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Venatrix

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Veröffentlicht am 03.02.2018

Spannende Familiensaga

Die Frauen von La Principal
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Inhalt:

Hier in Katalonien herrschen 1893 feudalistische Strukturen wie im Mittelalter. Die Söhne einer Familie gelten ALLES, die Töchter sind nur Ballast oder manchmal schöner Zierart, der profitabel ...

Inhalt:

Hier in Katalonien herrschen 1893 feudalistische Strukturen wie im Mittelalter. Die Söhne einer Familie gelten ALLES, die Töchter sind nur Ballast oder manchmal schöner Zierart, der profitabel verheiratet werden muss.
Dies muss Maria-1 schmerzhaft zur Kenntnis nehmen, als sie als Einzige auf dem wegen des Reblausbefalls dem Untergang geweihten Weingut ausharren soll. Der Rest der Familie, Vater und vier Brüder, treten die Reise in eine verlockende Zukunft in Barcelona an. Bei der Abreise verwünscht Maria ihren Vater, ohne zu wissen, dass er wenig später sterben wird. Und siehe da, völlig unerwartet ist sie, die einzige Tochter, das Lieblingskind des Vaters gewesen und durch die vortestamentarischen Verfügungen die Erbin von La Principal.
Mit eisernem Willen und einem Hang zum Despotismus führt Maria-1 das Weingut von Erfolg zu Erfolg. Symbol für diese Macht ist die „Sedia“. Diese Sänfte ist von Arbeitern auf La Principal aus hauseigenem Material gefertigt und symbolisiert die Verbundenheit mit dem Weingut.

Ihre Tochter, Maria-2, lässt als Zeichen des Neubeginns die „Sedia“ verbrennen, führt das Weingut in guter alter Tradition weiter, bis sie die politischen Machtverhältnisse ins vorübergehende Exil nach Frankreich zwingen. Nach ihrer Rückkehr, nimmt sie sich einen unstandesgemäßen Liebhaber, Llorenc. Auf ihn hat sie schon als Fünfzehnjährige ein Auge geworfen. Die beiden verbindet ein delikates Geheimnis, dessen mögliche Enthüllung ungeahnte Folgen haben könnte.
1940, Maria und Llorenc führen ein eheähliches Verhältnis, taucht Kommissar Recader auf. Jener Ermittler, der schon 1936 einen mysteriösen Mordfall auf La Principal untersucht hat und damals von den politischen Ereignissen zurückgepfiffen wurde. Diesmal, diesmal will er den Mord aufklären Recader ist ein Fan von Agatha Christies Krimis und sieht den Mord auf La Principal als Vorlage für einen Krimi. Entsprechend geht er bei seinen Ermittlungen vor.

Wir befinden uns nun im Jahr 2001. Maria-2 ist vor Jahren friedlich im Bett gestorben und Maria-3, nunmehr auch schon sechzig Jahre alt, führt als einziges Kind das Anwesen weiter. Sie ist die letzte ihrer Familie. Vater Llorenc hat die Familiengeschichte aufgeschrieben und so erfährt seine Tochter, was sich damals, 1936, wirklich zugetragen hat.

Erzählstil/Spannung:

Schon durch den Klappentext vorgewarnt, ist klar, dass dieses Buch nichts für zwischendurch sein würde. Die Handlungsstränge, die Namensgleichheiten, nicht nur der Marien sondern auch der „Ursulas“ sowie die Rückblenden fordern dem Leser erhöhte Aufmerksamkeit ab.
Der Erzählstil ist für mich ungewohnt, bin ich doch einem sachlich, technischen Schreibstil zugeneigt. Doch nach kurzer Eingewöhnung habe ich mich an Lluis Llachs Stil Gefallen gefunden. Nicht immer wird Klartexte geschrieben. Der Autor ergeht sich häufig in Andeutungen und Verklausulierungen. Angesichts seiner revolutionären Herkunft und Haltung ist eine vorsichtige Formulierkunst, kein Wunder. Ein großes Lob muss der Übersetzerin Petra Zickmann ausgesprochen werden, die meiner Meinung nach diese Kunst aus der weichen romanischen Sprache in das harte Deutsch gekonnt umgesetzt hat.
Die Spannung eines Romans kommt natürlich an die eines Krimis nicht heran, obwohl durch den Mord an Ricard und den Ermittler Recader kriminalistische Sequenzen eingebaut wurden.

