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Veröffentlicht am 13.04.2018

Ein Roman, der betroffen macht

Die Unvollkommenheit der Liebe
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Dabei erfahren wir als Leser die Familienzusammenhänge, sehen die ärmliche Kindheit von Lucy und ihren beiden Geschwistern und erkennen, wie wenig Zeit ihre Eltern neben ihrer Arbeit für die Kinder hatten. ...

Dabei erfahren wir als Leser die Familienzusammenhänge, sehen die ärmliche Kindheit von Lucy und ihren beiden Geschwistern und erkennen, wie wenig Zeit ihre Eltern neben ihrer Arbeit für die Kinder hatten. Es wird deutlich, in der Familie herrschte ein rauher Ton, Schimpftiraden waren üblich und auch Schläge wurden zur Erziehung eingesetzt. Außerdem fehlte es an Nahrungsmitteln und so kam es, dass Lucy auch schon mal in Mülltonnen nach Essbarem suchen musste.

Dabei zeigt sich von Lucy das Bild einer Frau und Mutter, die immer noch an Ängsten leidet und vielleicht mal eine Therapie machen müsste. Die Mutter, obwohl selbst keine Übermutter, kritisiert ihre Tochter selbst im Krankenhaus und deren beruflichen Erfolg, sie ist Schriftstellerin, erkennt sie überhaupt nicht an. Sie kann mit dieser Art von Leben nichts anfangen und Lucy ist sich ihrer Persönlichkeit gar nicht richtig bewusst. Sie wirkt manchmal wie ein kleines Kind, das unsicherist und auf der Suche nach mütterlicher Liebe ist.

Doch ihre Mutter versteht diese Signale nicht, geht auch nicht mit besonderer Zuneigung und körperlichem Kontakt darauf ein. Statt dessen beschreibt sie einer Klatschzeitung gleich, die kaputten Beziehungen gemeinsamer Bekannter aus der Heimat und merkt dabei gar nicht, wie sie selbst in einer problematischen Ehe gefangen ist. Sie kann nicht aussprechen, was sie für ihre Tochter empfindet. Sie kann keine Nähe aufbauen. Sie interessiert sich nicht einmal für ihre Großtöchter.

Dabei stellt man sich immer wieder die Frage, ob zu den Misshandlungen durch den Vater auch noch Missbrauch im Spiel war.

Eine Schlüsselrolle kommt nach dem Krankenhausaufenthalt einer New Yorker Autorin namens Sarah Payne zu. Sie ist es, die Lucy zum Schreiben ermuntert.

Dieser Roman spricht Themen an, verschweigt aber die ganze Wahrheit, alles wird nur angedeutet, man ahnt mehr als man sicher weiß.

Sprachlich hat sich Strout hier kein Denkmal gesetzt. Sie, die sonst so brillant formuliert und poetisch erzählen kann, hat die Schreibleistung auf ein Mittelmaß zurückgefahren. Man ahnt mehr als man liest, so wird aus Bruchstücken ein ganzes Bild einer zerbrochenen Familie.


Dieser Roman hat mich betroffen gemacht, denn er zeigt, wie Menschen sich nicht
annähern können und Probleme nicht angesprochen werden. Solche Romane
bedrücken mich und mir fehlt hier etwas entscheidendes: die Aussprache.

Veröffentlicht am 01.04.2018

Ein Buch zum Abschalten und Entspannen, aber auch sehr klischeebelastet.

Sylt oder solo
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Die ersten beiden Teile dieser Buchreihe kenne ich nicht, doch die Protagonisten Nina und Jan werden mit den nötigen Details vorgestellt. Man erfährt, dass sie sich drei Jahre kennen und ein glückliche ...

Die ersten beiden Teile dieser Buchreihe kenne ich nicht, doch die Protagonisten Nina und Jan werden mit den nötigen Details vorgestellt. Man erfährt, dass sie sich drei Jahre kennen und ein glückliche Beziehung führen. Ihr Altersunterschied von 8 Jahren ist nicht eklatant, aber Nina hat als die Ältere so ihre Probleme mit der normalen Entwicklung des weiblichen Körpers jenseits der 40. Auch kann sie nicht hinnehmen, dass der normale Alltag in einer Beziehung sämtliche Fehler des anderen offen zeigt und so hasst sie zum Beispiel Jans Marotte, seine Kleidung oder Küchenutensilien nicht aufzuräumen. Von der anfänglichen romantischen Leidenschaft ist nicht mehr viel zu spüren und nun ist die Frage, ob noch genügend Liebe im Spiel ist, um die Beziehung aufrecht zu erhalten.


