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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.02.2018

Eine Wiener Institution: Der Salon

Die Salonièren und die Salons in Wien
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Es finden so bekannte Damen und ihre Runden wie Charlotte von Greiner, ihrer Tochter Karoline Pichler, Berta Zuckerkandl, Alma Mahler-Werfel sowie Ina Loos und Grete Wiesenthal Aufnahme in das Buch von ...

Es finden so bekannte Damen und ihre Runden wie Charlotte von Greiner, ihrer Tochter Karoline Pichler, Berta Zuckerkandl, Alma Mahler-Werfel sowie Ina Loos und Grete Wiesenthal Aufnahme in das Buch von Helga Peham.

In vielen Details wird der Werdegang der Salons geschildert. Bemerkenswert ist der Zeitbogen über 200 Jahren, den die Autorin spannt. Von der Regentschaft Maria Theresias (Charlotte von Greiner war eine von Maria Theresias Hofdamen), bis hin zur Tänzerin Grete Wiesenthal (verstorben 1970), die Wien der Nachkriegszeit die Institution des Salon wiederaufleben ließ.

Ein besonders Augenmerk legt die Autorin auf die jüdischen Salons wie den der Fanny Arnstein, Cäcilie von Eskeles und Mutter und Tochter Wertheimstein.
Viele bislang unbekannte Originalquellen werden zitiert. Die Salons und ihre (oft männlichen) Besucher werden recht eindrucksvoll geschildert.
Geschichte und Anekdoten werden dem Leser unaufdringlich näher gebracht.
Ausgesuchtes Bildmaterial ergänzt das „erlesene“ Buch.

Fazit:

Wer sich für die großbürgerliche (Salon)Kultur von Wien zwischen 1770 und 1970 interessiert, wird von diesem Buch nicht enttäuscht sein. Hilfreich sind die Quellen und Querverweise.

Veröffentlicht am 13.02.2018

Penibel recherchiert

Die Spanische Grippe
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Autor Harald Salfeller ist Mediziner und das merkt in seinem Buch über die Spanische Grippe, jener Pandemie, die zwischen 1918 und 1920 in drei großen Wellen über den Erdball gerast ist und bis zu 100 ...

Autor Harald Salfeller ist Mediziner und das merkt in seinem Buch über die Spanische Grippe, jener Pandemie, die zwischen 1918 und 1920 in drei großen Wellen über den Erdball gerast ist und bis zu 100 Millionen Tote gefordert hat.


Der Autor hat einen hohen Aufwand bei seinen Recherchen betrieben und untermauert seine Thesen mit einer Fülle von Zitaten und Bildmaterial. Dabei erklärt er medizinische Gegebenheiten ohne die den Fachleuten oft anhaftende Überheblichkeit in ihr eigenes Wissen. Er erklärt, analysiert und gibt Beispiele.



Der Mediziner Salfellner spricht auch die Hilflosigkeit der Ärzte an. Niemand weiß, woher die tödliche Pandemie wirklich kommt. Spanien ist es nämlich nicht. Der eine oder andere genaue Beobachter entdeckt Zusammenhänge mit Menschenansammlungen, mit der engen Symbiose Vögel – Schweine – Menschen. Wird die Krankheit durch Haustiere verursacht und verbreitet? Es entstehen krude Gerüchte. Eines davon besagt, „den Soldaten fehle der Verkehr mit dem weiblichen Geschlecht, so käme es zum Rückstau pathogener Stoffe.“ S. 58).

Es gibt kein wirksames Heilmittel. Wie auch, man kennt ja die Erreger nicht, nur Bakterien, die ein Vielfaches größer als Viren sind. Das ruft natürlich alle möglichen Wunderheiler und Quacksalber auf den Plan. Als entdeckt wird, dass Syphiliskranke nicht oder nur leicht erkranken, nehmen die Menschen Quecksilber haltige Präparate ein und vergiften sich damit. Der „gute, alte“ Aderlass feiert eine fröhliche Renaissance.


