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Veröffentlicht am 21.09.2018

Nicht einfach, aber lohnenswert

Zerrissene Erde
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"Ich möchte diese Leute treffen", sagst du. Es besteht die kleine Chance, dass Jija oder Nassun vorgeben, jemand anders zu sein. Oder dass jemand anders sie gesehen hat, auf der Straße. Oder dass...nun ...

"Ich möchte diese Leute treffen", sagst du. Es besteht die kleine Chance, dass Jija oder Nassun vorgeben, jemand anders zu sein. Oder dass jemand anders sie gesehen hat, auf der Straße. Oder dass...nun ja. Es ist wahrlich nur eine kleine Chance. Du ergreifst sie trotzdem. Sie ist deine Tochter. Du wirst alles tun, um sie zu finden.
"Gut." Ykka dreht sich um und winkt. "Kommt, ich zeige euch ein oder drei Wunder." Als hätte sie das nicht bereits getan.
Du folgst ihr, denn weder Mythen noch Mysterien können einem noch so winzigen Hoffnungsfunken das Wasser reichen.
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INHALT:
Es ist eine Welt, wie sie schrecklicher kaum sein könnte: Alle paar Jahrhunderte kommt eine schreckliche Zeit des Leidens und Verderbens, die auf dem ein oder anderen Wege viele Menschenleben fordert. Schon lange legt die Bevölkerung deshalb Vorräte an, um zu überleben. Doch als sich ein Riss mitten im Land Sansia auftut, der nicht nur Asche in den Himmel spuckt, sondern auch jegliche Lebewesen verrückt werden lässt, scheinen alle Schutzmaßnahmen hinfällig: Diese sogenannte Fünfzeit könnte länger dauern als alle zuvor. Essun, eine Mutter aus einem kleinen Dorf mit Fähigkeiten, von denen niemand wissen darf, macht sich trotz dieser Gefahren auf eine Reise. Denn ihr Ehemann hat ihren kleinen Sohn getötet und ihre Tochter mitgenommen. Um jeden Preis will sie die beiden finden. Doch das Grauen hat noch gar nicht richtig angefangen.

MEINE MEINUNG:
"Zerrissene Erde" hat 2016 den HUGO Award erhalten, den Preis schlechthin für Sciene Fiction-Romane. Science Fiction? Das ist eigentlich nicht das Genre, das einem bei dem Inhalt als Erstes in den Sinn kommt. Wahrscheinlich nicht einmal als Letztes. N. K. Jemisin erschafft in ihrer Trilogie um die "Broken Earth" eine Welt, die man als Leser nur langsam durchschaut, und dieser erste Teil ist gewissermaßen eine Einführung in Charaktere und Aufbau. Es gibt nur wenige Antworten - ganz einfach, weil auch die Protagonisten die meiste Zeit im Dunkeln tappen und erst herausfinden müssen, was es mit all dem auf sich hat. Wir begleiten drei Frauen, deren einzelne Handlungsstränge lange vollkommen autark verlaufen, um dann zum Ende hin teilweise überraschend, vor allem aber sehr überzeugend zusammenzulaufen.

Gewöhnungsbedürftig ist die Art der Erzählung: Während die junge Damaya und die begabte Syenit aus der personalen Sicht erzählen, wird Essun mit "Du" angesprochen - warum, wird schließlich sogar erklärt. So ist es trotzdem erst einmal schwierig, zu Essun, dieser Mutter, die so verzweifelt ihr Kind sucht, eine Bindung aufzubauen, aber das bessert sich nach einer Gewöhnungsphase. Beeindruckend ist allerdings vor allem die Diversität, die die Autorin in ihrer Geschichte unterbringt, ohne dass es erzwungen wirkt - selten habe ich erlebt, wie auf so vollkommen natürliche Art Menschen jeder ethnischen Zugehörigkeit oder auch Transgender miteinbezogen werden. Außerdem begeistern die starken Frauenfiguren, die nicht nur mit ihren Fähigkeiten, der sogenannten Orogenie, beeindrucken, sondern auch mit ihrem eisernen Willen. Schon allein dafür lohnt sich das Lesen!

