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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.02.2018

Viel Philosophie, weniger Klima

Die Welt aus den Angeln
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In diesem Buch untersucht Philipp Blom die Auswirkungen der kleinen Eiszeit zwischen 1570 und 1700 auf die Vegetation bzw. auf Mensch und Vieh. Blom erzählt von zugefrorenen Flüssen, Missernten, Staatskrisen ...

In diesem Buch untersucht Philipp Blom die Auswirkungen der kleinen Eiszeit zwischen 1570 und 1700 auf die Vegetation bzw. auf Mensch und Vieh. Blom erzählt von zugefrorenen Flüssen, Missernten, Staatskrisen und Hexenverbrennungen und springt zeitlich und geografisch häufig hin- und her. Hauptaugenmerk liegt auf den Niederlanden, da dort die Maler das bunte treiben auf zugefrorenen Grachten dargestellt haben. Auch von London gibt es Gemälde von Eisläufern auf der Themse. Die Abbildungen hierzu lockern das Buch recht gut auf. Die anderen Abbildungen von diversen Philosophen, Herrschern und Geistlichen sind leider beim Drucken nicht so toll gelungen.

Die Verquickungen Religion und Alltag brechen langsam durch die Naturwissenschaftler auf. Nicht jedes Naturereignis ist die Strafe Gottes, auch wenn das nach wie vor von hauptsächlich katholischen Geistlichen behauptet wird. Je mehr Bildung die Menschen erfahren, desto weniger geraten sie an Quacksalber, Heilsverkünder oder sonstige Scharlatane. Interessant herausgearbeitet ist, dass es das Bürgertum ist, dass langsam aber sicher durch den Handel und das Gewerbe zu Vermögen kommt und sich von der Masse der verarmten, ungebildeten Bauern und Tagelöhnern abhebt. Doch auch der Adel ist häufig bar jeder Bildung.

Philipp Blom ist als detaillierter Sachbuchautor bekannt. Seine Recherchen sind penibel und haben Hand und Fuß. Doch diesmal ist er in der Mitte des vorliegenden Buches für meinen Geschmack zu sehr in das Philosophische abgedriftet. Nicht, dass die Ideen, Theorien und Ansichten nicht interessant sind, nur zum Thema passen sie nicht ganz.
Der philosophischen Betrachtungen wird recht viel Platz eingeräumt. So werden mehr oder weniger bekannte Philosophen wie z. B. Voltaire, Descartes, Gassende, Giordano Bruno, oder Mersenne übermäßig zitiert, die Erfindung des Buchdrucks, ein Isaac Newton, Johannes Kepler, Galileo Galilei und ähnliche Zeitgenossen, finden nur kurze oder gar keine Erwähnung. Dabei haben die technischen Erfindungen einen hohen Anteil an der Weiterentwicklung von Stadt und Land.
Die Einführung in den Merkantilismus ist zwar recht nett, hat aber auch nur bedingt mit der kleinen Eiszeit zu tun. Der Stehsatz, „mehr exportieren denn importieren um einen Handelsbilanzüberschuss zu erzeugen“ ist unabhängig von einer Klimaverschiebung.

Die Episode rund um die Vernichtung der Spanischen Armada nicht nur durch die Englische Flotte hat mir gut gefallen. Solche Bespiele hätte ich mehr gelesen.

Der Bezug zur Gegenwart ist für mich nicht so ganz gelungen. Die Bemerkungen "Alles wird anders. Die Migrationsbewegungen, Verteilungskämpfe, Kriege und Konfrontationen der kommenden Jahrzehnte werden unsere Gesellschaften erschüttern und transformieren" (S.261) klingen ein wenig nach Zeitgeist und Plattitüden.

Fazit:

Entspricht leider nicht ganz meinen Erwartungen, daher nur 3 Sterne.


Veröffentlicht am 18.02.2018

Ein zwiespältig angelegter Ermittler

Bretonische Brandung
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Commissaire George Dupin lebt sich langsam aber stetig in der Bretagne ein. Die Lebensart der Bretonen, die von Wind und Wetter gegerbt, archaischen Gedankengut angehören, ist ihm nach wie vor fremd. Allerdings ...

Commissaire George Dupin lebt sich langsam aber stetig in der Bretagne ein. Die Lebensart der Bretonen, die von Wind und Wetter gegerbt, archaischen Gedankengut angehören, ist ihm nach wie vor fremd. Allerdings die Vorliebe für gutes Essen, vornehmlich Fisch und anderes Meeresgetier, hat er schon übernommen. Staunend betrachtet er das Farbenspiels des Atlantiks und kämpft andererseits mit der Phobie auf Boote zu steigen.
In diesem, seinem zweiten Fall muss er gleich mehrmals auf größere und kleinere Schiffe steigen, gibt es doch drei Tote auf den Glenans, den zauberhaften Inseln. Was ursprünglich wie ein Schiffsunglück während eines Sturmes aussieht, entwickelt sich zu einem veritablen Mordfall, bei dem es mehr Verdächtige gibt, als Dupin lieb ist.
Die Ermittlungen sind langwierig und stellenweise langatmig (vermutlich „normaler“ Polizeialltag). Die Auflösung des Falles kommt dann ein wenig abrupt, da die Figur des Täters bis zu seinem Geständnis nur eine marginale Nebenrolle spielt.