Die unterschiedlichen Handlungsstränge und Zeitebenen werden gekonnt verknüpft. Das Jahr 2001 und die dritte Maria kommen für mein Dafürhalten ein wenig zu kurz.

Charaktere:

Llach zeichnet willensstarke und entschlossene Frauen, die bereit sind, sich über Konventionen hinwegzusetzen. Entgegen aller Unkenrufen, überlebt das Weingut und steht nach drei Generationen von weiblichen Eigentümern besser da als je zuvor.

Die Männergestalten dienen nur als Mittel zum Zweck. Sei es als Vater oder missliebige Brüder und Feinde, als Liebhaber oder Bewunderer. Einzig Llorenc scheint eine generationsübergreifende Rolle zu spielen. Er arbeitet als Kind unter Maria-1, die ihn bis er zwölf ist, die Schule ermöglicht, liebt und lebt mit Maria-2 mit der ein dunkles Geheimnis teilt und ist Vater von Maria-3.

Eine liebevoll gestaltete Figur ist Ursula. Auch deren gibt es mehrere, die aber wenig Rolle spielen. Sie, ursprünglich Amme von Maria-2, kennt jedes Geheimnis auf La Principal. Sie ist Marias Vertraute und blockt Unheil so gut wie möglich von ihr ab.

Auch an Lluis Recader, dem Polizisten, habe ich Gefallen gefunden. Seine Lust, Krimis zu lesen und deshalb Polizist zu werden, ist ein schöner Einfall.

Fazit:

Eine schöne Familiensaga, die ich gerne weiterempfehle. Einziger Kritikpunkt, der allerdings dem Verlag zuzuordnen ist - diese winzige Schrift strengt ziemlich an.

Der Autor Lluis Llach , in seiner Jugend Gegner von Diktator Franco, ist eigentlich Liedermacher und votiert für die Unabhängig Kataloniens von Spanien.

Veröffentlicht am 03.02.2018

Fesselnd bis zur letzten Seite

Lügenmauer. Irland-Krimi (Ein Emma-Vaughan-Krimi 1)
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Barbara Bierach ist mit diesem Krimi, der Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe gut gelungen.

Irland/Count Sligo 1965: der Krimi beginnt mit der Vergewaltigung eines jungen Mädchens schon ziemlich dramatisch. ...

Barbara Bierach ist mit diesem Krimi, der Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe gut gelungen.

Irland/Count Sligo 1965: der Krimi beginnt mit der Vergewaltigung eines jungen Mädchens schon ziemlich dramatisch. Als sie dadurch schwanger wird, ist es vor allem ihr Bruder Charles, der alles daran setzt, diese Familienschande aus seinem Umfeld zu entfernen, geht ja um seine Karriere.

Irland/County Sligo 2005: der pensionierte Militärpfarrer Charles Fitzpatrick wird ermordet.

Emma Vaughan wird mit den Ermittlungen betraut. Sie ist kein einfacher Charakter. Geschieden, alleinerziehende Mutter eines pubertierenden Sohnes und protestantisch – im katholischen Irland auch heute noch keine leichte Kombination. Eine zusätzliche Hürde ist ihre Abhängigkeit von schmerzstillenden Medikamenten, die sie geflissentlich verheimlicht. Nach einem, von ihrem Ex-Mann verursachten Unfall, leidet sie an chronischem Schmerzen, die sie mit Opiaten einzudämmen versucht.

Hat der Mord an Fitzpatrick religiöse Gründe, steckt die IRA dahinter oder ist das Motiv im Privatleben des Ermordeten zu suchen? Seine Ehefrau Jeane leidet schon jahrelang wegen der Seitensprünge ihres bigotten Mannes. Auch die ehemaligen Vorgesetzten sprechen missbilligend über den Seelsorger.

Und was hat Margaret, die demente Schwester des Ermordeten, die ihre Pflegerin immer als „Kaitlin“ anspricht, mit der Sache zu tun?

Wird Emma den Fall lösen können, bevor die Ermittler aus Dublin übernehmen?

Ich bin beeindruckt von diesem Krimi, der einen Einblick in die zerrissene Welt des Glaubens gibt. Grundsätzlich bin ich ja mit den Nachrichten über den Bombenterror der IRA aufgewachsen, habe mir aber bislang keine Zeit genommen, die Ursache dieses Konflikts nachzulesen (was ich demnächst nachholen werde).