Dennoch sorgt die erste Hälfte vor allem für eines: Verwirrung. Während Damaya sich in einer Ausbildung befindet, um ihre Kräfte kontrollieren zu können, sind Essun und Syenit auf zwei sehr unterschiedlichen Reisen mit vollkommen unterschiedlichen Zielen. Die Welt, die wir erleben ist eine düstere, brutale, deren wenige lichte Momente immer wieder zerstört werden. Kein Wunder also, dass Essun ohne Rücksicht auf Verluste handelt; dass Syenit jeden hasst; dass Damaya bald alles Vertrauen verliert. Die gesamte Geschichte ist keine leichte Kost, so viel ist sicher. Aber sie ist gleichzeitig auch absolut spannend: Nicht nur gibt es unzählige Gefahren, auch viele offene Fragen müssen geklärt werden - Fragen, auf die nicht einmal die Protagonisten eine Antwort wissen und die man als Leser also mit diesen gemeinsam suchen muss. Der erste Band schließt dann mit einer Enthüllung, die wohl erst im Nachfolger ihre volle Wirkung entfalten wird. Gespannt sein darf man auf jeden Fall.

FAZIT:
"Zerrissene Erde" ist kein einfaches Buch, und es ist auch keine typische Science Fiction. Für die erste Hälfte muss man Geduld mitbringen, um sich in dieser seltsamen, düsteren Welt zurechtzufinden und nicht verloren zu gehen. Toll ausgearbeitete Charaktere, viel Diversität und unglaubliche Ideen helfen dabei. 4 Punkte!

Veröffentlicht am 05.04.2018

Eiskalt-beeindruckender Schauplatz

Wie Wölfe im Winter
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"Sie müssen das nicht tun, Ma'am."
"Seien Sie still." Mom zögerte einen Moment, bevor sie Jax die Hand auf die Wade legte. Dann schüttete sie reichlich Wodka auf den Schnitt und tupfte ihn mit einem feuchten ...

"Sie müssen das nicht tun, Ma'am."
"Seien Sie still." Mom zögerte einen Moment, bevor sie Jax die Hand auf die Wade legte. Dann schüttete sie reichlich Wodka auf den Schnitt und tupfte ihn mit einem feuchten Tuch ab. Jax zuckte kurz und stöhnte.
"Wir müssen das abgestorbene Gewebe herausschneiden."
"Nein, schon gut", sagte Jax. "Die Wunde ist nicht groß."
"Das war David auch nicht." - "David?"
"David und Goliath. Er war klein, hat aber einen Riesen zu Fall gebracht."
"Mein Bein ist nicht David."
"Und Sie sind kein Riese."
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INHALT:
Durch die sogenannte Asiatische Grippe ist die Menschheit beinahe ausgelöscht worden. Die Familie der 23-jährigen Gwendolynn hat sich an den Yukon zurückgezogen, als es richtig schlimm wurde, und so bestreiten sie ihr Leben nun in den eisigen Bergen, indem sie jagen und fischen. Bis Lynn eines Tages Jax begegnet, der sie sofort fasziniert - und nicht nur, weil er der erste neue Mensch seit Jahren ist. Sie bietet ihm ein Abendessen an, sehr zum Missfallen ihrer Mutter. Und diese hatte Recht mit ihrem Misstrauen: Jax wird gejagt, was auch die Familie in Gefahr bringt...

MEINE MEINUNG:
Endzeitromane erfreuen sich noch immer größter Beliebtheit - auch bei mir natürlich. "Wie Wölfe im Winter" bedient sich dabei der bekannten Idee eines Virus, der einen Großteil der Menschheit ausgelöscht hat - Autor Tyrell Johnson verlegt seine Geschichte aber an den eisigen Yukon und beginnt sie erst mehrere Jahre nach der Pandemie. Erzählt wird das Buch aus der Ich-Perspektive der jungen Gwendolynn, genannt Lynn, die aber sehr früh erwachsen werden musste und daher deutlich älter wirkt. Der Schreibstil ist teilweise leicht unterkühlt, was perfekt zu den Temperaturen passt, und die Beschreibungen lassen einen den Schnee regelrecht spüren.

Lynn ist eine Protagonistin, die sich vor allem durch ihre Dickköpfigkeit und ihren Überlebenswillen auszeichnet. Sie ist ein wenig zu übertrieben gut mit Pfeil und Bogen, ihr Mut, ihr Einfallsreichtum und ihre teilweise soziale Unbeholfenheit machen sie aber auch sehr sympathisch. Gemeinsam mit ihrer Familie lebt sie in mehreren selbstgebauten Holzhütten und es wird früh offensichtlich, wie sehr die Entbehrungen und auch der Tod des Vaters sie alle verändert haben. Dies wird insbesondere deutlich, da beinahe jedes Kapitel einen kurzen Abschnitt aus dem Leben vor der Grippe erzählt, der auch den Vater charakterisiert, der Lynn so viel beigebracht hat. Der Fremde Jax zuletzt ist ein schweigsamer und geheimnisvoller Typ, bei dem man Lynns Faszination durchaus nachvollziehen kann.

