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Veröffentlicht am 28.02.2018

Der Dichter zweyter Streich

Die Affäre Carambol (Goethe und Schiller ermitteln)
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Goethe hat Schiller nach Franckfurt eingeladen, seine Heimatstadt. Schon die Reise dorthin steht unter keinem guten Stern, vier Kutschen brauchen sie wegen Defekten und Unfällen, und einen Tag zu spät ...

Goethe hat Schiller nach Franckfurt eingeladen, seine Heimatstadt. Schon die Reise dorthin steht unter keinem guten Stern, vier Kutschen brauchen sie wegen Defekten und Unfällen, und einen Tag zu spät erreichen sie ihr Ziel. Dann jedoch entwickelt sich ihr Aufenthalt zu einer angenehmen Erfahrung, bis zu dem Tag, an dem sie abreisen wollen. Genau dann bitten ein paar Stadträte um ihre Hilfe. Wie es scheint, versucht jemand, die Stadt mit aller Gewalt zu einem Krieg mit Napoleon zu zwingen, und das, obwohl sich Franckfurt durch seine Reparationszahlungen an Frankreich ohnehin nichts mehr leisten kann. Jemand geht über Leichen, skrupellos, und nur Goethe und Schiller scheinen in der Lage, ihn aufzuhalten. Schon bald befinden sich die Dichter in höchster Lebensgefahr.

Ich gehe nicht oft auf Cover oder Handling ein, aber in dem Fall mache ich eine Ausnahme. Das Buch ist klein und das Cover in einem altmodischen Stil gehalten, wie auch die echten Bücher der Dichter hätten aussehen können, finde ich eine coole Idee, zumal der Verlag ein Nachfolger von Cotta ist, dem Herausgeber sowohl Goethes als auch Schiller.
Wie auch im ersten Abenteuer um diese beiden wird hier zum Teil die alte Schreibweise beibehalten, auch der Stil ist ganz im Sinne des späten 18./sehr, sehr frühen 19. Jahrhunderts anzusiedeln. Dass ich nicht volle Punktzahl vergebe, ist dem Schluss geschuldet, der für mich ein wenig lahm gestaltet war, ansonsten wusste das Büchlein wieder sehr gut mit kurzen Kapiteln, aberwitzigen Geschehnissen und beiläufigen Informationen um die berühmtesten deutschsprachigen Dichter zu unterhalten.

Veröffentlicht am 22.02.2018

Zeit ist Geld

Everless 1. Zeit der Liebe
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Jules lebt in einer Welt, in der man sein Blut abzapfen lassen, es zu Gold prägen kann und dadurch Lebenszeit verliert. Die Ärmsten der Armen haben nichts anderes als das, viele sterben ausgezehrt vor ...

Jules lebt in einer Welt, in der man sein Blut abzapfen lassen, es zu Gold prägen kann und dadurch Lebenszeit verliert. Die Ärmsten der Armen haben nichts anderes als das, viele sterben ausgezehrt vor ihrer Zeit. Auch Jules und ihr Vater gehören dazu, und selbst für die Miete ihrer heruntergekommenen Kate muss Jules Vater zu Ader gelassen werden. Um ihre Situation aufzubessern, lässt sich das Mädchen als Dienerin auf Everless anheuern, da die Hochzeit des jüngeres Sohnes der Familie Gerling mit dem Mündel der Königin ansteht. Als Kind hat sie bereits auf dem Schloss gelebt, und sie weiß, dass diese adlige Familie aus blutsaugenden Ausbeutern besteht, doch sie hat keine andere Wahl. Und dann kommt sie hinter ein Geheimnis - ihr Geheimnis - das Menschenleben kosten wird.

