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Veröffentlicht am 02.03.2018

Warmherzige und berührende Geschichte über ein Familiengeheimnis, kombiniert mit einer zarten Liebesgeschichte.

Der Herzschlag deiner Worte
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Alex ist Bassist und Songwriter einer Band, die gerade durchstartet. Er selbst ist seit knapp zwei Jahren nicht mehr aktiv dabei seit er sich als alleinerziehender Vater um seine zweijährige Tochter Leni ...

Alex ist Bassist und Songwriter einer Band, die gerade durchstartet. Er selbst ist seit knapp zwei Jahren nicht mehr aktiv dabei seit er sich als alleinerziehender Vater um seine zweijährige Tochter Leni kümmert. Diese ist bei einem One-Night-Stand mit einem Groupie entstanden, die die überforderte Mutter Alex unvermittelt zur Fürsorge gebracht hat. Zusammen mit seiner jüngeren Schwester Cassie, die bei ihm eingezogen ist, schafft er es inzwischen den Alltag zu bewältigen. Da stirbt unerwartet sein Vater Vincent an einem Herzinfarkt. Bei der Beerdigung begegnet er zum ersten Mal bewusst seiner Patentante Jane, die er nur aus Briefen kennt. Jane leidet an ALS und sitzt im Rollstuhl. Alex versteht sich auf Anhieb mit Jane, durch die er nicht nur ungeahnte Familiengeheimnisse lüftet, nachdem seine Eltern beide tot sind, sondern auch die Autorin Maila kennenlernt, in die er sich verliebt, die jedoch nicht bereit für eine Beziehung ist.
Anonym als weiblicher Fan sucht er den Kontakt zu ihr und findet dabei heraus, wie zufällig ihre Leben miteinander verbunden sind.

"Der Herzschlag deiner Worte" ist eine sehr gefühlvolle Geschichte, die überwiegend aus Sicht von Alex, aber auch aus der Perspektive des sich sorgenden und verstorbenen Vaters Vincent geschildert ist. Der Roman ist nicht allein eine Liebesgeschichte - diese spielt überhaupt erst ab der zweiten Hälfte des Buches eine Rolle - sondern eine Familiengeschichte voller Geheimnisse, die es nach dem Tod von Vincent mit Hilfe von Jane zu ergründen gilt, durch die Alex Einblick in die Vergangenheit seiner Eltern erhält.

Wie schon in "Immer wenn es Sterne regnet" konnte ich Susanna Ernst durch ihren sehr eingängigen, warmherzigen Erzählstil überzeugen. Die Charaktere sind authentisch gezeichnet, man leidet und fiebert unweigerlich mit ihnen mit, so dass sich das Buch kaum aus der Hand legen lässt. Es ist flüssig und leichtgängig zu lesen, überrascht durch Wendungen innerhalb der Geschichte und bleibt spannend, bis zum Schluss alle Fäden zusammenlaufen.

Mich hat der Roman wunderbar unterhalten und berührt, auch wenn ein wenig zu sehr Schicksal gespielt wird, die Geschichte von zahlreichen Zufällen getragen wird und mir die Protagonisten in ihrer Gesamtheit zu eindimensional blieben, ein wenig zu sehr vom "Gutmenschentum" geprägt waren.

Veröffentlicht am 27.02.2018

Spannende Familiengeschichte, bei der die Geheimnisse zweier unterschiedlicher Schwestern nach und nach ans Tageslicht kommen

All die Jahre
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Die beiden Schwestern Nora und Theresa Flynn wandern von Irland nach Amerika aus. In Boston wartet Noras Verlobter Charlie auf sie, dem sie versprochen ist, jedoch nicht liebt. Während Nora Schwierigkeiten ...