Bei ihren Recherchen wühlt Emma tief im Dreck der Kirche(n), wobei das eigentliche Bekenntnis wenig Rolle spielt. Sowohl Protestanten als auch Katholiken haben hier schwere Verfehlungen ihrer Amtsträger jahrzehntelang vertuscht. Die schrecklichen Ereignisse in Tuam, wo in einem ehemaligen Fürsorgeheim 800 Babyskelette gefunden wurden, hat die Autorin in diesen Krimi eingebaut.

Veröffentlicht am 03.02.2018

Mord in antiker UMgebung

Mord in der Provence (Hannah Richter 1)
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Hannah Richter, Kommissarin aus Köln, versieht im Rahmen eines EU-Austauschprogrammes, zum Leidwesen des örtlichen Kommandanten, ihren Dienst im kleinen Ort Vaison-la-Romaine. Hier kann sie ihrer Leidenschaft ...

Hannah Richter, Kommissarin aus Köln, versieht im Rahmen eines EU-Austauschprogrammes, zum Leidwesen des örtlichen Kommandanten, ihren Dienst im kleinen Ort Vaison-la-Romaine. Hier kann sie ihrer Leidenschaft für römische Geschichte nachgehen, da es eine Vielzahl von historische Stätten und Ausgrabungen gibt. Noch dazu gibt es außer Taschendieben keine nennenswerten Kriminalfälle. Doch das sollte sich bald ändern.

Im Amphitheater von Orange wird Arnaud Brunel erhängt aufgefunden. Die französische Polizei, allen voran Hannahs Chef Claude-Jean Bernard, geht von einem Selbstmord aus. Die Ermittlungen werden, trotz Hannahs Vorbehalte, unverzüglich eingestellt.

Auch beim zweiten Toten, der ebenfalls in einem antiken Theater, nämlich in Nimes, gefunden wird, kommen bei Hannah Zweifel an der Unfallversion auf. Bernard verbietet Hannah abermals, weitere Recherchen durchzuführen.

Alle Alarmglocken läuten bei Hannah, als bei einem privaten Ausflug ein dritter Toter unter dem berühmten Pont du Gard entdeckt wird.

Was verbindet die drei Toten, außer den Auffindungsorten an jeweils einer antiken Ausgrabung?

Gemeinsam mit Serge, Penelope und der engagierten Polizistin Emma gelingt es Hannah, Zusammenhänge zu rekonstruieren.

Schreibstil/Spannung/Charaktere:

Der Krimi ist flott und flüssig geschrieben. Leider bedient sich die Autorin mehrerer klassischer Klischees, von denen in vielen anderen Krimis auch zu lesen ist. Da sind zum einen die frauenfeindliche Einstellung der französischen Polizei und zum anderen das „Laissez-faire“ bei den Ermittlungen. Ich glaube nicht, dass die französische Polizei so schlampig arbeitet. Auch die Ressentiments der deutschen Kommissarin gegenüber sind nicht wirklich notwendig. Ob eine Austauschbeamtin wirklich im Alleingang Verhöre durchführen darf?

Interessant fand ich die drei als „Einschübe“ deklarierten Ausflüge in die Mythologie. Da hätte mir, als alter Lateinerin, die Überschrift „Interludium“ besser gefallen.

Bei einem Provence-Krimi darf natürlich die Beschreibung der Landschaft und der Kulinarik nicht fehlen.

Das Privatleben Hannahs ist mir einen Hauch zu breit ausgewalzt. Das dämpft für mich manchmal den Spannungsbogen.

Das Ende ist auf den ersten Blick ein wenig unbefriedigend, doch liegt die Vermutung nahe, dass dies der Auftakt zu einer Krimi-Serie sein soll. Andeutungen gäbe es ja einige.

Die Charaktere sind recht gut gelungen. Hannah tritt für mein Gefühl manchmal ein wenig zu forsch auf und bestätigt dadurch die Vorurteile ihres Chefs.

Ein netter Krimi, der noch ein wenig Luft nach oben hat.

Veröffentlicht am 03.02.2018

Sind Ehekrisen ansteckend?

Rabenschwarzer Winter
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In Perpignan ist die Tristesse ausgebrochen. Es ist kurz vor Weihnachten und Inspecteur Gilles Sebag ist mit der Untreue seiner Frau Claire konfrontiert. Zwar ist die Affäre mit einem Lehrerkollegen vorbei, ...

