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Veröffentlicht am 21.02.2018

18 Minuten

Kraft
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Diese kurze Zeitspanne soll das Leben des Tübinger Rhetorikprofessors Richard Kraft ändern - zum Besseren natürlich. Er ist dazu ausgewählt worden, eine Kernfrage des Lebens zu beantworten. Für die beste ...

Diese kurze Zeitspanne soll das Leben des Tübinger Rhetorikprofessors Richard Kraft ändern - zum Besseren natürlich. Er ist dazu ausgewählt worden, eine Kernfrage des Lebens zu beantworten. Für die beste Antwort ist eine Million Dollar ausgelobt worden, diese benötigt Kraft, um die Scheidung von seiner Frau, nein, eigentlich von seiner Famlie finanzieren zu können.

Zwei Wochen Zeit hat er zur Vorbereitung in den USA, dem für ihn im Moment gelobten Land und macht sich auf zu einer Reise, die ihn, wie es sich herausstellt, in die Vergangenheit führt. In seine eigene, in sein früheres Leben, man könnte auch sagen: in seine früheren Leben. Zunächst dadurch, dass sein Helfer in der Not, der ihm erst zu diesem Projekt verhilft, ein Weggefährte aus alten Zeit ist, als er im Neoliberalismus noch die Rettung sah.

Aus der Chance auf ein neues Leben wird nicht nur durch diese Begegnung eine Rückkehr zu alten Zeiten. Kraft hinterfragt - zum ersten Mal, so scheint es - die Reaktionen und Aktionen verschiedener Schlüsselpersonen, die im Laufe der Jahre zu bestimmten Wendungen führten. Und dies führt den Kraft auf den Weg: Kraft hat endlich die Kraft, einen Entschluss zu fassen, von dem er nicht mehr abweichen wird.

Ein kurzer, aber doch weitläufiger Roman ist es, den Jonas Lüscher uns hier beschert hat. Ich habe mich darauf gefreut, nachdem ich den Erstling "Frühling der Barbaren" noch in bester Erinnerung hatte, ob der originellen Ideen und der spritzigen Wortwahl. Im Folgeroman hält Lüscher dies - so finde ich - nur phasenweise durch. Stellenweise schwafelt er sich ebenso durch den Roman wie die von ihm geschaffene Figur Adam, ein Sohn des Protagonisten und von den Schachtelsätzen habe ich mich teilweise erschlagen gefühlt.

Das Ende hat den Roman richtig rund gemacht, dennoch fühle ich mich nach Abschluss des Buchs in etwa so ermattet, als hätte ich einen 1000seitigen Klassiker, von Joyce zum Beispiel oder von einem der vielgerühmten Russen hinter mich gebracht, allerdings nicht demselben satten Gefühl der Befriedigung. Ich muss es nicht immer pragmatisch haben, aber angesichts der immer wiederkehrenden laaangen Sätze habe ich mich dann doch immer wieder nach Sachlichkeit gesehnt. Den Roman empfehle ich nur Lesern, die darauf für einige Zeit verzichten können.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Lycke ist weg

Glücksmädchen
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Auf dem Weg zum Tennisunterricht ist sie verschwunden. Ein achtjähriges Mädchen, ein Scheidungskind aus einer Patchworkfamilie, das hin und her gereicht wird. Kein Kind, das auf der Sonnenseite des Lebens ...

Auf dem Weg zum Tennisunterricht ist sie verschwunden. Ein achtjähriges Mädchen, ein Scheidungskind aus einer Patchworkfamilie, das hin und her gereicht wird. Kein Kind, das auf der Sonnenseite des Lebens steht, wie sich mehr und mehr herausstellt, auch wenn es viele Bezugspersonen in ihrem Leben gibt, fast schon zu viele. Unter anderem auch eine Stiefmutter, die auch schon die "Konkurrenz", den kleinen Stammhalter, auf die Welt gebracht hat und ständig ihre Stellung behauptet. Hat sie damit zu tun? Oder vielleicht der Tennistrainer? Oder einer der leiblichen Eltern? Wie gesagt, ist die Auswahl groß.