Bannalec hat seinen Dupin zwiespältig angelegt. Einerseits lässt er ihn sich sehr gewählt ausdrücken, verwendet Wörter, die manchmal gestelzt daherkommen, andererseits ist sein Lieblingssatz „So ein Scheiß“.

Die Vorliebe des Commissaires für starken Kaffee ist ebenso ein Markenzeichen, wie die etwas rüde Art Telefongespräche zu beenden. Der Kampf mit den schlechten Mobiltelefonverbindungen und das häufige wortlose Auflegen, sind in dieser Geschichte ein wenig inflationär. Inzwischen haben es alle Leser mitbekommen, dass die Dichte der Sendestationen in der Bretagne zu wünschen übriglässt.

Man merkt, dass er mit sich nicht im Reinen ist. Er, der „echte“ Pariser, strafversetzt in die Bretagne, deren Bewohner sich wie Asterix und Obelix gegen die Römer, gerne gegen die Franzosen und da vor allem gegen Paris, stellen. Man lässt ihn häufig auflaufen, doch trägt er durch sein schroffes Wesen auch dazu bei. Seine Mitarbeiterin Nolwenn gibt sich alle Mühe ihm nicht nur dienstliche Informationen zu geben.

Die Meinung, dass die „Bretonischen Krimis“ denen von Donna Leons Brunetti stark ähneln, teile ich nicht. Ja, es gibt hier wie dort einen Präfekten/Vice-Questore der sich mehr oder weniger geschickt in die operativen Geschehnisse einmischt. Sowohl Nolwenn und Signorina Elettra versorgen ihren Ermittler mit Informationen, aber damit hat es sich schon auch. Da gibt es eine Reihe von Krimis, die ähnlich aufgebaut sind.

Bin schon auf den nächsten Fall gespannt.

Veröffentlicht am 18.02.2018

Ein Schlitz keltert Wein

Gefährliche Ernte
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Syracuse Perez, ein Franzose mit katalanischen Wurzeln und einer italienischen Stadt als Vornamen, lebt in der südfranzösischen Kleinstadt Banyul, dort wo die Pyrenäen die Grenze zwischen Frankreich und ...

Syracuse Perez, ein Franzose mit katalanischen Wurzeln und einer italienischen Stadt als Vornamen, lebt in der südfranzösischen Kleinstadt Banyul, dort wo die Pyrenäen die Grenze zwischen Frankreich und Spanien bilden.

Perez wird uns als Schlitzohr präsentiert, das einige Geschäfte an den Behörden vorbeischummelt, vor allem den Verkauf seines Weines „Creus“ um Euro 222 pro Flasche. Warum ist der so teuer?
Als dann im Weinberg seines Vaters die Leiche eines ehemaligen Erntearbeiters gefunden wird, tut er alles, um die Polizei von seinen Schmuggeleien abzulenken. Er beginnt, selbst zu ermitteln und kommt einem gefährlichen Geheimnis rund um den rechten Politiker Oriol auf die Spur.

Fazit:

Ganz hat mich dieser Krimi nicht in den Bann gezogen. An einigen Stellen ist er etwas langatmig. SO richtig warm geworden bin ich mit Perez auch nicht. Vielleicht muss ich den ersten Teil noch lesen.

Gut gefallen hingegen hat mir, die eindeutige Stellungnahme des Autors gegen die FN.

Veröffentlicht am 03.02.2018

Flottes Erstlingswerk

Elbsirenen: Morinos erster Fall
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Dieser Krimi beginnt ungewöhnlich: nämlich mit einer heftigen Sex-Szene, die so gar nichts mit der Handlung zu tun zu haben scheint, außer, dass der männliche Part der leitende Kommissar dieser Mordermittlung ...

Dieser Krimi beginnt ungewöhnlich: nämlich mit einer heftigen Sex-Szene, die so gar nichts mit der Handlung zu tun zu haben scheint, außer, dass der männliche Part der leitende Kommissar dieser Mordermittlung sein wird. .
Der gefeierte Schlagerstar Harry wird tot in seinem Hamburger Loft aufgefunden. Das anfängliche Bild vom umjubelten Star, der allseits beliebt war, bekommt recht schnell derbe Risse. Die Familie, die Manager (der aktuelle und der geschasste) und mehrere Frauen zeichnen ein ganz anderes Bild: Harry, das Ekel, der seine Umgebung ständig mit Klagen eindeckt.
Ist hier das Mordmotiv zu finden?
Warum verhält sich Harrys Bruder Siggi so seltsam?

