Profilbild von milkysilvermoon

milkysilvermoon

Lesejury Star
offline

milkysilvermoon ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit milkysilvermoon über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.02.2018

Die verlorene Ehefrau

Abschied in Prag
0

Lenka ist die älteste Tochter einer jüdischen Familie. Im Prag der 1930er-Jahre verliebt sie sich in Josef, der auch Jude ist, und heiratet ihn. Durch den Einmarsch der Deutschen trennen sich die Wege ...

Lenka ist die älteste Tochter einer jüdischen Familie. Im Prag der 1930er-Jahre verliebt sie sich in Josef, der auch Jude ist, und heiratet ihn. Durch den Einmarsch der Deutschen trennen sich die Wege der jungen Liebenden. Josef verlässt das Land, arbeitet als Arzt in New York und vermählt sich erneut. Lenka gerät in ein Konzentrationslager, wo sie nur knapp dem Tod entkommt, und beginnt nach dem Zweiten Weltkrieg ebenfalls ein neues Leben in den USA. Beide vergessen sich nicht, glauben aber auch, der jeweils andere hätte nicht überlebt. Bis sie sich sechs Jahrzehnte später in New York auf einer Hochzeit zufällig begegnen…

„Abschied in Prag“ von Alyson Richman ist ein bewegender Roman über die Grausamkeiten in den Zeiten des Zweiten Weltkriegs und über die Liebe.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 58 eher kurzen Kapiteln sowie einem Epilog. Erzählt wird die Geschichte vorwiegend aus der Ich-Perspektive – teilweise aus der Sicht von Lenka, teilweise aus der von Josef. So entstehen zwei Erzählstränge. Zudem spielt die Geschichte auf unterschiedlichen Zeitebenen. Der Roman beginnt im Jahr 2000 und beleuchtet dann die Erlebnisse der beiden in der Vergangenheit. Dieser Aufbau hat mir sehr gut gefallen.

Auch die bildhafte Sprache des Romans ist sehr gelungen. Der Schreibstil ist nicht nur flüssig und angenehm, sondern auch sehr anschaulich und einfühlsam. Ich bin sofort in die Geschichte eingetaucht und habe das Buch nur ungern zur Seite gelegt.

Die beiden Hauptprotagonisten, Lenka und Josef, waren mir schnell sympathisch. Ich konnte mich gut in sie hineinversetzen. Auch die Nebenfiguren werden authentisch dargestellt.

Die Handlung war stimmig und gut nachvollziehbar. Zwar wird das Ende der Geschichte der beiden schon zu Beginn vorweggenommen. Dennoch kam bei Lesen keine Langeweile auf.

Inhaltlich konnte mich das Buch sehr berühren. Es geht um Antisemitismus, Leid, Angst, Trauer und Dramatik, aber auch um Hoffnung und Liebe. Das macht den Roman zu einer emotionalen, ergreifenden Lektüre. Ein Pluspunkt war für mich dabei auch, dass der Roman auf wahren Begebenheiten basiert, was im Nachwort zu erfahren ist.

Das Cover des Buches ist nicht nur sehr hübsch, sondern passt auch thematisch gut zum Inhalt. Der Titel weicht stark vom amerikanischen Original („The Lost Wife“) ab, ist aber treffend formuliert.

Mein Fazit:
Mit „Abschied in Prag“ konnte mich Alyson Richman überzeugen und hat meine Erwartungen an die Geschichte absolut nicht enttäuscht. Ich kann diese berührende Lektüre definitiv empfehlen.

Veröffentlicht am 05.02.2018

Zwei ungleiche Freundinnen

Die Geschichte des verlorenen Kindes
0

Elena Greco, genannt Lenù, ist schließlich doch nach Neapel zurückgekehrt - und zwar aus Liebe. Sie ist davon überzeugt, dass es die beste Entscheidung ihres Lebens war. Doch als sich ihr allmählich die ...

Elena Greco, genannt Lenù, ist schließlich doch nach Neapel zurückgekehrt - und zwar aus Liebe. Sie ist davon überzeugt, dass es die beste Entscheidung ihres Lebens war. Doch als sich ihr allmählich die ganze Wahrheit über den geliebten Mann offenbart, fällt sie ins Bodenlose. Raffaela Cerullo, genannt Lila, die Neapel nie verlassen hat, ist eine erfolgreiche Unternehmerin geworden. Aber dieser Erfolg kommt sie teuer zu stehen.