Große Teile der Handlung spielen draußen in der Wildnis, wenn Lynn Spuren folgt, Tiere jagt oder sich vor späteren Verfolgern verstecken muss. Das klingt ermüdend, ist es aber in der Umsetzung gar nicht, denn die Figuren sind beinahe permanent auf den Beinen, hetzen von einer Gefahr zur nächsten, sodass keine Langeweile aufkommt. Einige Enthüllungen über das Virus und auch über Jax hat man schon zuvor kommen sehen, da hätte noch ein wenig mehr Originalität geboten werden dürfen - davon abgesehen aber hält der Roman gut die Balance zwischen persönlichem Coming-of-Age und actionreicher Endzeitstory. Das Ende ist abgeschlossen, würde aber prinzipiell auch gut als Basis für einen Folgeband dienen...dem ich sicherlich nicht abgeneigt wäre.

FAZIT:
Fans von Endzeitgeschichten werden in "Wie Wölfe im Winter" sicherlich auf ihre Kosten kommen - die Details sind nicht unbedingt neu, aber die Ausführung ist gelungen. Ein spannender Roman mit einem Schauplatz, der einen zum Bibbern bringt. 4 Punkte!

Veröffentlicht am 13.02.2018

Verworren und sehr besonders

Die Knochenuhren
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Ich schätze die Wahrscheinlichkeit, dass Elijah d'Arnoq tatsächlich überlaufen will, auf fünf Prozent ein, aber Esther Little hat es gesehen, und wenn ich sie richtig verstanden habe, soll ich d'Arnoq ...

Ich schätze die Wahrscheinlichkeit, dass Elijah d'Arnoq tatsächlich überlaufen will, auf fünf Prozent ein, aber Esther Little hat es gesehen, und wenn ich sie richtig verstanden habe, soll ich d'Arnoq als Verbündeten betrachten oder wenigstens so tun, als glaubte ich ihm. "Ich bin ganz Ohr."
"Nein. Wir müssen uns unter vier Augen unterhalten, Marinus."
Runter auf ein Prozent. Er will mich zu irgendeinem Treffpunkt locken, und dort schnappt die Falle zu. "Was schlagen Sie vor?"
Der Waschbär zeigt mir sein Gesicht mit der schwarzen Zorro-Maske.
"Kommen Sie mir nicht auf die Tiefenstrom-Tour. Ich sitze in Ihrem Wagen in der Auffahrt. Mir frieren gleich die Eier ab. Machen Sie schon mal ein Feuer im Kamin."
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INHALT:
Holly Sykes ist erst 16 Jahre alt, als sie unwissentlich in einen bereits Jahrhunderte andauernden Kampf zwischen Gut und Böse hinein gezogen wird. Eine lange Zeit, Jahrzehnte gar, bemerkt sie davon selbst nur wenig - abgesehen von einigen Vorahnungen und Visionen, die sie manchmal überfallen und die sie gern abstellen würde, und abgesehen von seltsamen Begegnungen, die sie sich lange nicht erklären kann. Doch im Hintergrund lauert nach wie vor die Gefahr. Und Holly, Spielball dieser grundverschiedenen Mächte, wird die Geheimwaffe sein, um den Sieg der Gegner zu verhindern...

MEINE MEINUNG:
David Mitchell ist wohl am Bekanntesten für seinen "Wolkenatlas" aus dem Jahre 2004, der prominent besetzt verfilmt wurde. Weder habe ich das Buch gelesen noch den Film gesehen, der Autor und seine epischen Ideen sind also Neuland für mich. Erst einmal klingt sein neuester Roman, "Die Knochenuhren", auch ähnlich wie sein Bestseller von vor 10 Jahren: In beiden wird aus verschiedenen Perspektiven und in verschiedenen Jahrzehnten, teilweise Jahrhunderten, eine letztendlich zusammen hängende Geschichte erzählt. Da endet jedoch die Gemeinsamkeit. Auf diese Art des Erzählens, bei der die eigentliche Protagonistin selbst nur 300 der 800 Seiten zu Wort kommt, muss man sich erst einmal einlassen - aber es lohnt sich. Nicht nur für den wunderbar bildlichen und besonders in den Dialogen starken Stil, sondern auch für das große Ganze, das am Ende steht.

