Profilbild von Gelinde

Gelinde

Lesejury Star
offline

Gelinde ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Gelinde über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Herr Jonas erwartet Besuch

Herr Jonas erwartet Besuch
0

Herr Jonas erwartete Besuch, von Rainer Mauelshagen

Cover:
Erinnert an die umstrittene Werbung (ist aber ein bisschen eine andere Situation).

Inhalt:
Herr Jonas, mit 88 hochbetagt, schaut in die Vergangenheit, ...

Herr Jonas erwartete Besuch, von Rainer Mauelshagen

Cover:
Erinnert an die umstrittene Werbung (ist aber ein bisschen eine andere Situation).

Inhalt:
Herr Jonas, mit 88 hochbetagt, schaut in die Vergangenheit, sieht sich die Gegenwart an und fragt sich was die Zukunft für ihn noch bereithält.
Da trifft er für sich eine Entscheidung:
Heute läuft nicht die Routine des Alltags ab, er geht einkaufen, kocht ein außergewöhnliches Mal und zieht seinen besten Anzug an, denn er erwartet Besuch.

Meine Meinung:
Gleich zu Beginn die Gedanken zu Alzheimer und den „Pflegenden“, fand ich sehr treffend (kenne ich aus eigener Erfahrung, meine Mutter ist 91 und betroffen).
Die „bösen“ Gedanken auf den Betreffenden kommen und dann das eigene schlechte Gewissen weil man solche „bösen“ Gedanken hat, was dann wieder mächtig Stress macht.

Sehr treffend fand ich dann auch die Bemerkung über:
Jugend + kein Geld / Geld + keine Jugend mehr.

Herr Jonas führt das ganz „normale“ Leben eines älteren Menschen, eigensinnig, eingefahren, aber er schaut doch auch sehr genau hin.
Er macht sich viele Gedanken, über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Seine Gedanken sind sehr vielschichtig, aus meiner Sicht sehr viele auch nachvollziehbar, aus Herrn Jonas Sicht sowieso. Es geht u.a. um Rentenbeginn, Alzheimer, Erderwärmung, Krieg, Migranten, Waffenlieferungen, Glaube, Gesellschaft, Politik, die erste Liebe und vieles mehr.
Jedes einzelne Thema wäre eine Diskussion wert.

Bemerkenswert finde ich, wie flüssig es dem Autor gelungen ist von einem Thema zu andern zu gelangen, fließend gleitet er vom einen ins andere. Unbemerkt werden wichtige Dinge wiederholt bzw. von einer neuen Seite aus betrachtet.
Witzig/schön, fand ich die alten Sprichworte, haben mich an meine Mutter und Oma erinnert:
-der Mensch denkt und Gott lenkt.
-Narrenhände, verschmieren Tisch und Wände etc.

Ich finde das Buch regt zum Nachdenken an.
Tja und das Ende ist dann irgendwo zwischen traurig und „ja gut so“ (dass man sich selbst bestimmen kann).
Das muss dann jeder für sich selber entscheiden.

Autor:
Rainer Mauelshagen wurde 1949 geboren. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Nach Ausübung verschiedener Berufe widmet er sich nun ganz der Literatur.

Mein Fazit:
Unspektakulär, leiser Alltag eines 88 jährigen, mit dramatischem, aber dann doch erwarteten Ende.
Ein Buch um sich weitere Gedanken zu machen!?
Von mir 3,5 Sterne die ich dann auf 4 Sterne aufrunde.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Minigolf Paradiso

Minigolf Paradiso
0

Minigolf Paradiso, von Alexandra Tobor

Cover:
Ein Handlungsort, der im Buch sehr wichtig ist/wird.

Inhalt:
Durch einen Zufall, findet die 16jährige Malina heraus, dass ihr Opa, der vor vielen Jahren ...

Minigolf Paradiso, von Alexandra Tobor

Cover:
Ein Handlungsort, der im Buch sehr wichtig ist/wird.

Inhalt:
Durch einen Zufall, findet die 16jährige Malina heraus, dass ihr Opa, der vor vielen Jahren in einem See in Polen ertrunken sein soll, sehr wohl noch lebt.
Und zwar gleich neben an in Castrop-Rauxel auf einer Kirmes soll er sich aufhalten. Da sie gerade eh Sommerferien hat und ihre Eltern in Urlaub sind, sie also alleine zu Hause ist, geht sie auf die Suche nach ihm.
Doch die ersten Ergebnisse sind niederschmetternd.
Der Opa ist ein Mann mit blühender Phantasie, der auch vor kleinen Gaunereinen nicht halt macht und Schulden bei den falschen Leuten hat. Nach einem Überfall, ergreifen Malina und ihr Opa die Flucht, die sie nach Polen und in die Vergangenheit führt.

