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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.02.2018

"Wenn die Musik schweigt, hört man das Lachen des Tyrannen" (S.169)

Tadunos Lied
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Genau deswegen hätte selbiger, nämlich der nigerianische Diktator, es gern, dass die Musik bei ihm spielen und ihm sozusagen nach dem Mund reden würde.

Taduno, ein Sänger, der immer nur das sang was ihn ...

Genau deswegen hätte selbiger, nämlich der nigerianische Diktator, es gern, dass die Musik bei ihm spielen und ihm sozusagen nach dem Mund reden würde.

Taduno, ein Sänger, der immer nur das sang was ihn - und mit ihm das ganze Volk - bewegte, musste deswegen das Land verlassen und ins Exil gehen. Seine Strafe war merkwürdigerweise nicht die Verfolgung, sondern das Vergessen, denn als er zurückkehrte, konnte sich niemand mehr an ihn erinnern.

Die Rückkehr, der er für sehr gefährlich gehalten hatte, war es also zunächst gar nicht, denn obwohl er in seiner alten Wohnung lebte, wusste niemand mehr, wer er war. Und er musste zurück, denn man hielt Lela, seine Liebste gefangen - befreit werden konnte sie nur durch ein Loblied auf den Diktator.

Wie wird Taduno sich entscheiden? Wird er für Lela singen und damit sein Volk verraten? Oder wird er Lela ihrem Schicksal preisgeben.

Ein Dilemma von beklemmender Aktualität beschrieben in einer teilweise etwas gewöhnungsbedürftigen Sprache. Dennoch ein lesenswertes und wichtiges Buch mit einer Botschaft, die erhört werden sollte! Dass die Diktatoren dieser Welt hinhören, ist eher nicht zu erwarten - aber vielleicht andere - die gemeinsam, vereint gegen Unterdrückung angehen können.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Das Land, in dem Milch und Honig fließen

Das geträumte Land
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So sehen die Kameruner Jende und Neni Jonga die Vereinigten Staaten von Amerika: es ist ganz klar das Ziel ihrer Träume! Und als sie es nach zähem Ringen endlich schaffen, sich dort niederzulassen, ...

So sehen die Kameruner Jende und Neni Jonga die Vereinigten Staaten von Amerika: es ist ganz klar das Ziel ihrer Träume! Und als sie es nach zähem Ringen endlich schaffen, sich dort niederzulassen, scheinen diese Träume endlich wahr zu werden. Zumal sie erst in den USA endlich heiraten können, obwohl sie doch schon längst Eltern eines wohlgeratenen Sohnes namens Limbi sind. Und aus dem soll jetzt ein waschechter Amerikaner werden. Das bisschen harte Arbeit, das auf sie zukommt? Ein Klacks, vor allem nachdem sie die Familie Edwards kennengelernt haben, bei der Jende einen richtig gut bezahlten Job als Chauffeur bekommt und auch Neni immer mal wieder kleine und auch größere - so zum Beispiel als Köchin während der Sommerferien - Aufträge erhält.

Doch die Vorstellungen des Paares driften mehr und mehr auseinander, zumal Neni sich fortbildet und davon träumt, in die besseren Kreise aufgenommen zu werden. Jende hingegen, in seiner täglichen Arbeit als Chauffeur, sieht mehr und mehr, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Clark Edwards ist nämlich Manager an der Wall Street, ausgerechnet bei den Lehmann Brothers und wir schreiben das Jahr 2008, in dem der Börsencrash naht. Und auch vorher war Familie Edwards alles andere als frei von Problemen.

Mehr und mehr stellt sich die Frage, was "Heimat" ist. Ist diese da, wo man sich abarbeitet, um irgendwann seine Version des amerikanischen Traumes zu verwirklichen? Oder doch in der kamerunischen Stadt Limbe, aus der sie kommen und in der die Armut aus jeder Ecke quillt?