Eine richtig originelle Idee! Ich mochte den Einstieg in diese Welt, auch die Protagonisten waren mir anfangs sympathisch. Mit dem Fortlauf der Geschichte musste ich allerdings einsehen, dass ich nicht viel mit Jules gemeinsam habe, ich verstand sie meistens gleich mal gar nicht, ihre Handlungen und Denkweise wurden mir immer suspekter. Irgendwo ab der Mitte wurden einige Ereignisse vorsehbar, doch dann wiederum gab es Dinge, die sogar mich überrascht haben, obwohl ich viele Bücher dieser Art gelesen habe. Auf jeden Fall ein Pluspunkt! Manches war too much. Sie ist immer noch einen Jungen verliebt, mit dem sie als Siebenjährige gespielt und zehn Jahre nicht gesehen hat? Really? Von solchen Sachen abgesehen fand ich es spannend, in diese gleichzeitig bekannte, mittelalterlich angehauchte und doch so fremde magische Welt einzutauchen.

Veröffentlicht am 11.02.2018

Road to hell

Die Rache der Polly McClusky
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Polly ist elf, schleppt noch immer einen Plüschteddy mit sich herum und ist gerade mit dem gefährlichsten Menschen unterwegs, den sie kennt: ihrem Vater. Plötzlich, nachdem sie sich mehrere Jahre wegen ...

Polly ist elf, schleppt noch immer einen Plüschteddy mit sich herum und ist gerade mit dem gefährlichsten Menschen unterwegs, den sie kennt: ihrem Vater. Plötzlich, nachdem sie sich mehrere Jahre wegen seines Knastaufenthalts nicht gesehen haben, stand er vor der Schule und nahm sie mit. Und dann muss Polly erfahren, dass ihr Leben zu Ende ist. Ein Knastboss hat nicht nur den Tod ihres Vaters befohlen, sondern auch den ihrer Mutter und ihren eigenen. Ihre Mutter stirbt und jetzt ist Pollys Vater der Einzige, der sie retten kann. Er kennt sich bestens mit dem reinen Überleben aus, aber ob das reicht, wenn alle Gangs der Welt hinter einem her sind?

Ein Buch wie ein Blockbuster. Wenn man es durchweg genießen will, muss man manchmal nicht nur beide Augen, sondern auch die Hühneraugen seiner Oma zudrücken, denn mal ehrlich, so Sachen wie "elfjähriges Mädchen würgt Kampfhund bewusstlos" oder "keine Gang der Welt legt weißen Sheriff um" sind Humbug. Auch ob der Übergang vom schüchternen Kind zum rachsüchtigen Revolverheldenmädchen gelungen ist, darüber kann man streiten. Aber lesen lassen hat sich das Teil wirklich mega, viele Sätze und Szenen kamen mit der Schnelligkeit, Brutalität und Präzision einer fünfundvierziger Kugel und haben durchschlagende Wirkung entwickelt. Um durchzukommen, braucht man auch nicht mehr Zeit investieren, als im Kino einen normalen Hollywoodfilm anzusehen. Früher oder später wird Polly bestimmt auch dort landen.

Veröffentlicht am 10.02.2018

Milchtüten und Depressionen

Hologrammatica
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Ende des 21. Jahrhunderts hat sich die Anzahl der Menschen extrem verringert. Eine Pandemie rottete einen Großteil der Menschheit aus, allerdings gibt es immer noch genügend, um auf dumme Ideen zu kommen. ...

Ende des 21. Jahrhunderts hat sich die Anzahl der Menschen extrem verringert. Eine Pandemie rottete einen Großteil der Menschheit aus, allerdings gibt es immer noch genügend, um auf dumme Ideen zu kommen. Auch die Technik ist weit fortgeschritten, zum Teil jedoch direkt verboten; der gläserne Mensch ist nicht mehr so gläsern, wie noch 50 Jahre zuvor. Dank Holotechnik und anderer zukünftiger Spielereien war es noch nie so einfach, sich einfach abzusetzen, und wenn ein Mensch verschwindet, wenden sich viele Leute an moderne Detektive, die sogenannten Quästoren. Galahad Singh ist einer von ihnen und sein neuester Fall führt ihn in dieser Art von Brave New World bis an die Grenzen des Geistes und darüber hinaus.