Eigentlich bin ich kein großer Fan vieler verschiedener Perspektiven und auch hier hatte ich teilweise das Gefühl, dass sich der Autor etwas übernommen hat. Denn neben der starken, dickköpfigen Holly gibt es noch den arroganten, diebischen Studenten Hugo Lamb, den Kriegsjournalist Ed Brubeck, den ehemaligen Bestseller-Autor Crispin Hershey und zuletzt ein Mitglied der sogenannten Horologen, der Guten in dem allumfassenden Krieg. Das wirkt erst einmal ziemlich viel und bei den vielen unterschiedlichen behandelten Themen - Hersheys Teil etwa ist ein so wunderbar bitterböser Blick auf die Literaturszene, dass ich mir ein eigenes Buch darüber gewünscht hätte - geht zwischendurch ein bisschen der rote Faden verloren.

Mir hätte das Gesamtwerk wahrscheinlich noch besser gefallen, hätte Mitchell sich auf eines oder zwei seiner Themen konzentriert, und mehrere Bücher aus den übrigen gemacht. Zwar geht das Ganze so in die Tiefe, aber es will auch einfach so vieles: die Gesellschaft und ihre Gier kritisieren, auf unser Konsumverhalten und die Umweltverschmutzung aufmerksam machen, den altbekannten Kampf um Herrschaft thematisieren und dabei noch eine phantastische Geschichte erzählen. Die Fantasy-Aspekte werden gekonnt immer wieder eingebaut und letztendlich trägt jeder Teil etwas Entscheidendes bei, aber trotzdem ist das Buch für den Inhalt doch ziemlich ausführlich geraten. Davon abgesehen aber fasziniert diese geschaffene Welt ungemein, die wir bis zum Jahr 2043 begleiten und deren Veränderungen wir so hautnah miterleben können. Das Ende ist großartig und lässt zufrieden, aber auch ein wenig wehmütig zurück. Ein Gefühl der Verbundenheit bleibt nach so vielen Jahren, über die man die Figuren begleitet hat, wohl einfach nicht aus.

FAZIT:
"Die Knochenuhren" ist ein sehr besonderer Roman, der sicherlich nicht jedem gefallen wird. Dass so viele unterschiedliche Charaktere zu Wort kommen und diese trotzdem alle perfekt ausgearbeitet sind, ist faszinierend - gleichzeitig hatte ich persönlich das Gefühl, dass auf diese Weise die eigentliche Geschichte zwischendurch zu kurz kommt. Der Ideenreichtum macht dies aber zum Glück in vielen Fällen wieder wett. 4 Punkte!

Veröffentlicht am 13.02.2018

So soll Dark Fantasy sein

Wächter und Wölfe - Das Ende des Friedens
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Liris ist tot, und die Gesegnete ist bei dem Leichnam. Die Adlerhöhe hat keinen König mehr. Die Adlerhöhe ist verwundbar.
"Gosfath, Gott des Blutes, Dunkle Dame des Todes, ich danke Euch", flüsterte Corvus. ...

Liris ist tot, und die Gesegnete ist bei dem Leichnam. Die Adlerhöhe hat keinen König mehr. Die Adlerhöhe ist verwundbar.
"Gosfath, Gott des Blutes, Dunkle Dame des Todes, ich danke Euch", flüsterte Corvus. "Ich schwöre, mich dieser Gelegenheit, die Ihr mir geboten habt, würdig zu erweisen. Alles, was ich tue, tue ich zu Euren Ehren." Einer der Häuptlinge drehte sich beim Klang seiner Stimme um, und sein Mund stand vor Staunen weit offen.
"Meine Füße sind auf dem Pfad", vollendete Corvus das Gebet. Er machte drei Schritte vorwärts, hob sein Schwert und begann zu töten. Der König war tot. Lang lebe der König.
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INHALT:
Der rilporischen Sklavin Rillirin gelingt nach Jahren der Gefangenschaft überraschend die Flucht vor den grausamen Mirak - doch ihre Überlebenschancen stehen denkbar schlecht. Der Seher Dom allerdings eine eine Prophezeiung, die ihre Wichtigkeit herausstelt, und rettet sie in letzter Sekunde vor ihren Verfolgern. Zum Glück, denn Rillirin hat so bedeutende wie erschreckende Informationen: Die Mirak planen einen Krieg und sie werden schon bald in die Städte Rilpors einmarschieren, um ihre verehrten Roten Götter - blutrünstige, folternde Herrscher - zurück in die Welt der Menschen zu holen. Und sollte ihnen das gelingen, würde die Erde in Blut versinken...

