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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.07.2018

Die Geschichte der Medizin

Die Charité: Hoffnung und Schicksal
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Der Roman „Die Charité“ von Ulrike Schweikert ist im Rowohlt Polaris Verlag erschienen und erzählt von den Anfängen der Medizin im wohl berühmtesten Krankenhaus Deutschlands.
Berlin im 19. Jahrhundert. ...

Der Roman „Die Charité“ von Ulrike Schweikert ist im Rowohlt Polaris Verlag erschienen und erzählt von den Anfängen der Medizin im wohl berühmtesten Krankenhaus Deutschlands.
Berlin im 19. Jahrhundert. Wir schreiben das Jahr 1831. In der Charité versuchen Professor Dieffenbach und seine Kollegen fieberhaft, Überträger und Heilmittel der Cholera auszumachen, die Deutschland zu erreichen droht. „Die Charité“ beschreibt aber nicht nur den Kampf gegen die Krankheit, sondern auch das Leben von drei Frauen. Gräfin Ludovica, die in einer unglücklichen Ehe gefangen ist, findet Trost in den Gesprächen mit Professor Dieffenbach. Hebamme Martha versucht, ihrem Sohn eine bessere Zukunft zu bieten, in dem sie im Totenhaus der Charité arbeitet. Die junge Pflegerin Elisabeth entdeckt die Liebe zur Medizin und zu einem jungen Arzt, doch die Liebe darf nicht sein.
Das Buch darf aber keinesfalls als Liebesgeschichte angesehen werden. Die Recherchearbeit der Autorin wird in den vielen medizinischen Details deutlich. Ulrike Schweikert hat es geschafft die Geschichte der Medizin, beruhend auf wahren Ereignissen und Personen, wirklich lesenswert zu erzählen. Chapeau!

Veröffentlicht am 24.05.2018

Aurelia will nicht schlafen

Kleine Nachteule Aurelia. Schlaf doch mal!
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Das Vorlesebuch „Kleine Nachteule Aurelia – Schlaf doch mal!“ von Dorothea Flechsig und Suse Bauer ist im Glückschuh Verlag erschienen.
Die kleine Aurelia ist nicht müde und will nicht ins Bett – ein ...

Das Vorlesebuch „Kleine Nachteule Aurelia – Schlaf doch mal!“ von Dorothea Flechsig und Suse Bauer ist im Glückschuh Verlag erschienen.
Die kleine Aurelia ist nicht müde und will nicht ins Bett – ein Thema, das wohl allen Eltern bekannt sein wird. Aurelias Papa erklärt seiner Tochter, wie die einzelnen Tiere schlafen. Der Igel beispielsweise rollt sich zu einer Kugel zusammen, wenn er schläft. Der Flamingo stellt sich zum Schlafen auf ein Bein. Aurelia probiert alle Schlafpositionen aus, bis sie schließlich ihre ganz eigene Position zum Schlafen findet.
Besonders gefallen haben uns die detailreichen Illustrationen, die die Geschichte untermauern. Die Nachteule erstrahlt beispielsweise in ihrem natürlichen Federkleid, während Aurelias Pyjama in satten Farben dargestellt wird.
Fazit: Ein richtig gelungenes Vorlesebuch, das meiner Meinung nach als Gute Nacht Geschichte für die Kleinsten mehr als geeignet ist. Wir freuen uns schon auf das nächste Abenteuer rund um Aurelia.

Veröffentlicht am 28.03.2018

Gesellschaftskritik auf hohem Niveau

Der Lügenpresser
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Der Roman „Der Lügenpresser“ von Livia Klingl ist 2018 im Verlag Kremayr & Scheriau in Wien erschienen und kann als aktuelle Gesellschaftskritik verstanden werden.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht ...