Oberkommissar Francesco Morino und Bea Hinrichs haben alle Hände voll zu tun, Licht ins Dunkel zu bringen.

Erzählstil/Spannung:

Der Krimi wird mehrmals durch heftige Sexszenen unterbrochen, die meiner Meinung nicht unbedingt nötig sind, weil sie die eigentliche Krimihandlung keinen Millimeter weiterbringen.
Zu Beginn sind die Ermittlungen nicht rasend spannend, doch allmählich steigert sich die Spannung bis zu einem ziemlich unerwarteten Ende.

Der Krimi liest sich leicht und flüssig. Manchmal habe ich den Eindruck, dass ein wenig gekürzt wurde. Einige Szenen laufen wie im Zeitraffer ab und werden durch viele Nebenhandlungen überdeckt. Einige Seiten mehr, hätten der durchaus interessanten Story gut getan.


Charaktere:

Oberkommissar Francesco Morino ist Hanseat mit italienischen Wurzeln und einer erotischen Ausstrahlung, der einige Frauen recht bald erliegen. Selbst die Ehefrau des Tatverdächtigen macht ihm eindeutige Avancen. Warum er zu Beginn des Krimis seinen Beruf verleugnet und sich als Arzt ausgibt, wird nicht weiter erläutert. Mangelndes Selbstbewusstsein kann es ja wohl nicht sein. OK, er will keine Dauerbeziehung, aber das lässt sich doch auch anders darstellen.
Als Ermittler macht er eine gute Figur und ist von einem loyalen Team umgeben. Das gefällt mir, dass die Polizistin diesmal keine kaputten Typen sind sondern Menschen mit Schwächen, Ecken und Kanten.

Bea Hinrichs ist mit Leib und Seele Polizistin, was sich in ständigem Knatsch mit ihrem Freund Yannick wiederspiegelt. Yannick will ein Heimchen am Herd, Kind und Haus. Der Heiratsantrag ist irgendwie verhunzt und Bea überlegt, was außer zügellosem Sex, sie noch verbindet. Interessant ist die Verbindung Bea und Lena.

Lena, auch Leandra genannt, ist ein aufstrebender Schlagerstar, der vom Mordopfer diffamiert wurde. Doch das ist nicht das einzige Problem mit dem sich die junge Frau herumschlagen muss. Ihr Manager war einst jener von Harry, bis die Zusammenarbeit im Streit auseinanderging.

Fazit:

Ein flottes Erstlingswerk mit sympathischen Protagonisten.

Veröffentlicht am 03.02.2018

Alles für's Ballett

Die Schwester des Tänzers
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Bei den Nijinskys dreht sich alles ums Ballett. Die Eltern, Tänzer in St. Petersburg, haben auch für die drei Kinder, Stanislaws, Waslaw und Bronislawa, eine glanzvolle Karriere im Auge. Doch nur Waslaw ...

Bei den Nijinskys dreht sich alles ums Ballett. Die Eltern, Tänzer in St. Petersburg, haben auch für die drei Kinder, Stanislaws, Waslaw und Bronislawa, eine glanzvolle Karriere im Auge. Doch nur Waslaw und Bronia können den Ansprüchen der Eltern und der Kaiserlichen Russischen Ballettakademie gerecht werden.
Waslaw ist ein Ausnahmekünstler, dem schon als junger Mann die Welt offen steht.

Das Buch ist aus der Sicht von Bronslawa „Bronia“ Nijinska geschrieben.

Wir begleiten die Nijinskys auf ihrem Weg durch die Welt. Von einem Ballettsaal zum anderen, von einer Choreographie zur anderen. Unaufhörlich werden Pirouetten, Pliés getanzt und Sprünge geübt. Nur die Schauplätze ändern sich Das macht das Buch ein wenig langatmig. Wir erleben die kleinen oder größeren privaten Katastrophen mit. Der politische Hintergrund – die Geschichte spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts – wird weitgehend ausgeblendet, da sich ja alles nur ums Ballett dreht. Die Leser lernen Zeitgenossen der Nijinskys wie die Pawlowa oder Isadora Duncan kennen.

Tragisch sind die Schicksale von Stanislaws und Waslaw, die beide in Irrenanstalten landen. Einzig Bronia, die immer als „Schwester-du-weißt-schon-von-wem“ gehandelt wurde, kann ihr Talent mit Fleiß und Ausdauer für eine Karriere nutzen. Sie wird nicht Primaballerina assoluta sondern Choreografin.

Meine Meinung:

Die Leseprobe hat einen anspruchsvollen historischen Roman verheißen. Leider hat sich der erste Eindruck langsam aber sicher aufgeweicht. Es gibt einige Kapitel, die ich ziemlich langatmig finde. Der Spannungsbogen ist flach gehalten. Mit den Figuren kann ich auch nicht so recht warm werden.

Fazit:

Für Liebhaber des klassisches Balletts und der „russischen Seele“ ein schönes Buch.