Die beiden Schwestern Nora und Theresa Flynn wandern von Irland nach Amerika aus. In Boston wartet Noras Verlobter Charlie auf sie, dem sie versprochen ist, jedoch nicht liebt. Während Nora Schwierigkeiten hat, sich in Boston einzuleben und die Hochzeit mit Charlie lange hinauszögert, genießt die 17-jährige Theresa ihre Freiheit und begeht dabei einen folgenschweren Fehler.
Die Schwestern trennen sich im Streit. Nora heiratet Charlie Rafferty und zieht mit ihm vier Kinder groß, zu Theresa, die sich für ein Leben im Kloster entschlossen hat, hat sie kaum Kontakt, bis dieser Ende der 50er-Jahre ganz abbricht.

Nora und Theresa sehen sich erst 2009 bei der Beerdigung von Noras ältestem Sohn und Liebling Patrick wieder.

"All die Jahre" beginnt mit dem Unfalltod des 50-jährigen Patrick und endet mit dessen Totenwache und Beerdigung im Jahr 2009. Nora sieht sich dadurch mit den Ereignissen der Vergangenheit konfrontiert und lädt zu diesem Anlass ihre jüngere Schwester Theresa ein, von der ihre Kinder bislang nichts gewusst haben.

Es folgt ein Rückblick in die 50er-Jahre wie die beiden Schwestern ausgewandert sind und welche Ereignisse dazu geführt haben, dass sich Nora und Theresa entzweit haben.
Der Roman ist überwiegend aus den Perspektiven von Nora und Theresa geschrieben, die beide auf ihr Leben zurückblicken, als sie vom Tod Patricks erfahren. Daneben erhält man auch einen Einblick in die Biographien von Noras Kindern, die sich auf den Weg zur Totenwache und Beerdigung machen.

In der Familie Rafferty wurde vieles unter den Teppich gekehrt. Nora ließ ihrem ältesten Sohn Patrick alles durchgehen, obwohl er das schwierigste von allen Kindern war. Gerade die beiden nachfolgenden Kinder John und Bridget fühlten sich ungeliebt und empfanden Nora als herzlos. Der Nachzügler Brian, der zu seinem großen Bruder Patrick aufblickte, hat ein etwas entspannteres Verhältnis zu Nora.

Nora hadert Zeit ihres Leben mit ihrem Schicksal. Erst kümmert sie sich um ihre kleine Schwester Theresa, nachdem die eigene Mutter so früh gestorben ist, dann geht sie unfreiwillig nach Amerika, wo sie einen Mann heiraten muss, den sie nicht liebt. Die Geburt von Patrick wenige Monate nach ihrer Hochzeit mit Charlie wirft einen Schatten auf ihre streng katholische Lebenseinstellung. Sie trifft Entscheidungen, deren Konsequenzen sie ihr ganzes Leben nicht loslassen, von denen sie nicht weiß, ob sie richtig oder falsch gehandelt hat oder ob es überhaupt einen Königsweg gegeben hätte. Das Verhältnis zu ihrer Schwester, die ihre Lebensaufgabe und ihr Glück später in einem Kloster in Vermont finden wird, zerbricht daran. Unausgesprochene Schuldzuweisungen, eine Flucht in die Opferrolle und die damit einhergehende Unzufriedenheit prägen Noras Leben.

In der Familie wird wenig miteinander gesprochen, die Kinder suchen nach Anerkennung, die sie bis auf Patrick von ihrer Mutter nicht bekommen. Geheimnisse und Spannungen sind allgegenwärtig, im Erwachsenenalter distanzieren sich John und Bridget einerseits emotional von Nora, wollen ihr andererseits aber dennoch gefallen.

Der Roman zeigt, welche Auswirkungen eine einzige Entscheidung auf ein Leben haben kann und wie die Konsequenzen davon noch auf die nachfolgende Generationen Einfluss haben können. Erst als ein Familienmitglied stirbt, besteht die Chance auf eine Aussprache zwischen den Schwestern und auf eine offene Erklärung von Nora, die ihren Kindern weiterhelfen würde, warum ihre Mutter so gehandelt hat.