Claudia Thesenfitz punktet mit ihrem lockeren, anschaulichen und bildhaften Schreibstil, der sich sehr flüssig liest. Automatisch fühlt man sich direkt an den Schauplatz versetzt und erlebt die Nordsee bei Sonne und stürmischer See mit.

Die Hauptcharaktere empfinde ich etwas klischeehaft beschrieben, doch vielleicht liegt gerade darin der Unterhaltungswert, denn das Verhalten zeigt einige Parallelen zu dem, was man von sich selbst oder vom eigenen Personen-Umfeld kennt. Mich hat jedoch das Gejammere Ninas über ihr Altern etwas genervt und auch ihre Unsicherheit in Bezug auf die Beziehung mit Jan. Doch allmählich wird sie sich klar, was sie wirklich will und kämpft. Um was oder wen, muss man selbst beim Lesen herausfinden.



Insgesamt kann ich diesen Roman mit kleinen Abstrichen empfehlen. Die Geschichte unterhält gut, auch wenn sie etwas vorhersehbar ist und da sie den Leser direkt an den Nordsee-Strand bringt, bietet sie sich ideal für den nächsten Urlaub an. Wer eine leichte Sommergeschichte als Lektüre zum Abschalten und für zwischendurch sucht, kann hier bedenkenlos zugreifen.


Veröffentlicht am 06.03.2018

Etwas aufwändige Rezepte

halb zehn - das Frühstückskochbuch
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Ich frühstücke richtig gern und kann auch das Frühstück mit warmen Gerichten als Hauptmahlzeit des Tages zu mir nehmen. Mehr brauche ich dann nicht, deshalb habe ich mich auf dieses Buch sehr gefreut und ...

Ich frühstücke richtig gern und kann auch das Frühstück mit warmen Gerichten als Hauptmahlzeit des Tages zu mir nehmen. Mehr brauche ich dann nicht, deshalb habe ich mich auf dieses Buch sehr gefreut und ich hoffte, allerlei neue Ideen zu bekommen.

Das Buch ist in übersichtlichen Kapiteln durchstrukturiert und die Rezepte werden mit ansprechenden Fotos toll in Szene gesetzt.
Es finden sich vielfältige und internationale Rezepte und Rubriken, Waffeln und Pancakes und sogar einige Brotsorten und selbstgemachtes Müsli. Schmackhaft oder nicht, manches ist schon in seiner Art neu für mich, wogegen ich wirklich kein Rezept für Omelett benötige, aber es passt perfekt in ein Frühstücksbuch.


Sauerteig selbst ansetzen ist nicht nur zeitaufwändig, sondern auch etwas für Geübte, die ein Vergnügen daran haben, diesen Teig zu hegen und zu pflegen. In einem Brotbackbuch ist das natürlich eine gewünschte Idee, im Vorfeld der Frühstücksplanung möchte ich mich jedoch nicht noch um den Teig für das Brot kümmern müssen.

Dann backe ich schon lieber die niederländischen Korinthenbrötchen, die sehen lecker aus, wie Hefebrötchen bei uns. Doch was ist "Demerarazucker"? Wieder eine Besonderheit, die in der alltäglichen Küche nicht zu finden ist.


Auf meinem Frühstückstisch stehen auf jeden Fall selbst zubereitete Marmeladen und Gelees. Aus diesem Buch habe ich mir die Idee für Pfirsich-Chutney und Orangen-Zitronen-Marmelade geholt. Die herzhaften Aufstriche finde ich auch interessant, besonders der Rote Linsen Aufstrich lacht mich beim Anschauen schon an. Der Blick auf die Zutatenliste zeigt mir jedoch Kreuzkümmelsamen, Koriandersamen, dunkle Senfsaat und Pul Biber (was auch immer das ist, wird im Buch nicht verraten) und damit vier Produkte, die sich nicht im meinem gut sortierten Küchenschrank befinden.

Schon ist das Rezept damit erledigt.