„Die Geschichte des verlorenen Kindes“ ist der vierte Band der Bestsellerreihe von Elena Ferrante und bildet den Abschluss der neapolitanischen Saga.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus zwei Teilen ("Reife" und "Alter), die wiederum in mehrere kurze Kapitel untergliedert sind. Zudem gibt es einen Epilog. Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive aus der Sicht von Elena.

Der Schreibstil gefällt mir unglaublich gut. Er ist flüssig und angenehm zu lesen, allerdings nicht anspruchslos.

Auch inhaltlich konnte mich der vierte Teil überzeugen. Die Hauptprotagonisten sind aus den Vorgängerbänden bekannt. Sie werden authentisch dargestellt.

Nach wie vor steht die Freundschaft von Lenù und Lila im Vordergrund. Aber auch Liebe, Tod und einige andere Themen mehr machen den vierten Teil der Saga zu einer interessanten Lektüre. Wie schon bei den vorangegangenen Bänden finde ich es super, dass man ganz nebenbei einiges über die Stadt Neapel und die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe dieser Zeit lernt.

Die Handlung ist erneut stimmig und kann mit einigen unerwarteten Ereignissen und Wendungen überraschen. So wurde der Roman trotz der eher hohen Seitenzahl nicht langatmig, sondern blieb unterhaltsam.

Ein Pluspunkt ist die Übersicht über die Namen und Personen zu Beginn des Romans. Die kurze Zusammenfassung hilft dabei, die Zusammenhänge besser zu verstehen.

Das Cover lehnt sich an den Look der Vorgängerbände an und gefällt mir wieder sehr gut. Positiv finde ich auch, dass man sich beim deutschen Titel wieder am italienischen Original orientiert hat.

Mein Fazit:
„Die Geschichte des verlorenen Kindes“ ist der gelungene Abschluss der neapolitanischen Saga von Elena Ferrante. Ich kann nicht nur den finalen Band der Tetralogie, sondern sogar die gesamte Reihe wärmstens empfehlen.

Veröffentlicht am 01.02.2018

Ein Schimpfwort auf zwei Beinen

Der Reisende
0

Deutschland im November 1938: Otto Silbermann ist ein wohlhabender Kaufmann, aber auch Jude. Zwar kommt er sich wie ein Schimpfwort auf zwei Beinen vor. Bisher ist er allerdings von den Angriffen der Nazis ...

Deutschland im November 1938: Otto Silbermann ist ein wohlhabender Kaufmann, aber auch Jude. Zwar kommt er sich wie ein Schimpfwort auf zwei Beinen vor. Bisher ist er allerdings von den Angriffen der Nazis verschont geblieben. Das ändert sich abrupt: Nur weil er vorgewarnt wurde, entkommt Silbermann in Berlin in der Nacht der Pogrome knapp seiner Verhaftung. Es folgt eine Odyssee. Als Reisender mit einer Aktentasche voller Geld irrt er ziellos umher. Seine Hoffnung, illegal in die Grenze zum Ausland zu überqueren, erfüllt sich nicht. Stattdessen verbringt er seine Zeit in Zügen und an Bahnhöfen und bekommt so einiges mit.

Der Roman „Der Reisende“ wurde vom Autor Ulrich Alexander Boschwitz im ausländischen Exil auf dessen Flucht vor dem Naziregime ab dem Jahr 1938 verfasst und nun, fast 80 Jahre nach der Fertigstellung, erstmals in Deutschland veröffentlicht.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte in elf Kapiteln mit einer angenehmen Länge aus der Sicht von Otto Silbermann. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Er ist klar und flüssig, aber zugleich anschaulich und eindringlich.

Auch inhaltlich konnte mich der Roman überzeugen. Mit Otto Silbermann steht ein interessanter Charakter im Vordergrund, der authentisch geschildert wird. Seine Gedanken- und Gefühlswelt werden in gelungener Weise wiedergegeben. Seine Entwicklung ist glaubhaft und steht stellvertretend für etliche ähnliche Schicksale in dieser Zeit.

Die Handlung ist ebenso stimmig und an mehreren Stellen spannend. Doch auch bei den eher ruhigeren Passagen kommt keine Langeweile auf.

Der Verlust aller Besitztümer und Rechte, die Heimatlosigkeit, die Ängste und die Verzweiflung sind zentrale Themen und werden in der Geschichte hervorragend herausgearbeitet. Das Buch regt dadurch zum Nachdenken an und konnte mich beim Lesen immer wieder berühren.