In Perpignan ist die Tristesse ausgebrochen. Es ist kurz vor Weihnachten und Inspecteur Gilles Sebag ist mit der Untreue seiner Frau Claire konfrontiert. Zwar ist die Affäre mit einem Lehrerkollegen vorbei, doch der Nachhall wirkt. Sebag greift zum Allheilmittel der betrogenen Ehemänner – zur Whiskey-Flasche. Doch nicht nur in Sebags Leben geht es um Affären, Ehebruch und den Scherben in Beziehungen.

Es hat den Anschein, als sei Untreue ansteckend. Die Scheidungsrate steigt und ein gehörnter Ehemann erschießt seine Ehefrau. Ein anderer springt aus dem Fenster als er dem Betrug auf die Schliche kommt.

Wie hängen dies Verbrechen zusammen? Denn, so ist sich Sebag sicher, es muss einen Zusammenhang geben. Das sagt ihm seine durchaus ernst zunehmende Intuition.

Wir begleiten einen etwas angeschlagenen Ermittler durch den Kriminalfall. Sebag wirkt ob seines Leidens authentisch. Wieder begegnen wir den diversen Eifersüchteleien zwischen den Polizisten.
Der Kriminalfall ist durchaus verzwickt, sagt doch der eine oder andere Kollege nicht immer die Wahrheit.

Wird Gills Sebag die Fälle aufklären?
Werden Claire und er geläutert aus der Ehekrise hervorgehen?

Fazit:

Nicht ganz so spritzig wie die Vorgänger. Doch auch im Winter ist Perpignan eine Lesereise wert.

Veröffentlicht am 03.02.2018

EIn vielschichtiger Roman

Unsere Hälfte des Himmels
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Clarissa Linden entführt ihre Leser in das Deutschland der 1930er und das 1970er. Zwei Generationen von Frauenleben werden hier parallel betrachtet.
Zum einen die Geschichte von Amelie Reichard und ihren ...

Clarissa Linden entführt ihre Leser in das Deutschland der 1930er und das 1970er. Zwei Generationen von Frauenleben werden hier parallel betrachtet.
Zum einen die Geschichte von Amelie Reichard und ihren Freundinnen, den „Himmelsstürmerinnen“ aus dem Fliegerclub, die sich nichts Anderes wünschen als zu Fliegen - im Deutschland der Zwischenkriegszeit und dem aufkommenden Nationalsozialismus alles andere als einfach.
Der zweite Handlungsstrang beschäftigt sich mit Lieselotte Frank, Amelies Tochter, die in einer lieblosen Ehe gefangen ist und erst mit durch den dramatischen Unfall ihrer Mutter, zu sich selbst findet. Doch Lieselotte muss sich nicht nur ihrem eigenen Schicksal stellen, sondern entdeckt auch nie vermutete Seiten ihrer sehr reservierten Mutter.

Das Buch ist hervorragend geschrieben. Wir können eintauchen in eine komplexe Mutter/Tochter-Beziehung, die alles andere als liebevoll ist. Wir erleben die Sehnsüchte, Verrat Liebe, Hass und Frauenfreundschaften hautnah mit.
Der authentische Schreibstil der Autorin lässt uns die Zeit um den Zweiten Weltkrieg als auch die Zeit des Umbruchs in den 1970ern gut miterleben.

Als Kennerin von vielen Biographien der Pionierinnen der Luftfahrt, habe ich allerdings folgende Kritik:

Die Namen der Fliegermädchen sind zu stark an ihre historischen Vorbilder angelehnt, die ebenso wie körperliche und charakterliche Eigenschaften kreuz und quer gemixt sind. Das hat mich ziemlich irritiert und kostet einen Stern.

Die echte Amelia „Melli“ Beese (1886-1925) ist die erste Frau Deutschlands, die den Privatpilotenschein erhält und eine Flugschule eröffnet. Sie erschießt sich 1925.

Hanna Reitsch (1912-1979) scheint das Vorbild für „Johanna ‚Hanni‘ Beese“ zu sein. Die echte Reitsch ist knapp 1,50 groß.

Vera von Bissing (1906-2002) muss ihren Namen für Felix, Hannis Flugleherer, Amelies große Liebe und Lieselottes Vater, hergeben.

Das haben sich die echten Pionierinnen der Fliegerei nicht verdient. Hier wären fiktive Namen wirklich besser gewesen.

Fazit:

Eine vielschichtige, fesselnde Geschichte, die mich grundsätzlich total in den Bann gezogen hat. Kritikpunkt siehe oben.