Das wahre Leben tobt in Sprechblasen!
Mädchen auf WhatsApp 2 - Immer onlineMarie-Lin und Manou haben keine Geheimnisse voreinander. Ihr ganzes emotionales Leben spielt sich in WhatsApp-Nachrichten ab, in die der Leser voyeuristischen Einblick hat. In Sprechblasen, Fotos und Grafiken, ...
Marie-Lin und Manou haben keine Geheimnisse voreinander. Ihr ganzes emotionales Leben spielt sich in WhatsApp-Nachrichten ab, in die der Leser voyeuristischen Einblick hat. In Sprechblasen, Fotos und Grafiken, verziert mit Emojis, erfährt man von den Schmerzen der Pubertät und dem Erwachsenwerden. Allein das sehr gut passende Cover und die grafische Gestaltung der Texte sind es wert, das Buch in die Hand zu nehmen!
Die verschiedensten Themen werden angerissen und geben ein buntes Schülerinnen-Leben-Bild der heutigen Zeit. Man erfährt vom Schulalltag mit verhauenen Tests, von gewöhnlicher Freizeitgestaltung wie Hockeytraining oder Klavier üben, von Partys mit ungeplanten Vorfällen und fiesen Streichen und vom allgemeinen Alltag, mit Patchworkfamilien, Trennungen und neuen Partnern der Eltern.
Über allem schwebt immer das Gefühl des Umbruchs, und immer das Gefühl, bei den eigentlich wichtigsten Bezugspersonen, den Eltern, emotional zu kurz zu kommen. Es ist nie genug Zeit und Interesse füreinander da. Dies führt erzwungenermaßen zur Ablösung und dazu, dass man eben allein Dinge tut, die man vorher nicht zuhause besprochen hat. Ist den Eltern ja eh alles egal…
Man begleitet die beiden Mädchen bei ihren Gedanken über grundsätzliche Fragen, wie: darf man Tiere essen?, oder: wann sollte man Sex haben mit seinem Freund?, die allerdings so schnell wieder verschwinden, wie sie in einer Sprechblase aufgepoppt sind. Diese Passagen sind vergnüglich zu lesen (haben Eltern Sex miteinander? Igitt!), aber am Ende oberflächlich und flüchtig wie WhatsApp.
Der eigentliche Erzählstrang dreht sich um die jugendliche Liebe in all ihren Facetten. Woher weiß man, ob man sich (schon/noch) liebt? Was ist man bereit zu tun für die Liebe? Hier gehen die Ideen und die Leidensbereitschaft der beiden extrem weit. Aber so ist das, wenn man zum ersten Mal liebt. Zum Glück bleiben dem Leser (und den Mädchen) die möglichen öffentlichen und geheimen Eseleien (ich erwähne hier nur ein Tattoo) erspart.
Tagesaktuell wird auch das Flüchtlingsthema aufgegriffen, Marie-Lin hilft beim Deutschlernen in einer Unterkunft. Jedoch achtet die Autorin bei diesem Komplex (zu) sehr auf political correctness, es darf kein Schimmer einer negativen Entwicklung bleiben. Ein alternativer möglicher Handlungsstrang hätte auch seinen Reiz gehabt.
Mein Fazit
Das Buch habe ich gerne und schnell gelesen. Es ist spannend und reißt viele Themen an. Ich habe die Oberflächlichkeit und die tiefen Wunden der Jugend erneut spüren können. Leider bleiben Lücken, und die Geschichte um Marie-Lin endet mir zu weichgespült konfliktlos.
Zu empfehlen für Mädchen bis 15 Jahren.