Ergänzt wird der Roman mit einer editorischen Notiz und dem Nachwort des Herausgebers. Sie liefern interessante Zusatzinformationen. Es war erschütternd zu lesen, wie es dem bis dato eher unbekannten Autor nach seiner eigenen Flucht aus Deutschland ergangen ist.

Das Cover ist ansprechend gestaltet und drückt sehr gut die Stimmung und den Inhalt des Romans aus. Der Titel ist ebenfalls treffend gewählt.

Mein Fazit:
„Der Reisende“ von Ulrich Alexander Boschwitz ist ein bewegendes, lesenswertes Stück Zeitgeschichte, das ich nicht nur Geschichtsfans ans Herz legen kann.

Veröffentlicht am 25.01.2018

Ein letztes Mal gemeinsam auf Reisen

Das Leuchten der Erinnerung
0

Ella und John Robina sind nicht nur mehr als 80 Jahre alt, sondern auch schwer erkrankt. Während sie an Krebs im Endstadium leidet, ist seine Demenz schon weit fortgeschritten. Ellas Tage sind gezählt, ...

Ella und John Robina sind nicht nur mehr als 80 Jahre alt, sondern auch schwer erkrankt. Während sie an Krebs im Endstadium leidet, ist seine Demenz schon weit fortgeschritten. Ellas Tage sind gezählt, doch weiteren Operationen und Behandlungen durch die Ärzte will sie sich nicht aussetzen. Stattdessen machen sich die beiden auf einen ungewöhnlichen Roadtrip: Mit ihrem Oldtimer-Wohnmobil, dem „Leisure Seeker“, fahren die Senioren von ihrem Zuhause nahe Detroit in Michigan über die Route 66 einmal quer durch die USA bis zum Disneyland nach Kalifornien. Eine letzte abenteuerliche Reise gegen den Willen ihrer Kinder. Die Fahrt lässt nicht nur alte Erinnerungen aufleben, sondern ist auch eine Probe für ihre Liebe.

„Das Leuchten der Erinnerung“ von Michael Zadoorian ist das Buch zum gleichnamigen Kinofilm mit Helen Mirren und Donald Sutherland.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte im Präsens aus der Ich-Perspektive von Ella. Ihre teils bissigen, teils trockenen Kommentare, die den Leser direkt ansprechen, haben mir sehr gut gefallen. Der Schreibstil ist flüssig und angenehm. Insgesamt durchreist das Paar zehn Staaten. Jedes Mal, wenn die beiden einen neuen Bundesstaat erreichen, beginnt ein weiteres Kapitel, so dass diese unterschiedlich lang sind. Eine schöne Idee, den Roman so zu untergliedern.

Der Leser wird gleich mitten in die Handlung geschmissen. Dennoch bin ich gut in die Geschichte reingekommen und habe das Buch nur ungern zur Seite gelegt.

Beide Hauptprotagonisten sind mir schnell ans Herz gewachsen. Vor allem Ella war mir gleich sympathisch. Ihr Sarkasmus und Galgenhumor, ihre schnodrige und direkte Art haben mich angesprochen. Es ist absolut bewegend, wie sie sich trotz ihrer eigenen Qualen durchkämpft, um sich um ihren Mann zu kümmern. Auch John ist ein liebenswerter Charakter, für den ich viel Mitgefühl entwickelt habe. Die übrigen Personen im Roman wirken ebenfalls authentisch.

Der Schluss der Geschichte ist ebenso wie die gesamte Handlung glaubwürdig und stimmig. Mehrere überraschende Ereignisse sorgen für Spannung. Positiv anzumerken ist auch der Wechsel zwischen humorvollen Episoden und traurigen Momenten – eine gelungene Mischung. Sehr berührt haben mich nicht nur die Passagen, in denen es darum geht, wie sich die Krankheiten der beiden äußern. Auch die Erinnerungen an die Vergangenheit und tiefgründige Betrachtungen über das Leben sind ergreifend und haben mich zum Nachdenken gebracht. Dabei setzt der Roman jedoch nicht auf Kitsch und übermäßige Dramatik, sondern berührt mit leisen Tönen. Auch weniger ereignisreiche Passagen habe ich als kurzweilig und unterhaltsam empfunden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass man durch die Schilderungen einiges über die Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten der einzelnen Staaten erfährt. Da bekommt man selbst ein wenig Fernweh.

Das deutsche Cover ist an das Filmplakat angelehnt und trifft meinen Geschmack. Auch der Titel des Romans, der stark vom amerikanischen Original („The Leisure Seeker“) abweicht, sagt mir zu und ist passend gewählt.