MEINE MEINUNG:
Anna Stephens' Debüt ist eindeutig der Dark Fantasy zuzuordnen und macht diesem Subgenre alle Ehre: Die Welt in "Wächter und Wölfe" ist unbarmherzig, blutig und brutal, auf schwache Gemüter könnten die ausführlichen Kriegsszenen abschreckend wirken. Gerade diese sind aber hier absolut realistisch - nichts mit kuscheligen Kämpfen und ein paar Toten. Etwas anstrengend sind die vielen Perspektiven, von denen es die Hälfte (und damit immer noch fünf) ebenfalls getan hätten. So kommen immer wieder eher uninteressantere Figuren zu Wort, und auch wenn die Kapitel meist kurz sind, nimmt einem das zwischenzeitlich den Lesespaß.

Am besten ausgearbeitet sind definitiv die Sklavin Rillirin, der Seher Dom, der Soldat Crys und die Wölfin Gilda und damit sind ihre Kapitel auch die spannendsten - sie alle beweisen auf unterschiedlichste Weise Stärke. Rillirin etwa, indem sie sich von der ängstlichen ehemaligen Gefangenen zur tatkräftigen Helferin verändert, oder Gilda, die in ihrer Güte und ihrem Glauben nie am Guten im Menschen zweifelt. Die Autorin konzentriert sich also intensiv auf das Innenleben der Figuren, was ein positiver Aspekt ist - vergisst aber dafür ungewöhnlicherweise komplett die Äußerlichkeiten. Es ist kaum möglich, sich eine Vorstellung von den Charakteren zu machen, weil man einfach so gut wie nichts über ihr Aussehen erfährt.

Ein ähnliches Problem hat auch das Worldbuilding, das man zwar bald besser kennen lernt und in den Grundzügen stimmig ist, ansonsten aber wenig ausgestaltet wird. Städte, Dörfer, das alles bleibt blass, was enttäuscht. Dafür gibt es viele andere Momente, in denen die Autorin ihre Stärken präsentiert: Den wuchtigen Kampfszenen etwa. Die ersten 170 Seiten plätschern noch etwas dahin, aber nach einem sehr überraschenden Plot Twist gibt es kein Halten mehr und vor allem keine einzige ruhige Minute - sowohl für die Protagonisten als auch den Leser. Es geht Schlag auf Schlag, eine Schlacht folgt auf die nächste und die Gegner scheinen immer einen Schritt voraus zu sein. Es ist eigentlich unmöglich, das Buch am Ende zuzuklappen und nicht direkt wissen zu wollen, wie es weitergeht. Band 2, der im Original noch 2018 erscheinen soll, wird bei der ausweglos erscheinenden Situation sicherlich einiges zu bieten haben - ich jedenfalls freue mich drauf.

FAZIT:
Wer harten Kämpfen und einem düsteren Weltentwurf eher weniger abgewinnen kann, wird mit Anna Stephens' Auftakt der "Wächter und Wölfe"-Trilogie nicht glücklich werden. Fans des Genres, die auf der Suche nach etwas Neuem sind, dürften aber wie ich begeistert sein von der vielen Action und dem hohen Spannungslevel. Teilweise bleiben die Figuren noch ein wenig blass und vor allem sind es ein paar zu viele, das trübt aber nicht meine Vorfreude auf Band 2. Knappe 4 Punkte!

Veröffentlicht am 30.01.2018

John Green ist mit neuer Tiefe zurück

Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
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She told me she wanted to see me in ten days. You can kind of measure how crazy you are based on how soon they want to see you back. Last year, for a while, I'd been at eight weeks. Now, less than two.
On ...

