München und ein bestialischer Frauenmörder
GründerjahrGründerjahr von Michael Gerwien ist nicht, wie nach dem Titel zu erwarten wäre, ein historischer Roman, nein, es handelt sich um einen Kriminalfall, der sich über einen hundertjährigen Zeitraum hinweg ...
Gründerjahr von Michael Gerwien ist nicht, wie nach dem Titel zu erwarten wäre, ein historischer Roman, nein, es handelt sich um einen Kriminalfall, der sich über einen hundertjährigen Zeitraum hinweg zieht.
Die historischen Ereignisse während dieser Zeit werden zwar gestreift, aber im Vordergrund steht eindeutig der Kriminalfall, der im Jahre 1918 München in Angst und Schrecken versetzt.
Ein bestialischer Frauenmörder bringt nach und nach auf grausame und sehr blutige Weise mehrere Frauen um, die alle ein gemeinsames Merkmal haben: sie sind von kleiner Statur, jung, und sie sind alle blond.
Dem Team von Oberinspektor Weinberger gelingt es trotz intensivster Bemühungen nicht, den Täter dingfest zu machen.
Eine lange Zeit von etwa dreißig Jahren vergeht, bis plötzlich, sozusagen aus dem Nichts, der Täter – oder ist es vielleicht sogar ein Nachahmer? – sein blutiges Handwerk wieder aufnimmt. Diesmal ist es der Enkel von Weinberger, Hans, der akribisch ermittelt.
Und nun machen wir einen Sprung ins Jetzt. Im Jahre 2017 findet Julia, die Enkelin von Hans, Dokumente, diese Fälle betreffend. Und da es eine neuerliche Mordserie gibt, beschließt sie, selber zu ermitteln.Neugierig macht sie sich mit Hilfe eines Freundes aus dem Polizeidienst daran, Licht in das Dunkel zu bringen, was sich als nicht ungefährlich herausstellt.
Wir begleiten den Autor durch das München im Jahre 1918, dem Jahr, als Kurt Eisner den Freistaat Bayern ausruft, bis in die heutige Zeit und erleben den Wandel der Gesellschaft auf eine sehr authentische Weise, sehen durch die bildhaften Beschreibungen die Orte der Handlung vor unserem inneren Auge erstehen und begegnen einem Täter, dessen abartige Gedanken und Taten wir durch die detaillierte Schreibweise nachvollziehen können.
Kein noch so grausames, bluttriefendes Detail der Handlungen eines irregeleiteten, kranken Täters bleibt dem Leser erspart. Und das geht wirklich unter die Haut und ist keinesfalls geeignet für Leser mit schwachen Nerven.
Bis auf kleine Einschränkungen hat mir der Roman gut gefallen. Der Schreibstil gestaltet sich, jeweils der Zeit angepasst, sehr realistisch und lebendig und vermittelt uns so ein einfühlsames Bild der jeweiligen Zeit und ihren Gegebenheiten.
Die jeweiligen Ermittler sind allesamt sympathisch und man erfährt auch so einiges aus ihrem Privatleben, was mir persönlich gefällt und die Akteure näher bringt.
Der Spannungsbogen wird konsequent auf einem hohen Level gehalten und auch der Humor blitzt aus manchen Ecken.
Alles in allem fühlte ich mich gut unterhalten und spreche gerne eine Empfehlung aus, mit der Einschränkung: Achtung, dieser Roman ist nichts für Leser mit schwachen Nerven.