Dazu kommt, dass Ellen, die für ihr Magazin berichten soll, auf eine ganz eigene Art, die sich erst nach und nach erschließt, in der Geschichte drinhängt.

Das alles verspricht einen spannenden Thriller. Aber leider bleibt es über weite Phasen bei diesem Versprechen, die Geschichte kommt nicht so recht in die Gänge.

Mein Fazit also: Eine traurige Geschichte über ein verschwundenes Mädchen, das leider immer mehr in den Hintergrund rückt und zeitweilig (fast) verschwindet. Wie auch einige der Erzählstränge, die vielversprechend aufgenommen werden, nicht nur um die kleine Lycke, sondern auch um Reporterin Ellen Tamm. Dabei ist diese Figur durchaus vielschichtig aufgebaut und hat - mit ein wenig Feinjustierung - durchaus das Zeug zu einer recht originellen Serienprotagonistin. Sollte es also einen Nachfolgeband geben, ich würde Ellen Tamm und damit der Autorin Mikaela Bley durchaus noch eine Chance geben. Im Moment kann sie jedoch noch nicht mithalten mit anderen Größen nordischer Kriminalliteratur.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Tage im August

Unser tägliches Leben
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sind es, die hier thematisiert werden, in zwei verschiedenen Jahren, zwischen denen Welten zu liegen scheinen. Schwerste Kost in mehrfacher Hinsicht ist dieser Roman, der in harten Zeiten spielt: in den ...

sind es, die hier thematisiert werden, in zwei verschiedenen Jahren, zwischen denen Welten zu liegen scheinen. Schwerste Kost in mehrfacher Hinsicht ist dieser Roman, der in harten Zeiten spielt: in den Jahren 1923 und 1939 nämlich, zunächst im tschechischen Exil, dann in Russland in tiefster Stalinzeit - die Sowjetunion zeigt ihr grausamstes Gesicht. Ohnehin schwere Kost, die noch härter zu verdauen ist, wenn man sich verdeutlicht, dass es hier um reale Menschen geht, nämlich um die große russische Dichterin Marina Zwetajewa und um ihre Tochter Ariadna - zwei Menschen, die den Lauf der Dinge vollkommen unterschiedlich sehen. Während Marina die Sowjetunion verhaßt ist, kann sich Alja, wie ihre Tochter genannt wird, für die Errungenschaften des Kommunismus begeistern - zunächst jedenfalls.

Es geht hier nicht um die große Politik bzw. nur teilweise - es geht darum, was die Welt - oder doch bestimmte Teile davon - aus den Menschen ihrer Zeit macht, wozu sie sie bringt, wie sie sie leben lässt. Aber es geht auch um das Verhältnis zwischen Marina und Alja, letztere zunächst noch ein Kind, das von ihrer Mutter ganz schön gefordert wird, als Co-Autorin eines Buches, das die beiden gemeinsam verfassen, beispielsweise.

Der Finnin Riikka Pelo ist - was die Recherchen und auch das Aufgreifen der Dichtkunst Zwetajewas - ein Meisterwerk gelungen, mit dem ich dennoch nicht glücklich wurde, auch wenn das möglicherweise eine sehr subjektive Wahrnehmung ist: Ein sehr intensiver Stil ist, aus der Sicht der beiden Protagonistinnen dargestellt, der diesen Roman prägt, doch so eindringlich er zeitweise daherkommt, so ausführlich und - ja, umständlich muss ich sagen, ist er wiederum an anderen Stellen.