Meine Meinung:
Schon auf der 2. Seite wusste ich: das ist ein super Schreibstil: locker, witzig, schlagfertig, was ganz besonderes, klasse Wortwahl, nicht so 0/8/15.
Beispiele/Zitate:
-- Die Tür wird von zwei überfressenen Mülleimern bewacht, die Pappschalen würgen.
---Meine Kinnlade sinkt immer tiefer, aber bevor sie die Erdkruste in Australien durchschlagen kann........

Dann bekommt die Geschichte immer mehr zum Nachdenken (ohne ihre Leichtigkeit zu verlieren), am Anfang finden wir es nur ganz sachte zwischen den Zeilen, bis es ganz deutlich hervortritt mit Aussagen wie: -Ein toller Satz und ein großes Lob für den Opa - „Ich habe immer nur Hindernisse gesehen. Du siehst überall Möglichkeiten!“

Malina ist so ein bisschen eine unsichtbare Außenseiterin, aber sie geht recht beherzt ihren Weg.
Der Opa ist schwer einzuschätzen, er ist ein Luftikus, ein kleiner Gauner, mit „Recht und Ordnung“ nimmt er es nicht so genau, und er hat eine blühende Phantasie, ist der geborene Schauspieler und ein guter Menschenkenner.

So nach und nach erfahren wir, dass die Geschichte um den „Tod im See“ verschiedene Seiten hat, dass nicht alles Gold ist was glänzt und man sich nirgends einfach ins gemachte Nest setzen kann.

Das Buch endet mit einer tollen Weisheit von Kierkegaard: Man kann das Leben nur rückwärts verstehen, aber leben muss man es vorwärts.

Autorin:
Alexandra Tobor, geboren in Polen, kam 1989 als Achtjährige nach Deutschland, sie lebt heute in Augsburg.

Mein Fazit:
Das Buch hat mir gut gefallen.
Für mich macht das Buch vom Anfang bis zum Schluss einen Wandel durch.
Von super lustig und witzig, zu nachdenklich und mit Botschaft, beides sehr gelungen. Von mir super 4 Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eiskalter Plan

Eiskalter Plan
0

Eiskalter Plan, Im Netz der Rache, von Astrid Korten

Cover:
Gruselig, macht neugierig.

Inhalt:
In einem Chatroom treffen vier Frauen aufeinander, alle sind mit ihrem Leben unzufrieden. Alma eine Verlagsleiterin, ...

Eiskalter Plan, Im Netz der Rache, von Astrid Korten

Cover:
Gruselig, macht neugierig.

Inhalt:
In einem Chatroom treffen vier Frauen aufeinander, alle sind mit ihrem Leben unzufrieden. Alma eine Verlagsleiterin, Sophie eine Assistenzärztin, Greta arbeitet bei der Polizei, Marie ein Anwältin.
Dann treffen sie sich persönlich und die gemeinsame Wut wird immer größer, auf ihre eigenen Männer und auf Männer allgemein, die laut Statistik immer die Täter sind.
Sie entwickeln Rache- und Mordgedanken.
Plötzlich gibt es einen Toten! War es ein Versehen? War es Mord?
Es bleibt nicht der einzige Tote.
Doch was steckt hinter dem Ganzen?

Meine Meinung:
Eine unglaubliche Geschichte, absolut keine leichte Kost. Das Buch hat mich fasziniert und verwirrt.
Die Frauen und ihre Gedanken, vor allem Alma, aus deren Sicht in „Ich-Perspektive“ erzählt wird, sind so zerrissen und vielschichtig, dass ich nicht immer verstand, was wollen sie denn jetzt.
Es wird schonungslos berichtet, klar, es ist fiktiv und alles ist erlaubt.
Es werden heikle Themen herausgepickt (Pädophile, häusliche Gewalt gegen Frauen, Ehrenmord), bei denen ich mich auch oft über die Rechtsprechung ärgere und die mein Blut zum Kochen bringen, aber Selbstjustiz, wie sie hier dann anklingt kann keine Lösung sein. Doch dies ist, wenn man das Buch zu Ende gelesen hat gar nicht das Thema.
Sondern Rache, Wut, Manipulation!

