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Veröffentlicht am 21.02.2018

Einen eigenen Kopf

Die Reformatorin von Köln
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hat die Kölner Brauerstochter Jonata von Menden schon in jungen Jahren - sie hat schon längst mit ihrem Vater geklärt, dass sie Mitspracherecht bei der Wahl ihres Ehemannes haben will. Umso fassungsloser ...

hat die Kölner Brauerstochter Jonata von Menden schon in jungen Jahren - sie hat schon längst mit ihrem Vater geklärt, dass sie Mitspracherecht bei der Wahl ihres Ehemannes haben will. Umso fassungsloser ist sie, als ihr nach dem Tode des geliebten Bruders Lukas der Brauerssohn Sebalt - um einiges älter und ein richtig ekliger Typ, zumindest aus Jonatas Sicht als Heiratskandidat präsentiert wird. Und da lässt ihr Vater - sonst durchaus verständnisvoll - überhaupt nicht mit sich reden.

Klar, dass Jonatas anderer Bruder Enderlin, ein Kirchenmann, dort seine Hände mit im Spiel hat. Er präsentiert die alten Werte, die Inquisition und den Klerus als Machtapparat.

Nicht Jonatas Sache, hat sie doch auf einer Reise nach Sachsen - ja, sonst ist ihr Vater durchaus modern und lässt sie Geschäfte tätigen - Martin Luther predigen hören und konnte auch mit ihm sprechen - und seitdem ergibt vieles für sie einen ganz neuen Sinn.

Zumal in Köln der Druckerssohn Simon ihre Gedanken mehr und mehr vereinnahmt - aber angesichts des väterlichen Willens hat sie keine Chance. Wird es für Jonata und Simon und nicht zuletzt für ihren Glauben eine Möglichkeit zum Bestehen geben?

Die Autorin Bettina Lausen schreibt unterhaltsam und spannend, hätte aber durchaus noch ein wenig mehr kölsches Lokalkolorit hereinbringen können. Das frühneuzeitliche Setting insgesamt jedoch ist liebevoll und sorgfältig dargestellt, die Charaktere klar und mit Wiedererkennungswert ausgearbeitet. Da habe ich gern über die stellenweise unlogischen Entwicklungen hinweggesehen.

Eine Lektüre, die gerade im Lutherjahr viel Freude macht und zum Weiterdenken anregt. Für alle, die gern mal was Historisches lesen und auch an Religionsgeschichte interessiert sind!

Veröffentlicht am 19.02.2018

Eine Familie der anderen Art

Die erstaunliche Familie Telemachus
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Das sind die Telemachus' auf jeden Fall, denn bei ihnen ticken die Uhren ein bisschen anders: ein jeder - Vater Teddy, Tochter Irene, die Söhne Frankie und Buddy sowie Enkel Matty - hat seine ganz eigene ...

Das sind die Telemachus' auf jeden Fall, denn bei ihnen ticken die Uhren ein bisschen anders: ein jeder - Vater Teddy, Tochter Irene, die Söhne Frankie und Buddy sowie Enkel Matty - hat seine ganz eigene übersinnliche Begabung, die allerdings auch unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Sehr, sehr unterschiedlich - bei dem ein oder anderen scheint es eher Hochstapelei zu sein anstelle von medialen Fähigkeiten. Oder?

Wobei diejenige mit der stärksten Begabung, nämlich Mutter Maureen, schon längst nicht mehr unter den Lebenden weilt. Trotz eines sehr, sehr traurigen Abgangs ist sie jedoch immer noch in aller Munde, lebt quasi durch ihre Familie weiter, denn in den Gedanken und auch in den Worten eines jeden ist sie immer präsent.

Besonders eindringlich kommt dies rüber, da abwechselnd aus der Perspektive eines jeden Familienmitglieds berichtet wird. Teddy und Frankie, die Gauner, Irene, die Verantwortung für die ganze Familie übernimmt und dabei gelegentlich sich selbst vergisst, Buddy, der irgendwie nicht von dieser Welt ist und Matty, der erst dabei ist, seinen Platz zu finden. Aber: sind sie das nicht eigentlich alle? Bei näherem Hinsehen wird klar, dass die ordnende Struktur von Maureen ausging, die nun umso mehr Tag für Tag schmerzlich vermisst wird.

