Profilbild von gagamaus

gagamaus

Lesejury Star
offline

gagamaus ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit gagamaus über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.03.2018

tolles Buch

Liebe wird aus Mut gemacht
0

Eigentlich startet Nina nach ihrer Krebsbehandlung ja nicht "von Null". Ganz im Gegenteil trägt sie ein dickes Päckchen mit sich rum. Sie ist gerade mal 20 Jahre und die überraschende Diagnose einer solchen ...

Eigentlich startet Nina nach ihrer Krebsbehandlung ja nicht "von Null". Ganz im Gegenteil trägt sie ein dickes Päckchen mit sich rum. Sie ist gerade mal 20 Jahre und die überraschende Diagnose einer solchen Krankheit hat ihr die Füße unter dem Boden weggezogen. Nichts ist mehr wie früher aber ein wirklicher Neustart will ihr erst mal nicht gelingen als sie als vorerst geheilt aus dem Krankenhaus entlassen wird, denn sie fürchtet sich davor, dass sie einen Rückfall erleiden könnte. Sie hat die Sicherheit und Leichtigkeit verloren und auch ihre Freundschaft mit Baharhat ein einen tiefen Riss. Ihren Eltern und Bruder Theo ergeht es ähnlich. Alle bewegen sich auf Zehenspitzen umeinander herum und durch ein neu geschenktes Leben, welches sie erst wieder annehmen müssen.


Ziemlich schnell lernt Nina aber Erik kennen und verliebt sich Hals über Kopf und diese Liebe stellt sie bald vor die alles entscheidende Frage, ob sie wieder durchstarten kann und bereit ist für Glück und Liebe oder ob sie weiter in diesem Zustand des Wartens verharren soll.


Der Autorin Catharina Junk gelingt aufs Trefflichste der Spagat zwischen der glaubhaften Beschreibung einer Leukämieerkrankung und deren wenig romantische Therapie und den Gedanken und Gefühlen einer jungen Frau, die nach dem Leben lechzt. Mit einer gehörigen Prise Humor und Situationskomik erzählt sie von der liebenswerten Nina, ihrer strickwütigen und aufopfernden Freundin Bahar, den unendlichen besorgten Eltern und dem Teenagerbruder Theo, der versucht seine Probleme und Nina's Erkrankung mit Gebeten zu bekämpfen. Und dann gibt es auch noch Erik, einen jungen Mann, der sich in ein pausbäckiges Mädchen mit wilder Krausfrisur verliebt und dessen Vater viel mehr kann als Autos reparieren und schlechte Laune verbreiten.


Mehr will ich gar nicht erzählen, denn es macht einfach großen Spaß, dieses kluge und einfühlsame Buch selbst zu entdecken. Man kann damit weinen und lachen, schmunzeln und grübeln und ehrlich gesagt rechne ich schwer damit, dass diese tolle Geschichte bald als Fernsehfilm zu sehen ist. Das Format dazu hat sie allemal. Ich kann es nur sehr empfehlen.

Veröffentlicht am 26.03.2018

bewegend

Libellenschwestern
0

„Libellenschwestern“ war mein erstes Buch von Lisa Wingate. Der Titel und das wunderschöne Cover haben mich aufmerksam gemacht und der Klappentext klang vielversprechend. Meine Hoffnungen wurden nicht ...

„Libellenschwestern“ war mein erstes Buch von Lisa Wingate. Der Titel und das wunderschöne Cover haben mich aufmerksam gemacht und der Klappentext klang vielversprechend. Meine Hoffnungen wurden nicht enttäuscht auch wenn es ein sehr trauriges und teilweise sogar deprimierendes Buch ist.

In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts war es allerorts auf der Welt verbreitet, dass Kindern in Kinderheimen misshandelt, gequält, unterdrückt und mit Gewalt und Strafen erzogen wurden. Dies ist auch in den USA so passiert und wird hier geschildert. Aber die Sache geht hier noch über das Normale Horrormaß hinaus, denn die Kinder wurden den Eltern auch gewaltsam ungewollt weggenommen und sie wurden gegen harte Dollar an kinderlose reiche Paare weitergegeben. Und, um dieses Ausmaß für den Leser noch schockierender zu machen, handelt es sich um ein real existierendes Kinderheim und die dämonische Leiterin Georgia Tann gab es wirklich.

Am Beispiel von vier Schwestern erzählt die Autorin vom Schicksal der Kinder. Von dem lebenslang gefühlten Verlust der eigenen Familie, von den unmenschlichen Methoden der Heimleiterin und ihrer Schergen, von der Suche nach den Eltern und den Schwestern, von den seelischen Verletzungen, die tief gingen und nie ganz verarbeitet werden konnten.