Wir erfahren einiges über Einzelschicksale und die Bedeutung dieser Pandemie, die nicht alte oder junge Menschen getötet hat, sondern und vor allem Männer und Frauen zwischen 20 und 40. Was dieser Ausfall einer ganzen Generation bedeutet, die weder eine Familie gründen noch ihren Beitrag zur Volkswirtschaft ihres Landes beitragen konnte, wird ebenfalls angerissen.


Mich persönlich hat die Akribie mit der Salfellner die Archive nach aussagekräftigen Fotos durchstöbert hat, beeindruckt. Es sterben ja nicht nur namenlose Massen, sondern auch bekannte Schauspieler, Dichter wie Edmond Rostand oder Maler Egon Schiele. Auch Woodrow Wilson erkrankt während der Friedensverhandlungen zum Ersten Weltkrieg an der Spanischen Grippe. So gibt es die gewagte (?) Hypothese, dass er geschwächt durch die Krankheit, seine maßvollen Bedingungen für einen Friedenschluss mit den Mittelmächten, dem französischen Premier Clemenceau nicht durchsetzen konnte.


Fazit:


Ein rundum gelungenes Werk, dass sich durch die sorgfältige Recherchearbeit auszeichnet. Dafür vergebe ich eine unbedingte Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.02.2018

Penibel recherchiert

1918 - Die Welt im Fieber
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1918 steht die Welt im Bann des vierten Kriegsjahres. Die Vergeudung von Menschen und Maschinen hat ein noch nie dagewesenes Ausmaß angenommen. Da betritt eine weitere Katastrophe die ohnehin verwüstete ...

1918 steht die Welt im Bann des vierten Kriegsjahres. Die Vergeudung von Menschen und Maschinen hat ein noch nie dagewesenes Ausmaß angenommen. Da betritt eine weitere Katastrophe die ohnehin verwüstete Weltbühne: Eine Pandemie ungeahnter Größe breitet sich in drei großen und einer kleinen Welle aus.

Die britische Wissenschaftsjournalistin Laura Spinney heftet sich in ihrem Buch an die Fersen des Virus. In acht Kapiteln sowie einer ausführlichen Einleitung und einem ebensolchen Nachwort, versucht sie die Wege und Umwege der Krankheit nachzuzeichnen. Denn, obwohl „Spanische Grippe“ genannt hat die tödliche Krankheit vermutlich ihren Ausgang in Asien.

Sie folgt den Truppenbewegungen zwischen den verschiedenen Kriegsschauplätzen, entdeckt dabei, dass es aufgrund der strengen Zensur die jeweils andere Seite nichts von den tausenden Toten erfährt. Dass als die Ausbreitung der Krankheit doch durchsickert, die Krieg führenden Staaten der Meinung sind, es handle sich um „chemische Kampfstoffe“. Ja, es ging so weit, dass man glaubte die Fa. Bayer hätte das Aspirin, für Nichtdeutsche vergiftet.
Doch nicht nur unter den Soldaten, die auf engstem Raum mit Geflügel und Schweinen (als Verpflegung) zusammenleben, sondern auch unter der Zivilbevölkerung bricht die Krankheit aus. In ihre Heimat (oder was davon übriggeblieben ist) zurückkehrende Soldaten, ohnehin krank an Körper und Seele, verbreiten das Virus. Heute weiß man, dass es sich um ein Virus handelt, Anfang des 20. Jahrhunderts kennt man gerade einmal Bakterien. Viren sind zu klein, um in den gängigen Filtern in den Laboratorien hängenzubleiben.

Die Hilflosigkeit der Ärzte, ob der hohen Mortalitätsrate ihrer Patienten ruft natürlich alle möglichen Wunderheiler und Quacksalber auf den Plan. Als entdeckt wird, dass Syphiliskranke nicht oder nur leicht erkranken, nehmen die Menschen Quecksilber haltige Präparate ein und vergiften sich damit. Der „gute, alte“ Aderlass feiert eine fröhliche Renaissance.