Ähnlich ist das bei Sandwich, Stullen und Toast: einige Zutaten wie Tahini, Sumach, Hoisin-Soße und Miso-Paste sind nicht in jedem Haushalt zu finden.

Pul Biber: meine Recherche hat ergeben, dass es sich dabei um ein türkisches Chili-Paprika Gemisch handelt. Toll wäre gewesen, wenn es im Buch einen Hinweis auf alternativ zu benutzende Gewürze gegeben hätte.

Klar muss man sich vor dem Frühstück mit der Planung und dem Einkauf beschäftigen, aber die teilweise exotischen Zutaten sind sicherlich nicht alle im herkömmlichen Supermarkt zu finden.

Saft und Getränke: sind bis auf Möhren-Himbeer-Saft und Mokka überhaupt nicht mein Geschmack.
Für den Mokka benötigt man natürlich ein Mokka-Kännchen.

Ein übersichtliches Register nach Zutaten schliesst das Buch ab.

Wenn ich etwas vorbereite, möchte ich wissen wie lange ich für die komplette Zubereitung benötige. Die Koch- und Backzeiten sind den Rezepten beigefügt, nicht aber die komplette Zubereitungszeit. Die Nährwertangaben sind jedoch aufgeführt.


Völlig merkwürdig kam mir an manchen Stellen der Versuch vor, dieses Buch mit sprachlichen Besonderheiten aufpeppen zu wollen. "Eine Schippe Deftigkeit nachlegen" und "etwas mehr Wumms ins Spiel bringen" sind solche Begrifflichkeiten, die wohl für Humor sorgen sollen, passen aber echt nicht in ein Kochbuch. In einer Zeitschrift hätte man da wohl eher Verwendung für einen Slogan wie

"Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da, er bringt uns Pflaumenmus, heihussassa!"


Bei diesem Frühstücksbuch läuft mir nicht unbedingt das Wasser im Mund zusammen. Die Rezepte sind relativ zeitaufwändig, die Zutaten etwas ausgefallen und die Gerichte kann ich teilweise geschmacklich nicht einschätzen. Daher kann ich dieses Buch nur allen empfehlen, die sich viel Zeit für die Zubereitung nehmen und auch bereit sind, exotische Gewürze zu besorgen, die hinterher vielleicht eher ungenutzt im Schrank alt werden.

Veröffentlicht am 18.02.2018

Verwirrende Verknüpfung von psychischer Gewalt, Gefangenschaft und Agententhriller

Finde mich - bevor sie es tun
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Ist Rosa wirklich noch am Leben oder ist das nur der Wunschgedanke ihres Freundes Jar? Sieht er Gespenster oder nur Bilder seiner eigenen Fantasie? Man kann es als Leser nicht genau einschätzen und so ...

Ist Rosa wirklich noch am Leben oder ist das nur der Wunschgedanke ihres Freundes Jar? Sieht er Gespenster oder nur Bilder seiner eigenen Fantasie? Man kann es als Leser nicht genau einschätzen und so wirkt das Ganze dann auch sehr spannend und geheimnisvoll. Darin liegt aber auch gleichzeitig meine Kritik.


Diesem Thriller muss man sehr aufmerksam folgen. Es gibt zwei zeitliche verschiedene Handlungsstränge aus der Sicht von Jar, die immer wieder eine neue Sicht auf die Vorkommnisse bringen, doch die Gesamtheit ist lange Zeit nicht klar. Später werden Briefe von Rosa eingebunden und zusätzlich noch grausame Szenen von Tierversuchen gezeigt. Auch die Einbindung von Geheimdienst und die aussichtslos erscheinende schlimme Situation einer Gefangenen sorgen für zusätzlichen Thrill und halten die Spannungskurve recht hoch.

Mich hat das allerdings alles sehr verwirrt und ich weiß gern, worum es in der Handlung genau geht. Mit den einzelnen Schilderungen wird von Monroe eine unheimliche und ungeklärte Stimmung verbreitet, die irgendwann nicht mehr mein volles Interesse hatte. Es erscheint alles zu diffus und die Einblicke in Verhaltensforschung, die Anwendung von Psychopharmaka und die widerwärtigen Versuchszwecke konnten mich nicht packen. Mit Guantanamo und Waterboarding kommen noch weitere grausame Eindrücke hinzu.