Wie gesagt, keine leichte Kost aber man sollte es gelesen haben. Der Erzählstil der Autorin ist eindringlich aber sehr gut lesbar. Man hat sicher am Schicksal der Kinder zu kauen. Und nicht alle Lebenswege nehmen ein wirklich glückliches Ende. Ich bin froh, dass ich das Buch lesen durfte.

Veröffentlicht am 22.03.2018

Geschichte toll verpackt

Das Spiel der Königsmacher
0

„Das Spiel der Königsmacher“ von Priska Lo Cascio beginnt im Jahr 911 als der Franke Konrad zum König gewählt wird. Dieser hat nichts Eiligeres zu tun, als den jungen sächsischen Herzog Heinrich mit Erlassen ...

„Das Spiel der Königsmacher“ von Priska Lo Cascio beginnt im Jahr 911 als der Franke Konrad zum König gewählt wird. Dieser hat nichts Eiligeres zu tun, als den jungen sächsischen Herzog Heinrich mit Erlassen und Bündnissen zu verärgern. Alsbald entspinnt sich ein Kampf um die Vorherrschaft in deutschen Landen. Mitten drinnen im Geschehen sind auch Heinrichs Base Sarhild, eine Fränkin, die nach dem gewaltsamen Tod des Vaters zu den Sachsen geflüchtet ist und dort versucht zur Ruhe zu kommen und der Krieger Liuthar, der erst dem Vater Heinrichs und dann ihm selbst als rechte Hand zur Seite steht.
Meiner Meinung nach ist der Klappentext ein bisschen irreführend, denn tatsächlich sind es nicht Sarhild und Liuthar, die Heinrich zum König machen wollen. Es gibt einige politische Lager und jeder spielt hier tatsächlich sein eigenes Spiel, versucht sein eigenes Süppchen zu kochen. Und auch die Kirchenfürsten sind sich für Ränke und Intrigen nicht zu schade. Aber am Ende ist es doch Heinrich selbst, der sich den Weg zur Krone ebnet durch sein charismatisches Wesen, seine klugen Strategien sich Freunde zu schaffen und Feinde zu zermürben. Der Roman transportiert Geschichte auf die angenehmste und beste Art und Weise. Die lebhaften Nebenfiguren wachsen einem schnell ans Herz. Der Alltag und die persönlichen Schicksale der Protagonisten werden wunderbar eingefangen und man lebt mit ihnen mit. Zentrale Rolle sind tatsächlich die historischen Fakten, die hier realistisch und spannend erzählt werden. Dank des sehr angenehmen und der Zeit entsprechenden Erzählstils war ich gefesselt und konnte das Buch kaum zur Seite legen.
Die Frage, ob es wirklich das erste Buch über den Sachsenherzog Heinrich den Ersten ist, kann man sich streiten, denn z.B. kommt der Mann auch in Rebecca Gables „Das Haupt der Welt“ recht deutlich zu Wort. Aber sei`s drum, den Vergleich mit diesem Buch braucht Lo Cascio’s Werk nicht zu scheuen. Ähnlich unterhaltsam und klug fühlte ich mich auch hier unterhalten. Besonders gefreut habe ich mich, dass eine liebgewonnene Figur aus dem Gablé-Roman auch beim Spiel der Königsmacher eine herzerfrischende Rolle bekommt, nämlich der kleine Thankmar, erster Sohn von Herzog Heinrich. Ein Wildfang dessen soziale Stellung und sein daraus resultierendes störrisches Wesen hier sehr gut eingefangen wurde. Die Liebesgeschichte von Sarhild und Liuthar ist vorprogrammiert aber es hat mir gut gefallen, dass die beiden sich anfangs spinnefeind sind und sich erst nach und nach einander zuwenden. Dabei haben beide jede Menge Vorurteile und Missverständnisse zu überwinden. Es ist aber kein albernes Hin und Her sondern eine kontinuierliche Entwicklung, die Spaß gemacht hat mit zu verfolgen. Überhaupt nicht seicht oder banal.
Mein Fazit: Ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen und habe meinen Blick bereits auf die anderen Romane der Autorin geworfen.

Veröffentlicht am 01.03.2018

magisch und märchenhaft

In Kalabrien
0

Das neue Buch „in Kalabrien“ von Peter S. Beagle hat mich zu einer kleinen aber feinen nächtlichen Lesesession veranlasst. Wenn man erst mal begonnen hat mit dieser Geschichte, kann man das kleine Büchlein ...

Das neue Buch „in Kalabrien“ von Peter S. Beagle hat mich zu einer kleinen aber feinen nächtlichen Lesesession veranlasst. Wenn man erst mal begonnen hat mit dieser Geschichte, kann man das kleine Büchlein nur schwer wieder aus der Hand legen. Das märchenhafte Cover gibt bereits einen kleinen Ausblick auf den Inhalt; ein Einhorn spielt nämlich eine zentrale Rolle.