Keine Weltgegend wird verschont. Es gibt Infektionsraten von 30-35% der Weltbevölkerung. In Alaska sterben mehr als 40% der Einwohner. In Indien, China, den USA und auch nach Südamerika wird die Grippe eingeschleppt. Einzig Australien wird verschont, weil man einen restriktiven „cordon sanitaire“ rund um die Insel einrichtet. Neuseeland folgt dem Beispiel nicht, und verzeichnet ebenfalls zehntausende Tote.

Die Durchsicht der penibel aufgezeichneten Krankenakte enthüllt, dass nicht bei Alten oder Säuglingen die größte Mortalitätsrate zu verzeichnen ist, sondern bei den 20- bis 40-jährigen. So stirbt eine ganze Generation weg und nicht nur das, sie kann sich nicht, bzw. nur unzureichend fortpflanzen. So fallen defacto zwei Generationen aus.

Laura Spinney betrachtet die Pandemie auch noch unter einen anderen Aspekt: Hat die verheerende Krankheit den Ersten Weltkriegs nachhaltig beeinflusst? Wäre der Ausgang ein anderer gewesen, hätten die Amerikaner nicht grippekranke Soldaten nach Europa verlegt? Wären die von den Siegermächten diktierten Bedingungen bei den Friedensverhandlungen weniger hart ausgefallen, wenn Woodrow Wilson nicht ebenfalls von der Grippe geschwächt, dem französischen Verhandler Clemenceau Einhalt gebieten hätte können?

Man geht heute davon aus, dass die weltweite Pandemie zwischen 50 - 100 Millionen Menschenleben gekostet.

Fazit:

Penibel recherchiert und eindringlich geschildert, gibt dieses Buch einen guten Einblick über den Einfluss der „Spanischen Grippe“. Gerne gebe ich hierfür eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 07.02.2018

Nie den Mut verlieren

Die amerikanische Prinzessin
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Vorliegendes Buch ist die Biografie von Allen Tews (1872-1955). Allen wird als Kind einer Einwandererfamilie geboren und lebt in bescheidenen Verhältnissen. Mit knapp 18 wird sie vom Millionärssohn Tod ...


Vorliegendes Buch ist die Biografie von Allen Tews (1872-1955). Allen wird als Kind einer Einwandererfamilie geboren und lebt in bescheidenen Verhältnissen. Mit knapp 18 wird sie vom Millionärssohn Tod Hostetter schwanger und die beiden heiraten heimlich. Die Hoffnung, in Tods Familie liebevolle oder mindestens geachtete Aufnahme zu finden, erfüllt sich nicht. Tod ist ein Spieler und als er mit nur 32 Jahren stirbt, steht Allene mit zwei ihrer drei Kinder alleine da. Das dritte Kind ist schon in jungen Jahren gestorben.

Allene bleibt wenig anderes über als erneut zu heiraten. Doch auch dieser Ehemann entpuppt sich als spielsüchtig und Allene lässt sich in Paris scheiden.

Erst mit Anson, dem dritten Ehemann findet sie so etwas wie Glück. Ansom ist ihre große Liebe und ist ihren Kindern Greta und Teddy ein liebevoller Vater. Teddy wird Kampfpilot im Ersten Weltkrieg und wird über Frankreich abgeschossen und getötet. Greta, mit Zwillingen schwanger, stirbt 1918 an der Spanischen Grippe. Als Anson 1927 stirbt, ist Allene ganz alleine. Diesmal ist sie allerdings finanziell unabhängig.

Mit Ehemann Nr. 4, dem verarmten Henry/Heinrich XXXIII, Prinz Reuß, wird sie zur „amerikanischen Prinzessin“, doch Glanz und Glamour halten nicht lange. Die Familie rümpft zwar die Nase über die reiche amerikanische Witwe, ihr Geld nehmen sie gerne und werfen es zum Fenster hinaus. Henrys Tochter lehnt Allene brüsk ab, nur Sohn Heiner hat mir seiner Stiefmutter leidlich Kontakt. In späteren Jahren wird er sie nach Strich und faden ausnützen. Allene lässt sich das gefallen, ist Heiner doch so etwas Ähnliches wie der Rest einer Familie.

