Der Klappentext verrät folgendes:
Ernest Lash, ein junger Psychoanalytiker aus San Francisco, glaubt an die Wirksamkeit seines Tuns, ist aber andererseits davon überzeugt, daß die klassischen Therapien dringend einer Erneuerung bedürfen. Eines Tages beauftragt ihn die Ethikkommission seines Fachbereichs mit der Untersuchung eines prekären Falls: Er soll die Arbeitsweise eines älteren, sehr berühmten Kollegen namens Seymour Trotter überprüfen, der angeklagt ist, ein Verhältnis mit einer vierzig Jahre jüngeren Patientin gehabt zu haben. Trotter beharrt darauf, daß Sex das einzige Mittel gewesen sei, um die junge Frau vor ihrem selbstzerstörerischen Verhalten zu retten. Zunächst ist Ernest entrüstet. Doch je mehr er sich mit der Sache beschäftigt, desto mehr fasziniert ihn die Idee, jedem Patienten bzw. jeder Patientin eine fallspezifische Behandlung zuteil werden zu lassen.
Der Autor Irvin David Yalom ist amerikanischer Psychoanalytiker, Psychotherapeut, Psychiater und Schriftsteller, ist emeritierter Professor für Psychiatrie an der Universität Stanford und Autor zahlreicher wissenschaftlicher Bücher und Romane (Quelle Wikipedia).
Meine Bewertung:
Ich hatte mit großem Vergnügen "Und Nietzsche weinte" gelesen und war deshalb ganz gespannt auf "Die rote Couch". Zunächst wird im Rückblick die "Affäre" Seymour Trotter dargestellt und Ernest Lashs Umgang damit erzählt, die mich recht gefangen genommen hat. Dann kam aber ein für mich etwas schwer nachvollziehbarer Bruch. Im Folgenden werden mehrere Handlungsstränge erzählt und miteinander verwoben. Vorrangig geht es um Ernest Lash, seinen Patientien Justin und dessen Frau sowie Ernests Supervisor Marshal Streider sowie um die Ethik in der Therapie. Justin ist seit 5 Jahren in Therapie bei Ernest und möchte sich aus seiner verfahrenen Ehe befreien, hat es aber bisher nie geschafft. Und plötzlich rafft er sich zuliebe seiner Geliebten doch dazu auf. Ernest zweifelt, warum es ihm nicht gelungen ist, ihn dazu zu bringen, sondern seiner jungen Geliebten. Er arbeitet daran mit seinem Supervisor, sie kommen aber nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Und Ernest erarbeitet für sich eine neue Methode in der Therapie, nämlich absolute Ehrlichkeit und gegenseitige Beziehung, sprich, er öffnet sich den Patienten auch. Er möchte diese Methode an seinem nächsten Patienten ausprobieren. Und die ist just Justins Ehefrau Carol(yn), die sich an ihm rächen will, weil sie ihm die Schuld daran gibt, dass Justin sie verlassen hat. Sie will ihn dazu bringen mit ihr zu schlafen und damit gegen seinen Kodex zu verstoßen und ihn so zu ruinieren. Das ist so der Haupthandlungsstrang, daneben spielen eine Kollegin von Carol und deren Mann eine Rolle im Therapiereigen und es gibt eine erneute ethische Entscheidung, die die Akademie der Psychoanalyse treffen muss, bei der sich Marshal Streider wiederum sehr engagiert. Gegen Ende des Buches bekommt auch der noch eine große Rolle, über die ich hier jedoch nicht zu viel verraten möchte, sonst ist es langweilig zu lesen.
Die verschiedenen Kapitel (die oft zu lang für meinen Geschmack sind) werden aus der Perspektive der jeweiligen Hauptperson erzählt, so dass man sehr mitgehen und -denken kann. Die Charaktere sind hervorragend herausgearbeitet, Yalom beweist sich hier als -wohl durch seine therapeutische Erfahrung geschult- sehr genauer Beobachter. Er verknüpft geschickt fachlich-inhaltliches der Psychoanalyse mit Fiktion.
Den Beginn um Seymour Trotter habe ich mit Faszination gelesen. Und auch die Darstellung von Justins Therapie und Carols Racheplan. Im weiteren Verlauf hat das Buch dann etwas Längen und ich war zwischendurch versucht, es sogar wegzulegen. Es kann sich dabei aber auch um eine heftige Gegenübertragung meinserseits bezüglich Marshal Streiider halten, der streckenweise sehr überheblich, arrogant und selbstgerecht rüberkommt und dadurch phasenweise unerträglich unsympathisch wirkt. Gegen Ende nimmt die Handlung wieder deutlich an Fahrt auf und es wird wieder spannender, auch wenn die Auflösung der über hunderte von Seiten dargestellten Problematiken dann für meinen Geschmack etwas rasch geht...
Insgesamt kann ich das Buch empfehlen, vor allem wenn man sich für das Thema Psychoanalyse interessiert, als Lektüre für den Sommerurlaub fand ich es jedoch nicht ideal. Und wie gesagt, mittendrin war ich versucht, es wegzulegen. Im Nachhinein bin ich froh, es fertig gelesen zu haben.