Mein Fazit:
„Das Leuchten der Erinnerung“ von Michael Zadoorian ist ein warmherziger, emotionaler Roman, der mich begeistern konnte und bei mir noch eine Weile nachwirken wird. Ich kann das Buch wärmstens empfehlen und werde mir mit Sicherheit noch die Verfilmung ansehen.

Veröffentlicht am 22.01.2018

Wenn sich eine Familie neu erfinden muss

Nur zusammen ist man nicht allein
0

Seit dem tödlichen Autounfall seiner 38-jährigen Frau Laura ist Tom Hope ein anderer Mann. Er schafft es nicht, sich um seine Töchter Evie (13) und Lola (8) und um den chaotischen Familienalltag zu kümmern. ...

Seit dem tödlichen Autounfall seiner 38-jährigen Frau Laura ist Tom Hope ein anderer Mann. Er schafft es nicht, sich um seine Töchter Evie (13) und Lola (8) und um den chaotischen Familienalltag zu kümmern. Um seiner Trauer zu entfliehen, stürzt sich der Fernsehproduzent in seine Arbeit. Schwiegermutter Linda muss den Haushalt schmeißen und alle Fäden zusammenhalten. Allerdings brauchen die beiden Mädchen ihren Vater mehr denn je. Deshalb trifft Linda nach einem Jahr eine drastische Entscheidung: Sie fährt für mehrere Monate nach Australien und lässt den Witwer mit seinen Kindern alleine. Für Tom beginnt eine große Herausforderung. Und auch Linda hat eine emotionale Achterbahnfahrt vor sich…

„Nur zusammen ist man nicht allein“ ist ein sehr emotionaler und warmherziger Roman von Mike Gayle.

Meine Meinung:
Das Buch besteht aus drei Teilen und 25 Kapiteln. Jeder Teil wird mit einem treffenden Zitat, jedes Kapitel mit einer kreativen Überschrift, die sich aus dem folgenden Inhalt ergibt, eingeleitet. Gut gefallen hat mir auch, dass die Geschichte im Wechsel aus der Ich-Perspektive von Tom und der von Linda erzählt wird. Dabei ist es geglückt, Dopplungen zu vermeiden und durch die zwei Erzählstränge sogar Spannung zu erzeugen.

Der gefühlvolle, flüssige Schreibstil des Romans ist toll. Der Blick in die Innenwelt der beiden Hauptprotagonisten ist sehr gelungen. Ich konnte sofort gut in die Geschichte eintauchen und habe das Buch immer nur ungern zur Seite gelegt.

Tom und Linda sind zwei liebenswerte Charaktere, die mir sympathisch waren. Sie haben durchaus Fehler in ihrem Leben gemacht, sind mir jedoch beim Lesen ans Herz gewachsen. Ihre Entwicklung wird authentisch dargestellt. Interessant wird der Roman auch durch mehrere Nebenfiguren wie den 80-jährigen Clive Maynard, der mit seinen markanten Sprüchen für Auflockerung sorgt.

Die Handlung ist stimmig. Auch das Ende des Romans finde ich ausgesprochen glaubwürdig und realitätsnah. Die Geschichte ist kurzweilig, abwechslungsreich und unterhaltsam. Das liegt nicht nur an einigen Überraschungen und unerwarteten Wendungen. Überzeugen konnte mich der Roman auch dadurch, dass sich traurige, sehr berührende Passagen mit humorvollen Szenen abwechseln. Es geht nicht nur um Trauer, Verzweiflung, Wut, sondern auch um Liebe, Familie, Hoffnung und neue Perspektiven. Insgesamt konnte mich die Geschichte sehr bewegen. Positiv hebt sich der Roman gegenüber anderen des Genres dadurch hervor, dass er weder übertrieben kitschig noch klischeehaft ist. Dennoch war die Lektüre für mich sehr emotional und hat mich zum Nachdenken angeregt.

Das Cover des Romans trifft meinen Geschmack. Allerdings sagt mir der englische Originaltitel („The Hope Family Calendar“) etwas mehr zu, weil er weniger schnulzig klingt.

Mein Fazit:
Wer einen berührenden und zugleich humorvollen Roman lesen möchte, dem kann ich „Nur zusammen ist man nicht allein“ von Mike Gayle wärmstens empfehlen. Mich konnte die Geschichte auf ganzer Linie überzeugen.