Zudem wird der Leser ziemlich alleine gelassen, finde ich - allein mit der Geschichte Marina Zwetajewas und derjenigen ihrer Tochter, wie auch mit Zusammenhängen verschiedener Akteure in ihrem Umfeld, die immer mal auftauchen. Ich hätte ein Namensverzeichnis und ein ausführliches Nachwort gebrauchen können, auch wenn ich mich in der Geschichte des Stalinismus und der Sowjetunion insgesamt einigermaßen auskenne und auch Marina Zwetajewa mir nicht völlig fremd ist. Aber nichts davon ist vorhanden und so hatte ich durchgehend diverse Google-Artikel aufgeschlagen, was dem Lesefluss nicht unbedingt zuträglich war.

Auch die Interaktion zwischen Mutter und Tochter war mir zeitweise zu anstrengend, zu detailliert, zu fordernd für mich als Leserin.

Gewiss, Riikka Pelo fühlt sich ein in ihre Protagonistinnen, sie schildert zwei harte Leben in schweren Zeiten, in denen es selbst jungen begeisterten Menschen völlig unmöglich gemacht wurde, an ihren Idealen festzuhalten. Umso schwerer, zu verstehen, warum eine kritische, intelligente, ja, ungewöhnliche Frau wie Marina Zwetajewa zurückging - sozusagen ins sichere Verderben. Die Autorin vertieft sich so intensiv in das Thema, dass sie sich für mich darin verliert - es war mir nicht möglich, ihr durchgehend so tief hinein zu folgen.

Definitiv kein Buch für jemanden, der einen Roman zur Entspannung sucht, doch wer sich für Marina Zwetajewa und ihr Umfeld interessiert und richtig tief in die Thematik einsteigen will, der ist hier an der richtigen Stelle.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Italien auf dem Teller

Simply Pasta, Pizza & Co.
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Wer mag das nicht? Köstliche Pizza, Pasta und Antipasti mit mediterranem Aroma zubereitet und mit südlichem Charme und Flair kredenzt - kaum einer kann da widerstehen! Mir geht es genauso und so stürzte ...

Wer mag das nicht? Köstliche Pizza, Pasta und Antipasti mit mediterranem Aroma zubereitet und mit südlichem Charme und Flair kredenzt - kaum einer kann da widerstehen! Mir geht es genauso und so stürzte ich mich mit Begeisterung auf dieses Kochbuch, um die Delikatessen auszuprobieren, zu verkosten und in mein Herz zu schließen.

Ein Buch mit einer ausführlichen Einführung, die sowohl Bemerkungen und Ausführungen zur italienischen Küche beinhaltet, als auch Grundrezepte bspw. für Brühe, Tomatensugo, Pesto und was sonst so in der italienischen Küche eingesetzt wird.

Ein Buch, das sowohl die italienische Küche als auch den Koch Julian Kutos ausführlich vorstellt, ein Aspekt, der mir den Genuss daran etwas genommen hat: die italienische Küche ist jetzt nicht so Außergewöhnliches bzw. Unbekanntes, dass man sie noch einmal in allen Einzelheiten vorstellen müsste, als hätte man etwas Neues entdeckt - im Gegenteil, eine Reihe von Gerichten wie Spaghetti Bolognese, diverse Pizzen, Spaghetti Carbonara und Vitello Tonato sind bereits mehr oder weniger fest im bundesdeutschen und sicher auch österreichischen - dort ist der Koch beheimatet - Alltag integriert. Und ein Koch sollte schon so charismatisch wie Jamie Oliver oder Sarah Wiener sein, um sich in den Vordergrund zu rücken - mit Verlaub ist das in vorliegendem Falle eher nicht gegeben.

Es gefällt die Anleitung zur Zubereitung in kleinen Schritten, was das Buch auch für Anfänger nützlich und hilfreich macht. Allerdings sind aus meiner Sicht die Bestandteile oft in eigenartigen Zusammenstellungen kombiniert, bspw. ist die Walnusspasta viel zu fettig (was ich aber im Vorfeld aufgrund bestimmter Kocherfahrung aushebeln konnte) und die Pasta al Limone viel zu sauer (da bin ich drauf reingefallen und sowohl mein Mann als auch ich selber haben die vollen Teller stehen lassen - war mir in meiner langjährigen Küchenkarriere bisher nicht passiert).