Claudio Bianchi ist ein alleinstehender Bauer, der in den Bergen Kalabriens lebt und am liebsten seine Ruhe und Einsamkeit genießt. Gestört wird diese nur durch den Postboten, der zweimal die Woche bis hinauf zu seinem abgelegenen Hof kommt und so den einzigen regelmäßigen Kontakt zur Außenwelt darstellt. Claudio ist sich selbst genug. Er arbeitet tagsüber auf seinen Feldern, schreibt manchmal kleine Gedichte, die er dann seinen Kühen, seinem alten Fast-Wachhund oder der dreibeinigen Katze vorliest. In dieses Idyll tritt eines Tages völlig überraschend und still und leise ein weißes Einhorn. Aufgewühlt und sprachlos wirft es ihn aus seinem gewohnten Alltag. Das märchenhafte Tier besucht ihn von da an oft, wandert über seine Felder, steht auf einer Wiese. Es dauert eine Weile, bis er begreift, was das Fabelwesen bei ihm will. Aber was er sofort weiß ist, dass er es geheim halten muss. Leider funktioniert das nicht lange und er muss sich bald der Frage stellen, was er tun will, wenn Menschen kommen, um das Einhorn zu sehen, zu fangen oder gar Schlimmeres mit ihm vorhaben.

Claudio ist ein schrulliger Mitvierziger. Ein ungewöhnlicher Held in einer stillen und elegisch angehauchten Geschichte. Das Einhorn rüttelt ihn aus seiner etwas lethargischen Lebensphilosophie und bringt frischen Wind und neue Menschen in sein Universum. Überrascht hat mich nicht nur, in welcher Gestalt die Liebe bei Claudio Einzug hält, sondern auch, dass eine sehr bedrohliche und reale Gefahr sich in die Handlung schleicht, die tatsächlich in einer Art Showdown mündet.
Beagle versteht es zu erzählen. Vor allem die unterhaltsamen und lebensklugen Dialoge bringen das Tempo, wohingegen die Beschreibungen wie ein ruhiger beschaulicher Fluss daherkommen. Das magische Wesen bewegt sich dabei sehr unaufgeregt und natürlich durch die Geschichte. Ich musste immer wieder an Bilder aus dem Film „Legende“ denken. So ähnlich habe ich mir auch Beagles magische-schönes Einhorn vorgestellt.

Ein kleines feines Büchlein, welches den Leser mit einem guten Gefühl zurücklässt. Ein bisschen wie ein Märchen mit einem Schuss realem Leben.

Veröffentlicht am 16.02.2018

hohe Erzählkunst

Lied der Weite
0

"Das Lied der Weite" besticht durch eine edle Optik und einen verheißungsvollen Titel. Wer Harufs Geschichten kennt, weiß, dass die meisten wohl in der selben Gegend in den Vereinigten Staaten spielen. ...

"Das Lied der Weite" besticht durch eine edle Optik und einen verheißungsvollen Titel. Wer Harufs Geschichten kennt, weiß, dass die meisten wohl in der selben Gegend in den Vereinigten Staaten spielen. Eine eher ländliche Gegend, eine Kleinstadt, Viehzüchter und Bauern im weiten Umkreis. Dort sind die Männer noch wortkarg und bärbeißig und die Frauen stark und selbstständig obwohl der Mann hier noch das Sagen haben möchte.

Wieder hat Kent Haruf eine ungewöhnliche Wohngemeinschaft ersonnen. Wieder sind auch ältere Menschen wichtige Protagonisten in einer Geschichte voll kleiner und großer Alltagsdramen. Eine depressive Mutter verlässt Mann und Kinder und ein Teenager erwartet ein Kind und wird deshalb von der hartherzigen Mutter hinausgeschmissen. Mütter kommen in diesem Buch nicht unbedingt gut weg. Dagegen gibt es zwei ältere Herren, Brüder, alleinstehende Rinderzüchter, die im Laufe der Erzählung zu Höchstform auflaufen und aus ihrem Alltagstrott ausbrechen um dem jungen Mädchen aus ihrer Not zu helfen.

Starke Charaktere bevölkern dieses Buch. Und stark sind auch die Entwicklungen, die sie durchmachen. Dabei setzt der Autor auf einen sehr verhaltenen zurückgenommenen Betrachtungsstil und beobachtet das Geschehen aus einer gewissen Distanz, die aber nie kühl sondern immer wohltuend neutral rüber kommt. Man spürt die Gefühle der Protagonisten obwohl er wenig Worte darum macht. Haruf beherrscht für mich die hohe Kunst des Erzählens hervorragend.

Ein rundherum gelungenes Buch mit einem stimmigen Plot.