Glaube, Liebe, Hoffnung
Kalifornien befindet sich um 1850 im Goldrausch. Als der gottesfürchtige Farmer Michael Hosea im Städtchen Pair – a – Dice eine engelsgleich schöne junge Frau erblickt, ist ihm klar:
Gott will, dass ...
Kalifornien befindet sich um 1850 im Goldrausch. Als der gottesfürchtige Farmer Michael Hosea im Städtchen Pair – a – Dice eine engelsgleich schöne junge Frau erblickt, ist ihm klar:
Gott will, dass er, Michael Hosea, diese Frau heiratet.
Michael muss erfahren, dass die achtzehnjährige „Angel“ die begehrteste Prostituierte am Ort ist. Und so macht er sich auf ins Bordell. Dort nimmt er nicht Angels Dienste in Anspruch; vielmehr versucht er sie davon zu überzeugen, mit ihm zu gehen, was diese zunächst ablehnt.
Doch Michael bleibt hartnäckig und er rettet die Frau schwerverletzt aus dem Freudenhaus, um sie zu pflegen und zu heiraten. Angel ist stark traumatisiert und nicht in der Lage, Vertrauen zu fassen. Von Kindesbeinen an wurde sie ausgenutzt und geschändet. Abgelehnt vom Vater, da sie das uneheliche Kind einer Prostituierten war. Die Mutter ist gläubig, aber schwach. Die Liebe zu ihrem Freier führte ins Nichts. Als Angel acht Jahre alt ist, stirbt ihre Mutter, und der nichtsnutzige Freund der Mutter verkauft das kleine Mädchen an einen Zuhälter, der es missbraucht und in die Hörigkeit treibt. Es gibt nichts, was der Kinderseele erspart bleibt, nicht einmal vor Mord schreckt der „Duke“ zurück.
Kann Michael der jungen Frau begreiflich machen, dass Gott alle Menschen liebt und leitet, auch die vermeintlichen „Sünder“?
Ich habe den historischen Liebesroman mit christlichem Touch in wenigen Tagen ausgelesen. Der Stil der Autorin ist leicht lesbar und nicht sehr geschliffen, um ehrlich zu sein. Aber die Handlung ist unglaublich mitreißend und spannend! Christliche Werte werden postuliert, dies hat mir sehr gut gefallen, auch wenn das Glaubensverständnis der Autorin fast naiv und vordergründig wirken könnte. Man darf vom Roman „Die Liebe ist stark“ nicht die Religiosität eines Dostojewski erwarten, nicht die allegorische Spiritualität eines Tolkien oder C.S. Lewis.
Ist der christliche Glaube geheimnisvoll und mystisch in Francine Rivers Roman?
Die Protagonisten halten Zwiesprache mit Gott. Dies wird anhand von kursiver Schrift deutlich gemacht. Gott führt und lenkt die Protagonisten im Roman, er ist ein gnädiger Schöpfer, der sich auch in der Natur offenbart. „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“. Gottes Wege sind unergründlich, selbst der fromme Michael ringt mit Gott, dies macht den Roman glaubwürdig und es wird aufgezeigt, dass zum Glauben auch der Zweifel gehört.
Ich finde, dass die Figuren im Roman gut ausgearbeitet sind und nicht zu eindimensional agieren. Trotzdem fand ich Manches im Roman nicht plausibel, auch wenn der Roman eine Geschichte von Liebe und Vergebung erzählen will und keinen Tatsachenbericht. Auch bin ich mit manchen Figuren bis zum Ende nicht warm geworden, obwohl sie ihre Taten bereuen. Schade ist, dass „die Indianer“ im alten Stil und am Rande auftauchen, sie bringen den Siedlern den Tod. Ich hätte es auch gut gefunden, wenn die Protagonisten nicht ganz so attraktiv (physisch) gewesen wären.
Ich finde es aber fantastisch, dass die Autorin Prostitution (anders als andere Autorinnen von historischen Romanen) an keiner Stelle romantisiert. Die „gefallenen Mädchen“ sind Opfer der Umstände, Sklavinnen, die in einem System von Angst und Unterdrückung gefangen sind. Folgerichtig möchte Angel, die eigentlich Sarah heißt, vor allem „frei sein“. Doch aus Not und Selbsthass fällt sie immer wieder in alte Muster zurück. Es ist nicht verwunderlich, dass sie Michael immer wieder verlässt. Michael nimmt die Ehe ernst, sieht sie als heiligen, unauflöslichen Bund zweier Menschen vor Gott an, was ich sehr schön fand. Immer wieder holt der Farmer seine Frau zurück, er vergibt ihr alles, er ist ein Mensch, der Nächstenliebe nicht nur predigt, sondern auch lebt, was ich unglaublich schön finde. Von seiner Ernte möchte er anderen Menschen etwas abgeben, nicht mehr für sich sich behalten, als er braucht. Wenn jemand in Not gerät, hilft er auch im schlimmsten Unwetter. Sein Gottvertrauen hat ihn zum geduldigen und starken Menschen gemacht. Die Autorin zeigt jedoch auf, dass Glaube von innen kommen muss, ein Besuch im Gottesdienst löst nicht alle Probleme, und so ist es ein langer Weg, bis Angel zu sich selbst und zu Gott findet. Im Verlauf der Geschichte lernt sie immer neue Fertigkeiten, die ihr auf ihrem Weg helfen und als sie ihre Bestimmung gefunden hat, ist sie endlich bereit, Michael wirklich zu vertrauen und zu begreifen, dass auch sie ein geliebtes Wesen ist…
Der Roman „Die Liebe ist stark“ ist stellenweise nicht ideal übersetzt worden (oder die Autorin hat schwach formuliert) und das deutsche Lektorat ist nicht fehlerfrei.
Trotz kleiner Schwächen möchte ich die Geschichte zur Lektüre empfehlen, auch wenn die Autorin eine allegorische Erzählung aus der Bibel sehr wörtlich genommen hat. Ich finde es sympathisch, dass Francine Rivers im Nachwort so ehrlich ist und erzählt, weshalb sie diesen Roman verfaßte. Sie berichtet, dass sie nach einer Lebenskrise, die durch Schreibblockaden und Eheprobleme gekennzeichnet war, wie durch Zufall zum christlichen Glauben zurückfand (der protestantische Glaube, dem sie seit ihrer Taufe angehörte, spielte in ihrem säkularen Leben keine Rolle mehr) und einer Freikirche beitrat.
„Die Liebe ist stark“ wirbt im Kern für humanistische Werte, es tut gut, den Roman in diesen zynischen Zeiten zu lesen. Daher vergebe ich für "Die Liebe ist stark" von Francine Rivers 4,5 von insgesamt 5 möglichen Sternen.