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Maeusekind

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Mix aus uralter Literatur und modernster Biologie

Inferno
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--- SPOILER ---


„Inferno“ ist ein Thriller von Dan Brown und ist 2013 im Bastei Lübbe Verlag erschienen. Die Handlung beginnt im heutigen Florenz und wird später in Venedig und Istanbul fortgesetzt. ...

--- SPOILER ---


„Inferno“ ist ein Thriller von Dan Brown und ist 2013 im Bastei Lübbe Verlag erschienen. Die Handlung beginnt im heutigen Florenz und wird später in Venedig und Istanbul fortgesetzt. Der weltbekannte Symbolforscher Professor Robert Langdon wird von der World Health Organisation engagiert, um den von Wissenschaftler Betrand Zobrist versteckten genmodifizierenden Virus zu finden und eine vermeintliche Bio-Hazard-Katastrophe abzuwenden. Den Virus kann nur finden, wer die in Dante Alighieris „Göttlicher Komödie“ versteckten Hinweise zu entschlüsseln weiß. Problematischer Weise verliert Langdon zu Beginn sein Gedächtnis und vertraut sich Dr. Sienna Brooks an, die als Geliebte von Zobrist vorerst andere Intentionen zu haben scheint.

Zentral ist hier die Problematik der Überbevölkerung, die die Existenz der menschlichen Spezies bedroht, jedoch von den führenden Gesundheitsorganisationen scheinbar ignoriert wird. Die moralische Frage des Eingreifens der Menschheit in den biologischen Evolutionsprozess und der damit verbundene innere Konflikt steht dabei im Vordergrund.

Das vierte Buch um die Figur des Professor Langdon ist meiner Meinung nach das Beste. Die Story ergibt ein perfektes Zusammenspiel aus Dantes uralter Schrift und modernen evolutionsbiologischen Fragestellungen. Detailgetreue Beschreibungen vermitteln den Eindruck, beim Entschlüsseln der Rätsel selbst dabei zu sein und werden gekrönt von wilden Verfolgungsjagden und verwobenen Personenstrukturen, die den Leser im Dunkeln tappen lassen und eine Spannung bis zur letzten Seite erzeugen. Am Ende wird dem Leser selbst überlassen, wie er den Ausgang des Buches und vor Allem die Figur des Bertrand Zobrist bewertet. Ein sehr realer und interessanter Ansatz, an eine gegenwärtige Problematik heranzuführen und sich mit dieser ernsthaft auseinanderzusetzen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ich packe meinen Koffer und nehme mit...

Journeyman
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„Journeyman“ ist das Buch (Ullstein-Verlag) zum wohl spannendsten Teil der Lebensgeschichte des Autors Fabian Sixtus Körner. Als Reiseblog während seiner 2-jährigen Designwalz durch jeden bewohnten Kontinent ...


„Journeyman“ ist das Buch (Ullstein-Verlag) zum wohl spannendsten Teil der Lebensgeschichte des Autors Fabian Sixtus Körner. Als Reiseblog während seiner 2-jährigen Designwalz durch jeden bewohnten Kontinent der Erde begonnen, lässt er ein Jahr nach seiner Rückkehr im Jahr 2012, die ganze Welt an seinen Erlebnissen teilhaben.

Mit nur 255 € in der Tasche beginnt die Reise. Angelehnt an die traditionelle Handwerkerwalz, zieht der 28-jährige studierte Innenarchitekt aus Wiesbaden los, um für Kost und Logis zu Arbeiten und sich dabei selbst zu finden. Nach eigens auferlegten Regeln, die die Grundsätze der Reise bestimmen, beginnt der Autor im fernen Osten, wo er sich die meiste Zeit aufhält. Einige gebrochene Grundsätze später, legt er einen Zwischenstopp in der Heimat ein, um Kraft zu tanken, über bisherige Erlebnisse nachzudenken und Schicksalsschläge zu verdauen, bevor er nach Asien zurückkehrt, um den zweiten Teil seiner Reise mit alten Bekannten zu starten und weiter nach Australien und auf den amerikanischen Kontinent zu reisen.

Typisch Blogger ist der Schreibstil keck und intelligent, sodass auch in unspektakulären Abschnitten die Lesefreude erhalten bleibt. Auch wenn manche Erlebnisse ein Gefühl des Fremdschämens erzeugen, sind andere so spannend, dass man kaum glauben mag, dass sich alle Erlebnisse mehr oder weniger genauso zugetragen haben.
Fabian Sixtus Körner gibt dem Leser das Gefühl, ihn auf seiner Reise zu begleiten - was nicht zuletzt an den QR-Codes im Buch liegt. Man erhält unverblümte Einblicke in brenzlige Situationen sowie Sprachbarrieren und Kulturunterschiede, erlebt aber auch einzigartige Freundschaften, spannende Jobs und aufregende Trips.