Die kamerunische Autorin Imbolo Mbue beschreibt dieses Drama eindringlich, wenn auch nicht ohne Längen. Die Themen Exil und Auswanderung sind gerade wieder brennend aktuell, wenn auch die Familie Jonga nicht geflohen ist, jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne. Eine Flucht ist es natürlich schon, die aus der Armut. Und in New York, wo die Familie landet, lastet eine Menge Verantwortung auf ihr: die Verwandten aus der Heimat und zwar nicht nur die engsten, brauchen ständig Geld für dies und das und alles ist superwichtig. Die Jongas sollen es richten. Und das, obwohl ihr Status im (für sie) gelobten Land noch keineswegs sicher ist! Werden sie Fuß fassen können in den USA, wird es ihre neue Heimat? Oder werden sie am Ende gar keine haben?

Ein eindringliches, stellenweise auch unterhaltsames Buch, das mich aber nicht in Gänze gepackt hat. Spannend für alle, die gerne andere Mentalitäten kennenlernen, sich in die schwierige Situation von Menschen mit anderen Lebensbedingungen hineindenken. Aber trotz der Lockerheit im Stil definitiv keine leichte Kost!

Veröffentlicht am 21.02.2018

Wer lügt, wer sagt die Wahrheit?

Das Buch der Spiegel
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Diese Frage habe ich mir während der Lektüre des vorliegenden Buches nicht nur einmal gestellt. Denn es geht um einen Mord, der viele Jahre zurückliegt, mehrere Jahrzehnte, muss man sagen.

An einem Professor ...

Diese Frage habe ich mir während der Lektüre des vorliegenden Buches nicht nur einmal gestellt. Denn es geht um einen Mord, der viele Jahre zurückliegt, mehrere Jahrzehnte, muss man sagen.

An einem Professor namens Joseph Wieder, einem Psychologen. Über ihn, ebenso wie über den ganzen Tatvorgang und auch die Vorgeschichte herrschen ebenso viele Meinungen wie es Menschen gibt, die befragt werden. Von verschiedenen Seiten, denn auch die Geschichte selbst wird aus mehreren Perspektiven geschildert, wovon eine ein Buch im Buch ist. Und auch die anderen sind sehr spannend und vielschichtig - erst spät erfährt man, warum der Titel "Buch der Spiegel" gewählt wurde.

Auf jeden Fall begegnen uns im Laufe der Lektüre menschliche Regungen wie Neid, Hass, aber auch Leidenschaft - Liebe eher nur in Bezug auf die Nebendarsteller. Sie sind jetzt gespannt, gar neugierig?

Dürfen Sie auch sein, allerdings muss ich gestehen, dass sich die Handlung aus meiner Sichte teilweise zäh, ja schleppend entwickelte und auch zu statisch war - auf gewissen Details bzw. Facetten wurde zu sehr herumgeritten, auf der anderen Seite verstehe ich nicht, warum einige Figuren eingebaut wurden - der Text war damit ganz klar etwas überladen und hat mich durchaus von Zeit zu Zeit verwirrt.

Dennoch interessant und lesenswert. Was mich besonders fasziniert hat, war die atmosphärische Dichte in Bezug auf die Schauplätze und das, obwohl der Autor E. O. Chirovici rumänischer Herkunft ist und erst seit vier Jahren in den Vereinigten Staaten lebt: dies ist sein erster Roman in englischer Sprache. Und auch sonst offenbart sich im Laufe der Lektüre die ein oder andere Überraschung - wenn auch ein wenig schleppend. Ein ungewöhnliches, dennoch eher konservativ strukturiertes Buch, das durchaus lesenswert ist.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Parallel leben

Fliegenpilze aus Kork
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Das tut die Ich-Erzählerin dieses Buches bereits in jungen Jahren.

Ein Mädchen und ihr Vater sind die Hauptakteure dieses Buches, das Mädchen als Berichtende, als Protagonistin, der Vater sozusagen als ...

Das tut die Ich-Erzählerin dieses Buches bereits in jungen Jahren.

Ein Mädchen und ihr Vater sind die Hauptakteure dieses Buches, das Mädchen als Berichtende, als Protagonistin, der Vater sozusagen als Hauptperson. Getrennt sind die Eltern des namenlosen Mädchens bereits sehr früh - das bedeutet für das kleine Kind zwei parallele Leben nebeneinander zu leben. Wächst es bei der Mutter sehr behütet, also eher klassisch, auf, führt es bei dem Vater ein gewissermaßen hippiehaftes Nomadenleben, das zudem geprägt ist von Mangel - dem Mangel an Gegenständen, am Essen, nicht jedoch an Liebe, auch wenn der Vater - immer mal wieder psychisch krank, wie sich mit der Zeit herausstellt - diese seiner Tochter auf ausgesprochen unkonventionelle Art und Weise mitgibt.