Der Roman „Der Lügenpresser“ von Livia Klingl ist 2018 im Verlag Kremayr & Scheriau in Wien erschienen und kann als aktuelle Gesellschaftskritik verstanden werden.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Hauptprotagonisten Dr. Karl Schmied. Der 62-jährige Boulevard-Journalist lässt die LeserInnen teilhaben an einer Woche voller innerer Monologe seiner selbst. Beginnend mit Montag in der früh, zuhause im Bett begleiten die LeserInnen Karl bis Freitag im Büro des Online-Chefs seiner Zeitung.
Nach „Lauter Fremde!“ war es bereits mein zweites Buch der Autorin, die ganz nebenbei auch noch Journalistin der österreichischen Qualitätszeitung „Kurier“ ist. Aus der Sicht eines Konkurrenzjournalisten erzählt Livia Klingl ein Sittenbild unserer Zeit. Themen wie EU, Migranten, Flüchtlinge, Roboterisierung, Social Media, die Krise der Politik und der Zeitungen behandelt sie ganz nebenbei und doch eindringlich.
Dr. Karl Schmied findet die Zukunft verheißungsvoll und schaut deshalb gerne in die Vergangenheit zurück. Da besingt er die Urlaube mit seiner Mutter in Grado und würde zu gerne auch mit seiner Geliebten Sonja aus Moldawien einen Urlaub im italienischen Küstenort verbringen. Nur schade, dass sich im Hotel seiner Kindheit mittlerweile ein Bankinstitut befindet. Dass die „Jungen“ die typisch wienerische Sprache mit den vielen Synonymen fürs Sterben nicht mehr schätzen können, findet er schade: „Mittlerweile kenne ich diese Englisch-Schmähs, aber am Anfang war das eine Fremdsprache für mich. Nicht das Englische, mein Englisch ist ganz passabel, sondern seine vertrottelte Invasion ins Deutsche.“, aber auch die deutsche Sprache findet er gewöhnungsbedürftig: „Diese deutsche Sprache mit ihren Zehntausenden Wörtern, hat schon seltsame Eigenheiten!“. In seinen inneren Monologen kann sich Dr. Karl Schmied auch nicht entscheiden, ob früher wirklich alles besser war und ob die Stammtischparolen nun stimmen oder nicht, denn zu gerne verfällt auch er in diese Denkmuster. An anderer Stelle kritisiert er dann aber auch wieder die Vorgängergenerationen und zeigt eine Denkweise, die so an Stammtischen sicher nicht zu finden ist: „Hätten’s es nicht zusammengehauen, hätten`s es nicht wieder aufbauen müssen, unsere Eltern und Großeltern!“
Dr. Karl Schmied sieht aber auch die Rolle seines Berufsstands im Weltgeschehen kritisch. So gibt er sehr wohl den amtierenden PolitikerInnen Schuld an der Flüchtlingswelle, die sie ja nicht kommen sehen wollten. Beschwört auch Klimaflüchtlinge durch den Klimawandel, der wie ein Damokles Schwert über unseren Köpfen schwebt, aber im Boulevard keine Erwähnung findet, weil die LeserInnen wissenschaftliche Berichte nicht verstehen würden und die Zeitungen „Klicks!“ brauchen und deshalb die Wahrheit überspitzen oder nur die Sichtweise der Mehrheit wiedergeben immer mit dem Anhimmeln eines Politikers bzw. dessen Verteufelung.
„Der Lügenpresser“ ist ein wirklich lesenswertes Zeit- und Sittenbild, das mich nicht nur einmal den Kopf schütteln lies. Alle handelnden Personen sind frei erfunden, könnten aber genauso gut in der Realität existieren. Dr. Karl Schmied zeigt die typische Mitte-Rechts Stimmung in unserem Land wieder und spielt auch mit einigen Klischees. So trinkt er beispielsweise ohne natürlich ein Alkoholproblem zu haben und seine Freundin Sonja aus Moldawien arbeitet in einem ganz besonderen Milieu. Einmal werden sogar Boulevard-Zeitungen (und österreichische LeserInnen wissen, von welcher Zeitung gesprochen wird) als „seriös“ bezeichnet, welch blanker Hohn, der dann doch Satire ist.
„Von mir aus könnte einfach wieder Vernunft einkehren, besser heute als morgen, von mir aus könnte die Welt einfach wieder geordnet sein und die Leute friedlich und zufrieden.“

Veröffentlicht am 24.02.2018

Ein kleiner Held außerhalb der gesellschaftlichen Norm

Das Leben ist manchmal woanders
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Der Roman „Das Leben ist manchmal woanders“ von Ulrike Herwig ist 2018 als dtv premium Taschenbuch erschienen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht der vierzehnjährige Gregor, der als liebenswerter Außenseiter ...

Der Roman „Das Leben ist manchmal woanders“ von Ulrike Herwig ist 2018 als dtv premium Taschenbuch erschienen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht der vierzehnjährige Gregor, der als liebenswerter Außenseiter seine Mitmenschen berührt und einen großen Einfluss auf deren Leben ausübt. Ehemals Fremde werden zu hilfsbereiten Nachbarn und mit jeder Tat von Gregor werden Probleme auf ganz besondere Art und Weise aus der Welt geschafft und der Egoismus der Einzelnen ein wenig vermindert.
Ein wirklich lesenswertes Buch, das mich sehr berührt hat. Schade fand ich nur, dass Gregors Geschichte für mich als Leserin zu Ende ist. Gregor ist mir wirklich ans Herz gewachsen und ich würde uns allen einen Gregor wünschen, der uns auf ehrliche Art und Weise, die Augen öffnet.

Veröffentlicht am 09.02.2018

Wenn Unrecht zu Recht wird

Der Reisende
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Das Buch „Der Reisende“ von Ulrich Alexander erzählt die Geschichte eines Juden im Dritten Reich.
Deutschland im November 1938: Nach den Novemberpogromen reist Otto Silbermann mit Zügen quer durchs Land, ...

Das Buch „Der Reisende“ von Ulrich Alexander erzählt die Geschichte eines Juden im Dritten Reich.
Deutschland im November 1938: Nach den Novemberpogromen reist Otto Silbermann mit Zügen quer durchs Land, um unsichtbar zu bleiben. Seine Verwandten und Freunde sind größtenteils verschwunden, sein Geschäft längst von den Nazis in Besitz genommen worden. Mit einer Aktentasche voll Geld trifft er auf Flüchtlinge und Hitler-Sympathisanten. Inmitten des Ausnahmezustands beobachtet er die Gleichgültigkeit der Masse. Er erfährt das Mitleid einiger weniger Mitreisenden und spürt die eigene Angst.
Ulrich Alexander hat es mit der Geschichte Otto Silbermanns geschafft, mich in die Atmosphäre der Nazizeit zu versetzen. Mit Otto Silbermann bin ich nicht nur mit der Reichsbahn gefahren. Nein auch ich habe gute und schlechte Menschen in den Zügen, auf den Bahnsteigen und in den Bahnhofsrestaurants getroffen. Silbermanns Gespräche haben die Lebenswirklichkeit dieser Zeit wirklich widergespiegelt und mir ist beim Lesen nicht nur einmal ein kalter Schauer über den Rücken gekommen. „Der Reisende“ ist vor allem heuer im Gedenkjahr 2018 ein mehr als wichtiges Buch. Denn die Geschichten der Vertriebenen, der Toten, die Geschichten der Opfer dürfen niemals vergessen werden, damit Unrecht nie wieder zu Recht gemacht werden kann.