Es ist eine spannende, tragische Familiengeschichte, bei der die Geheimnisse nach und nach ans Tageslicht kommen und man als Leser nur darauf wartet, dass spätestens an der Beerdigung die aufgeladene Situation eskalieren lässt. Am Ende bleibt offen, wie viel die beiden Schwestern der nachfolgenden Generation erklären werden, ob sie jedes Geheimnis lüften, um ihr Gewissen zu beruhigen oder aus Scham einen einfacheren Weg gehen und manches Detail aus der Vergangenheit lieber verschweigen. Die Autorin gibt dem Leser die Möglichkeit gibt, sich seine eigenen Gedanken zu machen.

Veröffentlicht am 10.02.2018

Lebensbejahender Roman über den Mut, sich selbst treu zu bleiben und seine eigenen Träume zu verwirklichen

Mein Herz in zwei Welten
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"Mein Herz in zwei Welten" ist der dritte Band der Reihe um Louisa Clark. Nachdem sie im ersten Teil so tragisch von ihrer Liebe Will Traynor, einem Tetraplegiker, der sich entschlossen hatte, in der Schweiz ...

"Mein Herz in zwei Welten" ist der dritte Band der Reihe um Louisa Clark. Nachdem sie im ersten Teil so tragisch von ihrer Liebe Will Traynor, einem Tetraplegiker, der sich entschlossen hatte, in der Schweiz seinem Leben ein Ende zu setzen, Abschied nehmen musste, und im zweiten Band erst nach einem unabsichtlichen Sturz vom Dach ihre depressive Phase durch eine neue Liebe zu dem Sanitäter Sam überwunden und ihr Leben wieder in die Hand genommen hat, geht ihre Geschichte in New York weiter.

An der Upper East Side erhält Lou eine Anstellung als persönliche Assistentin von Agnes Gopnik. Diese stammt aus Polen, hatte als Masseurin für den Millionär Leonard Gopnik gearbeitet, bis sich beide ineinander verliebten. Leonard hat daraufhin seine Ehefrau verlassen und Agnes geheiratet, die jedoch trotz ihrer Liebe zu ihm und dem Reichtum unglücklich ist, da sie gesellschaftlich gemieden wird. Insbesondere die Frauen der Upperclass sowie ihre 25-jährige Stieftochter Tabitha verhalten sich ihr gegenüber abfällig und verbergen ihre Geringschätzung auch nicht bei öffentlichen Terminen wie den Wohltätigkeitsveranstaltungen, an denen Agnes als neue Mrs. Gopnik teilnehmen muss.

Lous Aufgabe ist es, Agnes eine moralische Unterstützung zu sein und sie zu den Gesellschaften als ihre "Freundin" zu begleiten. Dabei werden ihr Geheimnisse bekannt, mit denen sie nur schwer umgehen kann und die sie lieber nicht gewusst hätte. Zudem muss sich Lou selbst mit den anderen Angestellten und Bewohnern des Hauses herumschlagen, die sie und ihre Aufgabe nicht ernst zu nehmen scheinen. Diskretion wird im Umfeld der Schönen und Reichen großgeschrieben, nur Lou tut sich schwer mit den Regeln "nichts hören, nichts sehen, alles vergessen".
Darüber hinaus ist sie noch junge Beziehung zu Sam noch nicht gefestigt und von Missverständnissen, gegenseitigen Verdächtigungen und Streitereien geprägt, die Lou belasten. Beide stellen sie fest, wie schwer es ist, eine Fernbeziehung zwischen England und den USA aufrechtzuerhalten und stellen die gemeinsame Zukunft in Frage.
Ihr Aufenthalt in New York nimmt dann überraschend eine ganz andere Entwicklung und plötzlich wird Lou von einer ganz anderen Person gebraucht, die ihre für die Hilfe auf ihre ganz eigene Art dankt.

