Berichte von der Front als Graphic Novel
Großväterlandum es einmal sehr allgemein zu beschreiben, präsentieren der Historiker Christian Hardinghaus und der Zeichner Markus Freise hier einmal in ungewohntem Format. Zeitzeugenberichte aus dem zweiten Weltkrieg ...
um es einmal sehr allgemein zu beschreiben, präsentieren der Historiker Christian Hardinghaus und der Zeichner Markus Freise hier einmal in ungewohntem Format. Zeitzeugenberichte aus dem zweiten Weltkrieg sind es, die hier sozusagen im Comicmodus aufbereitet werden. Dabei verlieren sie keineswegs die Ernsthaftigkeit, die Gewichtigkeit der Bedeutung, nein, die Zeichnungen lassen die Vorgänge - die meisten gezeichneten Ereignisse spielen sich an der Front ab - noch eindringlicher und vor allem plastischer wirken.
Ziemlich starker Tobak also, der hier Schülern - denn dies ist die primäre Zielgruppe - vorgesetzt werden soll. Doch die Autoren wissen, was sie tun und gehen hart gegen bestehende Gefahren wie verblassende Erinnerungen - eine natürliche Folge des allmählichen Verschwindens von Zeitzeugen - an. Es sind sieben längere und 2 kürzere (so genannte One-Pager) Kriegsberichte von insgesamt sieben Männern und zwei Frauen, alle in den 1920ern geboren, bei Kriegsbeginn also teilweise noch Kinder, auf jeden Fall aber Jugendliche.
Die gesamte Bandbreite, die Ausweitung des Zweiten Weltkrieges wird hier vorgeführt, die Berichte kommen aus unterschiedlichen "Ecken", von der Ostfront natürlich, dann schildert einer der jungen Männer seine Erlebnisse am D-Day in der Normandie, aus Norwegen, Polen und und und. Ebenso wie geographische Verschiedenheiten prägen zeitliche Unterschiede die Geschichten - sie erstrecken sich über die gesamten (fast) sechs langen, furchtbaren Kriegsjahre.
Unterfüttert hat Christian Hardinghaus die Zeitzeugenberichte mit zahlreichen Hintergrundinformationen zu jedem einzelnen Erlebnis, die aus dem Buch ein fundiertes, informatives und enorm bereicherndes Instrument sowohl für den Schulunterricht als auch die individuelle Fortbildung werden lassen. Und das definitiv nicht nur für junge Leute!
Ich fand es schade, dass es keine Fotos und keine näheren Informationen zu den Zeitzeugen gab, wenn ich es auch gut nachvollziehen kann, dass sie möglicherweise anonym bleiben wollten. Dennoch, es hätte die ganzen Bezüge noch um einiges lebendiger werden lassen!
Als ein weiteres Manko sehe ich die aus meiner Sicht nicht allzu individualiert gestalteten Personenzeichnungen. Bei Gisela bspw. der wir gleich im ersten One-Pager zu Kriegsbeginn begegnen, war für mich nicht auszumachen, ob sie ein junges Mädchen, ein Kind oder sogar schon ein älterer Mensch ist - auch das Geschlecht ist für mich nicht ganz klar zu identifizieren. Und das ist nicht der einzige Fall, so dass es aus meiner Sicht ein deutliches qualitatives Gefälle zwischen Texten und Zeichnungen gibt.
Aber dennoch ist das Buch insgesamt ein außerordentlich lohnenswerter Beitrag zur Verarbeitung des Zweiten Weltkrieges - nicht nur für junge Menschen!