gruselpart, dem man sich nicht entziehen kann.
Auch die Figuren helfen dabei, dass man mit der Geschichte verwächst und dem Ende entgegen fiebert. Paul Herzfeld und Linda sind zwei wunderbare Figuren, mit Ecken und Kanten und einer einzigartigen Vergangenheit. Man fiebert mit ihnen, spürt ihre Angst, ihre Wünsche und ihre Hoffnungen. Deshalb setzt der Herzschlag nicht nur einmal aus, wenn sie am Ende eines Kapitels in Gefahr geraten. Gerade an diesen Stellen, an denen man unbedingt weiter lesen muss, verwehren einem die Autoren dieses Bedürfnis. Denn nach einem Cliffhanger, folgt meist ein Perspektivwechsel, so dass man sich als Leser in Geduld üben muss. Gerade an diesen Stellen, wird man schlicht und einfach wahnsinnig. Manchmal hangelte ich mich von Cliffhanger zu Cliffhanger, auf der Suche nach einem Ausweg, auf der Suche nach einem Punkt in diesem Werk, an dem ich in die Realität zurück tauchen konnte, um endlich meine Leselampe auszuschalten und den ersehnten Schlaf zu finden. Doch selbst wenn ich diesen Punkt im Buch fand, meistens dadurch, dass ich den Perspektivwechsel ausblendete und einfach ein paar Seiten vorblätterte, um zu erfahren, wie es mit dem jeweiligen Charakter weiterging, ließ mich die Geschichte nicht los. Dann lag ich meist mit offenen Augen in meinem Bett und fragte mich, wie die Geschichte endet, was mich noch erwarten würde. Ich wälzte mich von rechts nach links und wieder zurück.
Fazit:
Ein solches Suchtverhalten beim Leser zu erzeugen, spricht wohl am besten für den Thriller. Wer sein Handwerk so gut beherrscht, eine realistische Handlung erschafft – durch das fundierte rechtsmedizinische Wissen – Charaktere in die Geschichte einfließen lässt, mit denen man mit fiebert, die einem ans Herz wachsen und zusätzlich an jedem Kapitelende, einen großen, spannenden Cliffhanger eröffnet - sodass es einem schlicht unmöglich wird, dieses Werk aus der Hand zu legen - verdient nur eines: Eine absolute Leseempfehlung und den Rat, das Buch bestenfalls in einem Rutsch zu verschlingen. Denn diese Seiten, dieses Autorenduo, rauben einem den Schlaf, rauben einem die Gedanken. Also: Lesen, lesen, lesen! Währenddessen hoffe ich darauf, dass sich Fitzek und Tsokos nochmal einer gemeinsamen Arbeit hingegen werden.