She told me she wanted to see me in ten days. You can kind of measure how crazy you are based on how soon they want to see you back. Last year, for a while, I'd been at eight weeks. Now, less than two.
On the walk from her office to Harold, I looked up the case report. That woman, she did have a fever. I told myself to feel relieved, and maybe I did for a little while, but by the time I got home, I could hear the whisper starting up again, that something was definitely wrong with my stomach since the gnawing ache wouldn't go away.
I think, You will never be free from this.
I think, You don't pick your thoughts.
I think, You are dying, and there are bugs inside of you that will eat through your skin.
I think and I think and I think.
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INHALT:
Die junge Aza ist eigentlich viel zu sehr mit sich selbst und ihren Zwangsstörungen beschäftigt, um sich Gedanken um den verschwundenen Milliardärr Russell Pickett zu machen. Doch ihre beste Freundin Daisy möchte unbedingt die Belohnung von hunderttausend Dollar einstreichen, und da sie weiß, dass Aza einmal mit Picketts Sohn Davis befreundet war, überredet sie sie zu einem Ausflug. Tatsächlich entdecken die beiden auch eine kleine Spur - vor allem aber entdeckt Aza alte Gefühle für Davis wieder. Aber als ihre Angstzustände schlimmer werden, fragt sie sich, ob sie für solch eine Beziehung überhaupt bereit ist...

MEINE MEINUNG:
Lange mussten wir auf John Greens neuen Roman warten - fünf Jahre, um genau zu sein. Es ist schwierig, nach einem solchen Erfolg wie es der letzte einer war, wieder anzuknüpfen, aber mit "Turtles All the Way Down" ist ihm das durchaus gut gelungen. Erneut erzählt er eine Geschichte aus der Sicht eines jungen Mädchens und erneut funktioniert das überraschend gut. Fans seines metaphorischen, lyrischen und manchmal etwas geschwollenen Stils kommen auch hier wieder auf ihre Kosten; wer ihn nicht mag, lässt besser die Finger davon. Die Dialoge sind gewohnt spritzig, ein bisschen abstrus und mal berührend, mal urkomisch - ganz John Green also.

Aza ist eine Protagonistin, die sich stark von anderen abhebt. Sie ist kein liebenswürdiges junges Mädchen auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Stattdessen hat sie viel schwerwiegendere Probleme, denn ihre Angstzustände und Zwangsstörungen bestimmen einen Großteil ihres Lebens - weswegen sie unbewusst und ungewollt egoistisch handelt, da sie ihre Sorgen ganz einfach nicht abstellen kann. Sie ist trotzdem sympathisch und versucht sich zu ändern, auch wenn das nicht so einfach funktioniert. Ihre beste Freundin Daisy ist diejenige, die mit ihrer frischen und wilden Art nicht nur für die witzigsten Momente sorgt, sondern sie ist auch Azas Stützpfeiler. Sie ist immer für ihre Freundin da, nimmt aber auch nicht alles einfach so hin. Und dann ist da noch Davis: Deutlich weniger ein Manic Pixie Dream Boy ohne eigene Ambitionen als es noch Augustus war (so sehr ich ihn auch mochte). Er kümmert sich um seinen Bruder und möchte nur einmal nicht wegen seines Geldes, sondern wegen seiner Persönlichkeit gesehen werden, weswegen man ihn sehr schnell sehr gut leiden kann.

Das Buch beginnt und endet großartig - wir begleiten Aza auf ihrer Reise durch ihre Gedanken, bei dem Versuch, eine normale Beziehung zu führen und den richtigen Weg für sich zu finden. Aufhänger für all das ist das Verschwinden des Milliardärs und das ist auch das größte Problem: Es ist eben nur ein Aufhänger. Es gibt eigentlich keine wirklichen Versuche, Davis' Vater überhaupt zu finden. Das ist prinzipiell nicht schlimm, weil es genug andere Themen gibt, die auch gut behandelt werden - nur wird dadurch dieser kleine Kriminalfall sehr in den Hintergrund gedrängt und erschien mir vor allem am Schluss nur noch wenig plausibel. Dafür merkt man deutlich, wie viel Ahnung der Autor vom Thema Zwangsstörungen hat, denn Azas Probleme werden sehr sensibel und vor allem erschreckend realistisch geschildert. Es passiert gar nicht so viel, aber durch die wunderschöne Erzählweise - inklusive, natürlich, einer Menge toller Zitate - vergehen die Seiten wie im Fluge. Ein für den Autor typisches Ende rundet das Ganze ab, und auch, wenn das Ganze nicht perfekt war, hat es sich für die Reise mit Aza doch auf jeden Fall gelohnt.

FAZIT:
Die Wartezeit auf John Greens neuen Roman hat sich gelohnt. "Turtles All the Way Down" beschäftigt sich nicht nur mit der ersten Liebe, sondern dem wichtigen und bisher nur selten repräsentierten Thema der Zwangsstörungen. Allerdings wird die Ausgangssituation für alle Ereignisse nur geringfügig behandelt, was ich schade fand. 4 Punkte!