Eine Beziehung im Wandel der Jahre - genau dokumentiert wird das Alter des Mädchens stets vom Kindergarten- bis zum Erwachensenenalter, so dass man die Ereignisse, vor allem ihre Sicht der Dinge, stets gut einordnen kann.

Kein leichtes Leben ist es, weder für den Vater, noch für das Mädchen, doch ist es abseits von Konventionen und konventionellen Bedürfnissen ein durchaus reiches Leben, auch wenn es nicht immer genug zu Essen gibt: der Vater zeigt seiner Tochter vieles, führt sie an Kunst, Kultur, auch Politik heran: dumm sterben wird sie wegen ihm, der nur schlecht schreiben kann, jedenfalls nicht.

Ein Leben abseits dem, was angesagt ist, abseits bürgerlicher Gepflogenheiten, die dem Mädchen doch durchaus bekannt sind durch die Zeit mit der Mutter. Auch wenn sich die Tochter manchmal für den Vater schämt, wie es Kinder eben tun, steht sie doch zu ihm.

Die junge österreichische Autorin Marie Luise Lehner hat mit "Fliegenpilze aus Kork" ein ungewöhnliches, gleichwohl faszinierendes Werk geschaffen, das mir lange im Gedächtnis bleiben wird. Ich empfehle es Lesern, die auf der Suche nach etwas Neuem, ungewöhnlichem sind und einen Sinn für schöne Bücher haben, der Verlag Kremmayer & Scheriau gestaltet seine literarische Reihe nämlich ganz besonders orginell und liebevoll.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Ein Ösi in Köln

Anton zaubert wieder
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Das ist die Ermittlerin Willa Stark, die es bereits zum zweiten Mal aus Graz in die rheinische Tiefebene verschlägt, wo sie sich überaus wohlfühlt. So wohl, dass sie am liebsten für immer dort bleiben ...

Das ist die Ermittlerin Willa Stark, die es bereits zum zweiten Mal aus Graz in die rheinische Tiefebene verschlägt, wo sie sich überaus wohlfühlt. So wohl, dass sie am liebsten für immer dort bleiben würde, denn in Graz hat sie so einige Altlasten zurückgelassen, ohne die es sich für sie weitaus leichter leben lässt.

Jetzt ist ihr Typ wieder gefragt, da ein Landsmann von ihr - sogar ebenfalls gebürtiger Grazer, allerdings schon im Kindesalter von Kölschen adoptiert und somit auch im Rheinland zu Hause - eines Serienmordes an Frauen verdächtigt wird, an älteren. Dennoch ist eventuell sogar ein Mord aus Leidenschaft zu vermuten. Auch dieser Mann, Anton, hat wie Willa eine Last in Graz zurückgelassen: er hat als kleines Kind den Mord an seiner Mutter mitansehen müssen, ein Erlebnis, das ihn - wie könnte es anders sein - fürs Leben geprägt hat.

Doch es ist nicht nur die Handlung, es ist auch die Atmosphäre, die Figuren, mit denen die Autorin Isabelle Archan beeindruckt. Man hat sie förmlich vor Augen, sowohl das vielschichtig dargestellte Kölner Kripo-Team als auch die Charaktere, die in die Mordfälle verwickelt sind.

Düster und beklemmend ist das Szenario an vielen Stellen, auch wenn ab und zu eine gewisse Leichtigkeit aufblitzt. Gestört hat mich lediglich, dass die Opfer eher als Randfiguren fungierten - wenn überhaupt: außer dem ersten Opfer blieben sie eigentlich ganz im Hintergrund, wie auch ihre Hinterbliebenen, das gesamt Umfeld.

Dennoch: ein stilsicher und damit elegant und wortgewandt erzählter Krimi, den ich mit Genuss gelesen habe, gerade auch als Kölnerin. Für Krimifans im Rheinland und darüber hinaus sehr zu empfehlen!