Wow, ich muss schon sagen, das ist mal ein Zukunftsentwurf, der es in sich hatte. Gut zu lesen, gut geschrieben, aber nicht immer einfach zu verstehen, man musste schon dran bleiben, um nicht den Faden zu verlieren. Das wird wahrscheinlich schon so manchen Leser abschrecken. Mir haben die Ideen und die Umsetzung gefallen, gerade auch die Verbindung zwischen einer Art Dystopie und Noir-Krimi. Galahad ist einesteils der typische einsame Wolf, andererseits nicht ganz so typisch homosexuell, Sohn eines megareichen Vaters und er verfügt über eine Technik, die den klassischen Detektiven aus den 30iger-Jahr-Romanen nicht zur Verfügung stehen. Das Ganze hätte sogar Potenzial zu einem 5-Sterne-Highlight gehabt, wenn es nicht in der Mitte ein wenig durchhängen und sich auf gewisse Art wiederholen würde. Ein paar Kürzungen hier und da hätten dem Spannungsverlauf gut getan. Trotzdem: richtig gutes Buch für Leute, die Nachdenken während des Lesens nicht für mega retro halten.

Veröffentlicht am 01.02.2018

Niemals allein

Nevernight - Die Prüfung
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Mia Corvere sieht erst mal wie ein mageres, junges Mädchen von sechszehn Jahren aus. Das ist sie auch, aber man darf sie nicht unterschätzen. Sie ist sechs Jahre lang bei einem alten Assassinen in die ...

Mia Corvere sieht erst mal wie ein mageres, junges Mädchen von sechszehn Jahren aus. Das ist sie auch, aber man darf sie nicht unterschätzen. Sie ist sechs Jahre lang bei einem alten Assassinen in die Lehre gegangen, mit nur einem Ziel: Sie will in den Orden der "Roten Kirche" aufgenommen werden, einem Assassinenorden, dessen Aufnahmerituale bereits tödlich sind. All das nimmt sie nur auf sich, weil sie sich rächen will. An den drei Männern, die für den Tod ihrer Familie verantwortlich sind. Dass es sich dabei und die drei mächtigsten und abgeschirmtesten Männer ihres Volkes handelt, macht die Sache nicht leichter, doch Mia hat einen Vorteil, wenn man ihren Fluch so nennen will: Sie kann die Schatten befehligen und wird von einem Schattengeschöpf begleitet. Sie ist niemals allein, selbst wenn sie auf sich allein gestellt ist.

Ehrlich, anfangs habe ich überlegt, ob ich das Buch abbreche. Nicht, weil der Schreibstil so Mist ist, im Gegenteil, der ist außergewöhnlich. Auch nicht, weil die Geschichte nichts hergibt, auch das Gegenteil ist der Fall. Aber mich hat übelst genervt, dass zumindest auf den ersten 100 Seiten der Autor ständig die vierte Wand gebrochen und mit mir bzw. den Lesern gelabert hat. Das kann ich nicht ab, ich will in ein Buch eintauchen können, und wenn mich dann ein Autor jedes Mal wieder aus dem Lesefluss reißt mit seiner Anquatscherei, dann nervt mich das. Zum Glück gab sich das irgendwann, und als störend empfand ich nur noch die Fußnoten. Dass ich selbst darüber irgendwann hinwegsehen konnte, ist ein Verdienst des Autors, da kann er sich einen Orden an die Brust heften. Normalerweise sind solche Bücher für mich Kandidaten zum Verreißen, bei diesem Buch jedoch packte er mich irgendwann mit seiner originellen Handlung, seinen Protagonisten und den Ahnungen, die ich für den nächsten Band schon habe und ich übernehme daher seine Unsitte und wende mich direkt an euch: Liebe RezensionsleserInnen, dieses Buch bekommt von mir eine Empfehlung!