Eine ungewöhnliche Frau
„...Es stecken letzten Endes drei Bücher in „Die amerikanische Prinzessin“. Es ist eine wundersame Lebensgeschichte, die voller Wendungen steckt, dass sie sich für mich fast wie ein Abenteuerroman anfühlt. ...
„...Es stecken letzten Endes drei Bücher in „Die amerikanische Prinzessin“. Es ist eine wundersame Lebensgeschichte, die voller Wendungen steckt, dass sie sich für mich fast wie ein Abenteuerroman anfühlt. Es kann auch als kleine Geschichte Amerikas gelesen werden. Und schließlich ist es meine persönliche kleine Studie über die Frage: Wie geht man mit Verlusten um?...“
Das Eingangszitat stammt aus dem Nachwort der Autorin. Besser und kürzer kann man den Inhalt des Buches nicht zusammenfassen.
Das Buch beginnt und endet im Winter 1954/1955 in einem kleinen blauen Zimmer. Zwischen Prolog und Epilog wird die Lebensgeschichte der Allene Tew aufgeblättert.
Allene wird 1872 in Jamesville in Rock Country in Amerika geboren. Ihr Vater war der jüngste Sohn der Familie und hatte nichts von der Strebsamkeit seiner älteren Brüder. Allene allerdings hatte den Pioniergeist ihrer Vorfahren verinnerlicht. Das zeigt sich schon bei der Wahl ihres ersten Ehemannes. Obwohl sie für ihn nicht standesgemäß war, kommt es zur heimlichen Hochzeit.
Der Schriftstil des Buches lässt sich angenehm lesen. Es ist ein Sachbuch, kein Roman, und trotzdem wirkt es an keiner Stelle trocken und belehrend. Die Geschichte wird sehr lebendig und lebensnah wiedergegeben. Das fällt schon im ersten Kapitel auf, wo der Pioniergeist der ersten Einwanderer eine Rolle spielt. Neben schönen und bildhaften Landschaftsbeschreibungen erlebe ich den Aufstieg des beschaulichen Städtchens zu einem Touristenmagnet.
Sehr genau wird Allenes Leben erzählt. Ich würde es fast so formulieren, dass sie an ihren Verlusten wächst. Mit jeder Niederlage wird sie stärker. Sie bleibt nie liegen, sie vergräbt sich nicht in ihrer Trauer, sondern sucht immer einen Neuanfang. Eingebettet in diese Lebensgeschichte ist nicht nur die Geschichte Amerikas, sondern ein ganzes Stück Weltgeschichte, sei es die Weltwirtschaftskrise oder beide Weltkriege. Der erste Weltkrieg nimmt ihr den Sohn und – indirekt durch die spanische Grippe – auch die Tochter. Fünf Ehemänner begleiten sie auf ihren Lebensweg. Spätestens nach dem ersten hat sie gelernt, sich finanziell abzusichern.
Ab und an ist bei der Autorin ein Stück Ironie oder Sarkasmus zu spüren, wenn es um Entscheidungen der Weltpolitik geht, wie das folgende Zitat zeigt:
„...Danach konnte sich Amerika wieder beruhigt in seine Neutralität zurücklehnen und währenddessen gut am Krieg verdienen...“
Allene baut sich ihr Leben Stück für Stück auf. Einsamkeit ist nicht ihre Sache, deshalb braucht sie immer wieder einen Mann an ihrer Seite, selbst wenn das bedeutet, dass er neben ihr und nicht mit ihr lebt und in erster Linie an ihren Geld interessiert ist. Durch Heinrich Prinz von Reuß erhält sie ihren Platz im europäischen Adel. Andere zu verheiraten, gehört zu ihren Lebensinhalten. Das reicht bis in höchste Kreise. .Sie sucht sich humanitäre Aufgaben und fördert junge Leute.
Sprachlich fällt der Epilog etwas aus dem Rahmen. Mit treffenden Metapher und romantischen Bildern wird hier ganz kurz das Leben der nun alten Dame skizziert.
Viele Fotos geben den Protagonisten ein Gesicht. Immer wieder finden sich Auszüge aus Briefen, die dem Buch seine Authentizität geben und von der umfangreichen Recherche der Autorin zeugen.
Eine Karte Amerikas auf der ersten Umschlagseite, ein informatives Nachwort, ein Quellenverzeichnis der Bilder, Anmerkungen und ein umfangreiches Personenregister ergänzen das Buch.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. An persönlichen Schicksalen wird ein Stück Zeitgeschichte lebendig.