Drei Frauen– drei Generation und doch ähnelt sich ihr Leben – ihr Schicksal.
Madeleine steht mitten im Leben. Sie hat einen gutaussehenden Mann, lebt in einem tollen Haus, muss sich über Geld keine Sorgen zu machen und verkehrt in den vornehmsten Kreisen. Doch von glücklich sein ist sie ganz weit entfernt. Nach einem Streit mit ihrem Mann Philip beginnt sie ihr Leben mehr und mehr in Frage zu stellen. Langsam verfestigt sich der Gedanke, dass sie aus diesen golden Käfig, in dem sie eigentlich schon ihr Leben lang lebt, zu entkommen. Und um den nötigen Abstand zu bekommen, flüchtet sie sich zu ihrer Mutter, obwohl ihr Verhältnis mehr als unterkühlt ist. In ihrem ehemaligen Zuhause angekommen, eröffnet ihr ihre Mutter, dass sie das Haus, in dem sie aufgewachsen ist, verkaufen möchte.
Nur um nicht gleich wieder zu ihren Mann zurückkehren zu müssen, ist sie ihrer Mutter behilflich, dass Haus auszuräumen und stößt dabei auf dem Dachboden auf einen Koffer voller Tagebücher ihrer Großmutter. Sie kennt sie nur als unterkühlte, distanzierte und verbitterte Frau. Doch als sie beginnt ihre Tagebücher zu lesen und in die Gedankenwelt von Margie einzutauchen, beginnt sie mehr und mehr ihre Großmutter – und damit auch ihre Mutter – mit anderen Augen zu sehen. Gleichzeitig wird aus der kleinen Flamme der Hoffnung ihr Leben, dass sie möchte zu leben, zu einem ausgewachsenen Flächenbrand.
Das Cover von „Die Lichter von Paris“ ist sehr verträumt und romantisch. Es zeigt eine Frau die sehnsuchtsvoll in die Ferne schaut – sehnsuchtsvoll nach dem Leben, dass sie gerne Leben möchte und doch nicht kann,weil sie gebunden ist an Traditionen und Konventionen. Und genau das spiegelt den Inhalt des Buches sehr gut wieder.
Zitat S. 375
„Ich dachte an meine Mutter, ihre endlosen Wohltätigkeitsveranstaltungen und Verpflichtungen, an die Organisationen, die sie unterstützte, und die vielfältige Art, wie sie es geschafft hatte, in einer Gesellschaft, die sie abgewertet hatte, weil sie eine Frau war, eine Rolle für sich zu finden. Ich dachte daran, dass ihr Mutter sie auf Distanz gehalten hat, weil die Erinnerung für sie zu überwältigend war. Ich dachte daran, wie meine Mutter mich auf Distanz gehalten hat, weil sie es nicht anders kannte und weil sie verhindern wollte, dass ich mich in mein Unglück stürzte, und dass mich trotzdem unglücklich gemacht hat. Und ich dachte daran, dass wir beide, meine Großmutter und ich, unsere Männer nicht aus Liebe, sondern aus anderen Gründen geheiratet hatten – Angst und Pflichtgefühl und Einsamkeit, und wie traurig uns beide das gemacht hatte.“
Die Beiden Protagonistinnen Madeleine und Margie sind zwei Frau, die durch viele Jahrzehnte getrennt aufwachsen und doch in der selben Spirale von Verpflichtungen und Konventionen gefangen sind. Sie sind gezwungen ihre Träume aufzugeben. Von ihren Müttern stets daran erinnert, was die Aufgabe einer Frau ist, wie sie auszusehen hat und gleichzeitig deren Enttäuschung zu spüren, dass sie nicht die perfekten Töchter sind, die nicht die Blicke der jungen Männer auf sich ziehen. Und doch sehnen sie sich nach der Liebe ihrer Mütter und treffen dadurch Entscheidungen, die ihrem Stand entsprechen, auch wenn sie sich dadurch selber aufgeben. Im Laufe ihrer Lebensgeschichte, die immer abwechselnd erzählt wird, machen beiden Frauen eine enorme Verwandlung und Entwicklung durch. Es ist schön zu lesen, wie aus einem zarten Pflänzchen, ein wunderschöne Blume wird, die vor allem von innen heraus strahlt.
Die Entwicklung, die beide durchleben ist absolut authentisch. Man freut sich für Beide – man kann ihre Befreiung regelrecht spüren und die Welt um sie herum wird allmählich bunter.
Zitat S. 373
„Denn darum ging es doch, oder nicht? Aus der Vergangenheit zu lernen aus meinen Fehlern und denen meiner Mutter und Großmutter. Beide hatten das Leben gelebt, dass von ihnen erwartet wurde...“
Der Schreibstil ist sehr flüssig und lebhaft, so dass die Seiten nur so dahin fliegen. Die bildlichen und detaillierten Beschreibungen machen es dem Leser leicht, sich die Gegebenheiten vorzustellen und abzutauchen in die Welt von Madeleine und Margie.
Schon nach den ersten Seiten ist man in der Geschichte. Es wird immer abwechselnd erzählt – einmal das Leben von Madeleine 1999 und dann wieder ein Zeitsprung ins Paris 1924 um Margies Geschichte zu erzählen. Wobei der Wechsel der Zeiten sehr gut gelingt und dem Lesefluss nicht beeinträchtigt.
Und dennoch waren für mich die Szenen im Paris der 20er Jahre die Highlights des Buches. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, wie die junge Margie durch die Straßen von Paris schlendert – wie die Gruppe Surealisten zusammen sitzen und diskutieren – wie sie zusammen mit Sébastien in einem Café sitzt, die verliebten Blicke der Beiden. Die Autorin schafft es auf grandiose Weise den Leser mitzunehmen und lässt ihm einen Hauch des längst vergangenen Paris erahnen.
Das Buch ist sehr emotionsgeladen – von abgrundtief traurig und an-teilnahmslos über Hass, Verzweiflung, Trauer Hoffnung, Freude und Liebe – Liebe zu Menschen, Dingen und Leben.
Mein Fazit:
„Die Lichter von Paris“ ist ein grandioses Buch, welches zum Nachdenken anregt und einem aufzeigt, dass gewisse Dinge sich nie ändern, wenn man nicht den Mut hat und seinen Träumen folgt.
Zitat S. 373
„Man stelle sich vor , was geschehen könnte, wenn jeder von uns sich ein Herz fasste und ihr Leben in die eigenen Hände nahm.“
Ich habe es genossen, dieses Buch zu lesen und möchte mich bei Vorablesen.de und Insel-Verlag bedanken, dass ich die Möglichkeit hatte, dieses tolle Buch vor abzulesen.
Dieses Buch hat mich zutiefst beeindruckt und gehört definitiv zu den Büchern, die in Erinnerung bleiben. Ich kann das Buch nur weiterempfehlen.