Romane von Jojo Moyes lese ich so gerne, da ich ihren unverwechselbaren Schreibstil mag, der leichtgängig, gleichzeitig tragisch und witzig-frech sein kann und vor allem so lebendig ist, dass man in das Leben der Protagonisten, ihre Sorgen und Probleme, unmittelbar eintaucht.


Lou ist zudem so ein liebenswerter Charakter, der einerseits mit Hummelstrumpfhose und Vintage-Kleidung lebensbejahend bunt ist, aber auch eine sehr nachdenkliche Seite hat, insbesondere wenn sich ihre Gedanken um Will drehen. Aber auch der Rest der Familie Calrk sowie einzelne Personen, denen Lou in New York begegnet, sind einfach Unikate, die die Geschichte so abwechslungsreich machen.

Dennoch konnte mich "Mein Herz in zwei Welten" nicht so begeistern wie die beiden Vorgängerromane. Ich empfand die Geschichte um Lous Aufenthalt in New York etwas konstruiert und konnte mich mit ihrer Aufgabe bei Agnes nicht so richtig anfreunden. Erst die weitere Entwicklung in New York, ihre Verbindung zu Mrs de Witt und ihrem Hund Mops sowie ihre verwirrenden Gefühle für Josh, der ihrer großen Liebe Will so ähnlich sieht, machten den Roman besonders und zeigten wiederum die Einzigartigkeit und den hohen Wiedererkennungswert von Jojo Moyes Schreibstil.

Die Szenen zu Hause bei ihrer Familie in England, all die Charaktere - von ihren Eltern bis zu Wills Tochter Lily - denen man wieder begegnet, haben mir darüber hinaus sehr gut gefallen. Auch die Probleme der jungen Liebe zwischen Lou und Sam, die Unsicherheiten im Umgang miteinander, fand ich sehr berührend.

Wer die ersten beiden Teile geliebt hat, wird sich dem Sog nicht entziehen können und auch Teil 3 lesen wollen. "Mein Herz in zwei Welten" ist allerdings nicht so ergreifend tragisch wie "Ein ganzes halbes Jahr" und nicht so romantisch wie "Ein ganz neues Leben", sondern stellt Lous weitere persönliche Entwicklung in den Fokus. Mit Abstand von zu Hause, weg von ihrer einnehmenden Familie und den Traynors, aber auch mit großer Entfernung zu ihrer neuen Liebe, versucht Lou herauszufinden, was sie mit ihrem Leben anfangen möchte. Sie hängt emotional noch sehr an Will und hat immer wieder seine Worte im Kopf, die sie motivieren, in New York trotz aller Widrigkeiten durchzuhalten. Ihre emotionale Verbundenheit zu Will macht sie einerseits stark, ihr Leben in die Hand zu nehmen und nicht so sehr darüber nachzudenken, was andere von ihr halten könnten, andererseits stört diese die Entwicklung der Beziehung zu Sam.

Der Aufenthalt Louisas in New York ist turbulent, enthält lustige, aber auch traurige Ereignisse und hält einige überraschende Wendungen bereit. Zu Beginn ist Lou verunsichert, wirkt ein wenig verloren in der große Stadt, beweist dann jedoch, dass sie eine Kämpferin ist, die weder ihre Familie, noch Wills Ambitionen für sie enttäuschen möchte. Sie beißt sich durch, entwickelt sich persönlich weiter und merkt letztlich auch, wie viel Sam ihr bedeutet.

"Mein Herz in zwei Welten" beschreibt wortwörtlich Lous innere Zerrissenheit. Trotz der traurigen Elemente, die zeigen, dass das Leben endlich ist, ist der Roman ein sehr positives Buch. Es ist ein lebensbejahender Wohlfühlroman über den Mut, sich selbst treu zu bleiben, nicht unterkriegen zu lassen und seine eigenen Träume zu verwirklichen.