Das Thema „Reisen“ ist topaktuell, wahrscheinlich gibt es aber nur Wenige unter uns, die den Schneid besitzen, mutterseelenallein mit einer vagen Jobaussicht und nur 255 € in ein Land zu reisen, dessen Sprache und Kultur fremd ist. Natürlich hatte Fabian Sixtus Körner Hilfe und konnte oft auf vorhandene Beziehungen zurückgreifen, die der Traumvorstellung des „Auf ins Blaue, wird schon schief gehen“-Mantras einen ernüchternden Beigeschmack verleihen. Dennoch ist es das Lesen definitiv wert und vor allem das letzte reflektierende Kapitel regt trotz Coolness und Witz im gesamten Buch zum ernsthaften Nachdenken an.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Achtung: Lebenserfahrung gewünscht!

Hector fängt ein neues Leben an
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Sicherlich ist es schwer über ein Buch zu schreiben, welches Mitmenschen jenseits der 40 anspricht, wenn man selbst erst Mitte 20 ist. Viele Problematiken lassen sich hier noch nicht ganz nachvollziehen, ...

Sicherlich ist es schwer über ein Buch zu schreiben, welches Mitmenschen jenseits der 40 anspricht, wenn man selbst erst Mitte 20 ist. Viele Problematiken lassen sich hier noch nicht ganz nachvollziehen, wie zum Beispiel das Gefühl, schon über 20 Jahre verheiratet zu sein, erwachsene Kinder zu haben und bereits auf ein gefülltes Leben zurückzublicken, wenn man selbst all das noch vor sich hat.

Dennoch ist die Thematik der Midlife-Crisis bekannt und vom Autor anhand verschiedener Persönlichkeitstypen gut beschrieben worden. Dass der Protagonist Hector seine Krise durch eine Liaison mit einer 20 Jährigen überwindet, die er seiner Frau nie gesteht, scheint mir dennoch nicht unbedingt die empfehlenswerteste Lösung zu sein. Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass sich viele Menschen mit der Situation identifizieren können und vielleicht wirkt die Geschichte ja sogar als Negativbeispiel und Ausblick, welche inneren Konflikte in diesem Fall zu erwarten sind. Am Ende bleibt es dem Leser selbst überlassen, wie er Hectors Verhalten bewertet.

Der Schreibstil jedenfalls ist trotz der ernsten Thematik angenehm locker und es schwingt eben jene Leichtigkeit mit, die mit der französischen Lebensart assoziiert wird. Der Übersetzer Ralf Pannowitsch hat diesen Charme meiner Meinung nach fabelhaft ins Deutsche übertragen können und mich auch dazu gebracht, Interesse für die weiteren Hector-Bücher zu entwickeln.

Ich denke ich werde das Buch in ca. 20 Jahren noch einmal lesen, wenn ich die nötige Lebenserfahrung besitze, und mir ein neues Urteil bilden. Momentan schreckt mich jedoch der euphemistische Umgang mit dem Seitensprung einfach zu sehr ab.

Veröffentlicht am 15.09.2016

So witzig kann Liebeskummer sein...

Entlieben für Fortgeschrittene
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"Entlieben für Fortgeschrittene" von Conni Lubek ist der unabhängige Fortsetzungsroman zu "Anleitung zum Entlieben" und 2009 im Ullstein Verlag erschienen.

Nach der Trennung von 119 reist Lpunkt nach ...

"Entlieben für Fortgeschrittene" von Conni Lubek ist der unabhängige Fortsetzungsroman zu "Anleitung zum Entlieben" und 2009 im Ullstein Verlag erschienen.

Nach der Trennung von 119 reist Lpunkt nach Amsterdam, um dort mit dem Holländer Dick in ein neues Leben zu starten. In Holland schöne Zeiten verbringend, möchte die Beziehung in Lpunkts Heimat Hamburg nicht so recht funktionieren, da sie seiner schnell überdrüssig wird. Doch Lpunkt beißt die Zähne zusammen, möchte der Beziehung eine Chance geben und lässt sich auf Dick ein. In diesem Moment offenbart er ihr, dass er verheiratet ist. Lpunkts Ehrgeiz ist von nun an geweckt, sie will Dick erobern und ihn für sich gewinnen. Obwohl sie ihr Ziel erreicht, werden die vorhandenen Diskrepanzen trotz beidseitiger Bemühungen nicht aus der Welt geschafft. Sie führen vielmehr eine provisorische Beziehung, die nach einer Entscheidung schreit.

Der Roman liest sich leicht und flüssig. Die überspitze sprachliche Darstellung verleiht der eigentlich traurig und naiv erscheinenden Handlung einen unverkennbaren Humor. Oft liest man nur verschiedene Gedankengänge und erkennt sich lachend wieder, wenn beispielsweise die Exkremente von Wattwürmern interessanter sind, als die ernsthafte Beziehungsdiskussion mit dem Partner. Leider wird der sonst relativ klare Aufbau der Handlung am Ende unterbrochen, was zwar die innere Zerrissenheit Lpunkts unterstreicht, für den Leser aber verwirrend wirkt. Das Stofftier Curd Rock als Co-Autor, Begleiter und Fotomodel sowie die Namensgebung der Personen machen das gewisse Etwas des Buches aus, polarisieren aber auch stark.

Ein witziger Sommerroman für Zwischendurch, der keinen großen Anspruch erhebt und trotzdem seinen unterhaltenden Zweck erfüllt.