Die "Übriggebliebenen" sind seit Jahren damit beschäftigt, einander zu nerven, auf der anderen Seite jedoch auch nicht ohne die anderen zu können. Sind sie ein Haufen von Betrügern, von denen jeder unterschiedliche Methoden gebraucht?

Auf jeden Fall ein Roman für Leser, die offene Enden hassen: Einen so abgerundeten Roman habe ich selten gelesen, hier werden wirklich alle Enden zusammengezogen. Dennoch bin ich nicht restlos glücklich - vieles ging mir zu sehr ins Detail, erschwerte mir das Lesen, die ein oder andere Wendung empfand ich als unglaublich anstrengend. Dennoch hat der Autor Daryl Gregory auf seine Art und Weise sicher ein Meisterwerk geschaffen, aber eines, das nur gewisse Leserschaften anspricht: solche, die es mögen, wenn alles an- und ausgesprochen wird und vor allem: solche, die nicht nachtragend sind. Einige der Figuren schreien förmlich danach, dass ihnen verziehen wird - wieder und wieder. Ich lese so etwas ausgesprochen ungern, wobei das natürlich eine sehr subjektive Sicht der Dinge ist. Dennoch - ich nehme mir heraus, nicht begeistert zu sein, obwohl ich die Leistung des Autors durchaus wertschätze.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Geschichte
  • Humor
  • Fantasie
Veröffentlicht am 02.02.2018

Extreme Einsamkeit

Ein Grab in den Wellen
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sucht die Naturfotografin Miranda auf den Farallon Islands vor der Küste San Franciscos - und sie findet sie auch. Abgesehen von einigen Naturforschern, mit denen sie die Unterkunft teilt, ist es dort ...

sucht die Naturfotografin Miranda auf den Farallon Islands vor der Küste San Franciscos - und sie findet sie auch. Abgesehen von einigen Naturforschern, mit denen sie die Unterkunft teilt, ist es dort menschenleer, nur alle zwei Wochen werden sie mit dem Nötigsten vom Festland versorgt. Zunächst stört es Miranda nicht, dass ihr achtlos, ja unfreundlich begegnet wird, dass sie sogar mit falschem Namen angesprochen wird - aber irgendwann wird es bedrohlich. Und kurz darauf wird einer der Forscher - ausgerechnet der Unangenehmste - ertrunken aufgefunden und der Rest der Gruppe teilt sich in Spreu und Weizen. Oder doch nicht? Wie hängt das alles miteinander zusammen.

Ein Krimi und doch kein Krimi, ein Spannungsroman und doch wieder keiner, eine Geschichte über die Natur? Das auf jeden Fall und man sollte einen Sinn für so etwas und für Stimmungen der Landschaft haben, wenn man sich auf die Lektüre einlässt - denn sie hat durchaus die ein oder andere Länge, für den einen mehr, für den anderen weniger. Kommt darauf an, wie man mit Beschreibungen von Landschaft und Lebewesen klarkommt. Ich persönlich mag sie, soweit sie stimmungsvoll ist - was hier definitiv der Fall ist - eigentlich sehr gern, doch stellenweise wurde es sogar mir zuviel.

Wen das aber nicht schreckt und wer zudem eine Vorliebe für Krimis - oder sowas ähnliches - der ungewöhnlichen Art hat, der ist hier an der richtigen Adresse. Und man sollte sich schon so ein bisschen gruseln können - eher ohne wohlige Schauer, denn ab und an wird es durchaus bedrohlich und diese Drohungen gehen sowohl von Mensch als auch von Natur aus.

Etwas für Naturliebhaber, die nicht zu sehr in literarischen Kategorien denken, denn es fällt schwer, dieses Buch zu kategorisieren. Aber Vorsicht, nach dieser Lektüre könnte man beginnen, das, was einem bisher lieb und teuer war - im Hinblick auf Natur und Mensch -, zu fürchten!

Veröffentlicht am 02.02.2018

Verloren wie Treibholz

Wie Treibholz am Strand
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fühlt sich die junge Libby, als sie kurz vor ihrer eigenen Hochzeit - und zwar nur durch Zufall - erfährt, dass in ihrer Familie nichts so ist wie es scheint bzw. wie es für sie bisher den Anschein hatte.

