Sherlock – Der blinde Banker ist der zweite Teil der gelungenen Manga-Adaption der erfolgreichen BBC-Serie und entspricht inhaltlich somit der zweiten Episode der ersten Staffel. Es ist eine tolle, fesselnde Fortsetzung, die allerdings nicht ganz so spannend ist wie der Vorgänger.
Die Geschichte ist teilweise ziemlich undurchsichtig und an manchen Stellen fällt es schwer der Handlung zu folgen, insbesondere da gewisse Szenen sehr abrupt enden und die eigentlich notwendigen Erklärungen leider ausbleiben. Dennoch ist der aktuelle Fall durchaus interessant und wird wieder gekonnt aufgelöst. Dabei ist es natürlich von Vorteil, wenn die entsprechende Episode nicht mehr ganz so präsent ist und man die Auflösung folglich nicht mehr in Erinnerung hat.
Im zweiten Band lernen Sherlock und Watson einen neuen Kollegen von der Polizei kennen, der Sherlocks Verhalten aber mitunter genauso hilflos gegenüber steht wie die meisten anderen. Im Prinzip kann er nur dabei zusehen, wie Sherlock den Fall nahezu im Alleingang löst. Er wird also nicht etwa aktiv eingebunden, sondern dient allenfalls der Informationsbeschaffung, wenn es gerade nützlich ist.
Dass Sherlock sich dadurch nicht gerade beliebt macht, ist verständlich. Doch wie immer fragt man sich, warum es der Polizei so schwer fällt persönliche Sympathien außen vor zu lassen und dem Detektiv zu glauben, wenn er konkrete Schlüsse aus den vorhandenen Fakten zieht. Es kommt schließlich nicht oft vor, dass Sherlock sich irrt, falls so etwas überhaupt jemals eingetreten ist.
Während Sherlock andere Menschen sehr gut durchschauen und ihr Verhalten vorhersehen kann, ist er in Bezug auf sein eigenes Leben manchmal überraschend kurzsichtig. Es mag sein, dass er keinen finanziellen Anreiz braucht, um einen rätselhaften Fall lösen zu wollen, jedoch muss auch er beispielsweise seine Miete zahlen und sollte die Bezahlung für seine Dienste daher nicht so leichtfertig übergehen. Bräuchte er das Geld nicht, hätte er sich keinen Mitbewohner suchen müssen. Aufschlussreich sind zudem die Informationen über Sherlocks Zeit an der Universität.
Wie sich die Beziehung zwischen Sherlock und Watson weiterentwickelt, ist ebenfalls sehr interessant. Als Leser bringt es einen definitiv zum Schmunzeln, wenn Sherlock Watson einfach als „seinen Freund“ vorstellt, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was andere in diese schlichte Aussage hineininterpretieren könnten, sodass Watson sich stets gezwungen sieht diese etwaigen Missverständnisse unverzüglich klarzustellen.
Darüber hinaus ist Sherlocks offenkundiger Mangel an Sozialkompetenz und Wissen über sozialadäquates Verhalten geradezu herrlich. So erkennt er zum Beispiel tatsächlich nicht, dass er Watsons Date mit Sarah erheblich stört und scheint nicht zu verstehen, dass Watson noch andere Ziele oder Wünsche im Leben hat und diese ihm unter Umständen wichtiger sind als nur möglichst schnell den aktuellen Fall zu lösen.
Der Zeichenstil von Mangaka Jay ist noch immer sehr ansprechend und detailliert. Da die Charaktere optisch den Darstellern der Serie nachempfunden und größtenteils sehr gut getroffen sind, fühlt man sich beim Anblick sofort an diese erinnert.
FAZIT
Sherlock – Der blinde Banker ist vielleicht nicht ganz so packend wie der erste Band, dennoch liest man ihn gern und wird sich auch den dritten Teil keineswegs entgehen lassen. Vor allem das Ende steigert die Neugier durch die erneute Andeutung hinsichtlich eines ganz bestimmten Charakters, der zukünftig von großer Bedeutung sein wird, noch einmal gewaltig.