Was dabei deutlich wird, hier ist ein Psychopath am Werk, dessen Beweggründe man nicht verstehen kann. Auch die Charaktere haben mich nicht überzeugt, weil ich mich ihnen nicht nahe fühlen konnte. Lediglich die kursiv gezeigten Szenen der Gefangenschaft Rosas haben mich geschockt und mitgenommen.


Wobei ich sagen muss, dass der Autor den Leser wirklich hinters Licht führt und auch das Ende hat mich überrascht und bei mir zu einem erlösenden Aufatmen gesorgt.


Die Vermischung von Beziehungsgeschichte, Psychostory und Agententhriller sind eine interessante Idee, mir hat das nicht so gefallen. Es wird einfach versucht, viele Bereiche abzudecken und ich fühlte mich dadurch und durch die Psychospielchen überfordert und der Täter war mir auch am Ende ein Rätsel.


Es ist schon ein Thriller mit einem faszinierenden Psychothrill, dennoch konnte mich das Buch einfach nicht packen.

Veröffentlicht am 13.02.2018

Dieser Krimi ist actionreich und etwas slapstickhaft

Veilchens Blut
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Valerie soll sich eigentlich von den schweren Folgen ihres Schädel-Hirn-Traumas erholen, doch das erste Lebenszeichen ihrer Tochter verleitet sie zu einer Flucht aus der Klinik. Das ist wieder einmal typisch ...

Valerie soll sich eigentlich von den schweren Folgen ihres Schädel-Hirn-Traumas erholen, doch das erste Lebenszeichen ihrer Tochter verleitet sie zu einer Flucht aus der Klinik. Das ist wieder einmal typisch für sie. Doch die Wiedersehensfreude ist getrübt, denn ihrer Tochter, die wirklich mit allen Wassern gewaschen ist, ist die Mafia auf den Fersen. Kein Problem für Veilchen, nimmt sie einfach mit ihrer Tochter reißaus und wird daraufhin als mutmaßliche Entführerin von ihren eigenen Kollegen verfolgt.

Es sind wieder alte Bekannte ins Geschehen eingebaut, so sind Stolwerk und auch Sandro Weiler wieder mit dabei als treuer Freund und Helfer. Kollege Schmatz hält auch nach dem polizeilichen Verdacht zu Valerie und findet großen Gefallen an Luna.

Mir hat die Charakterisierung der Luna sehr gefallen. Sie spricht in rudimentärer Gossensprache, kifft und ist wirklich durchgeknallt, aber als engagierte Tierschützerin hat sie ein Herz für Tiere. Nicht so sehr für ihre leibliche Mutter. Doch das gilt abzuwarten, schliesslich haben sie sich seit der Adoption vor 24 jahren zum ersten Mal getroffen.

Die Handlung dieses Buches ist sehr rasant und es kommt zu vielen gefährlichen Situationen und Verfolgungsjagden, bei denen um Leben und Tod geht. Dennoch erscheint vor meinem inneren Auge eher ein heilloses Durcheinander, bei dem ich jedoch viel lachen konnte. Von dröger Ermittlung und stupider Tätersuche ist in dieser Krimihandlung nichts zu merken.

Man erlebt hautnah einen außergewöhnlichen Alpenkrimi nach Westernart mit.

Es geht dabei allerdings einfach zu spektakulär nach Art eines Comics zur Sache. Zeitweise sieht man vor dem Alpenpanorama sogar einen exotischen Tierzug vorbeiziehen, was natürlich Luna zu verdanken ist. Das Ganze wirkt zwar humorvoll und eindrucksvoll, aber es lenkt auch von dem eigentlichen Krimi ab.

Mir raucht der Kopf von der vielen Aktion. Es ist mir zu viel Hektik und Durcheinander und das mag zwar in Filmen toll wirken, aber hier ist es doch zuviel des Guten.

Joe Fischler hat in seinem dritten Band die Gesetze des Krimis neu geschrieben. Man sollte nicht auf das gleiche Schema der Vorgängerbände hoffen. Für diesen Überraschungseffekt gebe ich 4 Sterne.


Bei diesem Band sollte man viel Action und den Hang zu Slapstick mögen, dann findet man hier die richtige Lektüre. Ein wenig durchgeknallt, aber mal ganz anders als die üblichen Krimis.