Mit Ehemann Nr. 5, einem noch ärmeren russischen Adeligen, hat sie auch kein Glück. Paul von Kotzbue dient möglicherweise nur der Aufrechterhaltung einer Fassade.

Der einzige Lichtblick ist der Kontakt zum niederländischen Königshaus. Sie spielt Postillon d’amour zwischen der nicht mehr ganz so jungen Prinzessin Juliana und Bernhard zu Lippe-Biesterfeld, für den Allene so etwas wie eine (Wahl)Tante ist. Das Paar heiratet und Allen ist eine von fünf Taufpatinnen ihrer ersten Tochter, der späteren niederländischen Königin Beatrix. Eine späte Genugtuung den hochnäsigen Hostetters und Preuss‘ gegenüber.

Die letzten Lebensjahre verbringt Allene Tews einsam in ihrem Haus an der Côte Azur.

Meine Meinung:

Annejet van der Zijl, einer angesehen niederländischen Autorin und Historikerin, gelingt eine einfühlsame Biografie. Manchmal erscheint Allene ein wenig distanziert, doch dies ist auf Grund ihrer Herkunft und ihrer Erziehung plausibel. Streng, reduziert und vorausblickend, hat Allene wenig Zeit für Gefühlsduselei. Es ist auch nicht die Zeit dafür. Geboren und aufgewachsen in der Viktorianischen Zeit, verbirgt sie ihre Gefühle, obwohl sie bestimmt vom Tod ihrer Kinder getroffen sein muss.

Ihr eiserner Wille und das Motto „Courage all the time. - Nie den Mut verlieren!“ lassen Allene die Schicksalsschläge überwinden.

Das Buch selbst ist in einer gediegenen Aufmachung erschienen. Eine Menge privater Fotos ergänzen die Lebensgeschichte der „Amerikanischen Prinzessin“. Schön sind auch die vielen Zitate und die ausführlichen Quellen am Ende des Buches.

Fazit:

Eine tolle Biografie einer faszinierenden Persönlichkeit. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 07.02.2018

Wiener Sehenswürdigkeiten abseits der touristischen Trampelpfade

Unbekanntes Wien
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In 16 Kapiteln werden uns insgesamt 95 Sehenswürdigkeiten Wiens beschrieben. Nicht alle sind heute mehr vollständig erhalten. Doch Hinweistafeln und teilweise archäologische Ausgrabungen zeugen von der ...

In 16 Kapiteln werden uns insgesamt 95 Sehenswürdigkeiten Wiens beschrieben. Nicht alle sind heute mehr vollständig erhalten. Doch Hinweistafeln und teilweise archäologische Ausgrabungen zeugen von der Anwesenheit längst vergangener Epochen.

Der Bogen spannt sich von den Römern über den Jugendstil bis ins Heute, vom Profanbau wie U-Bahnen bis hin zum Sakralbau wie der Wotruba-Kirche. Deren Entstehungsgeschichte war sogar mir, der historisch und architektonisch interessierten Wienerin, nicht geläufig.

Schöne Farbfotos und die Angabe der öffentlichen Verkehrsmittel, mit denen die Sehenswürdigkeiten erreicht werden können, vervollständigen das Buch. Ein hübsches Mitbringsel nicht nur für potentielle Wien-Besucher.

Das Titelbild ziert die „Zacherl-Fabrik“, ein für Wien außergewöhnlicher Fabrikbau. Der Fabrikant Johann Zacherl (1814-1888) ließ diesen an eine Moschee erinnernden Bau errichten. Was wurde hier erzeugt? Das Insektenschutzpulver „Zacherlin“, das auch als „persisches Pulver“ (obwohl der Wirkstoff Pyrethrum, aus den aus dem Kaukasus stammenden Pflanzen gewonnen wurde) in der ganzen Donau-Monarchie bekannt war.

Fazit:

Auch der Wiener Leser kann in seiner Heimatstadt noch einiges entdecken. Dem interessierten und aufgeschlossenen Besucher, der lieber abseits der üblichen Touristenpfade lustwandelt, erschließen sich neue und unbekannte Aspekte.