Für mich wäre die Geschichte von Lou schon mit Teil 2 abgeschlossen gewesen, da sie sich darin bereits aufgerafft hat, ihr Leben neu zu beginnen. Teil 3 ist nett, aber für mich kein krönender Abschluss der Reihe. Das Ende ist dann auch so gestaltet, dass es problemlos ein Wiedersehen mit Lou in einem vierten Band geben könnte.

Veröffentlicht am 09.02.2018

Gefühlvoller, lebendiger und spannender Roman mit einem für Dani Atkins typischen Überraschungseffekt

Sieben Tage voller Wunder
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Hannah hat ihre ältere Schwester in Kanada besucht, um Abstand von ihrem Freund William zu gewinnen, der sie mit einer deutlich jüngeren Praktikantin betrogen hat. Auf der Rückreise nach England fällt ...

Hannah hat ihre ältere Schwester in Kanada besucht, um Abstand von ihrem Freund William zu gewinnen, der sie mit einer deutlich jüngeren Praktikantin betrogen hat. Auf der Rückreise nach England fällt ihr schon am Flughafen ein mitreisender Geschäftsmann auf, der sich während des Flugs aus der Businessclass zu ihr setzt. Bevor sie sich näher kennenlernen können, stürzt das Flugzeug noch über Kanada ab. Hannah und Logan, die im Heck des Flugzeugs saßen, überleben wie durch ein Wunder.
Sieben Tage hoffen sie auf Rettung und sind auf der Suche nach Zivilisation Kälte, Hunger und wilden Tieren ausgesetzt.

Von Dani Atkins habe ich bisher alle Romane gelesen und auch bei diesem Roman konnte sie mich am Ende wieder mit einem Überraschungsmoment verblüffen.

"Sieben Tage voller Wunder" ist aus der Ich-Perspektive von Hannah geschrieben, weshalb man ihre Gefühle - einerseits die Todesangst, andererseits die aufkeimenden Liebesgefühle für Logan - miterlebt und sich selbst in die Situation, sich mit einem Fremden, den man schon aus reinem Überlebenswillen körperlich nahe kommt, in die Kälte Kanadas versetzt fühlt.
Sehr eindringlich wird geschildert, wie sich die beiden durch die Wildnis schlagen und dabei auf gegenseitige Unterstützung angewiesen sind. Nur als Team können sie sich Wärme spenden und den nötigen Erfindergeist entwickeln, um ihr Überleben während des Wartens auf Rettung zu sichern.

Auch die sehr bildhafte Sprache der Autorin macht den Roman so erlebbar, dass man als Leser selbst wie Hannah am Ende von einer Wendung des Schicksals überrascht ist, mit der man so nicht gerechnet hat. Und genau dieser raffinierte Clou ist es wieder, der die Romane von Dani Atkins so einmalig lesenswert macht, Nie kann man sich bei ihren Roman sicher sein, ob es für die vom Schicksal gebeutelten Frauen ein Happy End geben wird.

"Sieben Tage voller Wunder" ist in seiner Kürze gefühlvoll, lebendig und spannend geschrieben, weist allerdings nur 230 Seiten Lesevergnügen auf. Für die Schilderung der Katastrophe des Flugzeugabsturzes und des Hoffens auf Rettung ist der Umfang für eine runde Geschichte ausreichend. Die Protagonisten hätten jedoch durchaus Potential für eine längere Vorgeschichte und/ oder Weitererzählung gehabt. So blieb vor allem Logan ein wenig zu eindimensional als Held geschildert, was sich allerdings durch den Clou am Ende erklären lässt.

Veröffentlicht am 29.01.2018

"Der Widerspenstigen Zähmung" als freche und moderne Familienkomödie

Die störrische Braut
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Kate Battista ist 29 Jahre alt und arbeitet nach dem Abbruch ihres Studiums als Betreuerin in einem Kindergarten. Sie wohnt bei ihrem Vater, einem vergeistigten Wissenschaftler, der für sein Labor und ...