Zutiefst ...

fühlt sich die junge Libby, als sie kurz vor ihrer eigenen Hochzeit - und zwar nur durch Zufall - erfährt, dass in ihrer Familie nichts so ist wie es scheint bzw. wie es für sie bisher den Anschein hatte.

Zutiefst im Innersten aufgerüttelt begibt sie sich auf die Suche - nach wahren Angehörigen, aber vor allem nach sich selbst. Wenn alles ganz anders ist, als sie es bislang sah, wie kann sie denn noch derselbe Mensch sein. Ihr Verlobter Rob muss fassungslos zusehen, wie sie ihm entrinnt - buchstäblich zwischen den Fingern.

Auf ihrer Suche landet Libby bei Holton, dem Treibholzkünstler, der sie - im Gegensatz zu dem Holz, das er für seine Kreationen benötigt - zunächst aber nicht auflesen mag - ganz im Gegenteil. Holton trinkt und sieht nur sein eigenes Leid.

Kann Libby dennoch zu ihrem wahren Ich finden? Und hat Holton tatsächlich damit zu tun? Und kann Gott seine schützende Hand über alle Entwicklungen halten bzw. werden Libby,Holton, Rob und die anderen Protagonisten diese tatsächlich spüren?

Ein Roman, der von tiefen christlichen Werten geprägt ist, aber dennoch teilweise etwas zu leichtlebig daher kommt, einige Wege etwas vereinfacht sieht und sie entprechend dem Leser vermittelt. Dadurch kommt stellenweise die Authentizität ein wenig abhanden, nicht jedoch der Leserspaß. Sicher ein Roman, mit dem man christliche Werte, aber auch Unterhaltung vor allem jungen Erwachsenen näherbringen kann! Ich kann mir vorstellen, dass vor allem junge Frauen und Mädchen viel Spass an diesem Buch haben werden!

Veröffentlicht am 08.01.2018

How does it feel to be on your own - like a rolling stone

Die Stunde des Wolfs
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Ein ungewöhnlicher Protagonist ist es, den der Autor Simo Hiltunen hier einführt - nämlich Lauri Kivi, ein Reporter für Kriminalfälle in Helsinki, der selbst so einige Päckchen zu tragen hat und das von ...

Ein ungewöhnlicher Protagonist ist es, den der Autor Simo Hiltunen hier einführt - nämlich Lauri Kivi, ein Reporter für Kriminalfälle in Helsinki, der selbst so einige Päckchen zu tragen hat und das von Kindheit an. Sie wollen mehr erfahren? Keine Sorge, der Autor Simo Hiltunen serviert Ihnen alle Informationen, die Sie haben wollen - und wahrscheinlich noch einige mehr - auf dem Silbertablett. Kein einziger Punkt wird ausgelassen, wenngleich es möglicherweise ein wenig dauert.

Lauri ist jemand, der bereit ist, bis zum Äußersten zu gehen und sich mit Jedem anzulegen, wenn es sein muss. Das hat er von Kindheit an so gelernt - vielmehr erfahren - und in seinem Beruf kommt ihm das ganz gut zupaß. Auch in Bezug auf den aktuellen Fall, in dem es um Familien(selbst)mord geht - also Väter, die zuerst ihre Lieben und dann sich selbst um die Ecke bringen und dabei ein rechtes Blutbad anrichten!

Simo Hiltunen schreibt unterhaltsam, wobei ich vor allem seine Figurenbeschreibungen sowie den typisch finnischen trockenen Humor genossen habe. Auch die Spannung blieb aus meiner Sicht durchgehend erhalten, auch wenn der Leser einen wirklich sehr langen Atem haben muss, um bis zum Ende durchzuhalten.

Der Autor schreibt nicht uneloquent, aber doch sehr komplex - man könnte auch sagen, umständlich. Eher etwas für ausgewiesene Fans skandinavischer Krimiliteratur, die hart im Nehmen sind - und das meine ich jetzt nicht in Bezug auf die Vorfälle, auch wenn die nicht gerade ohne sind!