Es gibt natürlich viel mehr und sehr unterschiedliche Rezepte darin, wenn sie sich auch nur auf Pizza, Pasta, Vorspeisen und Cocktails beschränken und ich machte die Erfahrung, dass kleine Hinweise zu Kochzeiten, Temperaturen, oder auch Mengenangaben bspw. bei Gewürzen fehlen, die wirklich hilfreich gewesen wären.

Für mich also leider kein Buch, dem ich die Treue halten werde, auch wenn es viele interessante Rezepte beinhaltet - wahrscheinlich passen "Simply Pasta, Pizza & Co." und ich einfach nicht zusammen.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Ein It-Pärchen

Nina & Tom
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Das sind Nina und Tom, beziehungsweise wollen sie es sein - kühl und provokant den Ton angeben, wo sie auch sind, glamourös und auffallend wirken in ihrer eigensinnigen, oft auch zerstörerischen Beziehung, ...

Das sind Nina und Tom, beziehungsweise wollen sie es sein - kühl und provokant den Ton angeben, wo sie auch sind, glamourös und auffallend wirken in ihrer eigensinnigen, oft auch zerstörerischen Beziehung, die über Jahrzehnte hält - bis in den Tod. Denn Nina - mittlerweile 47jährig und Mutter zweier Söhne, ist unheilbar krank - sie wird an Krebs sterben. Das steht von vorneherein fest, denn ihr Mann, der Journalist Tom Kummer, nimmt dieses Ereignis voraus.

Es ist zwar ein Buch über das Sterben, aber mehr noch über das Leben, sein Leben mit Nina, das er dem Leser hier offen und schonungslos - sowohl gegen sich selbst als auch gegen Nina darlegt. Es ist kein herzliches Buch, denn Herzlichkeit ist einfach nicht der Stil von Tom und von Nina auch nicht - sie kultivierten die Distanz, ja, die Arroganz, was häufig verstörend auf mich wirkte. Wenn es nicht so tragisch geendet hätte, wäre es mir stellenweise lächerlich vorgekommen, bspw. Ninas Aufzug, als sie sich - in einer Bar, wie könnte es anders sein - kennenlernten. Übrigens war der von Tom nicht viel besser - sehr extrem stilisiert, sogar mit Nazi-Elementen, auffällig sogar mitten in den 1980ern, als eigentlich alle knallbunt herumliefen. Irgendwie wirkte Nina wie ein masochistisches Huhn, Tom wie ein zerrupfter Krieger einer überirdischen Armee - so kenne ich es als Kölnerin aus dem Karneval und konnte die beiden als Stil-Ikonen - man möge mir verzeihen - nicht so recht ernst nehmen.

Dazu kam ein schonungsloser Umgang mit dem jeweils anderen und auch mit sich selbst - dabei spielten sowohl Drogen als auch Gewalt über lange Jahre hinweg eine Rolle.

Was soll ich sagen: auch wenn ich im selben Alter wie die Beiden bin, wir sprechen einfach nicht dieselbe Sprache, leben möglicherweise gar auf anderen Planeten. Toms Verlust hat mich umso mehr berührt, denn vor dem Tod sind wir irgendwie alle gleich, kapitulieren zwar unterschiedlich, doch in unserer Ohnmacht gegen ihn gibt es keine Abstufung, auch keine Distanz. Allerdings musste ich bis zum Ende lesen, bis die Distanz zwischen mir und dem Buch bzw. seinem Autor sich für kurze Zeit legte. Es fällt mir schwer, dieses Buch weiterzuempfehlen - am besten schauen Sie selbst, ob Sie gewillt sind, diese ungewöhnlichen Menschen kennenzulernen, mit ihnen zu leben und zu leiden.