Kate Battista ist 29 Jahre alt und arbeitet nach dem Abbruch ihres Studiums als Betreuerin in einem Kindergarten. Sie wohnt bei ihrem Vater, einem vergeistigten Wissenschaftler, der für sein Labor und seine Forschung lebt, weshalb sich Kate um ihre jüngere, pubertierende Schwester Bunny kümmert.

Als die Aufenthaltserlaubnis für seinen weißrussischen Laborassistenten abläuft, kommt Professor Battista auf die für ihn logische Idee, seine ältere Tochter mit Pjotr zu verheiraten, schließlich habe Kate mit ihrer direkten Art ohnehin bislang kein Glück bei Männern gehabt.

Kate nimmt den Vorschlag ihres Vaters zunächst nicht erst und findet Pjotr nur wenig sympathisch. Ihr Vater bleibt allerdings hartnäckig und findet immer wieder einen Weg, die beiden zusammenzuführen und eifrig Beweisfotos für die Einwanderungsbehörde zu machen.

Zum 400. Todestag von William Shakespeare hat der Knaus-Verlag 2016 das "Hogarth Shakespeare-Projekt" initiiert, bei dem international bekannte und erfolgreiche Autoren jeweils ein Werk von Shakespeare neu interpretieren. Im Jubiläumsjahr hatte ich bereits den Roman "Der weite Raum der Zeit" gelesen, eine Nacherzählung des "Wintermärchen" von Jeanette Winterson.

"Die störrische Braut" ist angelehnt an das Stück "Der Widerspenstigen Zähmung". Der Roman ist der komödiantischen Vorlage gerecht werdend äußerst witzig geschrieben. Ich konnte mich köstlich über Kate und ihren trockenen Humor - sei es im Umgang mit den Kindern und ihrer Chefin im Kindergarten oder in den Dialogen mit ihrem Vater oder Schwester - amüsieren.
Die Charaktere sind überspitzt gezeichnet und eigenwillig bis skurril, aber auf ihre Art einnehmend und liebenswert.

Kate kann sich nicht wirklich gegen ihren exzentrischen Vater durchsetzen, ist aber gleichzeitig an ihr Zuhause gebunden, da sie sich ihren jüngeren Schwester verpflichtet fühlt. Diese ist ganz anders als Kate, hat ein gesundes Selbstbewusstsein und ein ausgeprägtes Geltungsbedürfnis. Sie nimmt sich ihre Freiheiten, ob es der vegetarische Ernährungsstil ist oder der Freund, den sie als Spanisch-Nachhilfelehrer deklariert.

Auch wenn Kate ein wenig phlegmatisch ist, nimmt sie zumindest verbal kein Blatt vor den Mund, steht sich damit aber oft selbst im Weg.

Anne Tyler hat Shakespeares Komödie modern umgesetzt und ins 21. Jahrhundert adaptiert. Dreh- und Angelpunkt ist die erhoffte Heirat von Kate und Pjotr, um die Green Card zu erhalten, wobei diese Handlung und die sich sehr zurückhaltend entwickelnde Liebesgeschichte nicht den Reiz des Romans ausmachen. Der Roman lebt durch die einmaligen Charaktere und die erfrischend witzigen Dialoge.
Die störrische Braut Kate willigt nach einem knapp dreimonatigen Kennenlernen in die Heirat ein, wird dadurch allerdings weniger gezähmt, sondern kann auf diese Weise dem Einfluss ihres Vaters entfliehen und mit Pjotr letztendlich freier leben, als es ihr in ihrem Elternhaus jemals möglich war.

Die freche Familienkomödie ist in ihrer Kürze nicht sonderlich tiefgründig oder überraschend, aber sehr leichtgängig und unterhaltsam zu lesen.