Während ich lese, kommen mir manche Handlungen doch recht naiv und unreal vor (im Ganzen gesehen ist das dann aber nebensächlich). Denn nichts ist so wie es auszusehen scheint und der Wind weht von einer ganz anderen Seite. Am Ende muss ich sagen: Hut ab.
Mit der Schreibweise hab ich mich manchmal auch etwas schwer getan.
Metaphern und hintergründig.
Sätze wie: Vier achtbare Frauen saßen anständig zusammen, als spezifische chemische Formel bildeten sie eine gefährliche Mischung.

Das Nachwort zeigt dann, welche Recherche hinter dem Buch steckt.
Autorin:
Astrid Korton, geb. 1962 im niederländischen Heerlen, lebt heute mit ihrer Familie in Essen. Ihre große Leidenschaft das Schreiben, hat sie 2004 zu ihrem Beruf gemacht.

Mein Fazit:
Ein unglaubliches Buch, das für mich schwer zu beurteilen ist, weil es beim Lesen so ganz andere Gefühle erweckt und erst aufs Ende zu zeigt, auf was und vor allem in welch ganz andere Richtung es hinausläuft.
Von mir 4 Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Grado im Regen

Grado im Regen
0

Grado im Regen
Ein Adria Krimi, von Andrea Nagele

Cover:
Das Cover passt genau zum Inhalt. Genau so trüb und regnerisch ist es in der Geschichte immer.

Inhalt:
Im regnerischen Grado (im Juni), bekommen ...

Grado im Regen
Ein Adria Krimi, von Andrea Nagele

Cover:
Das Cover passt genau zum Inhalt. Genau so trüb und regnerisch ist es in der Geschichte immer.

Inhalt:
Im regnerischen Grado (im Juni), bekommen wir Einblicke in das Leben von verschiedenen Menschen.
Franziska, von ihrem Mann getrennt und es wird gerade an eine rätselhaften Krankheit bei ihr untersucht.
Angelina Maria, eine ältere, geistig etwas verwirrte Frau, sieht eine junge Frau im Meer ertrinken. Als sie dies der Polizei meldet, glaubt ihr niemand.
Laura, eine Schülerin, die ihre Umwelt sehr genau wahrnimmt.
Maddalena Degrassi, eine Kommissarin, die gerade massive Probleme in ihrem Privatleben hat und auch beruflich sehr unter Druck gesetzt wird.

Was verbindet diese vier Frauen?

Meine Meinung:
Ich finde es war kein ganz so leichter Einstieg. Es war ein herantasten an die Personen (ihre Charakterisierung, alle sehr individuell und einzigartig) und an die Handlung. Bis ungefähr zu Mitte des Buches wusste ich nicht worauf das Ganze hinauswill (auch weil es manchmal so ein bisschen ins märchenhafte abdriftet, wenn z.B. von Nixen und Meerjungfrauen die Rede ist), irgendwie war alles möglich, es war sehr weit gefächert, es wird weit ausgeholt und es gibt sehr vielen Handlungssträngen, was es mir bis zur Mitte ein bisschen erschwert hat an der Handlung dran zu bleiben.

Mir waren zwar immer klar dass die Personen zusammenhängen und dass sie einen roten Faden bilden, doch erst ab der Mitte ahnen wir als Leser mehr als die Protagonisten im Buch, denn wir haben (ab diesem Zeitpunkt) den besseren Überblick und können eher ahnen wie die Verbindung zusammenhängen.

Wenn man das Buch fertig gelesen hat, ist glasklar wie geschickt und faszinierend die einzelnen Handlungstränge durch kleine, teilweise auch unbedeutende Ereignisse gestoppt oder gewendet wurden, obwohl sie genau zum Ziel geführt hätten wäre man nur einen Schritt weitergegangen.
Ein unwahrscheinlicher Zickzackkurs, der eine ganz eigene Spannung erzeugt, der dann letztendlich doch zur Aufklärung führt.

Im Buch sind eigentlich sehr viele Geschichten, verarbeitet. Eine Liebesgeschichte, ein Krimi und ein Familiendrama und am Schluss hängt alles irgendwie zusammen – schon faszinierend.

Am Ende schließt sich auch der Kreis zum Prolog, den ich irgendwie fast vergessen hätte.

In der ersten Hälfte hätte ich dem Buch vermutlich 3 Sterne gegeben, in der zweiten Hälfte dann 5 Sterne, ganz am Schluss mit seiner überraschenden Wende bekommt es auf jedenfall noch ein dickes Plus mit dazu.

Autorin:
Andrea Nagele lebt mit ihrem Mann in Klagenfurt am Wörthersee und in Grado. Neben dem Schreiben betreibt sie heute eine psychotherapeutische Praxis.

Mein Fazit:
Ein etwas anderer Krimi, bei dem wir als Leser immer ein bisschen mehr wissen als die Protagonisten, aber uns doch der entscheidende Punkt fehlt um zu begreifen was da vor sich geht.
Am Schluss gibt es noch einen „Knalleffekt“, der mich echt erstaunt hat.
Von mir sehr gute 4 Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mein Vater, der Desserteur

Mein Vater, der Deserteur
0

Mein Vater, der Deserteur, von René Freund

Cover:
Das Buch: einfaches graues HC –gefällt mir.
Der Schutzumschlag, in seinen grau/(dunkel-)rot Farben gefällt mir auch sehr gut. Das Foto zeigt ein Paar, ...

Mein Vater, der Deserteur, von René Freund

Cover:
Das Buch: einfaches graues HC –gefällt mir.
Der Schutzumschlag, in seinen grau/(dunkel-)rot Farben gefällt mir auch sehr gut. Das Foto zeigt ein Paar, er in Uniform der NS Zeit.

Inhalt:
René Freund setzt sich mit dem Kriegstagebuch seines Vaters auseinander.
Unglaublich was er zu den einzelnen Einträgen recherchiert und ergänzt.

Es gibt Gegenüberstellungen von der Vergangenheit zur Gegenwart.

Die Tagebuchauszüge, die am Anfang fast ironisch/witzig, teilweise wie ein Sightseeing-Bericht zu lesen sind und dazu die Anmerkungen mit dem Abstand und dem geschichtlichen Wissen von fast 70 Jahren (des Sohnes) später.

Gerhard Freund ist achtzehn, als er zur Wehrmacht eingezogen wird, im August 1944 ist er dann in Paris und erlebt wie sinnlos alles ist und setzt sich ab, dabei kommt er in manch weitere gefährliche Situation.

Meine Meinung:
Dies ist nicht nur ein Buch über das Kriegstagebuch eines Soldaten. Es ist vielmehr eine Familiengeschichte, die aus verschiedenen Puzzelteilen zusammengewürfelt wird. Viele ältere Dokumente, Briefe und Bilder werden mit einbezogen und die unglaubliche Recherche des Autors bringt dies mit weiteren Berichten von Familienmitgliedern zu einer Geschichte zusammen.
Es werden sehr viel Fakten (mir persönlich fast zu viel) über Politik, Gesellschaft und den persönlichen Beziehungen der Familie mit eingebaut.

Das Gegenüberstellen von „heutiger Normalität“, „Kriegstourismus“ und den Schrecken und der unglaublichen Opferzahl macht sehr betroffen.

Schreibweise: sehr informativ und emotional, viele Details, viele Vergleiche.
Dieses Buch kann ich irgendwie mit nichts vergleichen was ich bisher gelesen habe. Es ist u.a. ein Bericht zu einer Familiengeschichte ausgebaut.
Unglaublich was alles im Fundus (Schuhkartons) des Autors zu finden ist und was er noch alles dazu recherchiert hat .Der Handlungsbogen ist eher Trauer, ein Innehalten. Nicht so sehr eine „spannende Erwartung“ wie es weitergeht.

Bei manchen Dingen, vor allem bei den politischen Zusammenhängen oder auch den personellen + familiären (der besser gesellschaftlichen) Zusammenhängen, fehlt mir teilweise der Über- oder der Durchblick.
Dazu kenne ich mich zu wenig aus (ein Beispiel: Dollfuß-Anhänger?)
PS: Die Familie ist/war schon etwas privilegiert?

Autor:
René Freund, geboren 1967, lebt als Autor und Übersetzter in Grünau im Almtal. Er studierte Philosophie Theaterwissenschaft und Völkerkunde.

Mein Fazit:
Ein Buch das betroffen macht. Das mir wieder vor Augen führt, das auch mein Vater so eine Hölle durchgemacht hat und nicht darüber geredet hat (und ich leider auch nicht mehr nachgefragt habe). Diese Generation stirbt weg, und die meisten konnten nicht darüber reden.
Es ist schwer hier Sterne zu verteilen, so gebe ich 3,5 die ich dann auf 4 aufrunde.